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Kinder, die es nicht geben dürfte: Wenn Priester Väter sind – Das Thema ist in der Kirche immer noch ein Tabu

08.05.2010, ---: Priesteranwärter falten während ihrer Weihe zum Priester die Hände. Foto: Rolf Haid/dpa

In der Kirche gibt es viele Tabus – ob Missbrauch an Kindern oder Missbrauch an Nonnen. Ein weiteres Geheimnis sind Kinder, die von Priestern stammen. Einige von ihnen versuchen, das Schweigen zu brechen.

Es sind Kinder, die es eigentlich gar nicht geben sollte. Zumindest, wenn es nach dem Willen der Kirche geht: Kinder von Geistlichen. Weltweit dürfte es Tausende von ihnen geben. Viele von ihnen aber leben im Verborgenen – oder in Unwissenheit.

In Paris trafen am Donnerstag mehrere Bischöfe Betroffene. Eine seltene Zusammenkunft. Denn während sogar der Papst mittlerweile offen einräumt, dass sexueller Missbrauch durch Geistliche ein Problem ist, sind die Priesterkinder noch immer ein Tabu.

Auch Vincent Doyle ist Sohn eines katholischen Priesters. Er kannte ihn sogar. Doch dass der Kirchenmann sein Vater war, habe er erst im Mai 2011 erfahren, sagt Doyle. Zu diesem Zeitpunkt war sein Vater bereits tot.

12.05.2019, Vatikan, Vatikanstadt: Während einer Weihezeremonie liegen die Priester mit dem Gesicht nach unten im Petersdom. Priester müssen enthaltsam und in Ehelosigkeit leben. Dass manche von ihnen trotzdem Kinder haben, ist ein Tabu. Foto: Giuseppe Lami/ANSA Pool via AP/dpa

„Ich habe dann zu dem Thema recherchiert und herausgefunden, dass es keine verlässlichen Informationen oder Erkenntnisse zu diesem Thema gab“, sagt der Psychotherapeut aus Irland. Fortan befasste er sich mit dem Phänomen und schuf 2014 mit Coping International einen gemeinnützigen Verein, der Betroffene unterstützt.

„Wir strecken die Hand zu den Rändern aus, an Ränder, an die niemand gehen will“, heißt es auf der Webseite, auf der auch Erfahrungsberichte zu lesen sind. Von Susan aus Australien zum Beispiel. Über einen DNA-Test sei sie auf ihren eigentlichen Nachnamen gekommen, kurz darauf sei das „Geheimnis der Familie“ gelüftet worden.

“Mein Vater war ein katholischer Priester. Ich konnte es nicht glauben und war schockiert“, schildert sie. „Die Kirche hat mir das Recht genommen, zu erfahren, wer mein Vater ist, ihn in meinem Leben zu haben. Stattdessen lebte ich in dem Wissen, dass ich als unrechtmäßig galt.“

Coping International schätzt, dass es mindestens 10.000 Priesterkinder gibt. „Es ist ein Leben der auferlegten Extreme, die sowohl mühsam als auch unnötig sind“, sagt Doyle. Er spricht von der Angst, entlarvt oder von den Medien belästigt zu werden. Und von der Last, ein Leben in völliger Geheimhaltung leben zu müssen, die viele Betroffene spürten. Doyle fordert von Papst Franziskus, über das Problem zu sprechen. „Er ist sich darüber bewusst“, meint er. Auch müsse anerkannt werden, dass ein Mann sehr wohl gleichzeitig Priester und Vater sein könne.

Ein Priester muss enthaltsam und in Ehelosigkeit leben

Aber die römisch-katholische Kirche ist anderer Meinung. Ein Priester muss zölibatär leben – das bedeutet: enthaltsam und in Ehelosigkeit. Tut er das nicht und zeugt ein Kind, wird er dazu angehalten, aus dem Priestertum auszutreten.

So sehen es interne Richtlinien des Vatikans vor, deren Existenz im Februar bestätigt wurden. Schnellstmöglich müsse ein Priester, der Vater ist, von seinen „Pflichten als Kleriker“ befreit werden, um seinen Pflichten als Vater nachzukommen, sagte der Kurienkardinal Beniamino Stella kürzlich in einem Interview. Stella leitet die Kongregation für den Klerus, die sich unter anderem um die Belange von Priestern kümmert.

Ein Wegekreuz ist vor dunklen Gewitterwolken zu sehen. Priester müssen enthaltsam und in Ehelosigkeit leben. Dass manche von ihnen trotzdem Kinder haben, ist ein Tabu. Foto: Felix Köstle/dpa

„Eine solche Situation wird als ‚unumkehrbar’ angesehen und erfordert, dass der Priester den Klerikerstand verlässt, auch wenn er sich noch immer für den Dienst geeignet sieht“, sagte Stella – nicht ohne hinzuzufügen: „Natürlich ist ein Kind immer eine Gabe Gottes, wie auch immer es entstanden ist.“

„Priesterkinder sind das bestgehütete Tabu in der katholischen Kirche“, heißt es in der Beschreibung des 2004 erschienen Buchs „Gottes heimliche Kinder“ von den „Spiegel“-Journalisten Annette Bruhns und Peter Wensierski. Viel geändert hat sich daran bislang nichts. „Kinder der Stille“ nennt sich der Betroffenen-Verband in Frankreich, der nun an dem Treffen mit den Bischöfen beteiligt ist. Der Name spricht Bände.

Zu dem Treffen zwischen Bischöfen und Betroffenen in Paris gelangten nicht viele Informationen oder gar Bilder an die Öffentlichkeit. Das Treffen sei nicht öffentlich und eine Erklärung sei auch nicht geplant, hatte bereits im Vorfeld eine Sprecherin der französischen Bischofskonferenz verlauten lassen. Der Vatikan wolle sich nicht erneut dazu äußern – schließlich handele es sich um eine Initiative der französischen Bischöfe.

Vincent Doyle ist überzeugt, dass solche Begegnungen nur Früchte tragen können, wenn die richtigen Fragen gestellt werden und Initiativen daraus folgen. „Was nötig ist, sind praktische Antworten der Kirche“, sagt er. Und wenn sich die französischen Bischöfe am Ende gar nicht äußern sollten, dann spreche auch das für sich. (dpa)

6 Antworten auf “Kinder, die es nicht geben dürfte: Wenn Priester Väter sind – Das Thema ist in der Kirche immer noch ein Tabu”

  1. Aachener Bistum

    Allein im Aachener Bistum gibt die Kirche Hunderttausende Euro für vaterlose Kinder von katholischen Geistlichen.aus. Man müsste also den Zölibat abschaffen bzw. freistellen. Ohnehin ist der Zölibat eine rein katholische Spielregel, damit der angesammelte Reichtum des Priesters nach seinem Tod wieder in den Schoß der Kirche fällt. Der Zölibat dient nur dazu, dass die katholische Kirche immer reicher wird.

  2. Peter Müller

    Die Zeiten sind auch bald vorbei. Das sehr viele alte Leute ihr Eigentum der Kirche überlassen. Die Jugend denkt anders. Man sieht, dass sich immer mehr Leute die Lügen nicht mehr anhören wollen.

  3. Alfons van Compernolle

    Nun, die Kath. Kirche zahlt tatsaechlich Unterhalt fuer die unerwuenschten Kinder deren Vater ein Priester ist. Und es gibt, was die Kath.-Kirche auch nicht offen sagt, Priester-Vaeter, diese immer noch ihren Priesterjob ausueben duerfen, allerdings alle finanziellen Hilfezuwendungen der Kath.Kirche gibt es nur dann, wenn eine sehr strenge Schweigevereinbarung eingegangen wird.
    Ein anderes Geheimnis der Kath.-Kirche ist es, dass es in ihren Reihen sehrwohl „verheiratete Priester“
    gibt. Diese ausdruecklich mit dem Einverstaendnis des Vatican zu kath.-Priestern geweiht wurden.
    Bei diesen Menschen handelt es sich um ehemalige Evangl.-Pastoren , die zum Kath.Glauben konvertiert sind !! Unter Papst Joh.-Paul als z.B. gab es alleine in Deutschland 4 evangel. Pastoren, die nunmehr als „Kathol.-Priester“ arbeiten. Es ist an der Zeit, dass die Kathol.-Kirche ihre Verhaltensregeln / Glaubensgrundsaetze und Erwartungshaltungen ( betr. Priester) dem 21 Jahrhundert anpasst !!

    • Alitalia

      Junge , junge ,Alfons hier gibst Du Texte preis die wirklich zum nachdenken stimmen .Erzähle meinetwegen etwas von Ackerbau und Viehzucht , aber lasse Themen aus dem Spiel die nicht bewiesen sind , oder warst Du in diesem Clsn ein Strippenzieher?

      • Alfons van Compernolle

        Alitalia : es ist kein Geheimnis, zumal die Kathol.Kirche dieses gerne dazu machen wuerde.
        Aber leider , haben verschiedene TV.-Berichte (ARD & NDR) dieses mehrfach thematisiert.
        Und ich persoenlich kenne einen verheirateten ehemaligen Evangel. Pastor , der heute Kathol. Priester in Hamburg ist und immer noch „verheiratet & Familienvater v. 3 Kindern“ !!
        Ich wuerde das Zoelibat abschaffen , die Abschaffung wuerde den Priestern nicht nur einige
        Probleme ersparen , sondern auch mehr Lebensqualitaet und Realitaetsnaehe geben.

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