Gesellschaft

Zu distanziert, uncool und sogar unhygienisch: Kommt der Handschlag zur Begrüßung bei uns aus der Mode?

Bild links - Zwei Personen geben sich die Hand. Bild rechts - Zwei junge Frauen begrüßen sich mit einem Wangenkuss. Fotos: Uwe Anspach/dpa - Shutterstock

Händeschütteln zur Begrüßung ist bei uns nach wie vor Standard. Doch einige finden den Handschlag zu distanziert, manche schlicht uncool und viele unhygienisch. Sagen wir uns bald auf andere Weise Hallo?

Bussi links, Bussi rechts: Passend zum Schauplatz des G7-Gipfels im französischen Seebad Biarritz gingen kürzlich Fotos um die Welt, auf denen US-Präsident Donald Trump Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Wangenküsschen begrüßt. Nicht im Fokus stand der Handschlag, der bei Trump ja bekanntlich schon mal unangenehm lange und kräftig ausfallen kann. War das schon wegweisend?

28.09.2018, Frankreich, Paris: Golfer Francesco Molinari (r) aus Italien macht einen Faustgruß mit seinem Teamkollegen Tommy Fleetwood vom Team Europa am ersten Tag des Ryder Cups. Foto: David Davies/PA Wire/dpa

Mit dem Herbst kommt nun wieder die Erkältungssaison. Menschen scheuen sich, einander die Hand zu geben. In Krankenhäusern gilt seit langem ein Desinfektions- und Abstandsgebot. Die Aktion Saubere Hände wirbt für bessere Hände-Desinfektion in Gesundheitseinrichtungen. Und in manchen Kindergärten hängen Parolen wie „Wir begrüßen uns mit einem Lächeln“ an der Wand. Kommt das Händeschütteln aus der Mode?

Bei uns ist der Handschlag Standard, jedoch sagt Agnes Anna Jarosch, Vorsitzende des Deutschen Knigge-Rats der Deutschen Presse-Agentur: „Die Varianz wird größer, Regeln sind nicht mehr so starr wie früher.“ Wangenküsse seien beispielsweise im Kommen. Jugendlichen sei der Handschlag eh zu uncool, sie begrüßten sich Faust gegen Faust. „Das ist ein genereller Trend“, so Jarosch.

Weltweit gibt es viele Begrüßungsformen

Auch Imme Gerke, die interkulturelle Schulungen anbietet, verweist auf die Vielzahl an Begrüßungsformen, die es weltweit gibt: „Umarmen, Nasenkuss, mit der Stirn berühren, Hand aufs Herz legen, verbeugen – das sind alles Spielarten.“ In Frankreich und im französischsprachigen Landesteil Belgiens ist der Wangenkuss eine sehr stark verbreitete Begrüßungsart, auch unter Männern.

Begrüßung auf japanisch. Foto: Shutterstock

Der Handschlag wird oft als distanziert betrachtet. In China, Japan oder Kanada entfernen sich Menschen vom Händeschütteln. Amerikaner wiederum praktizieren immer häufiger eine Zwei-Schritt-Begrüßung: Auf den Handschlag folgt eine Umarmung. Allen Menschen angeboren ist der Augengruß: ein Hochziehen der Brauen.

Wie lange es den Handschlag schon gibt, ist nicht nachzuvollziehen. Schon die alten Römer und Griechen sollen ihn praktiziert haben. Eine Theorie besagt: Menschen wollen zeigen, dass sie keine Waffe in der Hand halten. Herauslesen können Experten zum Beispiel Hierarchien, Stärke oder Schwäche, Distanz oder Nähe, Nervosität oder Ruhe, Narzissmus.

„Das Begrüßungsritual wird sich verschieben“, glaubt Gerke. „Aber man sollte sich darauf einigen, dass man sich grüßt – auf welche Weise auch immer.“ Das sei wichtig, um angeborene Aggressionen abzubauen. „Deswegen müssen wir unsere Kinder anhalten, dass sie sich grüßen“, sagt Gerke. „Das ist auch eine soziale Kompetenz.“

Angst vor Mikroben beim Handschlag ist übertrieben

Vom Hauptargument gegen den Handschlag – Hygiene – hält die Mikro- und Verhaltensbiologin nichts: „Die Angst vor Mikroben ist übertrieben. Das Immunsystem muss üben“, sagt Gerke. „Ein Handschlag ist Mikrobenübertragung ohne den Vorteil der Berührung“, sagte sie mit Blick auf deutlich engere Begegnungen wie die Umarmung.

26.08.2019, Frankreich, Biarritz: Emmanuel Macron (r), Präsident von Frankreich, und Donald Trump, Präsident der USA, umarmen sich zum Abschluss ihrer gemeinsamen Pressekonferenz während des G7-Gipfels. Foto: Francois Mori/AP/dpa

Tatsächlich befinden sich unzählige Mikroorganismen auf der Hand. „Ob beim Naseputzen, beim Toilettengang, beim Streicheln eines Tieres oder bei der Zubereitung von rohem Fleisch: Die Hände kommen häufig mit Keimen in Kontakt und können diese auf alles übertragen, das anschließend angefasst wird“, schreibt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Gründliches Händewaschen mit Wasser und Seife senke die Häufigkeit von Infektionskrankheiten nachweislich – das Risiko von Durchfallerkrankungen etwa könne fast halbiert werden.

Die gute Nachricht aus Knigge-Sicht: „Wenn man weiß, dass man gerade eine Virenschleuder ist, dann sollte man sagen: Ich gebe euch heute nicht die Hand“, sagt Umgangsformen-Fachfrau Jarosch. Und ganz allgemein gelte eine goldene Regel: „Bis fünf Personen reicht man die Hand. Ist die Gruppe größer, reicht ein ‚Grüß Gott’ in die Runde.“

An kontaminierten Händen dürfte es eigentlich nicht liegen, sollte der Handschlag bald passé sein. Die Drogeriemarktkette „dm“ etwa verzeichnet laut Sebastian Bayer, dem Geschäftsführer für Marketing und Beschaffung, ein stabiles Wachstum bei Hand-Desinfektionsmitteln.

Die Firma B. Braun Melsungen, die unter anderem Kliniken beliefert, berichtet von einer Entwicklung von plus 5 bis 7,5 Prozent beim Verbrauch von Händedesinfektionsmittel. Dazu heißt es: „Da die korrekte Ausführung der Händehygiene Patient, Angehörige und das medizinische Personal schützt, ist dies eine erfreuliche Entwicklung, die es weiter zu unterstützen gilt.“ (dpa/cre)

17 Antworten auf “Zu distanziert, uncool und sogar unhygienisch: Kommt der Handschlag zur Begrüßung bei uns aus der Mode?”

  1. Haaaaaaaaaaaaa!!!!!!!!!!!!!!! Haaaaaaaaaaaa!!!!!!!!!!!!! Und HAAAAAAAA!!!!!!!!!
    Bitte mehr davon, die heutige Welt ist einfach nur noch zum Sich-kaputt-lachen. Bitte schaltet auch die Nacht aus! Unfassbar, was heute alles ge-ver-abgeändert werden muß damit die Leute vom Wesentlichen abgelenkt werden. Die Welt will betrogen werden, also soll sie es.

      • Da hasste aber was falsch verstanden, Schnösel, denn es sind die, die sich über einen Handschlag empören, die wohl frustriert sind.
        Macht aber nichts, so seid ihr eben, alles 180°. Weiter so, bald habt ihr das Licht ausgeschaltet.

      • Anonyminus(s)

        Lang lebe die dpa.
        Da steht „bei uns“. Also, „drüben“
        Die drehen bald durch vor Angst, Überkorrektheit und Komplexen.

        Am Ende einigt man sich auf ein fröhliches „Guten Salam shalom“ und zwinkert dabei mit dem rechten Auge. Alle zufrieden

        • Ostbelgien Direkt

          @Anonyminus(s): Sie müssen schon genauer hinschauen. Unter dem Text steht nicht nur dpa, sondern dpa/cre. Das heißt, dass einige Passagen in dem Artikel von uns abgeändert wurden. Das gilt u.a. für „bei uns“. „Bei uns“ bezieht sich auch auf Kultur, Gewohnheiten und Gepflogenheiten in Ostbelgien, die historisch bedingt denen in Deutschland ähnlich sind. An anderer Stelle ist auch in einem Satz von den Gepflogenheiten im französischsprachigen Landesteil Belgiens die Rede. Mit Sicherheit würde dpa nicht die Gepflogenheiten in der Wallonie erwähnen. Gruß

          • Anonyminus(s)

            @OB
            :“Bei uns“ ist der Handschlag Standard, jedoch sagt Agnes Anna Jarosch, Vorsitzende des Deutschen Knigge-Rats der Deutschen Presse-Agentur:…“
            ?
            Das „cre“ war mir keineswegs entgangen.
            Offengestanden, war mir der Artikel zu aufgeblasen um ihn zu Ende zu lesen und mich gefragt ; muss man einem solchen deutschen Unsinn wieder eine Plattform bieten ?
            So entfleuchte mir der Kommentar.
            Zweifellos sind wir historisch bedingt und kulturell deutsch. Achtet man nur mal auf viele Nachnahmen.
            Was uns unterscheidet ist , das wallonischen „Laissez faire“ ,das unser tägliches Leben seit Generationen beeinflusst und uns offensichtlich in Fleisch und Blut übergegangen.
            In diesem Sinne, veröffentlichen Sie was Sie für beachtenswert halten.
            Wenn wir historisch noch weiter zurückblättern wollen sind wir auch habsburgisch-preussische Spanier der österreichischen Niederlande.
            Ich empfinde mich jedenfalls als Belgier und sonst nichts.

        • Grashopper

          Anonymus:Selten einen solch nachdenklichen Kommentar gelesen.Da ist viel Wahrheit drin,vor allem im letzten Satz.Genau darauf wird’s hinauslaufen.Salem Alleikum!!!Gnade uns Gott vor dem was unseren Kindern bevorsteht.Die längste kriegslose Zeit in Europa wird nicht ewig andauern!!

  2. Bussi, Tätschel!

    Bin dafür den Jean Claude Juncker Bonjour zu übernehmen! Bussi drei mal, und ein Tätschelchen auf den Rücken, oder was tiefer! Nahe Verwandten kann man auch über die Haare wischen, und dem Opa über die Pläte! Alles viel intimer als diese Knochenbrecherischen Händedrucke! Denken sie an die Politiker alle! Die gehen einige Jahre früher in Rente, wegen Finger- und Handknöchelsteifheit. Nur der Parlamentspräsident, der hat noch echte Eifeler Knochen, der spürt noch nichts von obiger Steifheit! Im Gegenteil, der schafft sogar fast 20 Stunden Arbeitstage. Ob seine Stechuhr das noch lange aushält?

  3. Bemerkenswert: noch aus der kleinsten Meldung können unsere besorgten Bürger mit starkem Rechtsdrall Fremdenhass und Hetze quetschen. Angst habe ich weniger vor meinen ausländischen Mitbürgern, sondern diesen wutgeifernden Zuspätgekommenen.

  4. Unsere? So, so, Sie sind also Besitzer von „uns“. Sie sehen wohl Dinge, die sonst keine(r) sieht. „Besorgt“, „starker Rechtdrall“, „Fremdenhass“, „Hetze“, „Angst“, „wutgeifern“, „Zuspätgekomme“ (meinen Sie das sexuell? ansonsten bitte erläutern, denn ich… komme nicht auf die Bedeutung)
    Ich hege die Vermutung, daß AchGott ein Programm ist, das auf bestimmte Bits und Bytes und AlgorYthmen (Sie werden wohl mein Wortspiel verstehen, sind Sie doch allwissend) reagiert. Ich muß an dieser Stelle den Programmieren ein Lob aussprechen, denn sie haben wirklich etwas Besonderes hingekriegt: So etwas Bescheuertes gibt es nicht oft.
    PS: Sie haben „Nazi“ und „Rassistisch“ vergessen.

        • Schlimm finde ich nicht, was du schreibst. Schlimm ist, dass du auch daran glaubst und andere geistig in der Rückwärtsbewegung verharrenden Menschen sich noch bestätigt fühlen könnten.

          Nazis und Rassisten bezeichnen sich niemals als solche.

          • Du? Kamarad, ich bin kein Kommi, also lassen Sie’s bei „Sie“ sein, ok?
            „Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus.“
            (Ignazio Silone)
            Morgen wird alles besser? Wenn der Islam hir übernommen, mit Sicherheit. Sie „Offener“ sind durch und durch geblendet. Sie werden dafür bestraft werden, mit genau dem Gegenteil von dem, was Sie hier fordern. Selber schuld!

  5. Friedrich Meyer

    Ein ehrlicher Händedruck ist ist allemal besser als Wangenbussi-bussi.
    Mir ist aufgefallen, bei diesem eher frankophonen Brauch, so mancher, sobald, der soeben begrüßte, sich umgedreht hat, der andere die Augen verdreht oder sonstige abfällige Gesten von sich gibt.
    Warum also sich gegeseitig küssen, obwohl man sich nicht leiden kann?

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