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Autor Marcel Bauer über seine Bücher und sein Leben als Journalist – „Als Nächstes ist ein Schelmenroman dran“

Der Eupener Journalist und Filmemacher Marcel Bauer.

Von den vielen Aspekten des Holocaust, die die Forschung und die Belletristik in den letzten Jahrzehnten aufgearbeitet haben, ist einer vielfach übersehen und weithin unbekannt geblieben: die Rettung tausender jüdischer Kinder in Belgien während der deutschen Besatzungszeit. Dieses Vakuum wurde mit dem Roman „Schattenkinder – Eine Kindheit im Krieg“ von Marcel Bauer geschlossen.

Viele haben den spannenden Roman bereits gelesen. So fand das Buch in der tristen Corona-Zeit zahlreiche Leser und liegt nun bereits in der vierten überarbeiteten Auflage vor. Kürzlich sprach Gerd Havenith (Die Lupe VoG) mit dem Eupener Autor.

– Bisher kannte man Sie nur als Filmemacher und Sachbuchautor. Was hat Sie bewogen, im fortgeschrittenen Alter Romane zu schreiben?

Marcel Bauer: Ich habe mir das immer gewünscht, aber als freier Journalist, der eine Familie zu versorgen hatte, bin ich nie in den Genuss einer beruflichen Freistellung oder einer finanziellen Unterstützung durch die öffentliche Hand gekommen, die es mir erlaubt hätte, mich stärker der Literatur zu widmen. Erst als ich das Rentenalter erreicht hatte, fand ich dafür die nötige Zeit. Für meinen jüngsten Roman „Schattenkinder“ habe ich fünf Jahre lang recherchiert.

– Die „Schattenkinder“ wurden vom Publikum und der Kritik sehr positiv aufgenommen. Enthält der Roman eine besondere Botschaft?

Der Buchumschlag des Romans von Marcel Bauer „Schattenkinder – Eine Kindheit im Krieg“.

Marcel Bauer: Es geht darum, dass man den Holocaust und die Shoa, also die beispiellose Vernichtung der europäischen Juden, nicht vergisst und auch nicht banalisiert, wie es heute manchmal geschieht. Die herkömmliche Kriegsliteratur befasst sich meist mit kriegerischen Auseinandersetzungen. Mir ging es darum, an das Leid der Zivilbevölkerung zu erinnern. Besonders das Schicksal der jüdischen Kinder hat mich berührt. Zehntausende Kinder überlebten, weil sie während des Krieges versteckt wurden. Das ist ein unbekanntes Ruhmesblatt unseres Landes. Den Anstoß zu diesem Roman erhielt ich vor Jahren, als ich im Rahmen einer Fernsehreportage ein „Schattenkind“ kennenlernte. Dessen Geschichte diente als Vorlage für den Roman.

– Der Roman wurde u. a. als Schullektüre empfohlen. Sind Sie bereits kontaktiert worden?

Marcel Bauer: Ja, es gab mehrere Anfragen, auf die ich leider wegen einer längeren Erkrankung nicht reagieren konnte. Mit der Pater-Damian-Schule habe ich jetzt eine Lesung vereinbart.

– Wann wird die angekündigte französische Fassung Ihres Romans erscheinen?

Marcel Bauer: Das Datum ist noch offen, aber ich bin ich guter Hoffnung, dass die „Schattenkinder“ demnächst in einer französischen Übersetzung auf den Markt kommen.

– Woran liegt diese Verzögerung?

Marcel Bauer: Obwohl der Roman bereits in einer vierten Auflage vorliegt, ist eine Übersetzung von 440 Buchseiten kostspielig. Anders als ein Autor, der in der Regel Tantiemen aus dem Verkauf seines Buches bezieht, muss einem Übersetzer jede einzelne Zeile honoriert werden. Das erklärt, warum Fassungen in einer Fremdsprache sich nur bei internationalen Bestsellern, hinter denen ein großes Verlagshaus steht, lohnen. Daher hat es längere Zeit gebraucht, eine finanziell vertretbare Lösung zu finden.

– Was lesen und schauen Sie privat?

Marcel Bauer: Im Fernsehen sind es Dokumentationen und Filmklassiker. Bei der Lektüre stehen Sachthemen obenan. Ich interessiere mich für Geschichte und da am meisten für religiöse Stoffe wie die biblische Exegese oder die Ursprünge des Islam.

– Was machen sie in Ihrer Freizeit, wenn Sie nicht gerade an einem Roman arbeiten?

Marcel Bauer: Ich versuche, ein guter Ehemann, Vater und Großvater zu sein.

– Sie waren in Ihrem Berufsleben als Journalist (AVZ, Missio Aachen), als Leiter einer Journalistenschule in Brüssel sowie als freier Filmemacher tätig. Welche berufliche Arbeit hat Ihnen die meiste Freude bereitet?

Marcel Bauer (rechts) im Dezember 2016 bei der Veranstaltung „SEITENstraße“ in Eupen. Foto: Gerd Comouth

Marcel Bauer: Da lege ich mich nicht fest. So unterschiedlich die Tätigkeiten waren, sie waren alle Teil meines Berufes. Diese Vielseitigkeit macht den Journalismus so spannend und interessant. Ich finde es immer noch verlockend, etwas Neues auszuprobieren. Wenn ich glaube, etwas zu beherrschen, beginnt es mich zu langweilen. Ich habe als Journalist über 120 Länder auf allen fünf Kontinenten bereist, und manchmal fragen mich Leute, welches Land oder welche Kultur mich am meisten fasziniert haben. Die Antwort ist immer die gleiche: alle Länder und alle Kulturen gleichermaßen. Wenn ich unterwegs war, interessierte mich nur der einzelne Mensch und das eine gestellte Thema.

– Ist es schwieriger, ein Sachbuch oder einen Roman zu schreiben?

Marcel Bauer: Ich denke die Arbeit an einem Sachbuch ist insofern anspruchsvoller, weil man sich keine Fehler und keine Schlampereien bei der Recherche erlauben darf. Dichterische Freiheiten sind nicht erlaubt, und man sollte seine persönlichen Meinungen und Überzeugungen hintenan stellen. Ich denke, dass auch ein Romancier die Materie, also die Handlung und das Umfeld seiner Figuren, nicht nur stilistisch, sondern auch inhaltlich beherrschen sollte. Wenn ich ein Buch lese oder mir einen Film im Fernsehen anschaue und das ist nicht gewährleistet, lege ich das Buch weg und schalte den Apparat ab.

– Sie sind ein künstlerisch kreativer Mensch… Woran arbeiten Sie derzeit?

Marcel Bauer: Nach einem Thriller, der in Westafrika spielt und mit Voodoo zu tun hat, waren die Schattenkinder ein historischer Roman, der sich auf wahre Begebenheiten stützen kann. Als Nächstes ist ein Schelmenroman dran, der in der engeren Heimat spielt. Ich habe mir gedacht, dass es in diesen schlechten Zeiten sinnvoll sei, den Lesern etwas Erfreuliches zu bieten, etwas das zum Schmunzeln verleitet.

Was nun, Herr Bauer?

Im Folgenden wird Buchautor Marcel Bauer mit einer Reihe von Schlagwörtern konfrontiert, auf die er spontan reagieren soll:

Im Bereich der Musik mag ich…
…die italienische Oper und das französische Chanson.

Unter Heimat verstehe ich…
…meine Stadt, meine Familie, meine Freunde.

Frieden und Harmonie finde ich…
…in der Musik, im Familienkreis und im Gottesdienst.

Neben dem Christentum schätzte ich…
…die Naturreligionen und den Buddhismus.

Die Zukunft der katholischen Kirche ist…
…düster.

Ich begegne seriösen Journalismus…
…in gewissen Tageszeitungen wie der FAZ und auf bestimmten Fernsehkanälen wie ARTE.

Die Flutkatastrophe in der Eupener Unterstadt…
…war ein Menetekel, ein Mahnruf, dass wir anders mit der Natur umgehen müssen.

Die wesentlichen Probleme unserer Zeit…
…sind Despotismus, Ignoranz und ein wachsender religiöser Fanatismus, wie er sich vor allem im Islam aber auch im Hinduismus manifestiert.

Die Gleichberechtigung der Frau…
…ist die größte kulturelle Leistung des Jahrhunderts.

Die Begegnung, die mich auf meinen Weltreisen am meisten beeindruckt hat, war…
…Mutter Teresa.

Menschliche Werte, die ich besonders schätze, sind…
…Treue, Verlässlichkeit und eine gute Portion Humor.

Ich glaube an…
… die Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.

GERD HAVENITH

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