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Belgien verbietet seinen föderalen Beschäftigten die Nutzung von TikTok – Wie gefährlich ist die China-App?

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AKTUALISIERT – Der Nationale Sicherheitsrat (NSR) hat am Freitag getagt und ist dem Beispiel anderer Länder in der EU und und den USA gefolgt. Auch Belgien verbietet die chinesische App TikTok auf allen Computern und Diensttelefonen der föderalen Beschäftigten.

Am Mittwoch hatte der Chef des neuen Cyberkommandos der Verteidigung, Michel Van Strythem, die föderalen Abgeordneten vor den Gefahren bestimmter Anwendungen im Bereich der elektronischen Sicherheit, insbesondere des Kurzvideonetzwerks TikTok, gewarnt.

Flandern hatte nicht auf die Entscheidung des NSR gewartet und schon am Donnerstag seinen Mitarbeitern den Zugang zu TikTok auf Computern und Smartphones untersagt. Nach Informationen der Tageszeitung „Le Soir“ könnte die Wallonische Region bald nachziehen.

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Sowohl die Staatssicherheit als auch das Zentrum für Cybersicherheit Belgien (CCB) warnen vor der chinesischen App: „TikTok sammelt eine große Anzahl von Daten von den Nutzern, oft ohne deren Wissen, was das Risiko birgt, dass die Privatsphäre der Nutzer verletzt wird. Darüber hinaus kann TikTok den Informationsfluss und die Inhalte mithilfe von Algorithmen manipulieren. Schließlich ist TikTok nach chinesischem Recht verpflichtet, mit den chinesischen Geheimdiensten zusammenzuarbeiten.“

Das am Freitag verhängte Verbot gilt für alle Geräte, deren Kauf, Abonnement oder Nutzung teilweise oder vollständig von den föderalen Behörden getragen wird. Es gilt für sechs Monate und wird anschließend neu bewertet. Persönliche Geräte, die von Beamten für berufliche Zwecke genutzt werden, sind von dem Verbot nicht betroffen, doch wird diesen Personen empfohlen, die Anwendung nicht zu installieren.

Der Nationale Sicherheitsrat fordert die Behörden von Regionen, Provinzen und Gemeinden auf, ein ähnliches Verbot zu verhängen, und ruft darüber hinaus den Privatsektor auf, wachsam gegenüber den Risiken zu sein, die mit der Nutzung der TikTok-App verbunden sind.

Der Nationale Sicherheitsrat fordert darüber hinaus die Datenschutzbehörde auf, die Datenschutzpolitik von TikTok zu untersuchen.

TikTok, dessen Muttergesellschaft ByteDance chinesisch ist, steht zunehmend unter westlicher Beobachtung, da befürchtet wird, dass Peking weltweit auf die Daten der Nutzer zugreifen könnte. In Europa und den USA gibt es immer mehr Institutionen, die ihren Mitarbeitern die Nutzung dieses sozialen Netzwerks untersagen.

Der Kurzvideo-Dienst aus dem chinesischen ByteDance-Konzern ist mit seinen viral verbreiteten Inhalten vor allem bei Teenagern beliebt, die sich um die Sicherheitsbedenken der Regierungen weniger Sorgen machen.

Die bisherige Erfolgsgeschichte von Tiktok hat vor allem die großen Social-Media-Konzerne im Silicon Valley kalt erwischt. Insbesondere beim Facebook-Konzern Meta versucht man seit Monaten fieberhaft, mit einem ähnlichen Konzept eine Antwort für den Überraschungserfolg aus China zu finden.

Ein Mädchen hält ihr Smartphone in den Händen, auf dem sie ein Foto der Kurzvideo-App TikTok geöffnet hat. Auf Facebook, Twitter oder Instagram bewegen sich schon viele Politiker: Jetzt sind einige Volksvertreter auch bei der vor allem unter Kindern und Jugendlichen beliebten Video-App „TikTok“ unterwegs. Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

Auch Youtube tat sich zunächst schwer, die Tiktok-Offensive zu kontern. Im Sommer 2021 stellte die Google-Plattform Youtube Shorts vor, ein Format, das stark an Tiktok erinnert. Nur Twitter, das einst mit „Periscope“ Vorreiter beim Live-Streaming von Videos war, ist bis heute eine Antwort schuldig.

70 Prozent der Jugendlichen in den USA nutzen angeblich Tiktok bereits. Mit dem Aufstieg des Dienstes meldeten sich auch immer wieder warnende Stimmen zu Wort, die einen Abfluss der Benutzerdaten nach China befürchteten.

Rüdiger Trost von der Sicherheitsfirma WithSecure schätzt Tiktok als „sehr gefährlich“ ein. „Der Algorithmus von Tiktok benachteiligt gezielt Individuen, die nach westlichem Verständnis eines besonderen Schutzes bedürfen“, sagte der Experte der Deutschen Presse-Agentur. So würden etwa Videos von Behinderten auf Tiktok gezielt seltener ausgespielt.

Als problematisch sieht Trost auch die Verbindung zur Regierung des Herkunftslandes: „Ereignisse, die dem chinesischen Staat nicht gefallen, fallen der Zensur zum Opfer.“ Vieles an Tiktok sei mit dem westlichen Verständnis von Menschenwürde, Gleichberechtigung, freier Meinungsäußerung und Minderheitenschutz nicht in Einklang zu bringen. „Mindestens so groß wie die Gefahr vor Spionage ist das Risiko einer gezielten Beeinflussung der öffentlichen Meinung in westlichen Gesellschaften. Nicht zuletzt vor Wahlen.“

22.02.2023, Niedersachsen, Oldenburg: Esra Cayir, die als „Tankstellenlady“ auf Tiktok 1,8 Millionen Follower hat, steht hinter dem Tresen in der Tankstelle und produziert neue Inhalte für Tiktok. In nachgestellten Szenen erzählt die gebürtige Lübeckerin von skurrilen Situationen, die sie in ihrem Arbeitsalltag in einer Tankstelle erlebt. Foto: Lars Klemmer/dpa

Tiktok will Vorwürfe wie diese nicht im Raum stehen lassen. Sprecher des Konzerns behaupten immer wieder, die Daten der Anwender aus den USA würden in den Vereinigten Staaten verarbeitet, Backup-Server befänden sich in Singapur. Tiktok sei auch unabhängig gegenüber dem in Peking sitzenden Firmenteil von ByteDance.

Doch viel Eindruck haben diese Beteuerungen im politischen Washington nicht hinterlassen. Insbesondere Vertreter der Republikanischen Partei behandeln Tiktok so, als hätten sie es direkt mit einem Dienst der Kommunistischen Partei Chinas zu tun.

Die Tiktok-feindliche Haltung hat bei den Republikanern schon Tradition. 2020 drohte der damalige US-Präsident Donald Trump mit dem generellen Verbot von Tiktok, wenn ByteDance den Dienst nicht an den US-Softwarekonzern Oracle verkaufe. Trump sah die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten bedroht, ohne allerdings auf Details einzugehen. TikTok setzte sich rechtlich zur Wehr, bis Trumps Nachfolger Joe Biden die wirren Übernahmepläne stoppte und die Maßnahmen seines Vorgängers einkassierte.

Doch vom Tisch sind die Verbotspläne in den USA noch lange nicht. In einem großen Gesetzespaket zur Absicherung des staatlichen Haushalts brachten die beiden republikanischen Senatoren Josh Hawley (Missouri) und Ken Buck (Colorado) das Verbot auf den Dienst-Smartphones der Regierungsbeschäftigten unter.

27.02.2023, Kanada, Mississauga: Justin Trudeau, Premierminister von Kanada, beantwortet Fragen, nachdem der Ankündigung, dass die Social-Media-App TikTok nicht mehr auf von der Regierung herausgegebenen Smartphones verwendet werden darf. Mitarbeiter der US-amerikanischen und kanadischen Regierungen müssen die Social-Media-App Tiktok wegen Sicherheitsbedenken von ihren Dienstgeräten löschen. Foto: Frank Gunn/The Canadian Press/AP/dpa

Eigentlich streben sie aber ein komplettes Verbot von Tiktok in den USA an und werden dabei auch von einzelnen Vertretern der Demokratischen Partei unterstützt.

Der renommierte US-Sicherheitsexperte Bruce Schneier hält diese Verbotspläne für „eine schreckliche Idee“. „Die Nebenwirkungen wären unerträglich“, schrieb Schneier in seinem Blog. Am Ende würden alle wirksamen Optionen (für den Verbot von Tiktok) das freie Internet, wie wir es kennen, zerstören.

Es bestehe kein Zweifel, dass Tiktok und ByteDance, zwielichtig seien, schrieb Schneier. „Sie arbeiten, wie die meisten großen Unternehmen in China, im Auftrag der chinesischen Regierung. Sie sammeln extrem viele Informationen über ihre Nutzer.“ Aber Tiktok sei nicht allein: „Viele Apps, die Du verwendest, tun das Gleiche, darunter Facebook und Instagram sowie scheinbar harmlose Apps, die keinen Bedarf an den Daten haben. Deine Daten werden von Datenmaklern gekauft und verkauft, von denen du noch nie etwas gehört hast und die wenig Skrupel haben, wo die Daten landen. Sie haben digitale Dossiers über die meisten Menschen in den Vereinigten Staaten.“

Der Experte setzte sich für ein wirksames Datenschutzgesetz in den USA ein, mit dem die Verbraucher langfristig geschützt werden könnten, „und nicht nur vor der App der Woche“. (cre/dpa)

54 Antworten auf “Belgien verbietet seinen föderalen Beschäftigten die Nutzung von TikTok – Wie gefährlich ist die China-App?”

  1. Eifel_er

    Als wer so einen China dreck auf seinem Handy runterlädt ist selber schuld ! Diese App ist wirklich nur fur hirnlose bestimmt – daher auch wahrscheinlich bei den Beamten angekommen 🤷‍♂️

  2. DerNörgeler

    Gute Frage….
    Wer ist gefährlicher? Der Chinese…,von dem ich weiß das er Ausspioniert. Oder unser geliebtes „Demokratiisches System“,welches es nur anders verpackt,und uns somit verarscht…

        • Walter Keutgen

          Kevin Giebels, China tätigt gewaltige Investitionen für Business hauptsächlich um an Rohstoffe zu kommen. Es scheint das aber nachhaltiger zu machen als die Europäer. Auch in ganz Asien außer Russland und im ehemaligen Jugoslawien. Und sowieso haben die Afrikaner die Europäer nicht gern, wenn da ein anderer kommt hat er Vorschusslorbeeren. Sie haben sogar die russische Söldnertruppe Wagner willkommen geheißen.

  3. Wer ist gefährlicher? Der Chinese, von dem die Amerikaner behaupten, dass er uns ausspioniert. Die Beweise bleiben leider aus, wie zuletzt bei Huawei. Oder der Amerikaner, von dem wir wissen das er uns ausspioniert, und wovon es viele Beweise gibt?
    Jede amerikanische Software sammelt Daten über Daten. Facebook, Meta, Microsoft, Amazon, Apple etc. etc. Aber das sind die Guten! Jedenfalls nach des amerikanischen Standards.

  4. Seit der Antike hat die Gesellschaft grosse technische Fortschritte gemacht, aber nichts dazu gelernt. Das trojanische Pferd heisst heute „App“ und wird weiter unter Applaus hinter die Stadttore gezogen. Mit dem bekannten Resultat. Es ist immer wieder faszinierend zu beobachten, das Internet macht die Menschen nicht schlauer, es macht deren Dummheit nur sichtbarer…

    • In der der Antike wurde bereits Einiges klar, ja, zum Beispiel „Ignoranti quem portum petat, nullus suus ventus est?“, wie Seneca schrieb – „“Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige.“ Umso mehr Medien, umso mehr Manipulation und Ablenkung. Ja, das netz ist eine großartige Sache, Apps können auch Einiges (ich habe kein Smombiephone, weiß aberwas die können). Aber aber, es ist wie mit so Vielem, sie werden falsch gebraucht, ünermäßig viel und es entsteht eine völlige Abhängigkeit, anstatt eine bloße NUTZUNG. Und dann der Verlust der Privatsphäre.
      Und dann das Aufgeben des Leben mit beiden Füßen auf dem Boden für eine „medilitätische“ Existenz.
      Am Faszinierenden, positiv gemeint, ist für mich die Bildualität dieser Smombiephones! Ich glaube ich kaufe mir doch so’n Ding, um… Fotos zu machen!
      Und, und, und.

  5. Jeder Mensch weltweit trägt einen kleinen Computer spazieren, in den USA programmiert und in China hergestellt, der praktisch die Informationen über sein Leben enthält. Vermogensverhaltnisse, Kontakte, Konversationen, Bewegungsprofile…. Es ist naiv zu glauben das würde keine Begehrlichkeiten wecken. Jede Entwicklung hat 2 Seiten, das sollte man nie vergessen…..

  6. Guido Scholzen

    Alle Geheimdienste spionieren überall im Netz.
    Und bei der tagesschau will man der deutschen Öffentlichkeit nun folgendes schmackhaft machen:
    „Künstliche Intelligenz – Die rettende Lösung gegen Desinformation?“
    https://www.tagesschau.de/faktenfinder/ki-gegen-desinformation-101.html

    Bestehende Algorithmen präsentieren uns jeden Tag anhand von passender Werbung (auch im Briefkasten), dass unsere digitalen Info-spuren seit Jahren verarbeitet werden. Wenn die Wirtschaft das tut, dann der Staat (die Staaten?) schon lange.
    Der „Faktenfinder“ in diesem ARD-Bericht will uns wohl noch einmal aufs Neue, die politisch korrekte Staatsinformation schmackhaft machen, d.h. Kritik unerwünscht denn Andersdenkende sind generell als Störenfriede zu brandmarken.
    -> ein Widerspruch in sich in einem pluralistischen Gesellschaftsystem!

    Diese primitive Propaganda ist was für binäre Analphabeten: eine sogenannte ‚künstliche Intelligenz‘ gibt es bis auf den heutigen Tag nicht, es war und ist eine Marketing-Strategie, mehr nicht. Wirkliche künstliche Intelligenz wäre ein Computer, der in der Lage wäre, sich selbst zu programmieren; und so was ist unmöglich.
    Bei diesen Programmen handelt es sich um ‚Experten-Systeme‘, solche Konzepte gibt es seit Jahrzehnten, und die Computerpower mit immer mehr Speicher machte diese Systeme immer billiger und effizienter.
    in diesem Beispiel hier ist die ARD eindeutig gefährlicher als TIKTOK, oder zumindestens genau so.
    wer’s glaubt, wird politisch korrekt.

  7. volkshochschule

    Joe Biden hat sie nicht mehr alle, er will die totale Konfrontation mit der Volksrepublik China. er glaubt wohl nur so könne er die eigene Wirtschaft ankurbeln. Das ist aber für uns Europäer ein großer Nachteil denn unser Wohlstand hängt mit an Chinas Wirtschaft.

  8. Anonymos

    Ungeachtet dass diese App definitiv Schwachsinn und auch Gefährlich ist, sollte man diese definitiv allgemein Verbieten, denn die globale Verblödung ist bereits weit genut fortgeschritten, dass sieht man an den GRÜNEN, KlimaKlebern etc., die sollten auch Verboten werden.

  9. Anti-Durak

    Gerade als die USA den Krieg gegen China provozieren wollen… Die „Balloons“, die Corona aus dem Wuhan-Labor (Labor, ja, aber eher in der UKreine), Tiktok, usw. Und die blöden Westler fallen darauf rein… NAch der Russophobie, die Sinophobie!
    Ich, nein, ich benutze kein Tiktaktoktüt, kein Instagram, kein FB, nix.
    Und werde auch kein Sinophobe, erst recht kein Russophobe! Lang lebe Mutter Russland!
    Bei REDACTED (Natali und Clayton Morris) wurde das Ganze sehr gut analysiert, vor wenigen Tagen. Redacted ist echt super!

  10. Wenn ich Arbeitgeber wäre, würde ich sowieso meine Mitarbeiter in den A….. treten, wenn sie auf dem Diensthandy rumspielen.
    Egal mit was für einer App.
    Mich wundert, dass sowas vorher erlaubt war.

  11. delegierter

    Haben die Angestellten während der Dienstzeit nicht genug Arbeit ?
    Dann sollen sie ihre Zeit nutzen und die Sprache des Nachbarn erlernen.
    Warum ist einen Nutzung dieser Dienste nicht gebührenpflichtig, dann wäre das Problem schnell gelöst.

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