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Erste Hilfe bei Herzinfarkt: „Belgien hinkt hinterher“ – Jadin für bessere Ausbildung und bessere Ausrüstung

Bild links - Ein Defibrillator hängt an einer Wand. Bild rechts - 12.06.2021, Dänemark, Kopenhagen: Dänische Spieler laufen zu dem am Boden liegenden Christian Eriksen während des Spiels. Eriksen war auf dem Rasen zusammengebrochen, sofort herbeigerufene Helfer führten lebensrettende Maßnahmen durch. Fotos: Pixabay - Martin Meissner/AP Pool/dpa

Es war bis jetzt die markanteste Szene der laufenden Fußball-EM: Der dänische Nationalspieler Christian Eriksen erleidet während des Spiels gegen Finnland in Kopenhagen vor laufender Kamera einen Herzinfarkt.

Zum Glück konnten die Sanitäter, ausgerüstet u.a. mit einem Defibrillator, schnell eingreifen und lebensrettende Maßnahmen durchführen. Der Spieler von Inter Mailand hat überlebt, ihm geht es den Umständen entsprechend gut (siehe Tweet unten). Man mag sich aber gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn der Däne nicht sofort Erste Hilfe erhalten hätte.

Tagtäglich erleiden Menschen einen Herzinfarkt und kommen leider nicht immer glimpflich aus der Situation heraus.

Ein Defibrillator, auch Schockgeber genannt. Foto: Shutterstock

Die ostbelgische föderale Abgeordnete Kattrin Jadin (PFF-MR) weist in einer Pressemitteilung darauf hin, dass Belgien in Sachen Erste Hilfe und Grundausstattung seinen Nachbarländern deutlich hinterherhinkt. Sie beruft sich dabei auf Angaben der Belgian Heart Rhythm Association (BeHRA).

Verfügt Belgien aktuell etwa über 10.000 öffentlich zugänglichen Defibrillatoren, sind es in den Niederlanden bereits 150.000. Außerdem sei die breite Bevölkerung nicht ausreichend darauf vorbereitet, im Falle eines Herzstillstandes angemessen zu reagieren. „Dabei zählt in solchen Fällen jede Minute, ja sogar jede Sekunde“, betont Jadin.

Überlebensrate in Belgien 9 Prozent – anderswo 25 Prozent

Die Überlebensrate nach einem Herzinfarkt, der sich außerhalb eines Krankenhauses ereignet, liegt in Belgien bei nur 9 Prozent. Unser Land schneidet im europäischen Vergleich sehr schlecht ab und befindet sich in der zweiten Tabellenhälfte. In Ländern wie Deutschland, den Niederlanden oder etwa in Skandinavien liegt die Rate deutlich höher, nämlich bei rund 25 Prozent.

Die ostbelgische Föderalabgeordnete Kattrin Jadin (PFF-MR).

Für die ostbelgische Föderalabgeordnete muss sich Belgien, aber auch der Belgier selbst, viel mehr mit dem Thema Herzinfarkt auseinandersetzen.

„Jeden Tag könnten Menschenleben gerettet werden, wenn wir alle einen Erste-Hilfe-Kurs belegen würden. Die Organisation eines Kurses sollte in der Schule, den Sport- und Freizeitvereinen und den Unternehmen einmal im Jahr verpflichtend werden“, fordert die Abgeordnete.

Jadin, die vor einigen Jahren selbst in ihrem familiären Umfeld einen schmerzhaften Verlust aufgrund eines Herzinfarkts bedauern musste, ist sich sicher, dass dieses Problem in der Politik nicht auf taube Ohren stoßen wird. „Der traurige Vorfall bei der EM ist leider auch eine willkommene Gelegenheit, diese Problematik nochmal in die Öffentlichkeit zu tragen. Je mehr Leute wissen, was bei einem Herzinfarkt zu tun ist, desto höher wird auch die Überlebensrate in unserem Land. Denn die Erste Hilfe beginnt nun mal bei den Personen, die zuerst an Ort und Stelle sind. Und das sind in den meisten Fällen keine ausgebildeten Sanitäter“, so die Parlamentarierin.

Ein weiteres Manko ist in Belgien die Zugänglichkeit zu den automatischen Defibrillatoren. Auch hier sieht die BeHRA ein enormes Verbesserungspotenzial und fordert die Politik auf, mehr Defibrillatoren an öffentlich zugänglichen Plätzen anzubringen. Die Gemeinden könnten hier schnell reagieren, so Kattrin Jadin abschließend. (cre)

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:

13 Antworten auf “Erste Hilfe bei Herzinfarkt: „Belgien hinkt hinterher“ – Jadin für bessere Ausbildung und bessere Ausrüstung”

  1. Fred vom Jupiter

    Da Erikson mit dem Krankenwagen möglichst schnell zum Krankenhaus gebracht wurde, könnte man sich auch mit dem Erhalt des zweiten Krankenwagens ins Rampenlicht schieben und schön trittbrettfahren.
    Denkt mal drüber nach

    • Kattrin Jadin

      Eine entsprechende Intervention an den zuständigen Minister fur eine bessere Koordination mit den Teilstaaten der zu nehmenden Initiativen wurde natürlich hinterlegt. Das ist der mir zugewiesene Spielraum als Abgeordnete über den ich verfüge. Liebe Grüße, Kattrin

      • ohje ohje

        Hallo,
        Das ist ja erstmal lobenswert.
        Was mich wundert ist dass diese Initiatieven immer erst genommen werden wenn irgendwo irgendetwas passiert und danach von einer breiten Meinung colportiert und getragen wird.
        Warum nicht solche Sachen selbstständig bloßlegen und ankarten bei den zuständigen Instanzen/Ministern (bevor sie ans Licht kommen) ?
        Ist es ausreichend wenn ein Volksvertreter sich „nur“ (ich vermute mal, Sie machen auch noch andere nützliche Sachen) – meist auch noch äußerst Medienwirksam – in solche Themenfelder einmischt ?
        Dennoch nützliche Intervention.
        Ganz nach dem Motto: „Besser spät als nie“

  2. Eastwind

    @Kritisch denken. Ich nehme an, dass Sie unterscheiden können zwischen einem Regierungsmitglied und einem Parlamentarier, zwischen Exekutive und Legislative. Eine Parlamentarierin kann nur legislativ aktiv werden, die Umsetzung muss schon die Exekutive gewährleisten.

  3. Ostbelgien Direkt

    Do, 17.06.2021, 10:18

    Eriksen bekommt nach Zusammenbruch ICD-Defibrillator eingesetzt

    Kopenhagen (dpa) – Der dänische Fußball-Star Christian Eriksen bekommt wenige Tage nach seinem Zusammenbruch während des EM-Spiels gegen Finnland einen ICD-Defibrillator eingesetzt. Das gab der dänische Verband am Donnerstag bekannt. Dieses kleine Gerät ähnelt einem Herzschrittmacher und wird bei Menschen implantiert, die ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen haben.

    «Bei Christian wurden verschiedene Herz-Untersuchungen durchgeführt. Danach wurde entschieden, dass er ein ICD bekommen sollte. Diese Entscheidung ist nötig, nachdem Herzrhythmusstörungen bei ihm eine Herzattacke ausgelöst hatten», wird der dänische Mannschaftsarzt Morten Boesen in der Mitteilung des Verbands zitiert. Boesen stand danach in den vergangenen Tagen regelmäßig in Kontakt mit den Herzspezialisten des behandelnden Krankenhauses in Kopenhagen.

    Eriksen selbst habe dieser Behandlung bereits zugestimmt, teilte der dänische Verband mit. Die Einsetzung eines ICD-Defibrillators bedeutet nicht automatisch, dass der 29-Jährige damit seine Profikarriere beenden muss. Der niederländische Nationalspieler Daley Blind oder die deutsche Stabhochspringerin Katharina Bauer betreiben damit weiterhin Leistungssport.

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