Nach rund drei Jahren und fast 30 Verhandlungs-Runden zwischen EU-Ländern und EU-Parlament haben sich Unterhändler auf eine Agrarreform geeinigt. Wichtige Fragen und Hintergründe zur komplizierten Reform.
Es geht um Hunderte Milliarden und nicht weniger als die Frage, wie Lebensmittel hergestellt werden: In Brüssel ist eine Einigung über Rahmenbedingungen der künftigen EU-Agrarpolitik erzielt worden.
Millionen von Landwirten leben von diesen Geldern. Hinter Begriffen wie Säulen, Umweltauflagen und Direktzahlungen verbirgt sich sehr konkrete Politik, deren Auswirkungen jeder und jede sehen kann:
Welche Auswirkungen hat die Reform für die Verbraucher?
Durch die EU-Agrargelder wird maßgebend bestimmt, in welchem Rahmen europäische Lebensmittel hergestellt werden. Die Auswirkungen kann man am ehesten im Supermarkt beobachten. Beeinflusst werden kann zum Beispiel, wie teuer Lebensmittel sind und welche Tierwohlstandards eingehalten werden. Abseits des Supermarktes könnte man an Feldern beispielsweise öfter auf Blühstreifen für Bienen und andere Insekten stoßen.
Was bedeutet die Reform für die Landwirte?
Künftig soll mehr Geld an Umweltauflagen geknüpft sein. Wie diese Umweltauflagen konkret aussehen, steht noch nicht fest. Zudem sollen künftig auch Sozialstandards stärker im Fokus stehen. Wer gegen diese verstößt, muss damit rechnen, weniger EU-Mittel zu bekommen. Ausländische Saisonarbeiter profitieren davon aber zunächst nicht.
Wie hoch ist das Budget der EU-Agrarpolitik?
Insgesamt umfasst die Agrarpolitik für die Zeit von 2021 bis 2027 ein Volumen von knapp 390 Milliarden Euro. Ab 2023 – für die Zeit, in der die Reform wirklich greifen soll – sind 270 Milliarden vorgesehen. Die GAP ist das einzige Politikfeld, das nahezu ausschließlich aus dem gemeinsamen EU-Haushalt finanziert wird. Das bedeutet, dass diese Mittel größtenteils nationale Ausgaben der EU-Länder ersetzen.
Wie sind die Gelder bislang strukturiert?
Die EU-Agrarpolitik ist im Grunde in zwei Töpfe aufgeteilt, was auch so bleibt. Zum einen werden jährlich Gelder ausgezahlt, die in den sogenannten Direktzahlungen zusammengefasst werden – sie werden auch die erste Säule genannt. Das sind bislang die Gelder, die anhand der Fläche eines Betriebs ausgezahlt werden. Aus diesem Topf sollen künftig auch die Öko-Regelungen finanziert werden, die bis zu 25 Prozent ausmachen sollen.
Für 2023 bis 2025 sollen das mindestens 48 Milliarden sein. Zum anderen gibt es Geld für die Entwicklung des ländlichen Raums – die zweite Säule. Das sind Mittel, die für meist siebenjährige Programme zur Verfügung stehen und etwa für langfristige Umweltmaßnahmen genutzt werden können.
Wie umweltschädlich ist die Landwirtschaft in Europa?
Bauernverbände betonen, dass Landwirte in den vergangenen Jahren bereits viele Verbesserungen erreicht hätten. Die Politik und Umweltorganisationen sehen jedoch erheblichen Verbesserungsbedarf. Der EU-Rechnungshof kritisiert, dass die Treibhausgasemissionen des Agrarsektors seit 2010 nicht gesunken seien. „Die Landwirtschaft ist eine der Hauptursachen für den Verlust an Biodiversität“, sagte EU-Kommissionsvizechef Frans Timmermans im März. Schädlingsbekämpfungsmittel, Dünger und Monokulturen können der Tier- und Pflanzenwelt schaden. Auch für das Klima ist die derzeitige Landwirtschaft schädlich: Sie verantwortet laut Experten 11 Prozent der Treibhausgas-Emissionen in der EU.
Warum sehen Umweltorganisationen die Reform so kritisch?
Das Bündnis Fridays for Future fordert schon länger, dass die Reform in ihrer jetzigen Form zurückgezogen wird. Die Aktivistinnen Greta Thunberg und Luisa Neubauer haben kritisiert, dass die Reform so wie derzeit verhandelt nicht mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar sei. In dem Abkommen hat sich die Staatengemeinschaft darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen.
Auch andere Organisationen wie Greenpeace oder der WWF fürchten, dass die künftige GAP nur grün angestrichen ist, aber weiter umweltschädliche Praktiken finanziert. Das Europäische Umweltbüro etwa schätzt, dass auch nach der Reform rund drei Viertel des Geldes der Intensivlandwirtschaft zugutekommt, ohne dass effektiv mehr für die Umwelt gemacht wird.
Warum gibt es die EU-Agrarpolitik?
Das ist historisch gewachsen: Mit der Einführung der gemeinsamen Agrarpolitik 1962 war es eines der wichtigsten Ziele überhaupt, eine sichere Versorgung mit Nahrung zu gewährleisten. Niemand sollte nach den Schrecken des Krieges in Hunger leben müssen. Doch auch andere Ziele wie ein „angemessenes“ Einkommen für die Bauern, den Erhalt ländlicher Gebiete und später eine umweltverträgliche Landwirtschaft gehören zu den Vorgaben der GAP. Der Vorsitzende des Agrarausschusses im Europaparlament, Norbert Lins, betonte, dies sei die weitreichendste Reform der europäischen Landwirtschaft seit fast 30 Jahren. (dpa)
Artenvielfalt und deren Schutz sind die Verlierer.
Die von den Lobbyisten gesteuerte Mehrheit hat ganze Arbeit geleist.
Die Sozis haben ihre Zustimmung von den sozialen Standards der Saisonarbeiter abhängig gemacht.
Die Biodiversität verschlechtert sich dramatisch.
Es wachsen neue Großgrundbesitzer heran und was macht die Politik? Sie unterstützen diese kräftig..
Danke EVP!