Politik

TOPS und FLOPS der Wahlen: Paasch großer Wahlsieger und ProDG trotzdem Wahlverlierer?

Oliver Paasch (r) Anfang Juni 2014 bei seinem ersten Interview als zu diesem Zeitpunkt noch designierter Ministerpräsident. Foto: OD

Eine Woche nach Bekanntgabe der Wahlresultate veröffentlicht „Ostbelgien Direkt“ eine Übersicht der TOPS und FLOPS der Wahlen vom 25. Mai. Über einige Einschätzungen lässt sich natürlich diskutieren, weil der Unterschied zwischen „Wahlsieger“ und „Wahlverlierer“ nicht selten nur ganz schmal ist.

Es gibt Listen, die waren unmittelbar nach der Veröffentlichung der Wahlergebnisse aus St. Vith die großen Wahlverlierer, waren dies aber einige Stunden später nach Bekanntwerden der Resultate im Kanton Eupen schon weniger – und nach dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen konnten sie sich fast schon als Wahlgewinner betrachten.

Dies gilt beispielsweise für die SP von Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz und Antonios Antoniadis.

ProDG: Paasch jetzt MP, aber sonst?

Der neue Sozialminister Antonios Antoniadis (rechts). Foto: OD

Der neue Sozialminister Antonios Antoniadis (rechts). Foto: OD

Bei der ProDG ist ebenfalls manches eine Frage der Interpretation. Ihr Spitzenkandidat Oliver Paasch ist ohne jeden Zweifel der große Gewinner, was ihm auch den Posten des Ministerpräsidenten eingebracht hat.

Aber darf sich ProDG auch als Wahlsieger fühlen, hat die freie Bürgerliste doch trotz des fantastischen Wahlresultats keinen wichtigen Posten hinzubekommen? Die ProDG stellt jetzt zwar den Ministerpräsidenten, aber sie zählt nach wie vor „nur“ zwei Minister.

Das Amt des PDG-Präsidenten und den Sitz des Gemeinschaftssenators teilen sich die Koalitionspartner. Und neue „Superministerin“ ist Isabelle Weykmans (PFF), die zusätzlich zu ihren bisherigen Aufgaben noch eine ganze Reihe von Zuständigkeiten hinzubekommt.

Nachstehend folgt eine Übersicht der TOPS und FLOPS der PDG-Wahl vom 25. Mai.

Die TOPS der Wahlen

OLIVER PAASCH: Ohne jeden Zweifel ist der Spitzenkandidat der ProDG der ganz große Wahlsieger. Er selbst erzielte bei der PDG-Wahl 4771 Vorzugsstimmen, und seine Liste ProDG verbesserte sich um zwei Mandate und ist jetzt der CSP auf den Fersen. Dennoch muss man einschränken, dass ProDG ihren großartigen Erfolg beim Koalitionspoker nicht in zusätzliche Posten ummünzen konnte, weswegen sich die Frage stellt, ob ProDG am Ende – unterm Strich – nicht sogar ein Verlierer ist, so paradox dies auf den ersten Blick auch erscheinen mag.

Der neue Ministerpräsident Oliver Paasch (Bildmitte) mit Harald Mollers und Isabelle Weykmans. Foto: OD

Der neue Ministerpräsident Oliver Paasch (Bildmitte) mit Harald Mollers und Isabelle Weykmans. Foto: OD

HARALD MOLLERS: Der Sozialminister wurde in seiner Arbeit eindeutig bestätigt und darf sich auf weitere fünf Jahre als Mitglied der Regierung freuen.

ISABELLE WEYKMANS: Die PFF-Politikern gehört nach 2004 und 2009 zum dritten Mal in Folge der Regierungsmannschaft an. Bei der Vorstellung wurde sie sogar als „Superministerin“ bezeichnet, weil sie zusätzlich zu ihren bisherigen Aufgaben weitere Zuständigkeiten noch hinzubekommt.

ROBERT NELLES: Wurde sozusagen als „Quereinsteiger“ Spitzenkandidat und erzielte gleich auf Anhieb mit 3801 Vorzugsstimmen das zweitbeste persönliche Ergebnis nach Oliver Paasch (und noch vor Karl-Heinz Lambertz). Er empfiehlt sich nunmehr als der neue starke Mann an der Spitze der CSP.

PASCAL ARIMONT: Wurde locker Europaabgeordneter, obwohl vor der Wahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Erwin Schöpges (Ecolo) erwartet worden war.

Robert Nelles (links) und Pascal Arimont. Foto: Gerd Comouth

Robert Nelles (links) und Pascal Arimont. Foto: Gerd Comouth

SP: Die SP hat – ebenso wie Ecolo – die Wahl verloren und ist trotzdem einer der Wahlsieger, weil sie es geschafft hat, in der Mehrheitskoalition zu bleiben.

ANTONIOS ANTONIADIS: Einst wirkte er noch bei der „Jungen Mitte“ mit, hätte sich also auch für die CSP entscheiden können. Letztlich entschied er sich jedoch für die SP, deren Regionalpräsident er schon nach sehr kurzer Zeit wurde. Und jetzt wird er sogar Minister. Damit tritt Antoniadis in die Fußstapfen seines Mentors Karl-Heinz Lambertz.

PFF: Den Liberalen waren Sitzverluste und auch ein Ausscheiden aus der Mehrheit im PDG vorausgesagt worden. Beides ist nicht der Fall. Keine Partei war auf DG-Ebene so lange in der Mehrheit wie die PFF. Mit Kattrin Jadin und Jenny Möres sind die deutschsprachigen Liberalen sowohl auf föderaler als auch auf regionaler Ebene vertreten.

Die FLOPS der Wahlen

COMPUTERWAHL: Das Wahlchaos wird allen noch lange in schlechter Erinnerung bleiben. Das Vertrauen der Bürger in die Computerwahl wurde auf Dauer schwer beschädigt.

CSP: Die Christlich-Sozialen waren angetreten, um nach 15 Jahren in der Opposition im PDG endlich wieder in die Regierung zurückzukehren. Dieses Ziel wurde verfehlt. Obendrein hat die Partei selbst eigene Mitglieder verärgert, weil sie beim Koalitionspoker der SP sogar den Posten des Ministerpräsidenten für Karl-Heinz Lambertz (wenngleich es auch noch andere Optionen gab) angeboten hat.

Ecolo ist einer der Wahlverlierer (hier Freddy Mockel und Franziska Franzen). Foto: OD

Ecolo ist einer der Wahlverlierer (hier Freddy Mockel und Franziska Franzen). Foto: OD

ECOLO: Die Grünen büßten erneut ein Mandat im DG-Parlament ein und bilden keine anerkannte Fraktion mehr. Die Grünen müssen sich, ähnlich wie die CSP, neu aufstellen. So schnell kann es gehen: Bei den Gemeinderatswahlen war Ecolo noch der große Wahlsieger.

KARL-HEINZ LAMBERTZ: Dank der Ergebnisse im Kanton Eupen kam der Ministerpräsident noch mit einem „blauen Auge“ davon, zumal die SP nach wie vor der Mehrheit im PDG angehört. Er ist aber trotzdem einer der Wahlverlierer und sagt selbst, dass der Verlust des Ministerpräsidenten-Amtes „schmerzt“.

ERWIN SCHÖPGES: Er sagte bei der Europawahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Kandidaten der CSP, Pascal Arimont, voraus. Jedoch verfehlte der Ecolo-Spitzenkandidat sein Ziel deutlich.

BENOÎT LUTGEN: Der Präsident der CdH erwies der CSP mit seinen katastrophalen Aussagen zum vermeintlichen „Ultraregionalismus“ der ProDG einen Bärendienst. Selten hat ein nationaler Politiker wegen einer Äußerung so viel Verachtung hervorgerufen wie Lutgen.

KARLHEINZ BERENS: Der Kandidat der Parti Libertarien wollte nach eigenen Angaben sogar Fraktionsstärke erreichen. Letztlich reichte es nicht einmal zu einem Sitz. Und mit 200 Vorzugsstimmen war auch das persönliche Ergebnis von Karlheinz Berens enttäuschend. (cre)

Siehe auch Beitrag „Der Neue“ in der Rubrik „Alles nur Satire“

Siehe auch „Standpunkt“-Artikel „Wahlkrimi hinterlässt einiges an Frust“

66 Antworten auf “TOPS und FLOPS der Wahlen: Paasch großer Wahlsieger und ProDG trotzdem Wahlverlierer?”

      • Knalltüte

        Ja, aber jetzt haben sie auch noch den MP. Lambertz hatte doch gesagt, das gehe nicht: MP und trotzdem 2 Minister. Ich glaube, das hat es noch nicht gegeben, das die Partei des Ministerpräsident 2 Minister bekommt

        • Zappel Bosch

          Wenn man eine Koalition führen will, muss man den Partnern immer „was anbieten“, bzw. nicht zuviel fordern. Das hat Lambertz nicht getan, und Paasch nun auch nicht. Paasch ist jetzt „erster unter gleichen“, leitet die Regierungsarbeit, folglich auch jede Regierungssitzung und er gibt – bestenfalls – die Richtung vor. Ohne KHL dürfte ihm das sicher leichter fallen als mit ihm im Kabinett…

    • Ich wage die Prognosen dass ProDG in Zukunft sogar fast alleine regiert. Die haben sich doch alle Schlüsselressorts gesichert: Regierungschef, Finanzen, Personal, Unterrricht, Mittelstand, usw.
      Wie sagte Balter der Inlandspresse doch gleich ? „Paasch ist intelligenter als ein Computer…“ Das stimmt wahrscheinlich auch hier.

  1. Ostbelgien Direkt

    HINWEIS: Der Artikel von „Ostbelgien Direkt“ über die TOPS und FLOPS der Wahlen vom 25. Mai ist jetzt fertiggestellt, was eine spätere Ergänzung mit dem einen oder anderen TOP oder FLOP nicht ausschließt. Gruß

  2. Andere Walt

    ProDG ist eben nicht „postengeil“! Es kommt dieser Bewegung ganz offensichtlich auf die effektiven Verwirklichungen an.
    So etwas kann man als Ottonormalbürger nur befürworten. Parteistrategen und Parteimitläufer sehen das natürlich aus einem ganz anderen Blickwinkel.
    Und OD …… versucht wieder zu hetzen!

  3. Wahlfisch

    @ OD,
    Frage : Sind die Namen der EFFEKTIVEN 25 PDG-Mandatare inzwischen bekannt und offizialisiert worden? Bisher kennt man zwar diejenigen, die gewählt wurden, aber da hat/wird es doch noch Veränderungen aus verschiedentlichen Gründen geben.
    Wer scheidet aus (. Mandat in einem anderen Parlament , zB: E.Stoffels, Ministeramt usw.) Wer rückt nach?Zu den 25 PDG-Mandataren kommen noch die 4 Minister plus Parlamentspräsident hinzu, haben aber kein Stimmrecht, ist das korrekt?

    • Ostbelgien Direkt

      @Wahlfisch: Die Rücktritte von gewählten Abgeordneten, die ein Ministeramt oder ein Mandat im Regional- oder Europaparlament ausüben werden, erfolgt erst nach Einsetzung des neuen PDG. Dann wird man auch die Namen der Nachrücker kennen, wobei immer möglich ist, dass auch ein Nachrücker verzichtet. Dann würde der nächste Ersatzkandidat ins Parlament der DG einziehen. Gruß

  4. Petralin

    Interessiert wohl niemanden, was die besser gestellten SOZIALHILFE EMPFÄNGER so bekommen!?

    Ich als über 66prozent behindert bekomme 767 pro Monat Netto.

    Wer will mal für ein Experiment mit mir tauschen?

  5. Ich würde ProDG nicht als Wahlverlierer bezeichnen, das würde der Sache nicht gerecht. Es stellt sich aber in der Tat die Frage, weshalb die ProDG nicht mehr herausgeholt hat. Übrigens muss Oliver Paasch jetzt auch unter Beweis stellen, dass er genügend Rückgrat hat, um zu vermeiden, dass Karl-Heinz Lambertz nicht den heimlichen Ministerpräsidenten spielt. Die Aufteilung der Mandate PDG-Präsident und Senator, deren Sinn niemand versteht, und die Aufschiebung der Einsetzung des PDG, damit Lambertz noch als Ministerpräsident an der 20-Jahr-Feier des Ausschusses der Regionen teilnehmen kann, verheißt nichts Gutes. Lambertz wird eine Art Schatten-MP.

  6. Lambertz lässt sich von niemandem was vorschreiben, auch nicht von Paasch. Lambertz soll sogar schon erklärt haben, er werde als Parlamentspräsident die Redezeiten kürzen. Ist zwar eine vernünftige Maßnahme, aber aus dem Munde von Lambertz, der die Kollegen im Parlament jahrelang mit überlangen Reden genervt hat, wirkt eine solche Ankündigung natürlich zynisch.

  7. Brüssel+Weywertz

    „Nur“ 2 Minister? Ich denke, ProDG hat sich klug verhalten, im Siegesrausch nicht noch mehr zu fordern. Bescheidenheit hat noch keinem geschadet. Und eine Partnerschaft auf Augenhöhe ist für eine gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Koalition sicher nicht die schlechteste Voraussetzung.

    Respekt, Herr Paasch!

    • Zappel Bosch

      Jedem Koalitionspartner 2 Posten (Minister oder PDG-Präsi oder DG-Abgeordneter), das ist vernünftig. Mehr als KHL hat OP nun allerdings die wichtigsten Zuständigkeiten (Finanzen und Unterricht) für seine Gruppe übernommen, das Resultat kann sich also durchaus sehen lassen und ich würde nicht mal von Bescheidenheit reden….
      Ich wünsche ihm eine glückliche Hand, auch wenn ich eine andere Koalition lieber gesehen hätte…

        • Altweltenaffe

          Der im Wahlgesetz verankerte Auszählmodus wurde einmal so festgelegt, aber in Luxemburg zB wird die Rangfolgewahl auf Gemeindeebene angewandt. Es gibt nicht nur die eine Möglichkeit zu zählen. Angesichts der immer grösser werdenden Politikverdrossenheit, finde ich es legitim über andere Wahlsysteme zu reden. Das soll ja nicht heißen, dass ich die heutige Wahl nicht anerkenne. Ich finde nur, daß dieser ganze Parteienkrieg unnötig ist und es durchaus Möglichkeiten gibt den zu umgehen.
          Bei diesem Wahlmodus ist der Kandidat nicht so stark der Partei verpflichtet sondern dem Wähler.
          Der Wähler kann sogar auf unterschiedlichen Listen Personen wählen, er muss sich nicht für eine Liste entscheiden.
          Ich finde das System viel einfacher und vorteilhafter für Wähler und Kandidaten. Für mich ist die Rangfolgewahl auf jeden Fall demokratischer als das jetzige System.
          Auch wenn Sie das lustig finden, ich finde das ist ein interessanteres Diskussionsthema als das Gezanke zwischen Parteien und Schwesterparteien und der Vergleich der Armlängen.

    • Altweltenaffe

      Eine Rangfolgewahl wäre, auf DG- und Gemeinde-Ebene, ein viel besseres System, davon bin ich überzeugt. Wenn man Stimmen verliert fällt man in der Rangfolge, man verliert also an Einfluss, aber es kommt nicht ständig zu einem krassen Bruch in der Regierungsarbeit.
      Das würde dem Kleinkrieg zwischen Parteien ein Ende setzen und der Bürger hätte mehr Einfluss auf die Zusammensetzung der Regierung.

    • Ostbelgien Direkt

      @Frau Mahlzahn: Das ist richtig, doch muss man hinzufügen, dass der Vergleich mit 2009 insofern hinkt, als Patricia Creutz damals Spitzenkandidatin war. Das macht schon einen großen Unterschied. Gruß

      • Frau Mahlzahn

        @ Herr Cremer

        Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich. Schließlich ist Sie ja nur vierte auf der eigenen Liste, obwohl Sie auf 2 gestartet ist. 2009 Hat jeder den Platz geschafft, der von der Partei festgelegt wurde. Über die Vorzugsstimme haben die CSP-Wähler schon etwas zum Ausdruck bringen wollen.

  8. Jauny B.Bad

    Was dieser Artikel mit Hetze zu tun haben soll, das ist mir nicht begreiflich. Hetzen, intrigieren, lügen – das können andere wirklich besser als der Herr Cremer. Womit wir wieder bei den Wahlgewinnern wären. Möge sich der den Schuh anziehn, dem er passt!

  9. Historie PDB

    Hab nie verstanden weshalb man bei ProDG so darauf achtet, nichts mit der PDB gemeinsam zu haben. Eine Erklärung fand ich auf Wikipedia. Eines ist sicher, im Geschichtsunterricht hat man uns das nicht erzählt. Was mich da bedenklich stimmt, sind die vielen alten PDBisten die noch immer bei ProDG sind.

    Hermann-Niermann-Stiftung

    Die Hermann-Niermann-Stiftung ist nach dem 1905 geborenen Düsseldorfer Kaufmann und Industriellen Hermann Niermann, der 1942 in der Schweiz politisches Asyl erhielt, benannt. Die Stiftung privaten Rechts wurde 1977 gegründet, ist gemeinnützig und unterstützt deutsche Minderheiten in Europa.

    Inhaltsverzeichnis

    1 Geschichte
    1.1 Gründung bis 1987
    1.2 1987 bis 1993
    1.3 Seit 1993
    2 Zielsetzung und Fördertätigkeit
    3 Beurteilung
    4 Quellen
    5 Weblinks

    Geschichte
    Gründung bis 1987

    Bereits Anfang der siebziger Jahre fasste Hermann Niermann den Entschluss, mit dem aus der elterlichen Firma erwirtschafteten Vermögen ein Stiftung zur Förderung deutscher Minderheiten zu errichten. Dazu zog er 1976 den österreichischen Südtirol-Aktivisten Norbert Burger als Berater heran, Vorsitzender der rechtsextremen NDP und verstrickt in terroristische Aktivitäten. Dieser wurde 1971 in Italien in Abwesenheit zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Zwar ist unklar, inwieweit Niermann die extremistische Tätigkeit Burgers bekannt war, er selbst aber hat aus seiner deutschnationalen Gesinnung nie ein Geheimnis gemacht. Nach dem Tod des Gründers 1985 übernahm seine Lebensgefährtin Margarete Sänger den Vorsitz der Stiftung. Zwar verhinderte das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen eine Berufung Norbert Burgers in die Stiftungsgremien, jedoch geriet die Stiftung in dieser Zeit „weitgehend unter die Kontrolle von in das Stiftungskuratorium gewählten Gesinnungsgenossen des Dr. Burger, die aus Stiftungsmitteln verdeckt und mit konspirativen Absichten die Förderung von Personen, Maßnahmen und Einrichtungen durchsetzten, die ihnen persönlich oder politisch nahe standen“.[1]

    Zu den Vertrauten Burgers innerhalb der Stiftung gehörten Herwig Nachtmann, ehemaliger Chefredakteur des als rechtsextrem eingestuften Aula-Magazins, Gernot Mörig, ehemals Bundesführer des rechtsextremen Bundes Heimattreuer Jugend sowie der Düsseldorfer Anästhesist Erhard Hartung, der 1970 in Italien wegen der Beteiligung an Sprengstoffanschlägen in Abwesenheit ebenfalls zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt worden war. Aus Fördermitteln abgezweigte Gelder flossen an verschiedene Minderheitenparteien, aber auch an extremistische Organisationen wie die elsässische Separatistengruppe Schwarze Wölfe. Erhebliche Summen wurden auch verdeckt nach Südtirol transferiert.
    1987 bis 1993

    Obwohl dem Verfassungsschutz die Verbindung zu internationalen Rechtsextremisten bereits seit 1976 bekannt waren, schritten die Behörden erst gegen Ende 1986 ein, als die Unregelmäßigkeiten in der Vergabe der Fördermittel den Präsidenten des Regierungsbezirks Düsseldorf zur Einsetzung eines Staatskommissar zur vorübergehenden Leitung der Stiftung veranlassten. In dieser Zeit wurde der Ministerialrat im damaligen Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen, Uwe Stiemke, in das Amt des Vorstandsvorsitzenden gewählt. Geschäftsführer wurde Lorenz Paasch, Mitglied der Partei der deutschsprachigen Belgier. Anfang 1988 wurde der Sachwalter zurückgezogen, und die Stiftung erhielt ihre Souveränität zurück. Damit war zwar die verwaltungsmäßige Sanierung der Stiftung gegeben, die vom Staatskommissar geforderte Abberufung der Gesinnungsgenossen Norbert Burgers erfolgte jedoch zunächst nicht. Letztere weigerten sich, aus dem Kuratorium auszutreten. Ausscheidende Mitglieder wurden durch andere Vertraute ersetzt, so dass die Stiftung weiterhin von ihm gesteuert werden konnte.
    Seit 1993

    Diese Situation zog sich bis zur Einsetzung eines Notkuratoriums durch den Düsseldorfer Regierungspräsidenten Ende 1993 hin. Erst zu diesem Zeitpunkt konnten die Personen aus dem Umfeld Norbert Burgers endgültig aus den Gremien der Stiftung entfernt werden. Vorstandsvorsitzender ist bis heute Uwe Stiemke. Kuratoriumsvorsitzender ist seit 1993 der Däne Peter Iver Johannsen. Dieser ist gleichzeitig Funktionär der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen sowie des Vereins für das Deutschtum im Ausland. Stellvertretender Kuratoriumsvorsitzender ist, ebenfalls seit 1993, Joseph Dries, Mitglied der Partei der deutschsprachigen Belgier und seit 2004 Kabinettschef des Unterrichtsministers der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, Oliver Paasch. Letzterer ist Sohn des oben erwähnten ehemaligen Geschäftsführers Lorenz Paasch.
    Zielsetzung und Fördertätigkeit

    Zielsetzung der Stiftung ist die ideelle und materielle Förderung der Völkerverständigung durch die Unterstützung der […] Belange ethnischer Minderheiten und Volksgruppen verbunden mit dem Erhalt, der Lehre und der Verbreitung der deutschen Sprache und Kultur […] in Europa und der Förderung des bodenständigen Brauchtums und der Volkskunst. Unterstützt werden soziale, kulturelle und Bildungseinrichtungen, sowie wissenschaftliche Institutionen. Die Stiftung vergibt ebenfalls Stipendien an Angehörige geförderter Minderheiten. Die Satzung verbietet Förderungen außerhalb von Minderheitengebieten. Hiervon ausgenommen sind überregionale oder supranationale Minderheitenvereinigungen, deren Arbeit als uneingeschränkt förderungsfähig anzusehen ist.

    Die Gesamtsumme der ausgezahlten Fördermittel beläuft sich auf etwa 1 bis 1,5 Millionen Euro pro Jahr, wovon ein Großteil in deutschsprachige Minderheitenregionen in Ungarn, Tschechien, Rumänien, Polen (für Kaschuben und Deutsche im ehemaligen Oberschlesien), Frankreich und der Slowakei fließt. Nachdem die Förderpraxis der Stiftung in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens einen Skandal hervorrief und 1994 zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses führte, werden keine Fördermittel mehr dorthin vergeben. Unter den unterstützten Minderheitenvereinigungen befinden sich die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen und der Bund deutscher Nordschleswiger.
    Beurteilung

    In der Beurteilung der Tätigkeit der Niermann-Stiftung ist klar zwischen der Zeit vor 1987, der Säuberungsphase 1987 bis 1993 und der Zeit nach 1993 zu unterscheiden. Vor 1987 kann klar von direkter politischer Einflussnahme und Unterstützung rechtsextremer Gruppen gesprochen werden, was auch von der Stiftung selbst nicht geleugnet wird. Selbst wenn nach 1993 von einer legalen Fördertätigkeit ausgegangen werden kann, so gibt es doch Kritiker, die einwenden, dass die von der Stiftung betriebene Förderung des „Deutschtums im Ausland“ direkt oder indirekt die Autonomiebestrebungen der deutschsprachigen Minderheiten verstärkt und so zur Schwächung der jeweiligen Staaten zu Gunsten des deutschen Einflusses beiträgt. In diesem Zusammenhang wird auch hingewiesen auf die institutionellen Verbindungen der Stiftung und die persönlichen Kontakte ihrer Verantwortlichen zu Vereinigungen und Parteien, die solche Autonomiebestrebungen direkt fördern, sowie zu Stellen innerhalb des deutschen Innenministeriums.
    Quellen

    Zitat Webpräsenz der Stiftung

    Weblinks

    Webpräsenz der Stiftung
    Drucksache 13/185 (PDF; 348 kB) des Deutschen Bundestags vom 10. Januar 1995: Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke zur Hermann-Niermann-Stiftung

    • Jauny B.Bad

      Ich mag ja weder die PDB noch ProDG. Aber das hier ist unterste Schublade! Vor allem deshalb, weil längst erwiesen ist, was damals in Südtirol wirklich geschah: False-Flag-Aktionen, Folter und Mord durch den italienischen Staat. Die PDB auch nur ansatzweise mit dieser Geschichte in Verbindung zu bringen, das ist billigste Propaganda!

    • Nicht Nurso

      Ist dich in den 80er alles von Untersuchungsausschüssen bzw Gerichten geklärt worden. Alle die den PDBisten etwas in dieser Art vorgeworfen haben, sind für Verleumdung verurteilt worden. Was so das denn jetzt ?

    • Enttäuscht?

      Da sind sie wieder, die alten CSP-Kamellen. Vater Paasch und Dries haben damals auf der richtigen Seite gestanden. Freddy Derwahl auf der falschen. Das hat Derwahl vor Jahren zugegeben und macht seitdem bei der ProDG mit. Das wurde trotz CSP-Verleumdungen von mehreren Gerichten bestätigt. Bitte, liebe CSP, kramen Sie nicht wieder diese Grabenkämpfe heraus! Mein Gott, wenn ich das lese bin ich froh, dass ProDG doch nicht mit der CSP eine Koalition gemacht hat. Der CSP ist nicht mehr zu helfen! Wie billig.. Lutgen legt vor; CSP legt nach. Das alte Muster. Ich bereue immer noch, dass ich mal vor einigen Jahren CSP gewählt habe

    • derboblo

      Ich dachte, der heilige Krieg wäre mit dem Verschwinden der alten machtgierigen CSP Bonzen beendet.
      Politik ist ein schmutziges Spiel, wo alle Schläge erlaubt sind.
      Lutgen sagt und schreibt was der CSP nicht öffentlich äußern darf.

      Meine Meinung nach, hat der CSP da ein Fehler gemacht und wird nun wiederum dafür büßen.
      In französischer Sprache sagt man ganz richtig : „Cela sent encore plus mauvais quand on remue dans le caca !“

  10. Die Analyse in dem Artikel über Verlierer und Gewinner ist absolut zutreffend. Da wurde meiner Meinung nach nichts ausgelassen. Ich finde auch gut, dass der Lutgen bei den Flops erwähnt wurde. Und ob ProDG bei den Koalitionsverhandlungen etwas mehr erreichen konnte, weil Prodg immerhin 2 Sitze gewonnen hat, kann man ja als Frage stellen. Ich wüsste wirklich nicht, was das mit Hetze zu tun haben sol.

    • ohje ohje

      Meinen Sie echt, PFF und SP würden ProDG noch nen zusätzlichen Minister gönnen?

      Dann wären 3 Minister ProDG, und jeweils einer PFF und SP. Geht gar nicht !

      Ausserdem wid sich diese Mehrheit hüten noch nen zusätzlichen Ministerposten zu schaffen.
      Der 5. Minister kommt definitiv (noch) nicht. Die neuen Kompetenzen sind ja auch schon heute den Ministern zugeordnet worden, das ist der beste Beweis!

      • Kuddelmuddel

        @ ohje ohje, an Fulltime-Posten gibt es ja nicht nur Ministerämter. Es gibt noch den Parlamentspräsidenten und den Gemeinschaftssenator. ProDG hätte durchaus auch noch einen dieser beiden Ämter verdient gehabt. Besser als der Kuddelmuddel zwischen Lambertz und Miesen, den wir bekommen werden. Frag mich immer noch, warum die Aufteilung gemacht wurde.

    • Ostbelgien Direkt

      Hallo Herr Bertha, dass Vivant einer der TOPS sein könnte, war natürlich Gegenstand einer Überlegung. Weil aber kein zusätzlicher Sitz herausgesprungen ist, haben wir davon abgesehen. Dass Vivant prozentual zulegen würde, war allgemein erwartet worden. Insofern bewegt sich Vivant eigentlich jenseits von TOPS und FLOPS. Gruß

  11. Hallo Herr Cremer,

    sie haben Vivant bei den TOPS vergessen:

    * drittstärkste Kraft im Kanton St. Vith (vor PFF und SP)
    * insgesamt deutlich zugelegt
    * nur haarscharf am dritten Sitz im PDG vorbeigeschrammt

    Eindeutig ein TOP, oder?

    Herzliche Grüße…

    • Ups, gerade erst gesehen, dass Herr Bertha schneller war als ich. Dennoch: Im Kanton St. Vith an zwei neuen und alten Regierungsparteien vorbeigezogen, das ist für meinen Geschmack eindeutig TOP…

      • Ostbelgien Direkt

        @ich_bin: Ob TOP oder FLOP, das hat auch ein bisschen damit zu tun, wie allgemein die Erwartungshaltung VOR der Wahl war. Bei der PFF z.B. war man eher davon ausgegangen, dass sie einen Sitz verlieren würde. Sie hat sich aber zumindest in Sitzen gehalten und gehört wieder der Mehrheit an. Dieses Resultat ist dann schon top. Bei Vivant war es so, dass man vor der Wahl einen Gewinn von mindestens einem Mandat erwartet hatte, was ja auch denkbar knapp verfehlt wurde. Gruß Gerard Cremer

  12. Le soir: Die große Verbrüderung beginnt!

    Paasch: «Moi, ultrarégionaliste? Alors, les autres partis le sont aussi!»article bloqué

    Le mandat du nouveau ministre-président germanophone Oliver Paasch (ProDG) s’est ouvert par une polémique avec Benoît Lutgen.

  13. zappel bosch

    @Herrn Cremer:

    zitat Kuddelmuddel 3. Juni 2014 um 07:47
    … „Besser als der Kuddelmuddel zwischen Lambertz und Miesen, den wir bekommen werden. Frag mich immer noch, warum diese Aufteilung gemacht wurde.“

    Die AntWort auf diese Frage Würde mich auch mal interessieren.

    Dank im Voraus.

    • Ostbelgien Direkt

      @zappel bosch: Die Frage, warum die Funktionen des Parlamentspräsidenten und des Gemeinschaftssenators zwischen Karl-Heinz Lambertz und Alexander Miesen gesplittet wurden, ist bei der Vorstellung der Koalitionsvereinbarung gestellt worden, aber die Antwort von Lambertz war ausweichend bzw. vage. Ich werde die Frage noch einmal dem designierten Ministerpräsidenten Oliver Paasch stellen. Gruß Gerard Cremer

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