In einer schriftlichen Frage an Ministerpäsident Oliver Paasch (ProDG) hat der Vorsitzende der Vivant-Fraktion, Michael Balter, detaillierte Angaben zu den Ausgaben der DG-Regierung für externe Studien- und Beratungsaufträge der DG eingefordert.
Laut Balter hatten sich die Ausgaben für externe Studien- und Beratungsaufträge der DG von 2019 bis 2021 fast verdreifacht – von rund 600.000 Euro auf über 1,8 Millionen Euro.
Auch in den Jahren 2022 und 2023 hätten sie jeweils über 900.000 Euro gekostet, obwohl juristische, steuerliche und technische Gutachten laut Regierungsangaben gar nicht eingerechnet worden seien. Hinzu kämen externe Beraterverträge in zahlreichen Einrichtungen, so der Vorsitzende der Vivant-Fraktion.
Seit Jahren kritisiert Vivant das übermäßige Vertrauen der DG-Regierung in teure externe Beratungsfirmen. Während öffentlich vom „Sparzwang“ und einem Einstellungsstopp die Rede sei, würden die Ausgaben für externe Strategiepapiere, Organisationsanalysen und PR-Leistungen steigen – und das, obwohl die Regierung selbst über teure Kabinette verfüge und ein über Jahre gewachsener Verwaltungsapparat mit Hunderten von Mitarbeitern im Ministerium zur Verfügung stehe.
Balter: „Man schafft sich einen teuren Verwaltungsapparat, stellt dann fest, dass er nicht funktioniert – und bezahlt anschließend externe Firmen, um sich aufzeigen zu lassen, wo und warum es hakt. Dass man überhaupt auf solche Hilfe angewiesen ist, ist ein politisches und wirtschaftspolitisches Armutszeugnis.“
Die regelmäßige Beauftragung von Beratungsfirmen mit hohen Tagessätzen, PR-Agenturen wie MSL Germany, internationalen Konzernen wie PwC oder Studien ist laut Balter längst kein Ausnahmefall mehr, sondern es scheine zur strukturellen „Dauerlösung“ geworden zu sein. Diese Entwicklung sei nicht nur ineffizient und intransparent – sie zeige auch, dass die Regierung nicht mehr Herr der Lage sei.
Für die Kosten bis 2024 verwies Paasch auf bereits gelieferte Antworten auf Fragen anderer Parlamentarier. Was die Kosten seit 2024 betrifft, so lieferte der Ministerpräsident eine Auflistung der externen Studien- und Beratungskosten (siehe Link unten). Juristische Gutachten, technische Gutachten sowie Gutachten zu Steuerfragen sind, so Paasch, in der Auflistung nicht enthalten. Ebenfalls nicht aufgenommen wurde die externe Auditierung der Umsetzung europäischer Programme. (cre)
Nachfolgend die Studien- und Beratungskosten für die DG-Regierung seit 2024 im Detail:
1. Faktenbasis
Zwischen 2019 und 2021 stiegen die Ausgaben für externe Beratung in der DG von ca. 600.000 € auf über 1,8 Mio. €. In den Folgejahren 2022 und 2023 lagen die Kosten bei jeweils über 900.000 €. Wichtig ist: juristische, technische und steuerliche Gutachten sowie Audits im Rahmen europäischer Programme sind dabei nicht berücksichtigt. Damit liegt die reale Belastung deutlich höher.
Setzt man die Summe von rund 1–2 Mio. € ins Verhältnis zum Gesamthaushalt 2025 von etwa 743 Mio. €, ergibt sich ein Anteil von lediglich rund 0,2 %. Finanziell also ein Randaspekt, politisch jedoch ein hochsensibles Thema.
2. Governance-Dilemma kleiner Systeme
Gerade kleine politische Systeme wie die DG stehen vor einem Dilemma:
-> Begrenzte Verwaltungskapazitäten erschweren es, hochspezialisierte Expertise dauerhaft intern vorzuhalten.
-> Externe Beratungsfirmen erscheinen daher als pragmatische Lösung, um kurzfristig Know-how einzukaufen.
Doch diese Lösung hat einen Preis: Abhängigkeiten entstehen, Know-how bleibt extern, und die eigene Verwaltung verliert mittelfristig an Steuerungskompetenz. Aus Sicht der Governance-Forschung spricht man von einer „Externalisierung staatlicher Expertise“.
3. Politische Symbolik und Legitimität
In der politischen Wahrnehmung entfaltet das Thema eine Wirkung, die weit über die Zahlen hinausgeht:
– Sparrhetorik vs. Beratungsaufträge: Während die Regierung öffentlich von „Sparzwang“ und „Einstellungsstopp“ spricht, steigen die Ausgaben für externe Analysen und PR-Leistungen. Dieser Widerspruch beschädigt Glaubwürdigkeit und Kohärenz.
– Intransparenz: Dass juristische, steuerliche und technische Gutachten nicht in den öffentlichen Summen enthalten sind, erschwert demokratische Kontrolle. Transparenzdefizite sind politisch gefährlicher als die absolute Höhe der Beträge.
– Symbolpolitik: Die Beauftragung von großen, internationalen Konzernen (PwC, MSL) vermittelt ein Bild von Abhängigkeit und Elitenferne, was die populistische Kritik – „teurer Apparat, der nicht funktioniert“ – verstärkt.
4. Strukturelle Langzeitfolgen
– Verwaltungslogik: Dauerhafte externe Beratung kann die eigene Verwaltung entwerten, weil interne Strukturen nicht reformiert, sondern umgangen werden.
– Demokratische Kontrolle: Je stärker Politik und Verwaltung Beratungsaufträge auslagern, desto schwerer wird es für Parlament und Öffentlichkeit, Entscheidungen und ihre Grundlagen nachzuvollziehen.
– Politische Kultur: Wenn die Ausnahme zur Regel wird, droht eine „Dauerlösung Beratung“ – mit der Gefahr einer Entfremdung zwischen Regierung, Verwaltung und Bürgern.
5. Politische Handlungsperspektiven
Aus politikwissenschaftlicher Sicht lassen sich drei Handlungslinien ableiten:
1. Transparenzoffensive: Sämtliche externen Aufträge – ob juristisch, steuerlich, technisch oder PR – sollten in einer konsolidierten Liste veröffentlicht werden.
2. Stärkung interner Kapazitäten: Aufbau von thematischer Expertise in der Verwaltung und gezielte Fortbildung, um Abhängigkeiten zu verringern.
3. Parlamentarische Kontrolle: Klare Kriterien, wann externe Expertise gerechtfertigt ist (z. B. hochspezialisierte Fragen, EU-rechtliche Komplexität), und wann interne Lösungen Vorrang haben müssen.
Korrekt und ohne Polemik analysiert und beschrieben
Viele Aufgaben wurden teuer nach außen vergeben, obwohl qualifizierte Mitarbeiter in den Ministerien vorhanden sind.
Finanzprüfungen, Jugendberichte oder IT-Analysen gehören zu den Kernaufgaben der Verwaltung. Dennoch flossen hohe Summen an externe Firmen wie KPMG oder BDO.
Besonders im IT-Bereich wirken fortlaufende „Masterpläne“ und „Folgeaufträge“ wie ein Dauerabo für Berater, ohne dass internes Know-how aufgebaut wird.
Externe Partner sind bei lizenzierten Sprachtests oder spezieller Stadtplanung nötig, aber vieles andere wäre intern lösbar.
Während der Ministerpräsident an anderer Stelle Sparmaßnahmen fordert, wird in der eigenen Verwaltung großzügig extern vergeben. Das ist widersprüchlich, teuer und politisch schwer vermittelbar.
Zu „globalen“ Beratungen: Während Berater mittels überzogener Tagessätze entweder irgendwelche Platitüden vortragen oder bei sogenannten Bestandsaufnahmegesprächen bei Mitarbeitern ein Minimum an Know-How abkupfern, schieben die, die die frisch gelegten faulen Eier in ihrer täglichen Arbeit anschließend essen müssen Frust oder kündigen innerlich oder sabotieren gar passiv die Neuerung (viele, die in der freien Wirtschaft im Management tätig waren, kennen dies). Währenddessen freuen sich die oberesten Etagen darüber, dass deren Ideen als wissenschaftlich fundiert alternativlos zu gelten haben (die Beratungen haben ja schließlich viel Geld gekostet) und daher kritiklos (ja, Kritik kann auch etwas positives sein!) hingenommen werden müssen.
M.E. sind nur punktuelle Beratungen, wie z.B. Fragen an spezialisierte Juristen, Techniker, Aufträge an Architekten, usw. sinnvoll.
Man kann nicht gleichzeitig einen Abbau der Anzahl Mitarbeiter fordern und gleichzeitig neue interne Kompetenzen aufbauen.