Journalist ist er schon lange nicht mehr, aber er schreibt immer noch. „Ich möchte weiter schreiben, bis man mich hinausträgt“, erklärt der Autor Freddy Derwahl (78) in einem Gespräch mit „Ostbelgien Direkt“.
In dem Gespräch geht es auch um Derwahls neues Buch „Blüten im Advent“, das im Eifeler Literaturverlag (ELV) erscheint und im Buchhandel erhältlich ist.
OD: Freddy Derwahl, ein neues Buch von Ihnen ist erschienen. Haben Sie schon mal nachgezählt, wie viele Bücher aus Ihrer Feder bisher veröffentlicht wurden?
Freddy Derwahl: Seit dem Frühjahr 1964 sind es vierzehn, manche in sieben Sprachen übersetzte Bücher geworden; jenes über das Massaker im algerischen Tibhirine sogar in den USA.
OD: Es werden immer weniger Bücher gelesen, heißt es, aber Sie schreiben deren immer mehr. Wie passt das zusammen?
Derwahl: Das hat etwas mit Gnade und Berufung für eine seltene Arbeit zu tun, die sich nicht an Quantität orientieren möchte. Was zählt ist die Kreativität inspirierender Einsamkeit und Schreiblust.
OD: Es reicht ja nicht nur, ein Buch zu schreiben, man muss auch noch einen Verlag finden: Wie schaffen Sie das? Haben Sie einen Mäzen? Gehen Sie auf die Verlage zu oder kommen die zu Ihnen?
Derwahl: Einen Verlag für einen Literaten aus dem meist unbekannten Ostbelgien zu finden, war sehr schwer, mitunter gar etwas demütigend. Allein Heinrich Böll hat mir geholfen, dann ging es schnell. Auch muss man wissen, Verleger, die Manuskripte lesen, prüfen, lektorieren und drucken, sind nicht nur Schöngeister, sondern auch Papierverkäufer. Inzwischen bin ich bei Christoph Swiontek im Eifeler Literaturverlag (ELV) Aachen in besten Händen.
OD: Viele Ihrer Bücher sind religiöse Bücher. Klöster und Mönche sind zentrale Figuren in Ihren Büchern, so auch in „Blüten im Advent“. Was fasziniert Sie an Klöstern und Mönchen?
Derwahl: Es birgt die Leidenschaft einer abenteurlichen Lebensgeschichte. Ich wünschte mir schon als Achtjähriger „Gott allein“, so faszinierend hatte unser Volksschullehrer Kriescher vom goldenen Zeitalter in Cluny erzählt.
OD: Weshalb sind Sie selbst nie Mönch geworden?
Derwahl: Weil ich für diesen radikalen Schritt zu feige war. Ein langes Scheitern. Als ich es überwunden glaubte, war es zu spät. Blieben nostalgische Erinnerungen und weite Klosterreisen von der russisch-finnischen Grenze, über den Heiligen Berg Athos bis zu den koptischen Einsiedlern in der inneren Wüste von Ägypten. Heute bin ich glücklich zu wissen, dass mein Kloster zuhause bei meiner Frau und unseren fünf Kindern in Stockem steht.
OD: Was fasziniert Sie am Advent? Die Dunkelheit? Das Licht?
Derwahl: Ja, zaghaftes Licht im langen Dunkel. Der Advent ist eine Zeit für Gottsucher, Gottvermutende, aber auch für von Gottermüdete. Früher sang man in unseren stiller gewordenen Kirchen stürmisch: „Wolken regnet ihn herab“.
OD: War das jetzt Ihr letztes Buch, Sie sind immerhin schon 78 Jahre alt. Oder kommt da noch was?
Derwahl: Ich möchte weiter schreiben, bis man mich hinausträgt. Es wird thematisch bei „Mystik und Heimat“ bleiben.
OD: Millionen Auflagen wie Ihr Freund Anselm Grün werden Sie wohl nicht mehr schaffen, oder?
Derwahl: Pater Anselm wählte mich aus, seine Biografie zu schreiben. Wir stehen als Freunde in engem Kontakt. Sein unerschöpflicher Tiefgang ist von Taiwan bis im brasilianischen Regenwald ein weltweites Phänomen. Es bestätigt die Worte des großen existenzialistischen Philosophen Martin Heidegger in seinem posthum veröffentlichten „Spiegel“-Interview über die heutige Zeit. Der Freidenker sagte: „Was uns fehlt, ist ein Gott“.
OD: Zurück nach Ostbelgien: Weshalb verbrachten Sie die Adventszeit im kaum bekannten Benediktinerkloster Wavreumont nahe der Rennstrecke von Francorchamps und der Autobahn nach St. Vith?
Derwahl: Es befindet sich auf einem Hügel, wo im Mittelalter die reichsunmittelbare Doppelabtei Stablo-Malmedy europaweit florierte. Das heutige Priorat St. Remacle ist bescheiden, doch mit einem jungen orthodoxen französischen Mönch und sogar mit einer anglikanischen Schwester ein Ort unprätentiöser Avantgarde. Die alte Abtei war lange ein kämpferisch, kirchenpolitisch begehrter Ort zwischen den Bistümern Lüttich und Köln. So entstand auch in den 1920er Jahren das kurzlebige eigenständige Bistum Eupen-Malmedy. Der Nestor der Geschichtsschreibung in Eifel und Ardennen, Prof. Bernhard Willems, und mein ehemaliger BRF-Kollege Hubert Jenniges haben mich darauf aufmerksam gemacht.
OD: Bald erscheint Ihr Buch auch in einer französischen Version: „Les fleurs de l’Avent“.
Derwahl: Was mich besonders freut, weil es sehr schwer war, einen einflussreichen Verleger und eine literarische Übersetzerin zu finden. Dank der Hilfe meines Freundes Bruno Kartheuser konnte es gelingen.
OD: Apropos Kartheuser, hat sich der umstrittene Schriftsteller aus Neundorf inzwischen auf das Dolmetschen verlegt?
Derwahl: Nicht nur, er ist ein hochgeachteter Dichter geblieben, eine uns auch im Ausland ehrende kulturelle Persönlichkeit. Er gehört zu uns. Ich glaube, dass unser Ministerpräsident Oliver Paasch und Kulturminister Gregor Freches die Sensibilität besitzen, das bald wieder anzuerkennen. (cre)
Ein Journalist und Mann des gesprochenen und vor allem des geschriebenen Wortes aus dem Eupener Land der auch eine Affinität für die Eifel hat.
Das haben leider nicht alle …
Die Eifeler sind ja wohl auch die Letzten, die eine Affinität für den Norden haben, oder hat sich das mittlerweile geändert?
Och…ich wohne jetzt als Eifeler schon knapp 20 Jahre in Eupen. Die ersten 15 Jahre waren sehr schön, doch seit ca 5 Jahre verkommt Eupen mehr und mehr zu Mini-Verviers. Aber keine Sorge, ich will mich nicht beklagen, da die Koffer schon gepackt sind. Hatte ne coole Zeit in Eupen, bis es bergab ging. Das hohe Venn ist aber einzigartig schön.
Klar mögen wir den Norden.
Warum sonst haben wir euch die Top-Ministerpräsidenten geschickt? LOL
👍😊!
Zum positiven Eifel- Kommentar von Muppi:
Meine Eifel-Nähe ist mehr als nur Affinität. Bereits als Kind fuhr uns mein Vater im neuen „Käfer“ sonntags „ins Blaue“ nach St. Vith oder Gemünd. Etwas spâter zogen wir mit unseren „Präses“ Willy Brüll und Werner Greimers in die Sommerlager zum Igelmonderhof nach Manderfeld, Wirtzfeld und Schlommefurt. Da sah ich als 14Järiger erstmals Bruno Kartheuser, der mir nach eInigen Irr-und Umwegen ein wichtiger Freund geworden ist. Über das abgelegene Steffeshausen habe ich schon 1972 ein Gedicht geschrieben und erhielt dort im Gasthof von Frau Montigny nach dem gemeinsamen Rotkohl-Essen auf den Knien den Segen des einsamen unvergessenen Priesters der lateinischen Liturgie, Paul Schoonbroodt. Prof. Bernard Willems, Pastor Schomus, Simone Huby und Roger Greisch habe ich noch gekannt und hochgeschätzt. Hubert Jenniges war beim Start im gemütlichen Brüsseler BRF ein flüsternder Ratgeber mit Heimweh nach Andler-Mühle. Wilhelm Pip zog seine hohen Schuhe aus und zeigte mir seine in Russland zerstümmelten Füsse. Mit Lorenz Paasch habe ich mich nach viel zu langen Ärgernissen versöhnt. Was fehlt ist der „Krautgarten“.
Das kann uns Freddy sehr gut, seine ach so vielen Freunde, und deren Hobbys! Na ja…..mmmmhhh
Ja Ihnen fehlt vieleicht der Krautgarten Herr Derwahl, den allermeistren in Ostbelgien fehlt der aber gar nicht!? Dann eher ein vertrocknetes Botterblömche?! Sehr komische Poesie!?
Und auch ein Frauenschwarm !
@ Muppi
Wie Recht Sie da haben….
Typisch Derwahl , Wasser predigen und Wein trinken.
Ja, der Freddy, ein unverbesserlicher Nostalgiker mit Sehnsucht nach dem „Krautgarten“.
Nein, der kommt nicht wieder, und niemand hat ihn vermisst. Die unverkauften Jahrgänge wurden zu einem Ramschpreis angeboten. Ob sie damals Abnehmer gefunden haben?
„Da sah ich als 14Järiger [sic] erstmals Bruno Kartheuser,“
Eine Offenbarung? Beide sind ungefähr gleich alt und waren wohl in der Unterstufe des Gymnasiums. Aber beide ließen damals wohl schon Großes erahnen?
Vorbei auch die idyllischen Zeiten eines (stockkonservativen sektiererischen) Schoonbroodt („erhielt dort im Gasthof von Frau Montigny nach dem gemeinsamen Rotkohl-Essen auf den Knien den Segen des einsamen unvergessenen Priesters der lateinischen Liturgie, Paul Schoonbroodt“) und anderer von Derwahl so schwärmerisch verehrten Eifeler.
Erst der Rotkohl, dann der Segen. Mein Gott, was für eine schiefe Rangordnung. Früher, als meine Mutter noch mit den Landfrauen zum Kloster Himmerod pilgerte, war es umgekehrt.
Wie sehr die Erosion des religiösen Lebens auch in der Eifel schon fortgeschritten ist, konnte man übrigens jetzt auf Allerheiligen wieder erleben, von Jahr zu Jahr offensichtlicher.
OD: Was fasziniert Sie am Advent? Die Dunkelheit? Das Licht?
Derwahl: Ja, zaghaftes Licht im langen Dunkel. Der Advent ist eine Zeit für Gottsucher, Gottvermutende [sic], aber auch für von Gottermüdete [sic]. Früher sang man in unseren stiller gewordenen Kirchen stürmisch: „Wolken regnet ihn herab“.
Was für ein Stil ! Was für Klischees.
Wieder eine Idylle aus Kindertagen. Jetzt stehen schon die ersten Weihnachtsbäume in den Geschäften. Advent? Stille? Dunkelheit? War da mal was? Zwei Monate „Wein-Nachts-Markt“ (Traben-Trarbach“ an der Mosel), bis der Letzte das „Stille Nacht“-Gedudel nicht mehr hören kann oder als Hintergrundgeräusch schon gar nicht mehr wahrnimmt.
Diesem Wort des Sonntags ist nichts hinzuzufügen.