Brüssel hat schon einige Katastrophen erlebt. Erinnert sei nur an das Heysel-Drama am 29. Mai 1985 und die Terror-Anschläge vom 22. März 2016. Doch der Brand des Kaufhauses „À L’Innovation“ vor 50 Jahren, am 22. Mai 1967, hat sich ins kollektive Gedächtnis der Brüsseler eingegraben.
„Eine nationale Katastrophe“ titelte das Grenz-Echo am darauf folgenden Tag. Und es war eine nationale Katastrophe, die auch in den damaligen Ostkantonen die Menschen in eine Schockstarre versetzte.
323 Tote und 150 Verletzte (andere Quellen sprechen von 251 Toten und 62 Verletzten) gab es nach dem Inferno in der Rue Neuve zu beklagen. Damit ist der Kaufhausbrand, der an jenem Montag gegen 13 Uhr ausbrach, zusammen mit dem Grubenunglück im Kohlebergwerk „Bois du Cazier“ in Marcinelle am 8. August 1956, bei dem 262 Menschen den Tod fanden, die größte Katastrophe in der Geschichte Belgiens nach dem Zweiten Weltkrieg.
Das Gebäude „L’Innovation“ wies in der Mitte ein großes Atrium mit Öffnung hin zum freien Himmel auf, was bei dem Brand wie eine Art Kamin wirkte und die Ausbreitung des Brandes begünstigte.
Nach dem Ausbruch des Großfeuers gegen 13 Uhr befand sich die belgische Hauptstadt in Angst, denn viele Bürger der Stadt befürchteten nach Bekanntwerden der Katastrophe, einer ihrer Angehörigen könne sich im Kaufhaus an der Rue Neuve aufgehalten haben.
Die Ursache des Brands konnte nicht geklärt werden. Eine Brandstiftung wurde aufgrund der anti-amerikanischen Stimmung, die 1967 auf dem Höhepunkt des Vietnamkrieges in Westeuropa herrschte, als Möglichkeit in Betracht gezogen, konnte aber nicht belegt werden.
Mitglieder der deutschen linksradikalen Gruppierung „Kommune I“ verteilten nach dem Brüsseler Kaufhausbrand Flugblätter. Unter dem Titel „Wann brennen die deutschen Kaufhäuser?“ werden Nachahmungstaten empfohlen. Brandstiftung sei ein probates Mittel, „um die Bevölkerung am lustigen Treiben in Vietnam wirklich zu beteiligen“.
Im Kaufhaus gab es keine Sprinkleranlagen oder wirksame Einrichtungen zur Feuerbekämpfung. Zudem war nur ein Teil der Notausgänge benutzbar. Die rund 150 Feuerwehrleute taten ihr Bestes, aber gegen das Inferno waren sie machtlos.
Zu Ehren der Toten wurde später auf dem Brüsseler Friedhof ein Denkmal errichtet. Dort findet auch an diesem Montag eine Gedenkfeier statt.
Buch zum 50. Jahrestag
Aus Anlass des 50. Jahrestages der Katastrophe erscheint am 15. Juni das Buch „L ́incendie de l’Innovation“ des Historikers Siegfried Evens. Das Buch enthält zahlreiche Fotografien. Außerdem liefert der Autor eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Dramas.
Für das Buch erhielt Siegfried Evens Zugang zu allen Dokumenten, die bei Justiz und Feuerwehr vorliegen. Außerdem traf der Historiker 20 Überlebende, deren Leben sich nach dem Drama bis zum heutigen Tag entscheidend geändert hat. (cre/wikipedia/ge.net)
Vandaag herdenking 50j brand #Innovation #Brussel: hulde aan brandweerlieden en erkenning voor verbeterde brandpreventie #Brandweer @AnpiDra pic.twitter.com/JjCGRv0Wvk
— Belgian Royal Palace (@MonarchieBe) May 22, 2017
Nachfolgend zwei VIDEOs mit Kameraaufnahmen bzw. Fotos vom 22. Mai 1967:
Erinnere mich noch gut an diesen raben schwarzen Tag für unser Land. Leider gab es, gibt es und wird es auch in Zukunft solche Tage geben. In einer immer komplexer werdenden technisierten Gesellschaft kann man einfach nicht allen erdenklichen Katastrophen vorbeugen.