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Vor 60 Jahren passierte das Unfassbare: DDR begann am 13. August 1961 mit dem Bau der Berliner Mauer

06.10.1988, Berlin: Eine Frau betrachtet ein Transparent, das an der Berliner Mauer vor dem Brandenburger Tor angebracht worden ist. Am 13. August 2021 jährt sich zum 60. Mal der Bau der Berliner Mauer. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

SED-Chef Walter Ulbricht schuf bittere Realitäten und ging damit in die Geschichte ein: Am 13. August 1961 begann unter seiner Führung der Bau der Berliner Mauer. Für etliche Menschen in Deutschland ist die Erinnerung bis heute nicht verblasst.

Eine Stunde nach Mitternacht beginnt die geheim geplante „Aktion Rose“. In Ost-Berlin werden Gleisverbindungen in den Westteil der Stadt getrennt, Straßen aufgerissen, Betonschwellen und Ziegelsteine herangekarrt, tonnenweise wird Stacheldraht ausgerollt.

Es ist der 13. August 1961. Der Bau der Berliner Mauer beginnt. 60 Jahre danach erinnert das vereinte Deutschland nun an jenen Tag, mit dem die Teilung für mehr als 28 Jahre besiegelt wurde. Erst nach dem Mauerfall vom 9. November 1989 kamen Ost und West wieder zusammen.

Blick auf ein Stück Berliner Mauer im November 1988 – ein Jahr vor der Öffnung. Foto: Shutterstock

Der immer weiter perfektionierte „antifaschistische Schutzwall“ um West-Berlin wächst auf rund 155 Kilometer. Quer durch die Stadt wird die Mauer auf 45 Kilometern Länge hochgezogen. Das Brandenburger Tor steht nun im Niemandsland. An der innerdeutschen Grenze um die nun abgeschottete DDR werden es etwa 1.400 Kilometer Grenzbefestigungen.

Noch wenige Wochen zuvor, am 15. Juni 1961, hatte Walter Ulbricht, Vorsitzender des DDR-Staatsrates und SED-Parteichef, im Festsaal des Ost-Berliner Hauses der Ministerien vor internationaler Presse dreist behauptet: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“. Der Politfunktionär mit Fistelstimme und Spitzbart sprach vielmehr über Wiedervereinigung und einen Friedensvertrag. Es war alles Lüge. Ulbricht erteilte den Einsatzbefehl zum Mauerbau.

Symbol der „Brutalität des Grenzregimes der DDR“

Für etliche Menschen, die diesen historischen Einschnitt erlebten, ist das bis heute nicht verblasst. Der frühere DDR-Bürgerrechtler Rainer Eppelmann sagt, die Folgen hätten sein ganzes Leben betroffen. „Mein Vater blieb in West-Berlin, die Familie wurde getrennt“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. So wie er hätten viele nicht mehr zur Arbeit oder Schule im anderen Teil der Stadt gekonnt. „Der Weg zum Abitur war mir buchstäblich verbaut“, sagt der Ostdeutsche der Deutschen Presse-Agentur. Sein Traum vom Architektur-Studium zerbrach.

Diese Markierung zeigt, wo einst die Berliner Mauer belief. Foto: Shutterstock

An jenem 13. August sei er nicht in Ost-Berlin gewesen, erinnert sich der 78-Jährige, der in der DDR über Umwege dann Pfarrer wurde. Heute meint er: „Was man damals noch gar nicht erfassen konnte, war die Brutalität des Grenzregimes der DDR.“ Doch gleich sichtbar sei der moralische Bankrott der SED-Diktatur gewesen, die sich doch stets als das bessere Deutschland ausgegeben habe.

Für die Bundesstiftung unterstreicht Direktorin Anna Kaminsky, je länger die Berliner Mauer als Symbol der kommunistischen Diktatur zurückliege, desto schwerer könnten sich Nachgeborene vorstellen, dass Deutschland und Berlin über Jahrzehnte zweigeteilt waren. „Insofern lohnt jede Anstrengung in der Bildungsarbeit, die Realität des SED-Grenzregimes zu vermitteln, gerade weil sich die Essenz der kommunistischen Diktatur in Mauer und Stacheldraht offenbart.“ Noch kurz vor dem Mauerfall 1989 hatte Ulbricht-Nachfolger Erich Honecker getönt, die Mauer werde noch in 100 Jahren stehen.

Nach Angaben des deutschen Bundesarchivs, das jetzt die Stasi-Unterlagen verwaltet, stand die DDR Anfang der 60er Jahre vor dem Ruin, da abertausende Menschen flüchteten. Die SED-Führung habe sich angesichts der desolaten Lage nicht anders zu helfen gewusst, als das eigene Volk einzusperren. Eine unüberwindbare Mauer sollte die Fluchten stoppen und der SED die Macht sichern, wie es hieß.

Mauer kostete mindestens 260 Menschen das Leben

In Berlin starben nach dem Mauerbau nach wissenschaftlichen Erkenntnissen mindestens 140 Menschen durch das DDR-Grenzregime. Nach Angaben des Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität Berlin wurde dessen Studie von der Regierung korrigiert, wonach an der deutsch-deutschen Grenze mindestens 327 Menschen ums Leben kamen. An diesem Ergebnis war Kritik aufgekommen, daraufhin wurden Teile des Forschungsprojekts überprüft. Die Bundesregierung gehe nun von mindestens 260 Todesopfern aus, so der Forschungsverbund.

11.11.1989, Berlin: Jubelnde Menschen sitzen mit Wunderkerzen auf der Berliner Mauer. Foto: -/dpa

In Berlin ist nicht mehr viel von der Original-Mauer zu sehen. Die East Side Gallery, Reste an der Bernauer Straße oder in der Nähe des Abgeordnetenhauses geben aber noch eine Ahnung der einstigen Teilung. Ein Pflasterstreifen markiert den früheren Grenzverlauf. In der Euphorie der Wiedervereinigung war ein Großteil der Mauer abgerissen worden, erst später kamen nachdenkliche Töne hinzu.

Aber anderswo gibt es noch Teile des Bollwerks, wie die Aufarbeitungsstiftung in dem Buch „Die Berliner Mauer in der Welt“ dokumentiert. In einer jetzt erschienenen, überarbeiteten Auflage werden 170 Mauer-Denkmäler weltweit vorgestellt. So erinnerten Mauersegmente in den Gedenkbibliotheken der US-Präsidenten, im Vatikan, in mehreren Hauptstädten oder etwa auf der Herrentoilette eines Casinos in Las Vegas an die Friedliche Revolution von 1989.

In der deutschen Hauptstadt soll mit einem umfangreichen Programm an den 60. Jahrestag des Mauerbaus erinnert werden. Am 13. August ist ein zentrales Gedenken mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an der Mauer-Gedenkstätte an der Bernauer Straße mit 120 Gästen geplant. Am Denkmal für die Mauertoten sollen Kränze niedergelegt werden.

Die Bernauer Straße gilt als Symbol der deutschen Teilung. Als die Mauer hochgezogen wurde, lag die Häuserfront der Straße im Osten, der Bürgersteig im Westen. In den ersten Tagen nach dem 13. August 1961 versuchten noch Menschen, aus ihren Wohnungsfenstern in den Westen zu springen. Die Fenster wurden dann zugemauert, die Häuser später abgerissen. Auf dem früheren Todesstreifen wurde nach der Wiedervereinigung eine Open-Air-Gedenklandschaft eingerichtet. (dpa)

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:

37 Antworten auf “Vor 60 Jahren passierte das Unfassbare: DDR begann am 13. August 1961 mit dem Bau der Berliner Mauer”

    • Halbwahrheiten

      Sie nennen sich „Logisch“, und schreiben „…früher..“. Nur früher? Machthaber sind immer selten dämlich, wenn nicht schlimmer. Auch heute und sicherloch auch morgen. Nicht nur in (Bella) Russland.

  1. Es wird nicht mehr lange dauern und die Jugendlichen in Ostbelgien wissen nicht einmal mehr, dass es eine Berliner Mauer überhaupt gegeben hat. Das Geschichtsbewusstsein der jungen Generation von heute ist katastrophal. Die interessiert nur noch, was ist und was sein wird. Was war, interessiert keine Socke mehr. Traurig, traurig…

      • Agent provocateur

        Hallo Kollege, du hast die Verschwörungstheoretiker in deiner Auflistung vergessen. Ansonsten gute Arbeit um unser Feindbild ins Spiel zu bringen. Klasse bei momentan halb geschlossenen Grenzen durch unsere Auftraggeber Vivant mit reinzupacken. Und das beim Thema Mauerbau. Eins A.
        Kriegst du auch Sonderbonus für die Sonntagsarbeit? ;)

      • Was eine perfide Umkehrung der Tatsachen. Diejenigen, welche z.b. die Mauer vergessen haben und werden, sind diejenigen, welche dem autoritären Treiben um Impflicht und Freiheitseinschränkungen geschichtsverdrossen entgegenblicken und damit legitimieren. Wer wirklich die Verbrechen der Geschichte kennt, verstanden hat und eine Wiederholung verhindern will, der lehnt die Politik der vergangenen Monate grösstenteils ab! Die Vergesser der Mauer, die Leugner, sind die Menschen, die all die Entwicklungen´dahin verkennen. Querdenker hingegen, besonders Bürger der ehemaligen DDR, gehen auf die Strasse, weil sie erkennen was gerade passiert!

        • Agent provocateur

          Geduld, sie weiß vielleicht noch nicht ob sie heute mit ihrem wallonischen Akzent oder in perfekten Deutsch schreibt.
          Darauf bin ich mal gespannt.
          Was meinen Sie Frosch, heute zum Jahrestag des Mauerbaus perfektes Deutsch?

    • deuxtrois

      Katastrophal sind höchstens die Vorstellungen über „Jugendliche“, die so abgedroschen klingen wie auch schon 40 Jahren.

      Die Wahrscheinlichkeit, dass ein junger Ostbelgier in den letzten Jahren vor Teilen der Berliner Mauer stand, dürfte bei höher sein als bei den meisten, die sich hier über Jugendliche echauffieren. Ein Besuch der Berliner Mauer steht jedenfalls noch oft im Programm für unsere Abiturienten.

      • Walter Keutgen

        deuxtrois, das liegt aber auch am gestiegenen Lebensstandard. Früher konnte man wegen des fehlenden Geldes nicht so oft und so weit reisen. Jetzt geht es als Abiturreise. Aber sooo nachhaltig ist die Jugend laut FFF.

          • Walter Keutgen

            deuxtrois, Sie haben doch wieder einmal die Jugend mit denjenigen, die sich hier über sie echauffieren verglichen. Sie sind wohl wirklich sehr jung. In den Sechzigern gab es keine Abiturreisen. Und sogar in den Achtzigern, als sie in Deutschland, das doch reicher als Belgien besonders die DG war, hat sich der WDR darüber echauffiert, denn für arme Eltern ist es eine kolossale Belastung.

            • deuxtrois

              Stimmt, und es gab in den 60ern, 70ern und 80ern auch keine Autos oder Züge und somit auch gar keine Möglichkeit, die Berliner Mauer zu besuchen.

              Dass Sie mich noch sehr jung nennen, nehme ich dankend als Kompliment auf. :-)

              • Walter Keutgen

                deuxtrois, vom „Vierparteienabkommen über das besagte Gebiet“ der 70er Jahre haben Sie als junger Mensch auch nie gehört. Davor konnte man nur mit dem Flugzeug nach West-Berlin und das war ein Monopol. Air France, Pan American und British Airways hatten je einen Flugkorridor und nutzten das bei den Preisen schamlos aus. Ich denke, dass man mittels Visum nach Ostberlin konnte, was nicht jedem zugestanden wurde. Jedenfalls gab es einen täglichen Express Paris-Moskau. Nach dem Abkommen durfte man auch erdebene Transitstrecken benutzen. Wir Belgier mussten ein Transitvisum haben, was die meisten nicht wussten. Kein Problem: Die Volkspolizei verkaufte eins (ganz legal) à 20 DM. Die Bundesrepublik bezahlte pauschal für ihre Bürger.

  2. hat der Mensch sich viel verändert ?
    jetzt findet -Mauer-Bauen- in kleineren Bereichen statt.
    Man kann sehr gut beobachten, wie Nachbarn sich durch hohe Zäune / Mauern/ Trennwände
    immer mehr einmauern.
    Also geht der Wahnsinn weiter, wie dumm ist also der Mensch.
    Kann er mit der Freiheit nicht umgehen ?

    • Wo sehen Sie denn einen Schutzwall. Ich wohne als DG-Auswanderer in der Gemeinde Bleyberg, die Grenzen zur DG, Flandern und Holland hat. Vielleicht besteht so ein Schutzwall in den Köpfen mancher Politiker. Für die Bürger jedenfalls nicht. Egal wo ich gerade bin, merkt man – außer sprachlich – in der Lebensweise keinen Unterschied.

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