Politik

Nach „Ostbelgien“-Kritik von Gerhard Palm: Wie viel PDB steckt überhaupt (noch) in der ProDG? [Kommentar]

ProDG-Ministerpräsident Oliver Paasch. Foto: ProDG

Mit seiner virulenten Kritik an der Standortmarke „Ostbelgien“, bei deren Umsetzung sein ehemaliger Fraktionskollege, der heutige ProDG-Ministerpräsident Oliver Paasch, federführend ist, hat Gerhard Palm Aufsehen erregt (siehe dazu Artikel an anderer Stelle).

Es ist das erste Mal seit der Gründung der ProDG auf den Trümmern der historischen PDB und der Nachfolgegruppierung PJU-PDB im Juni 2008, dass jemand aus ihren Reihen so massiv Kritik übt an der Politik der eigenen Partei.

Dieses Bild erschien in den 80er Jahren im „Grenzland-Report“. Es zeigt die Eupener PDB-Politiker Dieter Pankert, Dr. Norbert Scholzen, Alfred Keutgen und Dr. Rudi Pankert (v.l.n.r.).

Es ist ja nicht nur die Kritik von Gerhard Palm an der Standortmarke „Ostbelgien“, die aufhorchen ließ. In einem zweiteiligen Leserbrief äußerte sich der frühere Fraktionsführer von PDB, PJU-PDB und ProDG zudem unter dem vielsagenden Titel „Die Ära des Kolonialismus“ über die für ihn unerträglichen Abhängigkeiten der Deutschsprachigen Gemeinschaft von der Wallonie bzw. von der Provinz Lüttich.

Kolonialismus? Sind da vielleicht beim „Alt-PDBisten“ Gerhard Palm die Sicherungen durchgebrannt? Ist es nicht völlig überzogen, von „Kolonialismus“ zu sprechen?

Oliver Paasch und die PDB

Immerhin rühmt sich die DG, eine der bestgeschützten Minderheiten in ganz Europa zu sein, ja von ihr wird inzwischen sogar behauptet, sie schwimme im Geld, weswegen sie sich den Luxus leisten könne, als einziger Teilstaat in Belgien ab 2018 eine „Schwarze Null“ zu schreiben.

Sieht so eine vom „Kolonialismus“ (dixit Gerhard Palm) unterdrückte Gemeinschaft aus?

ProDG-Fraktionssprecher Alfons Velz (links) und ProDG-Präsident Clemens Scholzen. Foto: OD

Zurück zur PDB: Oliver Paasch verweist stets darauf, nie der PDB (seines Vaters Lorenz) angehört zu haben. Er war erst „Juropa“, dann PJU, dann ProDG, aber nie PDB. Hat er gesagt, mehrmals sogar.

In der Tat ist in den wortgewaltigen Reden von Paasch Jr. nicht viel von dem zu finden, was früher mal die Gesinnung der PDB ausmachte.

Im Gegensatz zur PDB hat Oliver Paasch beispielsweise in puncto Französischunterricht immer eine ganz andere Politik vertreten als das Credo „Muttersprache zuerst“ der früheren PDB-Vertreter.

Während sein Vater Lorenz in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre, in der sogenannten Niermann-Affäre, beim Interview mit der RTBF noch großen Wert darauf legte, das Gespräch mit dem TV-Reporter in deutscher Sprache zu führen, hat Sohn Oliver nicht das geringste Problem, in perfektem Französisch mit Journalisten der RTBF zu sprechen.

Klares Bekenntnis zu Belgien

Schließlich sei an dieser Stelle noch die Kritik von Oliver Paasch an den deutschen Medien im ZDF-Morgenmagazin vom 1. April 2016 erwähnt (siehe Artikel „Oliver Paasch liest deutschen Medien im ZDF die Leviten“), die wir so deutlich und krass wohl niemals von einem PDB-Politiker zu hören bekommen hätten.

PDB-Mitgründer Lorenz Paasch. Foto: OD

Überhaupt legt Oliver Paasch allergrößten Wert darauf, Belgier zu sein. Das betont er immer wieder. Noch so eine Nuance, die ihm selbst wichtiger ist, als es auf den ersten Blick den Anschein haben könnte.

Hingegen hatten in der alten PDB einige Protagonisten schon immer ein etwas zwiespältiges Verhältnis zum belgischen Staat, auch wenn sie dies in der Öffentlichkeit nie oder nur beiläufig einzuräumen vermochten.

Es gab PDB-Anhänger, die schickten ihre Kinder nach Aachen zur Schule, weil sie meinten, dort seien sie besser aufgehoben als an einem belgischen Gymnasium.

Fragt sich also: Haben die ehemalige PDB und die heutige ProDG überhaupt noch viel gemeinsam? Hatten sie jemals viel gemeinsam?

Ist es das, was Gerhard Palm dazu bewogen hat, seine fast zehnjährige Loyalität zu Oliver Paasch für die Dauer von zwei Leserbriefen im Grenz-Echo und einem Kommentar im BRF aufzugeben? GERARD CREMER

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf „Ostbelgien Direkt“:

24 Antworten auf “Nach „Ostbelgien“-Kritik von Gerhard Palm: Wie viel PDB steckt überhaupt (noch) in der ProDG? [Kommentar]”

  1. Natürlich ist die pro DG immer noch dieselbe isolierte Dorfpartei wie es die PDB war. Sie kennt schon in Malmedy keiner mehr. Nur ist Paasch ein besserer Blender und kann aus nichts immer etwas für die Medien zaubern. Die machen das ja auch gerne mit. Darüber hinaus hat er so ziemlich alle Inhalte getilgt und steht eigentlich für nichts. Ein Vielredner, der nichts zu sagen hat.

    Aber nicht vergessen: die PDB-ProDG wird natürlich von den zwei Söhnen der grossen PDB-Urgesteine geführt. Der Grundgedanke der Isolation in Belgien bleibt derselbe. Kriegen ohne Hilfe der anderen ja auch nichts auf die Reihe.

  2. ProDG hat den Weg erkannt. Das Geld kommt aus Belgien und nicht aus Deutschland. Im Prinzip stehen die „alten“ PDBler immer noch zu D und pfeifen auf die belgische Kohle.
    Es kann natürlich auch alles ganz anders sein und alle in Ostbelgien lieben den König samt Belgien.

  3. marcel scholzen eimerscheid

    Die ProDG ist wie jede politische Partei ein Produkt ihrer Zeit und Umgebung. Das heutige Belgien ist ein anderes wie vor vielleicht 30 oder 40 Jahren. Seit der Umwandlung Belgiens von Zentral- zum Föderalstaat geht jeder Gliedstaat seinen eigenen Weg, was dann auch immer grösser werdende Unterschiede zur Folge hat. Und dann ist es nur logisch und konsequent, dass sich in jedem Teil unterschiedliche politische Parteien und Bewegungen bilden. ProDG ist ja nicht das einzige Produkt dieser Entwicklung. Die NVA in Flandern und die PTB in der Wallonie sind es ebenso.

    Gerhard Palm ist ein Mensch aus einer anderen Zeit, eben ein politisches Urgestein, das viel für die Autonomie getan hat.

    Heute sind die Deutschsprachigen Belgier im belgischen Staat angekommen und auch von den anderen Landsleuten akzeptiert. Gott sei Dank sind die Zeiten vorbei, wo man noch als „sale Boche“ bezeichnet wurde. Das führt dann zu einem wesentlich entspannteren Verhältnis gegenüber dem belgischen Staatswesen als früher.

    • Ich finde das haben sie gut beschrieben. Wobei ich glaube, dass ein Großteil der DG Bewohner wirklich, sei es auch irgendwie, in Belgien angekommen sind. Wobei man auch bedenken muss, dass von ca 70000 Einwohnern immerhin gut 10000 einen bundesdeutschen Pass haben. In der Wallonie hält man uns immer noch zu großen Teilen für deutsche oder eben Wallonen die deutsch sprechen. So meine Einschätzung. Ich finde das Belgien einfach zu klein ist um sich in noch mehrere „Bundesländer“ aufzugliedern.

      • Ostbelgien Direkt

        @Meinetwegen: Herzlichen Glückwunsch, Ihr Kommentar ist exakt der 160.000. (einhundertsechzigtausend), der seit dem Start von „Ostbelgien Direkt“ am 27. August 2012 freigeschaltet wurde (in Wirklichkeit waren es noch viel mehr). Gruß

      • Marcel Scholzen eimerscheid

        Man sollte das dumme Geschwafel von diversen Politikern nicht all zu ernst nehmen. Wichtiger ist, das sich die Menschen verstehen. Das alltägliche Leben ist was zählt.

  4. Meinetwegen

    Ein Kommentar zeichnet sich in erster Linie dadurch aus, dass darin eine Meinung vertreten wird. Herr Cremer hat offensichtlich zu dem Thema keine Meinung und stellt nur Fragen, die keiner beantworten kann.
    Bedauerlich.

  5. Sommerloch

    Wenn es nichts zu berichten gibt, soll man es auch dabei belassen! Einfach hier eine persönliche Meinung eines altgedienten ostbelgischen Politikers zu einem Skandal aufbauschen zu wollen entbehrt jedweder Logik.
    Parteien müssen sich halt regelmäßig neu positionieren und sich anpassen. Das gilt auch für die von verschiedenen Vorschreibern genannten „großen Parteien mit ihren super Vernetzungen“. Wer allerdings als Sympathisant einer dieser „traditionellen Parteien“ glaubt, er sei im Inland besser angesehen, scheint meiner Meinung nach einem Irrglauben verfallen zu sein. Äußerungen von Lutgen bis Prévot lassen doch deutlich erkennen, dass ihnen die Bedenken und Meinungen der deutschsprachigen Belgier am Hintern vorbei gehen.
    Also Fazit: „Ostbelgien“ ist jetzt eine „Markenbezeichnung“, die man gutheißen kann, aber nicht muss. Sie allerdings in die Ecke einer Verschwörungstheorie und eines „Untergangs der DG“ zu rücken wäre doch reichlich übertrieben.

  6. Pensionierter Bauer

    Die alten PDBler haben aus einer Unterdrückung heraus agiert und letztendlich durch Wahlerfolge die anderen Parteien, insbesondere die hier dominierende CSP, gezwungen ihre profranzösichesprachige Einstellungen zu revidieren. Soweit ich mich erinnere hatte die PDB zeitweise bis 37% bei den Wahlen erreicht. Natürlich agiert der O.Paasch heute unter anderen Umständen. Augrund der nicht mehr über alles herschenden Undrückung fehlt ihm auch ein Gemeinschaftsgefühl in seiner Partei, sorry Bewegung. Nachdem was ich so höre führt er diese ziemlich alleine und nimmt wenig Rücksicht auf andere Meinungen. Das erklärt meineserachtens auch weshalb dem Herrn Palm jetzt der Kragen geplatzt ist. Der Paasch täte gut daran auf einem Herrn zu hören der sich um die Selbstbestimmung von uns Deutschsprachigen so verdient gemacht hat. Dem Umfeld des Ministerpräsidenten rate ich; schaut ihm gut auf die Finger. Denn sehr viele Politiker welche Erfolge verbuchten rutschen schnell in Selbsgefallen ab und regieren plötzlich alleine weil sie keine andere Meinung mehr dulden und sich nur noch mit Klinkenputzern umgeben. Auch ein Ministerpräsident ist nur ein Mensch und unterliegt oftmals menschlichen Schwächen.

  7. Da wo Ostbelgien jetzt steht haben wir der ehemaligen PDB zuverdanken. Ich kann mich erinnern dass die PDB die deutsche Sprache in Belgien förderte aber den Französisch Unterricht viel mehr förderte in den Schulen als Paasch es jetzt tut ME seiner Möchtegern NVA in Ostbelgien . Ich bin 60. Jahrgang und konnte nach meiner Mittelschule ohne Probleme im französischsprachigen Raum zur Schule gehen . Dagegen heute können Schüler die das Abi machen sehr wenig französisch und gehen nach Aachen studieren , dank Herrn MP Paasch.

  8. Ekel Alfred

    @ Marcel scholzen eimerscheid, sind Sie sicher, das wir für die Wallonen keine „SALES BOCHES“ mehr sind?….wir sagen doch auch noch immer „WELSCHE“ (es gibt auch WELCHE, die DEUTSCH können)….

      • marcel scholzen eimerscheid

        Werter Frau oder Herr HIHI

        Laut Wikipedia hat Welsch folgende Bedeutung :

        Welsch steht im Zusammenhang mit:
        Welsche, eine im Deutschen und anderen germanischen Sprachen früher übliche Bezeichnung für romanische (lateinische) oder romanisierte keltische Völker
        Welscher Kragen, ein auch als Spanischer Kragen in den 1580er Jahren in Mode gekommenes Bekleidungsstück
        Welschschweiz, eine Bezeichnung für die französischsprachige Schweiz, siehe Romandie
        Welsch, das in der Romandie gesprochene Schweizer Französisch
        Welschtirol, eine Bezeichnung für das Trentino, einen Teil Tirols in Norditalien
        Walisisch (englisch Welsh), eine keltische Sprache
        Wallonen (niederländisch Waals), ursprünglich die keltischen Bewohner westeuropäischer Gebiete, später die romanisierte Bevölkerung, heute die Bewohner der belgischen Region Wallonie

  9. Réalité

    Wieder mal guter Kommentar unter G E Net, von Norbert Schleck in der Sache! Es kristalisiert sich immer mehr heraus: die Leute wollen diesen Zirkus nicht! Es gibt viel wichtigeres zu tun als solchen Blabla!
    Die Erfinder von sowas, denen geht es nur um das „Erfinderpatent, d h ihren Namen im Zusammenhang“!
    Einzig das zählt, ich habe das erfunden, ich hatte die Idee!
    Und für diesen Unfug müssen wir Steuerzahler jede Menge drauf legen, auf all dem vielen von davor noch dazu!
    Müssten die Leute das selbst bezahlen, ja dann…?!

  10. IN Ostbelgien

    Herr Paasch, einfach ein bisschen Bescheidenheit würde helfen. Gerhard Palm konnte als Büllinger Bürgermeister auch keine 100.000 euro Aufträge nach Berlin vergeben wie Sie das mit Steuergeldern tun damit überall Ostbelgien steht. In der Aussenkommunikation Ihres Hauses hätten Sie das Ostbelgien ruhig was kleiner geraten lassen können und ein kleines „in“ davor schreiben können. Nicht die Grundidee Ihres Ostbelgienstrips aber die Dimension ist daneben. Der Führer der grössten Oppositionspartei … muss wohl auch sein Briefpapier umgestalten, schliesslich muss er mit Ihnen seine Gelder verhandeln. Wo ist in dem System noch einer der nicht abhebt ? Vielleicht rebelliert Herr Palm auch dagegen. Das wäre dann endlich APO.

    • Büllinger

      Auf Herrn Palm hört hier schon lange keiner mehr! Hat bei allen Wahlen verloren und es am Ende (2006?) nicht mal mehr in den Gemeinderat geschafft, obwohl er Bürgermeister war. Warum wohl? Der heutige MP macht einen guten Job für mich. Herr Palm soll sich endlich zur Ruhe setzen!

    • Mitarbeiter ADG

      Interessanter Standpunkt!
      Vielleicht bringt es das sogar auf den Punkt: Die DG ist IN Ostbelgien aber die DG kann nicht Ostbelgien sein oder heißen.
      Da es jedoch laut Paasch gar keine Umbenennung gegeben hat und das Arbeitsamt der DG nicht für Malmedy und Weismes zuständig ist, wird es wohl weiterhin ein ADG aber kein AO geben. Unser Chef wird sich freuen.?

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