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100 Tage Papst Franziskus: „Er gibt der Kirche wieder Glaubwürdigkeit“

Lothar Klinges, Pfarrer im Pfarrverband Bütgenbach-Weywertz-Elsenborn.

Papst Franziskus ist seit etwas mehr als 100 Tagen im Amt. „Ostbelgien Direkt“ bat aus diesem Anlass Lothar Klinges, Pastor des Pfarrverbandes Bütgenbach-Weywertz-Elsenborn, um eine erste Bilanz. Nach dem Rücktritt von Benedikt XVI. hatte Klinges hohe Erwartungen an das neue Oberhaupt der katholischen Kirche gestellt.

Nachfolgend veröffentlichen wir die Analyse von Lothar Klinges im Wortlaut.

Auf einmal ist das Wort „Papst“ kein Schimpfwort mehr. War das Wort „Papst“ bei vielen meiner Gesprächspartner vorher negativ belastet, so spüre ich, dass es für viele Zeitgenossen kein Problem mehr ist, das Wort „Papst“ in den Mund zu nehmen.

Papst Franziskus auf dem Petersplatz in Rom. Foto: dpa

Papst Franziskus auf dem Petersplatz in Rom. Foto: dpa

Woran liegt das? Liegt es an der Person oder an dem Lebensstil des neuen Papstes? Beide Päpste – Benedikt und Franziskus – gleichen sich doch in vielerlei Hinsicht. Und doch ist etwas ganz anders.

Schon mit seiner ersten Auftritt vor etwas mehr als 100 Tagen setzte Franziskus Zeichen, die aufhorchen lassen: Statt mit den üblichen Insignien tritt er in einer schlichten weißen Soutane mit einem einfachen Kreuz aus Eisen um den Hals vor die Kameras. Er hat das vatikanische Zeremoniell in vielerlei Hinsicht entzaubert.

Am Gründonnerstag feierte er das Letzte Abendmahl in einem Gefängnis für Jugendliche und wusch einigen unter ihnen, darunter auch einer Muslimin, die Füße. Eine Geste, die mich berührt hat. Er wohnt im Gästehaus des Vatikans und nicht im apostolischen Palast, nicht abgeschieden, sondern nahe bei den Menschen.

Das sind für mich Gesten, die mehr als Worte sagen. Und es sind von Anfang an sehr spontane Zeichen, die ehrlich gemeint sind. Sein Lebensstil, die Zeichen, die er setzt, stehen für etwas ein, was die katholische Kirche so nötig hat: Glaubwürdigkeit.

„Frühlingswind“ im Vatikan

Das ist für mich tatsächlich eine Hoffnung, dass sich in der Kirche etwas bewegt, eine Öffnung hin zu den Menschen, zu mehr Dialog. Er berührt die Menschen und setzt bewusst einfache Zeichen der Nähe und Liebe zu den Menschen.

Der Petersdom in Rom

Der Petersdom in Rom: Im Vatikan wird eine andere Grundmelodie gespielt. Foto: Shutterstock

Mit der Wahl des Argentiniers Jorge Mario Bergoglio haben die Kardinäle zudem ein historisches Zeichen gesetzt: Weg vom Eurozentrismus hin zu einer Weltkirche, zu einer Kirche der Armen.

Eine grundsätzliche Modernisierung der katholischen Kirche ist wahrscheinlich unter Franziskus nicht zu erwarten. Aber vielleicht gibt er uns die Chance, unsere Perspektive zu hinterfragen.

Man nennt den Papst seit der Antike auch „Pontifex Maximus“, den „großen Brückenbauer“. Er ist tatsächlich dabei, eine Brücke zu bauen zwischen der Kirche und den Gläubigen, zwischen der Botschaft Jesu Christi und den Menschen. Mich freut, dass er ein volksnaher Papst ist, der die Kirche dort hinbringt, wo sie eigentlich hingehört: zu den Menschen. Die Kirche ist kein Selbstzweck, sondern für die Menschen da.

Der Papst zeigt mir das Bild einer Kirche, die mir viel Freude macht; einer Kirche nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern einer Kirche, die Fehler machen darf, einer einladenden Kirche, die dient; einer Kirche, die gleich dem hl. Franz von Assisi die Zeichen der Zeit erkennt, mutig handelt und sich dabei an der Botschaft des Evangeliums orientiert. Ein Kardinal sprach von einem „Frühlingswind“ im Vatikan, dabei spielt das fortgeschrittene Alter von 76 Jahren nur eine untergeordnete Rolle.

Seine Handschrift auch bei Bischofswahl zu erkennen

Lothar Klinges

Lothar Klinges

Sicher: eine Schwalbe macht noch keinen Frühling und sicherlich noch keinen Sommer. Man sollte also nicht aufgrund einer einzigen Schwalbe darauf schließen, dass nun gleich die warme Jahreszeit in der Kirche beginnt. Und trotzdem glaube ich, dass Franziskus der Kirche eine neue Grundmelodie gegeben hat, die auch viele andere ermutigt, (wieder) in diesem Orchester mitzuspielen. Warten wir ab, ob die anderen Musiker mit Freude, mit jugendlicher Frische und Begeisterung mit einstimmen werden.

Bisher hat der neue Papst noch keine großen Personalentscheidungen getroffen, was die innere Organisation der Kirche, der römischen Kurie betrifft. Hoffentlich hat er die Kraft, Reformen in die Tat umzusetzen. Insider sagen, dass er sich bei jeder Bischofsernennung genau informiert. Ich kann mir ganz gut vorstellen, dass auch bei der Ernennung des neuen Bischofs von Lüttich, Jean-Pierre Delville, die klare Handschrift des Bischofs von Rom zu erkennen ist.

Lothar Klinges, Pfarrer im Pfarrverband Bütgenbach-Weywertz-Elsenborn

Siehe dazu auch Artikel „Ein Pfarrer redet Klartext: Der neue Papst muss die heißen Eisen anpacken“

 

20 Antworten auf “100 Tage Papst Franziskus: „Er gibt der Kirche wieder Glaubwürdigkeit“”

  1. Werner Pelzer

    Der neue Papst hat seit seinem Antritt schon einiges Positives bewirkt. Weiter so! Allerdings bleibt noch ein weiter Weg. Die Kirche hat in den letzten Jahren viel an Glaubwürdigkeit verloren. Jetzt heißt es aufzupassen, selbst mit den kleinsten Verfehlungen. Von den fundamentalen Dingen, die es in der Kirche zu verändern gilt, wage ich gar nicht zu sprechen.

  2. Eastwind

    Um den Sumpf in der katholischen Kirche trocken zu legen, braucht man mehr als 100 Tage. Das wird aber auch nicht Papst Franziskus schaffen. Er kann nur das Feld vorbereiten für einen seiner Nachfolger. Das kann Jahre dauern.

  3. Bisher ist Alles im Grünen Bereich, sehe ich auch so.
    Aber bei Leuten in hohen Funktionen innerhalb der Kirche kann auch immer mal ein kleiner Skandal aus der Vergangenheit rauskommen (Missbrauch z.B.).
    Von daher Ball flach halten würde ich sagen

  4. Auch ich sehe das bisherige Wirken, Auftreten, die Bescheidenheit, die Rückbesinnung auf die Botschaft Jesu in einem sehr positivem Licht! Allerdings lebt auch in mir die Angst, dass dieser Mann an der Kurie, der wirklichen Machtzentrale der Kirche scheitern wird. Der Reformstau ist so enorm, dass es so befürchte ich, sehr lange dauern wird bis sich daran etwas ändern wird. Aber ein Anfang ist gemacht, die Richtung stimmt!

  5. Werner Pelzer

    Ganz wichtig bei der Reform der Kirche sind mutige und modern ausgerichtete Männer wie Lothar Klinges. Durch ein weniger restriktives Rom bleiben auch ihnen die Hände nicht länger gebunden. Als erstes müssen sie das Zölibat abschaffen, damit neben ihrer Berufung ein ganz normales Familienleben haben können. Früher oder später muss es sowieso so kommen, denn Priester sind akut vom Aussterben bedroht.

  6. Marc Van Houtte

    Sehe ich Ähnlich als Werner Pelzer jedoch würde ich auch Frauen im Priesteramt wollen.
    Es geht doch nicht von Gleichheit zu sprechen und Frauen als nicht Gut genug zu behandeln.
    Aidsbekämpfung und die Familienplanung sollen auch angepackt werden. Auch gegen den willen von Roger Königs.

    • Es reicht!

      Meine Frau fühlt sich als Hausfrau Pudelwohl. Zudem ist sie froh für unsere beiden Kinder da zu sein.
      Ich kann mir einen geschiedenen Priester oder Priesterin am Altar beim besten Willen nicht vorstellen. Welches Vorbild sollen die denn darstellen.
      Ich erinnere nur an zwei der 10 Gebote. Du sollst nicht begehren deines nächsten Weib. Du sollst nicht ehebrechen.
      Allein aus diesen beiden Gründen ist das Heiraten von Priestern nicht zu empfehlen. Wer das haben will kann ja zu den Protestanten konventieren.

      • Werner Pelzer

        Priester und andere Personen, die in der Kirche ein Amt bekleiden, sind keine Heilige. Sie sind ganz normale Menschen mit ganz normalen Bedürfnissen. Auch vor schlimmen Verfehlungen sind sie nicht gefeit, wie uns die jüngsten Skandale gelehrt haben.

        Deshalb können jetzt auch mal langsam die zehn Gebote ad acta gelegt werden. Als Moralwächter hat die Kirche versagt.

        • Es reicht!

          Absolute Einzelfälle die durch die Presse aufgebauscht wurden und alle Priester in einer Manier der Hexenverfolgung vorverurteilen. Über 97% der pädophilen Delikte werden nach wie vor noch durch Familienväter verübt.
          EInfach nur peinlich diese Doppelmoral
          Nochmals Klartext wer gegen das Zölibat ist der sollte doch zu den Protestanten wechseln. Wer hier sich als schwarzen Schaf profilieren will sollte die Herde der guten Schafe verlassen?

  7. Renardy Alfred

    Alfred Renardy

    Lieber Lothar – ich bin 100 % mit dir einverstanden.Zwischen Papst Johannes XXIII vor 50 Jahren und Papst Franziskus waren 50 Jahre stillstand in der Kirche – schade für alle die Menschen und Priester die nicht in diesen Jahren durch gehalten haben – schade für uns Menschen – schade für die Priesterund schade für die Botschaft Jesu die nicht verkündigt wurde.Hoffen und beten wir das unser neuer Papst die Hoffnung und Glaubwürdigkeit halten kann die er verspricht ,wünschen wir ihm Mut in dieser Kurie aufzuräumen.
    Was denkt wohl mein Freund Cyprian von Karthago ob dieser Entwicklung?

  8. Cyprian von Karthago

    Liebe Alle, lieber Herr Renardy,

    „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt!“ 1 Petr 3,15

    „Rückbesinnung“, „ad acta legen“, „Sumpf trocken legen“ und „Reformstau“ sind Meinungen, bzw. Floskeln, welche der Kirche zuhauf vorgetragen werden. Hier steht Meinung gegen Tradition. Tradition, die beständig durch die Lehre der Kirche normiert und durch die Heilige Schrift als Normenquelle gespeist wird. Katholizität ist ein kontinuierliches! Zusammenspiel aus Heiliger Schrift, Tradition und Lehramt, das jeden Gläubigen im Hl. Geist einbezieht. Einen Bruch zwischen Benedikt XVI und Franziskus, bzw. einen „Stillstand“ seit Johannes XXIII, kann ich infolgedessen nicht feststellen.
    Die „claritas scripturae“, die hier wohl als Gewährsmann für „das hätte Jesus so gewollt, getan, gesagt,…“ angeführt werden soll, entspricht in keiner Weise dem katholischen Verständnis von Offenbarung und Kirche.
    Daher gehört die authentische Interpretation der Offenbarungsquellen (durch das Lehramt!) genuin zur Kirche. Ergo: Keine Frauenordination! (Auch wenn einige Kleriker und Laien diese Tatsache noch nicht ganz durchdrungen zu haben scheinen) Ergo: Vom Zölibat kann (durch die Lehramtsträger!) dispensiert werden. Er ist eine rein-kirchliche Vorschrift, die jeder Priester zu halten versprochen hat. Eine laikale Diskussion ist zwar nicht ausgeschlossen, aber wenig zielführend, da Laien nicht entscheiden können und leicht falsche Hoffnungen wecken können.
    Dass die Kirche eine Gemeinschaft von sündigen Menschen ist, wird von niemandem bestritten. Dass damit die Fallibilität der Kirche geschlussfolgert wird, ist ein Fehlschluss.
    Die mir bereits vorgeworfene „antiquierte“ Sprache ist kein Grund, der Lehre Obsoleszenz vorzuwerfen.
    Cyprian von Karthago war ein Mann des Glaubens und der Treue zur Kirche und im Gebet verwurzelt. Darum möchte ich auch um Gebet und Vertrauen bitten, dass der Herr seine Kirche nicht fehlgehen lassen wird.
    Und ich bitte inständig darum, dass diejenigen, die sich an „katholisch“ bzw. „Kirche“ stören, überlegen: Was bedeutet mir persönlich „katholisch“, „Kirche-sein“, wenn ich nicht just in Foren drüber schreibe?
    Ich denke beständig darüber nach und halte an der Lehre der Kirche über die Kirche fest. Glaube ist keine verhandelbare Kuriosität.

    „Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ – Mt 28,20

    Ich verbleibe im Gebet und mit herzlichen Grüßen,

    Cyprian von Karthago

  9. O Cyprian
    Hat doch hier kürzlich jemand an anderer Stelle gefragt, ob die Glaubenskriege alle umsonst waren? Ich meinte ja.

    Ich würde jedoch gerne lernen, ob sie den Zeitbogen der Kontinuität auch etwas länger spannen können. Ob Petrus oder Matthäus bleibt gleich.

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