Politik

Mollers: „Keine Schule in der DG von Schließung bedroht“ (Dossier mit allen Zahlen)

Unterrichtsminister Harald Mollers mit seiner Mitarbeiterin Sarah Bongartz (links) und Verena Greten vom Ministerium der DG. Foto: OD

Unterrichtsminister Harald Mollers (ProDG) hat am Montag die aktuellen Schülerzahlen vorgestellt und erläutert. Die Schülerzahlen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft sind weiter rückläufig. Wie die aktuellen Zahlen zu interpretieren sind, erläutert Minister Mollers in einem Gespräch mit „Ostbelgien Direkt“.

Für diejenigen, die sich im Detail für die Entwicklung der Schülerpopulation in der DG interessieren, empfehlen wir einen Blick in das Dossier im Anhang.

Nachfolgend das Interview mit Harald Mollers (ProDG), Minister für Bildung und wissenschaftliche Forschung, im vollen Wortlaut.

OD: Herr Minister, welche Erkenntnis lässt sich aus den neuesten Schülerzahlen ableiten?

Mollers: Die aktuellen Schülerzahlen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft enthalten keine Überraschungen. Insgesamt sind sie – wie erwartet – wieder etwas gesunken und folgen damit dem allgemeinen demografischen Trend. An den Stichtagen im September und Oktober 2014 besuchten 12.739 Kinder und Jugendliche eine Schule in der DG. Das sind 155 Schüler weniger als im Vorjahr.

OD: Vor allem in den Sekundarschulen gibt es diesen Rückgang.

Vorstellung der aktuellen Schülerzahlen am Sitz der DG-Regierung an der Klötzerbahn. Foto: OD

Vorstellung der aktuellen Schülerzahlen am Sitz der DG-Regierung an der Klötzerbahn. Foto: OD

Mollers: Genau, die großen Jahrgänge haben die Sekundarschule verlassen, und es rücken nur kleinere Jahrgänge aus den Primarschulen nach. In den Primarschulen hingegen wird im aktuellen Schuljahr im Vergleich zu den Vorjahren nur eine leichte Verringerung der Schülerzahlen festgestellt.

OD: Die Zahl der Kindergartenkinder steigt jedoch an. Hoffnung auf eine Trendwende?

Mollers: Die Anzahl der Kindergartenkinder in der DG steigt dank der etwas geburtenstärkeren Jahrgänge 2009, 2010 und 2011 zum dritten Mal in Folge an. Diese Entwicklung sollte jedoch nicht dazu verleiten, auf dauerhaft steigende Schülerzahlen in den nächsten Jahren zu hoffen, da die Geburtenrate der zukünftigen Kindergartenkinder (Jahrgänge 2012, 2013 und 2014) wieder leicht rückläufig ausfällt.

OD: Gibt es eine Erkenntnis, mit der man eigentlich nicht gerechnet hatte?

Mollers: Nein, eigentlich nicht.

OD: Welche Auswirkungen haben die sinkenden Schülerzahlen für die Schulen? Sind Engpässe bzw. Stellenverluste zu befürchten?

Unterrichtsminister Harald Mollers (links) mit Schulleiterin Karin Plumacher beim Besuch der Grundschule des Kgl. Athenäums Eupen am 1. Schultag 2014. Foto: Jannis Mattar

Unterrichtsminister Harald Mollers (links) mit Schulleiterin Karin Plumacher beim Besuch der Grundschule des Kgl. Athenäums Eupen am 1. Schultag 2014. Foto: Jannis Mattar

Mollers: Auf Ebene der Kindergärten und Primarschulen ist in diesem Jahr trotz des Rückgangs der Schülerzahlen keine einzige Schule in der DG von einer Schließung bedroht. Auch auf Ebene der Sekundarschulen sind die Rückgänge nicht dramatisch – aber sie sind da und werden sich fortsetzen. Der Schlüssel zur Berechnung des Stundenkapitals, also des Stellenkapitals im gesamten Unterrichtswesen, bleibt unverändert. Die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft hält aber an ihrer Bildungspolitik fest, was bedeutet, dass wir trotz sinkender Schülerzahlen den Bildungshaushalt insgesamt nicht kürzen.

OD: Wie sehen denn die Perspektiven mittelfristig aus? Wann könnte für Sie eine Art Schmerzgrenze erreicht sein?

Mollers: Kurzfristig ist nicht mit großen Schwankungen zu rechnen. Da die vorliegenden Geburtenzahlen jedoch immer nur einen Ausblick für die kommenden zwei bis drei Jahre erlauben, sind mittelfristige Prognosen kaum möglich. Zudem kommt der Migrationsfaktor in unserer Bevölkerung hinzu: Aufgrund der Grenznähe und aufgrund der hohen Arbeitskräftemobilität innerhalb und außerhalb Belgiens ziehen Familien mit Kindern in die DG und andere wiederum verlassen die DG, so dass dadurch die Schülerzahlen unmittelbar beeinflusst werden können. Im Sekundarschulwesen ist auch z.B. die Entscheidung für eine mittelständische Lehre zu beachten: Je mehr Schülerinnen und Schüler sich für eine Lehre entscheiden, desto weniger verbleiben in den Sekundarschulen.

OD: Und wie sieht es mit den Dorfschulen aus?

Die DG hat massiv in neue Schulbauten investiert.Foto: OD

Die DG hat massiv in neue Schulbauten investiert.Foto: OD

Mollers: Durch sinkende Geburtenzahlen wird die Situation für kleine Dorfschulen auf Dauer natürlich nicht leichter. Die von Ihnen angesprochene Schmerzgrenze ist dann wohl die Mindesterhaltungs-Norm, an der wir nichts ändern werden: Ein Kindergarten muss mindestens 6, eine Primarschule mindestens 12 Schüler vorweisen können. Kann eine Schule die Mindesterhaltungs-Norm nicht erfüllen, wird ihr noch ein sogenanntes „Gnadenjahr“ gewährt. Es gibt jedoch zur Zeit keine Schule auf dem Gebiet der DG, die sich im „Gnadenjahr“ befindet.

OD: Die DG hat massiv in neue Schulbauten investiert. Jetzt stellt sich heraus, dass es immer weniger Schüler gibt. Hat die DG etwa zu groß gedacht? Hätten es kleinere Schulbauten womöglich auch getan?

Mollers: Auch bei sinkenden Schülerzahlen brauchen wir vernünftige Schulbauten, die Mediotheken, Sportmöglichkeiten, Pausen- und Speiseräume oder Studiersäle bieten. Es wäre unverantwortlich, allein wegen sinkender Schülerzahlen diese Investitionen nicht zu tätigen. Bei der Planung der bisher getätigten Schulbauten wurde dem demografischen Wandel immer Rechnung getragen, und wir werden auch in Zukunft diese Prognosen immer berücksichtigen. Aber unabhängig von den Schülerzahlen brauchen wir Schulen, die modernen Standards entsprechen. Nur so können die Schulen ihrem Bildungsauftrag gerecht werden. Dabei entstehen keine unnötigen Räume, die später nicht gebraucht werden. Insofern halte ich die in der Vergangenheit getätigten Investitionen in eine zeitgemäße Infrastruktur für richtig. (cre)

  • Nachfolgend finden Sie das komplette Dossier mit allen Zahlen:

Dossier Schülerzahlen Schuljahr 2014-2015

20 Antworten auf “Mollers: „Keine Schule in der DG von Schließung bedroht“ (Dossier mit allen Zahlen)”

    • Schulmeisterlein

      Ich muss VEHEMENT widersprechen, Eastwind. Zur gesunden Eifeler Dorfkultur gehört auch (noch) die kleine Dorfschule, neben Kirche, Kneipe…d.h. aber nicht, dass Dörfer ohne Schule keine Dorfkultur haben.

    • Darmwind

      Stimmt, Kinder müssen ab 4 Jahren um 7 Uhr morgens in einen Bus gesetzt und aus der Dorfidylle gerissen werden! Soziale Aspekte braucht man bei der Kindeserziehung nicht in Betracht zu ziehen! Leistung über alles! Städtischer Einheitsbrei für alle! Der Zeitgeist ist eben, dass man robotten gehen und mobil sein muss. Was dem Zeitgeist nicht entspricht ist ja bekanntlich rückständig, also schlecht! Hauptsache es ist für’s Ministerium einfach zu verwalten! Hauptsache es ist genug Geld da um den DG-Wasserkopf zu finanzieren! Wer fragt schon nach dem Willen der Bevölkerung? Wenn man sich vorstellt, dass es noch glückliche und spielende Kinder auf dem Lande gibt, am Ende wollen die noch da wohnen bleiben! Haupsache die Kinder sind weg, dann brauchen die Eltern und Grosseltern sich nicht mit ihren Kindern zu beschäftigen und haben noch mehr Zeit zum Malochen und Steuern zahlen! Kosten für Schülertransport, Mittagessen und Beaufsichtigung der Kinder zählen nicht oder besser gesagt, man redet nicht über negativen Aspekte die grosse Schulen mit sich bringen!

        • Altweltenaffe

          In Anbetracht der Tatsache, dass wir eine sehr geringe Bevölkerungsdichte haben, brauchen wir nicht lange nachzurechnen. Es sei denn sie suchen Argumente um Schulen zu schliessen, dann ist das natürlich das durchschlagende Argument.
          Wenn wir schon vergleichen, dann schaeun wir auch mal nach der Anzahl Minister und deren Verwaltungsangestellte.
          Wenn wir schon vergleichen, dann schauen wir auch mal nach wie stark die Landflucht (hin zu den Städten) in den Nachbarregionen ist.

          Wenn wir öffentlichen Dienstleistungen in den Dörfern abschaffen wollen, dann kann der neue MP ja sein REK dem entsprechend anpassen.
          Ein hervorstechendes Merkmal der Region ist die Heimatverbundenheit. Daraus entsteht der Antrieb sich ehrenamtlich in Vereinen … zu engagieren.
          Wenn man die Leuten regelrecht in die Anonymität der Stadt treibt, dann muss man sich nicht wundern wenn auch keiner sich mehr mit seiner Heimat identifizieren kann. Was hält die Leute denn noch hier, ausser dem Zugehörigkeitsgefühl? Etwa das gute Wetter und die hohen Steuern? Was macht es für einen Mensch ohne Wurzeln für einen Unterschied in Sankt-Vith oder Lüttich, Luxemburg, Brüssel… zu leben.
          Wer glaubt die Region zu stärken indem er die Dörfer ausbluten lässt, der könnte mal ganz schnell vom Gegenteil überrascht werden.

          • Was soll eigentlich immer wieder dieser Schwachsinn mit diesem omuniösem „Heimatgefühl“? Ich kenne auch Kölner, Essener oder Berliner die sich sehr wohl mit ihrer Heimat’stadt“ identifizieren und dies als ihre Heimat ertrachten. Es gibt einfach nur Leute, die auf dem Land leben und dort bleiben wollen – das hat allerdings nur wenig mit dieser Dorfschuldebatte zu tun. Ich lebte auch immer auf dem Land und war auch nicht in einer größeren Schule da es in meinem Dorf keine gab. Mir hat das kein Abbruch zu meinem Heimatgefühl gegeben und ich denke hier wird eine Angst geschürt, die völlig unbegründet ist. Was als finanzielle Kosten dem aber gegenüber stehen ist wieder ein ganz anderes Thema.

        • Ich glaube das renommierte Birnbaum Institut hat eine ähnliche Studie vor einigen Jahren im Auftrag des DG-Ministeriums durchgeführt.
          Damals gaben die hohen Kosten dieser Studie, deren Resultate übrigens in den ministeriellen Schubladen verschwanden, einigen Anlass zur Kritik…

          • Kennt man denn Ergebniss aus diesem Bericht? Waren die Dorfkinder dümmer? Kommen die im späteren Leben nicht klar? Müssen denn alle Kinder gleich sein? Werden die Eltern gezwungen ihre Kinder in eine Dorfschule zu schicken? Sieht man das auch bei der Beschäftigungsquote? Das müsste man mal bei den Sozialhilfezentren nachforschen, wäre bestimmt interessant.

  1. R.A. Punzel

    Wow: Leute, ab jetzt heißt es knallen bis zur Erschöpfung.

    „..Kann eine Schule die Mindesterhaltungs-Norm nicht erfüllen, wird ihr noch ein sogenanntes “Gnadenjahr” gewährt…“

    Empfängnisverhütung verboten (ansonsten können die Ministerpensionen nicht mehr garantiert werden…)

  2. Gibt es irgendwo auch Zahlen, wie viele Kinder die einzelnen Schulen in der DG besuchen?
    Im Dossier Schülerzahlen sind die Schulpflichtigen nach Netzen aufgeteilt. Mich würde interessieren, wie die Aufteilung in den Netzen nach Schulen aussieht.

    Mich würde auch interessieren, wo die Lehrlinge aufgeführt sind.

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