Letztes Jahr standen eindeutig die Gedenkfeiern zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren im Mittelpunkt der „Aktionstage Politische Bildung“ in der DG. Auch 2015, wenn die Veranstaltungsreihe zum 10. Mal stattfindet, wird an eine Reihe von runden Jahrestagen erinnert.
Da wären u.a. der 15. Mai 1815 (200 Jahre Wechsel von Eupen-Malmedy an Preußen), der 10. Mai 1940 (75 Jahre Einmarsch von Hitler-Deutschland in Ostbelgien) und der 8. Mai 1945 (70 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs).
Man könnte noch andere runde Jahrestage hinzufügen, etwa das Ende des Vietnam-Krieges vor 40 Jahren (1. Mai 1975). Die ARD strahlte dazu vor einigen Tagen eine Dokumentation aus. Ein fürchterlicher Krieg, der dem Ansehen der USA bis heute schweren Schaden zugefügt hat.
Fundierte Kenntnisse der regionalen Geschichte
In diesem Jahr wird auch der 200. Jahrestag der Schlacht von Waterloo gefeiert und in der direkten Folge der 200. Jahrestag des Wiener Kongresses, durch den Eupen und Malmedy an Preußen fielen (siehe Artikel „Nach dem Wiener Kongress vor 200 Jahren kamen Eupen und Malmedy zu Preußen“).
Zum Programm der „Aktionstage Politische Bildung“ unterhielt sich „Ostbelgien Direkt“ mit Dr. Herbert Ruland, Leiter des Fachbereichs GrenzGeschichteDG an der Autonomen Hochschule (AHS). Der Historiker ist bekannt für seine fundierten Kenntnisse der regionalen Geschichte.
Nachfolgend Auszüge aus dem Gespräch mit Herbert Ruland und dessen Aussagen zu einzelnen „zeithistorisch wichtigen Daten“, wie der Historiker sie nennt.
– 15. Mai 1815 (vor 200 Jahren): „Vor dem Aachener Rathaus fand die Huldigungsfeier statt. Es war gewissermaßen der offizielle Übergang des Landes um Eupen und St. Vith an Preußen. Preußen setzte auf die Annexion des Königsreiches Sachsen, was aber die Österreicher zu verhindern wussten, sodass Preußen stattdessen als ungewollte Kompensation Westfalen, die Rheinlande und auch die Gebiete um Eupen, Malmedy und St. Vith zugesprochen bekam.“
Wechsel zu Preußen war eine Katastrophe
Ruland ist überzeugt, dass mit dem Wechsel zu Preußen für das heutige Ostbelgien eine gute Zeit zu Ende ging: „Die französische Zeit nach den Wirren der Revolution, mit der Krönung Napoleons zum Kaiser, war für das hiesige Gebiet eine florierende Zeit. Napoleon hatte einen Fimmel für Aachen. Davon hat die Industrie im Eupener Land enorm profitiert. Der Übergang zu Preußen war für die Menschen hier eine Katastrophe. Es setzte der Niedergang der Industrie ein.“
Das änderte sich laut Ruland erst nach 1870, als die Leute sich mehr und mehr als Deutsche fühlten und von den Reformen unter Bismarck profitierten: Sozialgesetzgebung, Krankenversicherung, Schulsystem, korrektes Beamtensystem… Ruland: „Sie fühlten sich 1914 und auch noch 1918 als Deutsche. Die Menschen waren also nicht pro-preußisch, wohl aber pro-deutsch.“
– 10. Mai 1940 (vor 75 Jahren): „Ein wichtiges Datum. Die Stimmung in der hiesigen Bevölkerung war damals absolut gespalten. Der größte Teil der Bevölkerung war pro-deutsch eingestellt und hatte sich auch heimlich auf diesen Tag vorbereitet. Es fand gewissermaßen am 10. Mai 1940 ein Putsch der Eupener Nazis statt. Ein Großteil der Bevölkerung begrüßte die deutschen Soldaten euphorisch – mit Hakenkreuz-Fahnen und NS-Liedern. Pro-Belgier waren verschwunden, wurden verhaftet oder versteckten sich. Die wenigen Juden in Eupen hatten große Angst wegen des Gebrülls auf der Straße.“
Nach Tod von Josef Kerres Nazis noch rabiater
Spektakuläre Kriegsereignisse habe es am 10. Mai 1940 in Eupen nicht gegeben, so Ruland: „Ein spektakuläres Ereignis war die Geschichte mit Josef Kerres, dem Führer der Segelflieger, einem Nazi-Aktivisten. Er fuhr mit der Hakenkreuz-Fahne zum Bellmerin und machte vor der Kaserne Krawall, weil er dachte, die Belgier seien schon weg. Kerres wurde aber von einem belgischen Gendarmen erschossen. Dies hatte zur Folge, dass die Eupener Nazis, die Sicherheitsaufgaben wahrzunehmen hatten, noch rabiater wurden.“
– 8. Mai 1945 (vor 70 Jahren): „Das Kriegsende im Mai 1945 wurde zwar auch in Eupen mit Kirchengeläut und Siegerparade (am 10. Mai) gefeiert, in Wirklichkeit war der Krieg für die hiesige Bevölkerung schon vorher zu Ende gegangen – im September 1944, als die Amerikaner hierhin kamen“, so Herbert Ruland. Allerdings befanden sich im Mai 1945 noch viele Söhne und Väter in Kriegsgefangenschaft oder wurden vermisst.“
Die Ardennenoffensive hat natürlich im Süden der heutigen DG eine sehr große Rolle gespielt. Sie begann am 17. Dezember 1944, und am 2. Februar 1945 verließ der letzte deutsche Soldat Krewinkel.“
Diese drei zentralen Ereignisse – und nicht nur die – werden im Rahmen der „Aktionstage Politische Bildung“ vom 29. April 2015 bis zum 29. Mai 2015 näher beleuchtet.
- HINWEIS: Das komplette Programm der „Aktionstage“ ist einzusehen im Internet unter www.grenzgeschichte.eu
HINWEIS: Der Bericht über die „Aktionstage Politische Bildung“, insbesondere über drei zentrale Ereignisse für das heutige Ostbelgien vor 200, 75 und 70 Jahren, ist jetzt fertig.
„Florierend“ wie Herr Ruland schreibt, war in unserem Gebiet vor 1815 ueberhaupt nichts. Pure Armut, am schlimmsten in der Eifel, loesten auch von hier die erste grosse Auswanderungswelle aus. Die Menschen sahen den Anschluss an Preussen mehr als ‚es kann nur besser‘ warden pragmatisch.
Ich respektiere wirklich Herrn Rulands Forschungen, Kenntnisse. Aber aus welchem Grunde auch immer kommt immer schnell der „Preussenhass“ beim ihm raus. Alle Epochen muss man objektiv im Rahmen der jeweiligen Zeit sehen. Erinnere mich an einen Vortrag Herrn Rulands in Eupen glaube ich vor ein paar Jahren auch zum Thema „Geschichte Ostbelgiens“. Da wurde ihm lautstark widersprochen als er auch dort so tat als haette die damalige Generation die 100 Jahre Preussen als „Hoelle auf Erden“ erlebt. Herr Cremer, der gute Herr Ruland eignet sich vielleicht nicht so gut fuer eine objective Aufarbeitung unserer wechselvollen Geschichte.
Gut geschrieben,Frankenbernd!
Der Herr Ruland hat sicher ein Dauerabo hier bei uns in der Ecke.Als ob es keine anderen in der Materie gäben.
Fast das selbe Beispiel wie mit dem Hubert vom Venn und dem Freddi Derwahl im G E.
Die beiden sind schon lange überholt.
Klar von Leuten wie ein gewisser Kommentator. Der noch mehrmals leben müsste um einen grammatikalisch einwandfreien Satz zusammen zu bekommen.
Was ein schönes Bild :) Vergangene Zeiten, für manch einen sicher ganz gut hier…
Leider wird dieses Foto zu oft unter den Tisch gekehrt und bei der sicherlich gelungen Veranstaltung am Wochenende waren nicht nur die schönen Modelle zu bewundern sondern auch einige junge Burschen biertrinkend in Splittertarn Jacke etwas abseits davon . Deshalb ist Aufklären über diese Zeiten sehr wichtig.
Na klar, vorallem wenn das Laub sich braun färbt ;-)
@ gerhards, wir haben aber noch nicht herbst….
Das war dieironische Antwort auf einen Kommentar der wohl gelöscht wurde.
https://ostbelgiendirekt.be/wp-content/uploads/2015/04/image393.jpg
Schöner Schnappschuss! ;-)
Leider hat der liebe Herr Ruland eine derartige Aversion gegen alles Preussische entwickelt, dass er vieles verschweigt.
Unter den Franzosen sind hier nicht Milch und Honig geflossen, im Gegenteil. Deutsche Sprache und Kultur waren einer unglaublichen ‚Frankophonisierung‘ ausgesetzt. Die Industrialisierung, Infrastrukturentwicklung setzte erst mit den Preussen ein. Und was Malmedy betrifft: die Stadt hat unter Preussen eine Bluete erlebt (Zoll, Militaerstandort, Kreisverwaltung etc.), die es nach 1920 nie wieder erlangte. Durch die erlaubte Abwanderung preussischer Beamter nach 1920 hat die Stadt ueber 30% ihrer Einwohner verloren. Erst in den 1960ern war die Bevoelkerungszahl M’s wieder auf dem Stand von 1920. Ein frankophoner Freund von mir aus Malmedy erzaehlte mir mal, dass sein Grossvater bis zum Tode (lange nach 1945) von den Deutschen (trotz NS Zeit) immer als von l“les notres“(die Unsrigen) sprach.
Manchmal waere ein bischen mehr Objektivitaet seitens Herrn Rulands willkommen. Man kann die Preussen ja verabscheuen, aber Geschichte ist nun mal Geschichte, und Eupen-Malmedy ohne Preussen geht nun mal nicht.
vor etwa 6-7 Jahren hatte eine mir bekannte Person im Norden der DG zwangsweise technische Kontakt mit einer frankophonen Person haben müssen. Die oben beschriebene Person aus dem Norden der DG ist männlich und technisch sehr versiert, zudem noch fast perfekt zweisprachig, will sagen, war in der Lage, eine bis in kleinste Detail gehende technische Konversation zu führen und konnte bei Bedarf „kontern“. Das wiederum passte der frankophonen Person absolut nicht folglich fielen in etwa Ausdrücke ähnlich der „cantons rédimés“ gefühlsmäßig natürlich verurteilend ob unserer deutschen Muttersprache
Eupen war nun mal Deutsch,und ist es vielleicht auch noch für den ein oder anderen…ausserdem gab es zu dieser Zeit ja nicht nur schlechtes.
In welche Richtung soll denn bei diesen „Aktionstagen“ politisch gebildet werden?
Wenn man so durch Eupen geht und vorallem durch die Eifel, Raeren und Eynatten sowieso, dann ist man hier immer noch nicht in Belgien angekommen. Mental liegen Welten zwischen hier und der Wallonie. Leider wurde früher versucht uns knallhart zu franconisieren. Hat nicht geklappt, zum Glück. Unsere Gegend wird immer noch auf die schlimme NS Zeit reduziert
Aber das ist so lange her das es fast keine Zeitzeugen mehr gibt. Irgendwie muß ein Konzept her das uns die Wallonie so akzeptiert wie wir sind und sich hier keiner mehr verbiegen muss . Ansonsten sehe ich schwarz für den Verbleib unserer Gegend in Belgien.
Dann kommen sie mal in den Norden der DG dort werden Sie erleben wie das geht.
Immer mehr Frankophonen unterwandern die Hiesigen. In zwei Generationen spricht man kaum noch deutsch hier.
Natüüüürlich wird russisch sich in Eupen etablieren. Französisch und Deutsch werden nur noch von Randgruppen gesprochen. Oder im Venn !
Russich? da hab Ich aber andere Bedenken
Die „Ardennenoffensive“ begann nicht am 17. Dezember 1944, sondern am 16. Dezember 1944.
Unabhängig von diesem „Lapsus“ bin ich grösstensteils mit den Kommentaren einverstanden!
Die NS- und die Kriegszeit, die Evakuierung, das alles ist mir sehr konkret durch damalige Zeitzeugen, wie Mutter, Grossvater, Verwandten und Nachbarn noch sehr lebendig.
Bitte kein X für einen U… Danke!
Und in hundert Jahren wird am Kehrweg ein Schild hängen “ Kaaarl Heinz wir danken dir ! “ ? Wir wissen es nicht. Am Rathaus sicher nicht ! ;-)