Notizen

Diskussion zum Thema „Kunst und Justiz“ im ikob

Rechtsanwalt Patrick Thevissen, ikob-Direktorin Maité Vissault, der Brüsseler Künstler Emmanuel Van der Auwera, Rechtsanwalt Didier Cremer, Gerichtspräsident Rolf Lennertz, ikob-Präsident Walter Mießen (von links). Foto: Gerd Comouth

Justiz und moderne Kunst haben auf den ersten Blick nur wenig Gemeinsamkeiten. Während die Justiz mit Hilfe der Gesetze für das Individuum einen Rahmen setzt und Grenzen zieht, strebt die moderne Kunst gerade über die Grenzen hinaus und gibt sich selbst einen eigenen Rahmen. Was bringt also Kunst und Justiz für eine Diskussionsrunde an einen Tisch?

Es ist die Ausstellung von Emmanuel Van der Auwera im Eupener Museum für Zeitgenössische Kunst (ikob), die Rolf Lennertz, Präsident des Gerichts Erster Instanz, veranlasst hat, anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Kammer diesen Versuch zu wagen. Denn in der aktuellen ikob-Ausstellung erhebt Van der Auwera heftige Vorwürfe gegen die Justiz, die auf den Verlust der eigenen Identität der Betroffenen abziele.

Justiz will nicht im eigenen Saft schmoren

Nur wenige Besucher waren ins ikob gekommen. Foto: Gerd Comouth

Nur wenige Besucher waren ins ikob gekommen. Foto: Gerd Comouth

Anschaulich wurde dies während der Diskussion durch eine Installation demonstriert, die – künstlerisch verfremdet – die zugelassenen Alltagsgegenstände eines Gefangenen in einem amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis zeigt. Aber der Abend wurde mehr als eine Diskussion über das Verhältnis von Kunst und Justiz, indem die Justiz selbst und ihre öffentliche Wahrnehmung in den Mittelpunkt rückte.

Ikob-Präsident Walter Mießen stellte ebenso wie ikob-Direktorin Maité Vissault trotz der provokativen Objekte des Künstlers noch Gemeinsamkeiten zwischen Kunst und Justiz her. Der Mensch sei der gemeinsame Nenner, wo sich beide treffen könnten, hieß es.

Um Gemeinsamkeiten ging es auch Rolf Lennertz, der damit zugleich eine Begründung gab, weshalb das Gericht Erster Instanz zu seinem 25-jährigen Bestehen diesen Weg der Öffentlichkeit sucht: „Die Justiz ist ein geschlossenes Milieu mit einer eigenen Fachsprache. Wir wollen nicht länger im eigenen Saft schmoren. Die moderne Kunst ist in einer ähnlichen Situation. Beide sind in der Öffentlichkeit unverstanden und umstritten.“

Strafjustiz macht nur einen kleinen Teil aus

Rolf Lennertz, Präsident des Gerichts Erster Instanz in Eupen. Foto: Gerd Comouth

Rolf Lennertz, Präsident des Gerichts Erster Instanz in Eupen. Foto: Gerd Comouth

Zu den gemeinsamen Anknüpfungspunkten zählte Lennertz auch die rasche Veränderung: „Was heute noch Gesetz ist, kann morgen schon ungültig sein.“ Zwar sei der Richter kein Künstler, aber auch er versuche sich ein Bild zu machen – in diesem Fall von dem Angeklagten.

Kritik übten Lennertz und Rechtsanwalt Patrick Thevissen an Van der Auwera, der – ebenso wie breite Kreise der Öffentlichkeit – nur einen Teil der Justiz, die Strafjustiz, in den Fokus der Kritik stelle. Lennertz lieferte Beweise aus seinem Umfeld. Von den jährlich rund 2000 Urteilen der Eupener Justiz seien nur 350 Strafurteile. „Man sieht in der Kunst und in der Öffentlichkeit nur die Spitze eines Eisbergs. Das breite Publikum macht sich ein Bild von der Justiz, das nicht der gelebten Wirklichkeit entspricht.“ Die Justiz sei in erster Linie eine schlichtende Instanz etwa als Schmieröl in gesellschaftlichen Konflikten.

Überregulierung durch den Staat

Lennertz und Thevissen machten keinen Hehl aus der Tatsache, dass es mit der Justiz in Belgien nicht zum Besten stehe.So seien die Zustände in vielen Haftanstalten nicht akzeptabel. Mehr rechtsphilosophische Töne stimmte Rechtsanwalt Thevissen an, indem er herausstellte, dass die Justiz nicht nur ein Instrument zur Bestrafung der Tat und der Täter sei, sondern auch der Rechte und der Ansprüche des Geschädigten.

Maité Vissault, Direktorin des ikob. Foto: Gerd Comouth

Maité Vissault, Direktorin des ikob. Foto: Gerd Comouth

Gemeinsam kritisierten die Justizvertreter die Überregulierung und zunehmende Normierung durch den Staat. Thevissen: „Es wird immer mehr am Grundsatz der Freiheit genagt. Es hat ein Prozess der übermäßigen Normierung stattgefunden.“

Lennertz nannte als Beispiel den Tatbestand der Körperverletzung, der durch einen „Wust von Vorschriften“ aufgebläht worden sei. „Der Staat traut den unabhängigen Gerichten nicht mehr, sondern will alles bis ins Kleinste regulieren.“ Überspitzt formulierte er am Beispiel der Waffengesetze: „Es wird dazu kommen, dass eine Hausfrau eine Genehmigung benötigt, wenn sie ein Brotmesser benutzt.“

Nicht jedes Vergehen, etwa eine Geschwindigkeitsübertretung, müsse ein Fall für die Gerichte sein. Darin waren sich die Justiz-Vertreter bei der Diskussion im ikob einig. Lennertz: „Die Zahl der Fälle steigt, aber das Gerichtspersonal wird geringer. Da muss sich etwas ändern.“

ULRICH KÖLSCH

2 Antworten auf “Diskussion zum Thema „Kunst und Justiz“ im ikob”

  1. Nachdenklich

    Gut das es Menschen gibt, die Neues wagen.
    Ihre zynische Äusserung am Ende des Beitrages ist Spiegelbild eines Menschen, der nur mit der Masse schwimmt und sich mit dieser Masse identifiziert durch dummes Drauflospalavern. Bin mir sicher, Sie ernten oft Beifall.
    Ich verachte solcherlei Geschwätz, da es keinen Mehrwert in einer Diskussion um ein bestimmtes Thema einbringt.

  2. Réalité

    „Kunst und Justiz“!?
    Was eine sonderbare und urkomische Mischung!!??Wenn man denn auch noch dieses kl Häufchen an Interessenten da sieht….na ja!Könnte man ebenso den Titel obenaus stellen:Schuster bleib bei deinen Leisten.
    -Die Justiz in Belgien,ist das was sie ist,oder auch,ist so gut wie deren Führungsleute.Viele Schandtaten der letzten Jahre warten noch auf Aufklärung,bezw Richterspruch!Politische Verfehlungen,bes in der Wallonie,Steuerliche-Finanzielle Straftaten,KB Lux,Fläm.Textilfamilie,Diamantenhändler,Fortis Affäre….usw….sogar in der DG gab es kuriose Affären…alles und vieles im Unklaren,und wird es wohl für ewig bleiben!?
    Bestimmt gibt es für das Ikob wichtigere und attraktivere Themen wie dieses hier!Auch wenn es heisst:Kunst ist so breit,lang,hoch,tief,wie…!Die Resonanz zeigt es!

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern