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Der Appetit auf fleischloses Essen wächst

26.08.2020, Niedersachsen, Osnabrück: Produkte für Vegetarier bzw. Veganer stehen in einem gekühlten Regal eines Lebensmittelhändlers. Seit Beginn der Corona-Pandemie hat der Konsum von alternativen Lebensmitteln stark zugenommen, besonders im Bereich von „Convenience Food“. Foto: Friso Gentsch/dpa

Gerade während der Corona-Krise hat der Verkauf von vegetarischen und veganen Lebensmitteln als Alternative zu Fleisch kräftig zugelegt – Marktexperten sehen einen Durchbruch raus aus der Nische.

Der Appetit auf fleischlose Leckereien wächst: Der Wurstwarenhersteller Rügenwalder Mühle aus dem niedersächsischen Bad Zwischenahn verzeichnete in den vergangenen Monaten teils Umsatzzuwächse von bis zu 100 Prozent bei seinen fleischlosen Alternativ-Produkten.

Auch der Wettbewerber Wiesenhof aus Visbek bei Vechta stellt fest, dass der Markt für vegetarische und vegane Produkte in diesem Jahr herausragend wächst.

26.08.2020, Niedersachsen, Osnabrück: Produkte für Vegetarier bzw. Veganer stehen in einem gekühlten Regal eines Lebensmittelhändlers. Foto: Friso Gentsch/dpa

„Der Bruzzler Veggie zum Beispiel liegt gegenüber dem Vorjahr mit über 44 Prozent Absatzzuwachs deutlich im Plus“, sagt eine Sprecherin. Und auch der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé steigerte im ersten Halbjahr 2020 seinen Umsatz mit pflanzenbasierten Produkten um 40 Prozent.

Schon 2018 und 2019 verzeichneten Nahrungsmittel auf Pflanzenbasis ein starkes Wachstum, wie aus einer im vergangenen Jahr vorgestellten Studie des Investorennetzwerks FAIRR-Initiative hervorgeht.

Demzufolge machen Fleischalternativen bisher zwar nur einen kleinen Anteil am weltweiten Umsatz aus, sie wachsen aber überdurchschnittlich im Vergleich zum konventionellen Fleischsektor: Dieser legte zuletzt um sechs Prozent zu, die fleischlosen Alternativen um 25 Prozent im vergangenen Jahr.

Pflanzliche Milchalternativen sind bisher der größte Markt

Größter Markt in Deutschland seien bislang die pflanzlichen Milchalternativen, sagt der Kommunikationsleiter des Vereins ProVeg, Alex Grömminger. Dieser werde auf rund 10 Prozent geschätzt, mit stark steigender Tendenz. Der Marktanteil von pflanzlichen Wurst- und Fleischalternativen liege noch darunter. „In den kommenden Jahren wird dieser Markt mit zweistelligen Zuwachsraten im mittleren Bereich weiter kräftig zulegen“, schätzt Grömminger.

Verschiedene vegane und vegetarische Fleischersatzprodukte liegen verpackt auf dem Tisch. Foto: Andreas Arnold/dpa

Fleischlose Burger oder vegane Wurst sind damit keine Nischenprodukte mehr, sondern bei der Masse der Verbraucher angekommen. Alle Studien gingen davon aus, dass 10 bis 40 Prozent der tierischen Produkte durch alternative Proteinquellen ersetzt werden, sagt Godo Röben, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Rügenwalder Mühle: „Es gibt jetzt ein wahnsinniges Wachstum. Und es gibt keinen Lebensmittelhersteller, der das Thema nicht aufgreift.“ Jeder Zulieferer und jeder Maschinenhersteller stelle sich auf diese Marktveränderung ein.

Auf diesen Trend reagiert auch der deutsche Gewürz-Marktführer Fuchs. Kunden aus dem Industriebereich biete das Dissener Unternehmen eine „VeggieFox Range“ an, sagte eine Sprecherin – dabei handelt es sich unter anderem um Würzungen und Texturate für die Herstellung veganer Fleischersatzprodukte. Aber auch auf die spürbar gestiegene Nachfrage privater Kunden habe sich das Unternehmen eingestellt.

Aus Sicht des Verbandes für Alternative Proteinquellen (BalPro), einer Interessenvertretung von rund 70 Unternehmen aus der Lebensmittelbranche, muss nun auch die Politik Weichen stellen. Denn es sei wünschenswert, dass auch die Wertschöpfungskette möglichst stark regionalisiert werde, sagt BalPro-Vorstandsmitglied Sebastian Biedermann. „Wir müssen hier auch den Anbau von Eiweißpflanzen ermöglichen, damit das Ganze auch effizient und ökologisch möglich ist.“ Noch spielt zum Beispiel der Anbau von Soja in Deutschland nur eine kleine Rolle.

Beim Sojaanbau verstärkt auf regionale Produkte setzen

Beim Sojaanbau wolle Rügenwalder Mühle künftig verstärkt auf regionale Produktion setzen, sagt der Vorsitzende der Geschäftsleitung, Michael Hähnel. Seit diesem Frühjahr baut das Unternehmen mit einem Partner eigenes Soja in Deutschland an. Nach der Ernte im September soll es veredelt und in den vegetarischen und veganen Produkten verwendet werden. Ist das Pilotprojekt erfolgreich, sei geplant, im nächsten Jahr zehn Prozent des Sojabedarfs aus heimischer Herstellung zu decken und diesen Anteil kontinuierlich zu steigern.

Verschiedene vegane und vegetarische Fleischersatzprodukte liegen auf einem Teller. Immer mehr Fleischersatzprodukte kommen auf den Markt. Die Ersatzprodukte bestehen unter anderem aus Getreide, Soja, Pilzen, Bohnen, Erbsen oder auch der Jackfrucht. Foto: Andreas Arnold/dpa

Der Boom pflanzenbasierter Lebensmittel dürfte einige Gründe haben. Die Klimadebatte spiele ebenso hinein wie die jüngste Diskussion über die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie, sagt Christian Vagedes von der Veganen Gesellschaft Deutschland: „Fleisch und andere Massentierhaltungsprodukte schädigen das Klima; mit 18 Prozent sogar deutlich mehr als der gesamte Straßen- und Flugverkehr.“ Auch die Corona-Krise habe die Menschen zum Nachdenken gebracht, glaubt ProVeg-Sprecher Grömminger: „Es besteht ein inzwischen unbestreitbarer Zusammenhang zwischen unserem Ernährungssystem und dem Risiko für Pandemien, wie wir sie gerade erleben.“

Um wirklich zu mehr Nachhaltigkeit in der Lebensmittelherstellung zu kommen, müsste die Branche allerdings noch weiter gehen, fordert BalPro-Vorsitzender Biedermann. Die zunehmende Digitalisierung sollte dafür genutzt werden, den Verbrauchern mehr Informationen über die Produktionsketten zu geben: „Wenn wir schon über einen Nutri-Score sprechen, warum nicht auch über einen Öko-Score?“ Wünschenswert wäre es, wenn dem Verbraucher schon auf der Verpackung klar gesagt würde, wie viel Kohlendioxid (CO2) oder wie viel Wasser für die Produktion des Nahrungsmittels aufgewandt wurde. Die Politik müsse dafür sorgen, dass die gesamte Lieferkette vom Landwirt bis zur Lebensmittelfabrik in dieser Hinsicht transparenter werde. (dpa)

24 Antworten auf “Der Appetit auf fleischloses Essen wächst”

  1. Pensionierter Bauer

    Dann kann getrost davon ausgegangen werden, dass meine aktiven Kollegen demnächst einen großen Beitrag zur Unterbringung der alten Kühe in einem entsprechenden Altersheim zu entrichten haben.
    Ist natürlich gar kein Problem, denn die verdienen ja schließlich so etwas von Unsummen!
    (Ironie aus)

    • Walter Keutgen

      Pensionierter Bauer, glücklicherweise wird die Klimaerwärmung erlauben, auch hier wieder Getreide anzubauen, wie das bis zum 16. Jahrhundert der Fall war. Einen Anfang gibt es ja schon mit dem Mais, ich sehe immer mehr Maisfelder. Und das ist nicht eine 7/7 Plackerei, was schreibe ich, Sklaverei wie die Milchviehzucht. Ich verstehe garnicht warum die Klimajünger an den Anfang des 19. Jahrhunderts zurückwollen.

      Wegen der Corona-Einsperrung (modern: Lockdown) habe ich öfter Fertiggerichte gekauft, auch ein paar Mal Veganes von Nestlé oder so – den Namen muss man im Kleingedruckten finden. Schmeckt nicht besonders und sättigt nicht. Mit Gewürzen überladen wie das die Inder machen.

    • Walter Keutgen

      Someone, da müssten Sie mal die Werbung in den privaten Fernsehprogrammen sehen. A propos: Ersatzmilch gibt es schon lange von einem flämischen Unternehmen wegen Laktoseunverträglichkeit. Schmeckt nicht gut. Der neuerdings von dem Unternehmen erhältliche Hafersaft schmeckt annehmbar. Alle diese Ersatzprodukte kosten etwa das Doppelte von den herkömmlichen. Nichts für Hartz-IV-Empfänger, die weiterhin Gehacktes aus dem Angebot kaufen müssen.

    • . .. nach Fleisch soll’s schmecken und genauso aussehen. Und, man stelle sich einmal vor, man hofft auf 10% regionalem Anbau. Wahnsinn! 90% kommt also aus Übersee.
      Dann wagt man es sogar noch die Emissionen der Landwirtschaft mit Flug- und Strassenverkehr zu vergleichen … daß in der Landwirtschaft, im Gegensatz zum Transport Sektor, natürlich auch eine Bindung von CO2 stattfindet ist nicht notwendig erwähnt zu werden. Das die Übertragung von Krankheiten von Tieren zu Menschen vorwiegend in Afrika und Asien geschieht und das sogar in der zitieren Studie vermerkt ist, das wird auch nicht erwähnt. Von dort aus verbreiten sich dann die Krankheiten von Mensch zu Mensch. Das diese veganen Produkte daran rein garnichts ändern merkt scheinbar keiner. Aber, es gibt wahrhaftig immer mehr Dumme, die darauf reinfallen. Toll! Wir können das feiern!

  2. delegierter

    warum wird das immer thematisiert ?
    Lasst doch jeden essen und trinken was er will. Wer Lust auf ein Steak hat, der soll Fleisch essen, wer kein Fleisch will, der soll eben das Unkraut essen, was überall, sogar bei Trockenheit, hervor sprießt.
    Wer keinen Milchkaffee verträgt, der soll eben schwarz trinken. Wo ist das Problem ?
    Muss denn jeder aus seinen Gewohnheiten eine Bewegung gründen ?
    Es gibt weit aus Wichtigeres zu regeln in diese Welt.

  3. Ich esse sehr gerne Fleisch, aber parke irgendwie auch immer einen Veggietag und einen Fischtag ein. Viel Fleisch ist ungesund, wenig Fleisch ist ok. Hat viele Vorteile:
    – weniger Tiere werden geschlachtet
    -besser für die Gesundheit
    -entweder billiger (bei gleichem Preis) oder besser (bei Biofleisch oä)

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