Mit einer verstaubten und leicht muffig riechenden Bücherausleihe hat das Medienzentrum der DG am Eupener Werthplatz wenig zu tun. Quirliges Leben empfängt den Besucher im Parterre des August-Tonnar-Hauses. Dabei ist die Ausleihe von Büchern inzwischen nur noch ein Teil des umfassenden Dienstleistungsangebots, mit dem das Medienzentrum aufwartet. Am Sonntag wurde das 20-jährige Bestehen mit einem Tag der offenen Tür gefeiert.
Das Angebot reicht von der beliebten „Ludothek“ bis zur Materialausleihe der Deutschsprachigen Gemeinschaft, die Vereine, Jugendgruppen und Privatpersonen bei der Organisation von Veranstaltungen berät und betreut. Die Multimediawerkstatt ist zentrale Anlaufstelle bei Film – oder Kameraarbeiten, Internetkursen und der Erstellung von Web-Seiten.
Daneben gibt es eine Vielzahl von Aktivitäten bei der Leseförderung für unterschiedliche Altersgruppen. Die „Bücherbande“ ist nur eine davon. Jeweils montags und mittwochs treffen sich Kinder und Jugendliche und werden altersgerecht an Medien herangeführt.
Rita Bertemes, Leiterin des Medienzentrums, registriert eine ständig steigende Nachfrage: 2004 tätigten 1830 Nutzer 45.576 Entleihungen, 2011 nahmen 2371 Nutzer 69.994 Entleihungen vor. Im vergangenen Jahr gab es 73.178 Entleihungen durch 2391 Personen. Allerdings ergebe diese Statistik kein vollständiges Bild, erläutert Rita Bertemes. Denn in den Eupener Angaben seien die Kunden nicht eingerechnet, die über den Bibliotheksverbund mediaDG von anderen Orten in Ostbelgien das Angebot nutzten.
„Bibliotheken rechnen sich nicht, sie zahlen sich aus“, heißt es im Tätigkeitsbericht des Medienzentrums 2012. Das gilt auch für die Zukunft, wo durch die revolutionären Umbrüche im Medienbereich noch viele neue Anforderung auf das Eupener Zentrum zukommen.
Rita Bertemes: „Totgesagte leben länger“
OD: Das Medienzentrum der Deutschsprachigen Gemeinschaft hält inzwischen eine Fülle von Dienstleistungsangeboten bereit. Was sind kurz- und langfristig die nächsten Ziele und Zielgruppen in Ihrer Arbeit?
Bertemes: Kurzfristig wollen wir die Einführung der E-Book-Ausleihe einführen und uns als externer Partner für die Umsetzung des Leitfadens Medienkompetenz im Unterricht aufstellen. Im Rahmen des Jugendstrategieplans konzentrieren wir uns auf die Themen „Gewalt in den Medien“ und „Computerspiele“, auch stehen das 3. Kinderkinofest und die nächste Etappe von „15 und medienfit“ in den Startlöchern.
OD: Welches ist Ihre aktuelle und langfristige Aufgabe?
Bertemes: Unsere Aufgabe ist es, uns zu einem Medienkompetenzzentrum zu entwickeln. Dies mit stets aktuellem Medienbestand, mit eigenen Aktionen, aber zunehmend auch als Partner für alle, die Medien in ihre Aktivitäten integrieren. Ob Jugendgruppe, Sozialarbeiter, Elternvereinigung oder Lehrer: Alle sollen zu ihren Fragen und Projekten im Medienzentrum Medien, Antworten und Hilfestellung finden. Dies nach dem Motto: Wir wissen nicht alles, aber wir wissen, wer helfen kann. Wer mehr über die Vielfalt unserer Aktivitäten wissen möchte, dem empfehle ich übrigens einen Blick auf unsere Internetseite www.medienzentrum.be.
OD: Wie sieht es angesichts der allgemeinen Finanzknappheit mit der finanziellen Ausstattung aus?
Bertemes: Wir erhalten eine Dotation von 200.000 Euro jährlich und erwirtschaften rund 100.00 Euro Eigeneinnahmen. Natürlich könnte es „immer ein bisschen mehr sein“. Die Politik hat schon lange erkannt, wie wichtig Themen wie Leseförderung, Medienkompetenzvermittlung und Chancengleichheit sind – alles Themen, die wir aktiv angehen. Allerdings werden die Anfragen immer vielfältiger und auch häufiger. Der Bedarf an Unterstützung ist eindeutig vorhanden. Hier wird es eine Herausforderung sein, die Anfragen mit dem bestehenden Personalstamm zu bewältigen.
OD: Vor dem Hintergrund der Veränderungen im Medienbereich kommt der kritischen Bewertung des Angebots immer größere Bedeutung zu. Wie stellen Sie sich darauf ein und wer sind Ihre Partner?
Bertemes: Wir begrüßen es sehr, dass die kritische Bewertung von Medien immer stärker in den Fokus beispielsweise von pädagogischer Arbeit rückt. Oft genug war Medienkompetenz noch vor einigen Jahren gleichbedeutend mit „mit dem Computer umgehen können“. Für uns war dies jedoch immer eher ein „Mittel zum Zweck“. Alle Aktivitäten unterliegen den drei großen „K´s“, in unserem Fall: Kompetent. Kreativ. Kritisch. Es gibt mittlerweile in Belgien und Deutschland zahlreiche Publikationen und Institutionen, die sich mit dem Thema Informationskompetenzvermittlung beschäftigen. Seit Jahren sind wir hier bestens vernetzt. Ich sehe diesen Blick über den Tellerrand als eine Kernaufgabe meiner Leitungsfunktion. So ist der Kontakt zu den Landesmedienanstalten, zu anderen Medienzentren oder zu Bibliotheken im näheren In-und Ausland „mein täglich Brot“.
OD: Hat das klassische Buch Ihrer Ansicht nach langfristig noch eine Überlebenschance?
Bertemes: Totgesagte leben länger, davon bin ich überzeugt. Als das Fernsehen kam, sollte das Buch schon tot sein, als das Internet kam, wartete man auf den endgültigen Gnadenstoß – und siehe da, es wird mehr gelesen als je zuvor! Interessant wird es zu beobachten sein, wie sich der E-Book-Markt entwickelt. Hier ist abzuwarten, ob die Generation 2.0 tatsächlich langfristig lieber auf Tablets oder Readern liest. Damit würde dann allerdings nur die Form, nicht aber das Buch, bzw. das Lesen selbst verändert. Auf der anderen Seite ist aber das Buch gerade in Europa auch immer noch ein Statussymbol, mit dem man sich und seine Räume gerne schmückt. Ein Kindle auf dem Couchtisch macht da halt weniger her als ein gut bestücktes Regal…
ULRICH KÖLSCH
Guter Artikel Herr Kölsch.
Frage:
Werden Die anfallenden Personalkosten auch von den 300.000 Euro abgedeckt?