Nach dem regionalen Bestseller „Schattenkinder“, der bereits in fünfter Auflage vorliegt, und dem köstlichen Schelmenroman „Der Mäuserich“ widmet sich der Eupener Schriftsteller Marcel Bauer in seinem neuen Roman „Der Prälat – Eine klerikale Karriere“ einem ernsten Thema: dem inneren Zustand der katholischen Kirche am Beispiel vom Aufstieg und Fall eines hohen Würdenträgers.
Gerd Havenith hat den neuen Roman „Der Prälat“ in wenigen Tagen gelesen und war erstaunt, wie brillant und zugleich schonungslos Marcel Bauer die Krise in der katholischen Kirche analysiert und bloßlegt. Daraufhin führte er folgendes Gespräch mit dem Autor Marcel Bauer.
– Herr Bauer, obgleich Sie in einem Hinweis beteuern, dass alle Personen und Ereignisse in dem Roman erfunden wären, hatten Sie nicht doch eine konkrete Person vor Augen, als Sie den Lebensweg von Heribert Lohse erzählten?
Marcel Bauer: Ein Roman ist immer eine Fiktion. Den Anstoß geben dazu meist persönliche Erfahrungen und Ansichten. Vor diesem Hintergrund entwickeln die Personen jedoch ein Eigenleben, das sich von konkreten Vorbildern löst.
– Worum geht es eigentlich in Ihrem neuen Roman? Um Machtkämpfe und Missstände in der katholischen Kirche oder um die Homosexualität Ihrer Hauptfigur?
Bauer: Am Beispiel der Homosexualität vieler Priester und Ordensleute, ein Faktum, das von der Amtskirche immer wieder unterschlagen wurde, versuche ich, das Innenleben der katholischen Kirche zu beleuchten.
– Ist die katholische Kirche mit ihren Intrigen und Machtkämpfen ohne weiteres mit einer politischen Partei oder einem Wirtschaftsunternehmen zu vergleichen?
Bauer: Für Außerstehende gleicht die Kirche einem Geheimbund, in der die „Omerta“, das Gebot des Schweigens, herrscht. Tatsache ist, dass die Kirche internen Regeln folgt, die sie als unumstößlich betrachtet und sie grundsätzlich von „weltlichen“ Einrichtungen unterscheidet. Auf jeden Fall gibt es in der Kirche demokratische Defizite. Wenn die Kirche vorgibt, das Volk Gottes zu repräsentieren, muss sie auch zulassen, dass dieses Volk bei allen Fragen, die nicht unmittelbar das Glaubensgut betreffen, mitredet.
– Neben der Beschreibung des zeitgeschichtlichen Geschehens im deutsch-belgischen Grenzraum besticht Ihr Roman vor allem mit der genauen Schilderung der Missions- und Entwicklungshilfe in Afrika und Südamerika. Kam Ihnen dabei Ihre Erfahrung als Reisereporter zugute?Bauer: Als Journalist hat man gelernt, wie wichtig die Fakten sind. Das färbt auch auf die schriftstellerische Arbeit ab.
– Ich habe Ihren Erzählstil bisweilen als sehr distanziert empfunden. Haben Sie als Autor bewusst Abstand zu Ihrem Romanhelden Heribert Lohse, dem Prälaten, gehalten?
Bauer: Es war von Anfang an meine Absicht, Distanz zu wahren und mich nicht zum moralischen Lehrmeister aufzuschwingen. Indem ich die Umstände analysiere, in der sich meine Personen bewegen, hoffe ich, ihr Verhalten und ihre Entscheidungen verständlich und nachvollziehbar zu machen.
– Sie thematisieren den sexuellen Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche nur kurz am Ende des Romans. War es Ihnen zu heikel, über einen pädophilen Geistlichen zu schreiben?
Bauer: Der Missbrauchsskandal ist eine Büchse der Pandora, die erst um 2010 geöffnet wurde. Da hatte mein Held längst das Zeitliche gesegnet. Aber es gab schon damals Anzeichen und Hinweise.
– Heribert Lohse stirbt an Aids. Inwiefern nimmt Ihr Roman trotzdem ein versöhnliches Ende?
Bauer: Nicht der Ausbruch dieser schlimmen Krankheit, sondern die Einsicht, dass er sein Leben vergeudet hat, indem er nach Macht und Ansehen strebte, bewirkt eine innere Umkehr beim Prälaten Lohse.
– Erhoffen Sie sich von Ihrem neuen Werk einen ähnlich grandiosen Wurf wie mit Ihrem Roman „Schattenkinder“, obgleich „Der Prälat“ die negative Seite der katholischen Kirche zeigt?
Bauer: Das steht in den Sternen. Aber ich glaube, dass die Thematik ein breites Publikum interessiert, weil sie Einblicke in den kirchlichen Apparat bietet, der sich vollkommen nach außen abschottet und für viele Menschen undurchdringlich erscheint.
– Schreiben Sie momentan an einem neuen Buch? Können Sie uns bereits etwas verraten?
Bauer:Ich arbeite an einem historischen Roman. Er handelt von der intensiven Beziehung, die der Baumeister Jakob Couven, der Sohn des großen Johann Joseph Couven, mit Josephine de Beauharnais, der Gattin Napoleons, die mehrere Monate in Aachen zur Kur weilte, verband. GERD HAVENITH
Auf den Punkt gebracht
Beenden Sie bitte kurz und spontan folgende Sätze!
- Den BRF höre ich … so oft ich kann.
- Der Literat Bruno Kartheuser … mag seine Meriten haben.
- Die Wiederwahl von Donald Trump ist … für mich ein Trauma.
- Das Waisenbüschchen … ist leider verwaist.
- Meine Lieblingsfilme sind … „Der Pate 1“ von Francis Coppola, „Schindler Liste“ von Steven Spielberg und „Jesus von Nazareth“ von Franco Zeffirelli.
- Die Popularität von Freddy Derwahl … wird ihre Gründe haben.
- Die ostbelgische Politik … bewegt mich nur am Rande.
- Als Rentner lebe ich … endlich so, wie ich es mir als junger Mensch erträumt habe.
- Religion … ist die Grundlage meines Lebens.
Marcel Bauer »Der Prälat« • Rhein-Mosel-Verlag
Broschur • 178 Seiten • ISBN 978-3-89801-478-6 • 13,50 Euro