Nachrichten

Die größten Schurken aus Geschichte und Gegenwart – „Tyrannen“ im Porträt: Von Caligula bis Wladimir Putin

Bild links: Kaiser Caligula (37-41 n. Chr.) ist als einer der schlimmsten Kaiser Roms untergegangen. Bild rechts: Russlands Präsident Wladimir Putin. Fotos: Pixabay

Despoten erleben zurzeit ein unheimliches Comeback. Wann aber ist ein Machthaber eigentlich ein Tyrann? Ein Sachbuch porträtiert die größten Schurken aus Geschichte und Gegenwart.

Eine Zeitlang schienen sie ein bisschen aus der Mode gekommen und an den Rand der Geschichte gedrängt zu sein. Tyrannen, Despoten, Diktatoren – waren das nicht Auswüchse einer längst vergangenen Welt? Leider nein.

Im neuen Jahrtausend feierten Autokraten eine atemberaubende Wiederauferstehung. Ob Kim Jong Un, Assad, Erdogan oder Putin, an vielen Ecken dieser Welt erhoben sich Politiker zu Alleinherrschern, schafften die Demokratie ab, unterdrückten ihre Völker und entfesselten blutige Kriege.

Cover des Buches „Tyrannen. Eine Geschichte von Caligula bis Putin“ von André Krischer und Barbara Stollberg-Rilinger (Hg.). Foto: —/C.H. Beck Verlag/dpa

Mit der Renaissance der Diktatoren wurde auch der etwas angestaubt wirkende Begriff des Tyrannen wiederbelebt. Das zeigt sich auch an der Zahl der Bücher, die seit Neuestem zum Thema erscheinen. Die jüngste Publikation ist ein Sammelband von André Krischer und Barbara Stollberg-Rilinger, in dem sie 20 Tyrannen aus 2.000 Jahren vorstellen – von Caligula bis Putin.

Die recht knapp gehaltenen und allgemeinverständlich geschriebenen Porträts sind von renommierten Wissenschaftlern verfasst, darunter einige aus den Medien bekannte Namen wie der Osteuropa-Spezialist Karl Schlögel, der das Porträt des russischen Präsidenten Wladimir Putin beisteuerte, oder der Islamwissenschaftler Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik mit einem Beitrag über den syrischen Machthaber Baschar al-Assad. Natürlich ist es nicht ganz leicht, eine Auswahl zu treffen unter der im Lauf der Geschichte doch beeindruckend großen Zahl an Bösewichten.

Einige Klassiker mit Gruselfaktor wie die römischen Kaiser Caligula und Nero sind dabei und natürlich darf hier auch der von Shakespeare zum buckligen Monstrum stilisierte englische König Richard III. nicht fehlen.

Wie erwartet wird auch Mao porträtiert, jedoch nicht Xi Jinping, der neue unumschränkte Herrscher Chinas, wahrscheinlich der Mann mit der größten Machtfülle derzeit überhaupt. Vor allem aber, und das fällt natürlich sofort auf, fehlen die beiden Tyrannen schlechthin, nämlich Hitler und Stalin. Sie wurden nach Aussagen der Herausgeber gerade wegen ihrer unvergleichbaren Monstrosität ausgeklammert.

Frauen sind unterrepräsentiert, entsprechend ihrer geringen Beteiligung an der Macht in der Geschichte. Die französische Königin Katharina von Medici, berüchtigt durch die blutige Bartholomäusnacht – ein Massaker an den Hugenotten -, steht hier stellvertretend für die despotische Seite des weiblichen Geschlechts.

10.06.2020, Belgien, Brüssel: Eine Statue von König Leopold II. von Belgien, die in der Nähe des Königspalastes steht, wurde mit Farben beschmiert und mit dem Schriftzug „Pardon“ verziert. Foto: Virginia Mayo/AP/dpa

Was ist überhaupt ein Tyrann? Nach dem griechischen Gelehrten Aristoteles ein Machthaber, der durch Willkür statt nach Gesetzen herrscht. Typische Kennzeichen eines Tyrannen wären demnach Ungerechtigkeit, Grausamkeit, Habgier, Skrupellosigkeit, Manipulation.

Für den französischen Philosophen Montesquieu war die Tyrannei die „pervertierte Staatsform schlechthin“. Aber – und das wird in den einzelnen Beiträgen auch deutlich – der Tyrann war auch immer Spiegelbild seiner Zeit und konnte sogar Opfer nachträglicher Propaganda werden.

Das gilt etwa für Richard III., der erst im nach seinem Tod zum Fiesling geformt wurde, aber auch für Caligula und Nero, die jahrtausendelang als blutrünstige und wollüstige Tyrannen galten und in dieser wüsten Form in Romanen und Filmen überlebt haben. In den vergangenen Jahrzehnten haben Forscher dieses schiefe Bild aber geradegerückt, das vor allem Ausdruck einer interessengeleiteten römischen Überlieferung war. Der Historiker Aloys Winterling liefert in seinem faszinierenden Caligula-Porträt eine gänzlich andere Interpretation manch scheinbar irrer Handlungen des Kaisers.

Die Porträts der heutigen Despoten leiden hingegen ein bisschen darunter, dass ihr Bild in der Geschichte noch nicht abgeschlossen ist. Entsprechend nennt Schlögel seine Putin-Skizze auch „unvollendetes Porträt eines Großverbrechers des 21. Jahrhunderts“. Allerdings ist wohl kaum anzunehmen, dass sich das Urteil hier noch grundlegend ändern wird. Dasselbe gilt für den ebenfalls hier porträtierten Donald Trump, der gerade einen zweiten Anlauf als „Möchtegerndespot“ unternimmt. (dpa)

Die 20 Porträts in „Tyrannen“

  1. Gaius Caesar Germanicus alias Caligula – wie aus einem Kaiser ein wahnsinniger Tyrann wurde
  2. Nero – kaiserlicher Künstler oder Despot?
  3. Kaiser Heinrich IV. – für seine Gegner ein Tyrann
  4. Richard III., König von England – ein Tyrann, wie er im Buche steht?
  5. Katharina von Medici, Königin von Frankreich – von der Unmöglichkeit guter Herrschaft in der Zeit der Religionskriege
  6. Ibrahim „der Wahnsinnige“ – die osmanische Dynastie am Abgrund
  7. Ivan IV. „der Schreckliche“ und Peter I. „der Große“ – zwischen Schreckensherrschaft und aufgeklärter Despotie
  8. Friedrich Wilhelm I., König von Preußen – ein selbsternannter Tyrann
  9. Warum Napoleon Bonaparte kein Despot war
  10. Leopold II., König von Belgien – konstitutioneller Monarch und kolonialer Despot
  11. Francisco Franco und der franquismo – Grundlagen, Inszenierungen und Wahrnehmungen
  12. Mao Zedong und Jiang Qing – Macht, Moral und Geschlechterrollen in der chinesischen Politik
  13. Augusto Pinochet – der Despot als Modell
  14. Idi Amin – Kolonialsoldat und Gewaltherrscher
  15. Robert Mugabe – ein Freiheitskämpfer als Tyrann?
  16. Bashar al-Assad – der Zerstörer des modernen Syrien
  17. Nordkoreas Führer – von Kim Il Sung bis Kim Jong Un
  18. Recep Tayyip Erdogan – neo-osmanische Herrlichkeit
  19. Donald Trump – der Milliardär als authentischer Möchtegerndespot
  20. Wladimir Putin – Unvollendetes Porträt eines Großverbrechers des 21. Jahrhunderts

NB. Hitler und Stalin wurden nach Aussagen der Herausgeber wegen ihrer unvergleichbaren Monstrosität ausgeklammert.

INFO – André Krischer und Barbara Stollberg-Rilinger (Hg.): Tyrannen. Eine Geschichte von Caligula bis Putin, C.H. Beck Verlag, München, 352 Seiten, 29,95 Euro, ISBN 978-3-406-79080-5

10 Antworten auf “Die größten Schurken aus Geschichte und Gegenwart – „Tyrannen“ im Porträt: Von Caligula bis Wladimir Putin”

  1. volkshochschule

    Hier fehlen die beiden größten Angriffskrieger und Völkerrechtsbrecher der letzten 40 Jahre, Mister Bush und sein treuer Gehilfe Mister Blair. Vordergründig zwei noble Demokraten in Wirklichkeit, zwei rücksichtslose Barbaren und Folteranstifter die Iraks Millionenstädte mit verheerenden Luftangriffen terrorisierten. Und noch eine ehrenwerte Dame fehlt auf dieser Buchliste Madeleine Albright die größte Kindsmörderin seit König Herodes, ihre strikte Anweisung Medikamente und Säuglingsernährung für Kleinkinder unbedingt mit auf die Sanktionsliste gegen den Irak zu setzen kostete 500000 Kindern in den 1990ziger Jahren das Leben. Auch danach zeigte sie keine Reue, ja es war die Sache wert so kaltherzig erklärte sie sich gegenüber den Medien.

    • Napoleon

      Aber aber dieser billige Anstreicher aus Austria wird hier ausgeklammert der größte Verbrecher aller Zeiten mit seinen Verbrechen im Rücken das war ein Völkermörder Juden und Sinti Roma usw ausrotten wie Ungeziefer und sich die ganze Welt unterordnen wollen! Oder wie klang das aus deutschen Kehlen! Heute gehört uns Deutschland und Morgen die ganze Welt! Schon vergessen? Will die Russen nicht verteidigen auch Verbrechen was da passiert! Aber nicht vergleichbar mit Hitler die Russen haben es zweimal erleben müssen gebranntes Kind scheut das Feuer! Gibt auch zum nachdenken für die schwarz weiß Denker was dahinter für eine Politik steht!!!

  2. Robin Wood

    Da gibt es aber noch westliche Menschenrechtsverletzer und Kriegsverbrecher, die in der Liste fehlen: L. Johnson/Vietnam, Bush…
    Und dass in Guantanoma noch immer gefoltert wird und Menschen ohne Gerichtsverfahren jahrelang inhaftiert sind, stört im Westen auch niemanden. Mit Erdogan und China hat der Westen auch keine Probleme und macht munter Geschäfte mit diesen Ländern.
    Jeder, der diktatorisch regiert, ist ein Tyrann.

  3. #Atheist
    „Trump wird gelistet aber Pol Pot nicht? Komisches Geschichtsverständnis…“

    Nein, nicht komisch, kein Geschichtsverständnis, da in der Schule nicht aufgepasst…. aber ein Buch verfassen.

  4. 9102Anoroc

    Wenn Putin diesen Artikel lesen würde , fühlt er sich sicherlich noch als Held.
    Falsche Helden bekommen aber in der heutigen Zeit früher oder später ihre strafe.
    Beim Kriegs-Putin bin ich mir da auch ziemlich sicher.

  5. Joseph Meyer

    @9102Anoroc
    schon komisch, Kriegsverbrecher wie Clinton, Bush, Obama, Trump und jetzt Biden, mit ihren tausenden Toten durch völkerrechtswidrige Angriffskriege, werden nicht gelistet – OK, sie gehören ja auch zu den Guten, weil sie unsere Werte, d.h. die Eroberung der natürlichen Reichtümer anderer Staaten, verteidigen … Ach ja zu ihrem „Verteidigungsarsenal“ gehören auch die hunderte unschuldige Kollateralschäden durch Drohnenmorde … aber alles OK, kein Grund aufgelistet zu werden …
    Ja, Putin muss gelistet werden, denn wieso erdreistet der sich auch die natürlichen Ressourcen Russlands für Russland behalten zu wollen – also, selber schuld nicht wahr, @9102Anoroc?!

    Zivilisten und Soldaten un

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern