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Riesige Anti-Brexit-Demo in London – Rufe nach zweitem Referendum immer lauter

23.03.2019, Großbritannien, London: Teilnehmer einer Demonstration unter dem Motto "Put it to the People" ziehen einen Wagen des Düsseldorfer Rosenmontagszuges mit einer Figur, die Premierministerin Theresa May mit Lügennase darstellt. Die Anti-Brexit-Aktivisten der Organisation "People's Vote" fordern eine erneute Volksabstimmung. Foto: Yui Mok/PA Wire/dpa

Die britische Hauptstadt in Blau-Gelb: Mehr als eine Million Menschen haben nach Angaben der Veranstalter am Samstag in London gegen den Brexit demonstriert. Die Organisatoren „People’s Vote“ fordern ein Referendum, bei dem die Bürger über den endgültigen Brexit-Deal abstimmen dürfen.

Viele Teilnehmer hatten während des Marsches bei gutem Wetter blaugelbe Europa-Fahnen dabei und waren auch in diesen Farben gekleidet. Andere trugen britische Fahnen.

Die Veranstalter sprachen von einem der größten Protestmärsche in der Geschichte Großbritanniens, alle Erwartungen seien übertroffen worden. Die Polizei gab keine Schätzungen ab. Die Teilnehmer waren aus allen Teilen des Landes angereist, auch von abgelegenen Inseln.

Der Protestzug, an dem auch viele Familien teilnahmen, endete am Parlament. „Ich bin sieben Jahre alt und demonstriere für meine Zukunft“, stand auf dem Protestschild eines Kindes. Andere Plakate sprachen eine deutlichere Sprache, etwa: „Diese ganze Brexit-Scheiß-Show muss aufhören!“

23.03.2019, Großbritannien, London: Aktivisten nehmen an der Demonstration unter dem Motto „Put it to the People“ teil. Die Anti-Brexit-Aktivisten der Organisation „People’s Vote“ fordern eine erneute Volksabstimmung. Foto: Tim Ireland/AP/dpa

Unterdessen fordern immer mehr Politiker den Rücktritt von Premierministerin Theresa May. Britische Medien sprechen von einer anstehenden Schicksalswoche für die britische Regierungschefin.

„Ich marschiere gemeinsam mit Menschen aus jedem Winkel unseres Landes“, teilte der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan im Kurznachrichtendienst Twitter mit. Er gehört der oppositionellen Labour-Partei an. Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon und viele andere Politiker nahmen ebenfalls an der Veranstaltung teil.

Auch ein Rosenmontagswagen des Düsseldorfer Künstlers Jacques Tilly war bei der Demonstration zu sehen. Der Motivwagen zeigt May, die mit einer langen Lügennase die britische Wirtschaft aufspießt. „Es ist schön, dass die Düsseldorfer Rosenmontagswagen auch ein Stück Weltgeschichte kommentieren“, sagte Tilly der Deutschen Presse-Agentur.

Die Briten hatten im Juni 2016 mit knapper Mehrheit für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt. Nach Angaben der britischen Wahlkommission wären für ein von einigen favorisiertes zweites Brexit-Referendum mindestens vier, eher sechs Monate an Vorbereitungen notwendig.

Online-Petition mit vier Millionen Unterschriften

Unterdessen bewegte sich ein kleiner Protestzug von Brexit-Anhängern auf London zu. Auch der frühere Chef der EU-feindlichen Ukip-Partei, Nigel Farage, nahm teilweise daran teil. Insgesamt wollten die Brexit-Befürworter etwa zwei Wochen durch England marschieren.

23.03.2019, Großbritannien, Nottingham: Nigel Farage (M), ehemaliger Chef der UK Independence Party (UKIP), führt die „March to Leave“-Demonstration an, die von Nottingham nach London zieht und am 29. März mit einer Massenkundgebung vor dem Parlament enden soll. Foto: Joe Giddens/PA Wire/dpa

Mehr als vier Millionen Menschen hingegen unterzeichneten bereits eine Online-Petition für den Verbleib Großbritanniens in der EU. Zeitweise war die Webseite wegen des Ansturms lahmgelegt. Das Parlament muss den Inhalt jeder Petition mit über 100.700 Unterzeichnern für eine Debatte berücksichtigen.

Britische Medien berichteten, dass der Druck auf May im Brexit-Streit immer größer werde. Viele Abgeordnete fordern demnach bereits ihren Rücktritt – sie sei im Brexit-Chaos nicht mehr haltbar.

Aber auch die Premierministerin übt erheblichen Druck auf die Abgeordneten aus. In einem Brief an die Parlamentarier schrieb sie, dass diese möglicherweise doch nicht zum dritten Mal über das mit Brüssel ausgehandelte Brexit-Abkommen abstimmen könnten. Bei zwei früheren Abstimmungen war die Regierungschefin mit dem von ihr ausgehandelten Deal durchgefallen. Der dritte Anlauf ist eigentlich für nächste Woche geplant.

Sie würde den Deal nur dann wieder zur Abstimmung vorlegen, falls sich eine ausreichende Unterstützung abzeichne, stellte May klar. Ansonsten müsse Großbritannien in Brüssel um einen weiteren Aufschub bitten, was aber eine Teilnahme an der Europawahl bedeuten würde.

Die nordirische Partei DUP, auf deren Stimmen Mays Minderheitsregierung seit einer verpatzten Neuwahl angewiesen ist, hatte angedeutet, das Abkommen weiter nicht zu unterstützen.

21.03.2019, Belgien, Brüssel: Theresa May, Premierministerin von Grßbritannien, verlässt den Raum, nachdem sie ein Statement im Rahmen des EU-Gipfels gegeben hat. Foto: Stefan Rousseau/PA Wire/dpa

Britische Medien stufen die Chancen auf Zustimmung zum Deal gering ein. Auch die EU-Staats- und Regierungschefs sehen offenbar schwarz. Parlamentspräsident John Bercow hatte bereits darauf hingewiesen, dass das Unterhaus kein drittes Mal über den denselben Deal – also eine Vorlage ohne Änderungen – abstimmen dürfe. Dies verstoße gegen eine 415 Jahre alte Regel, wonach eine Vorlage nicht beliebig oft zur Abstimmung gestellt werden dürfe.

Die EU und May hatten sich in der Nacht zum vergangenen Freitag auf eine Verschiebung des EU-Austritts bis mindestens zum 12. April geeinigt. Der Plan: Stimmt das Unterhaus dem Abkommen nächste Woche zu, soll der Austritt am 22. Mai geregelt über die Bühne gehen.

Gelingt das nicht, erwartet die EU von London vor dem 12. April neue Vorschläge. Ursprünglich wollte Großbritannien die Europäische Union schon am kommenden Freitag (29. März) verlassen. (dpa)

8 Antworten auf “Riesige Anti-Brexit-Demo in London – Rufe nach zweitem Referendum immer lauter”

  1. Boah nee...

    „Das Parlament muss den Inhalt jeder Petition mit über 100.7000 Unterzeichnern für eine Debatte berücksichtigen.“
    100.7000. Komische Zahl. Da hab ich wahrscheinlich gerade wahrscheinlich die Schule geschwänzt!

      • Bei 66 Millionen Einwohner*innen ein ausgezeichnetes Zwischenergebnis. Respekt! Das Land hat eine sehr lange demokratische Tradition. Die Bürger*innen wissen, wie wichtig das Remain für sie ist.

        • Theresa*us

          Liebe*r AchGott*öttin
          Jetzt bereicherst du die Leser*innen auch noch immer korrekt mit den Genderstern*innen, früher waren es nur Bilder*innen. Wie wird man nur so gut und weise wie du?
          Du bist und bleibst mein Vorbild*erin.?????

          • @ Theresa*us

            Und weißt du was, Schwester*in, die Freund*innen von der ewig empörten konservativen Fraktion funktionieren und beschimpfen mich. Wie bei Pawlow und seinen Hunden kann das scheinbare Naturgesetz beobachtet werden. Wahnsinn! Ich zeige das meinen Schüler*innen am Montag, denn wir behandeln das Thema gerade am Rand. So macht Biologieunterricht Spaß :) und im Fach Politik kann ich es auch noch gebrauchen.

            Schwester, wir müssen uns irgendwann mal treffen. Jetzt muss ich erst noch ein paar Prüfungsarbeiten korrigieren…

            ?????

        • Zaungast

          Mein Respekt hält sich in Grenzen.
          Wo waren diese Leute bei der Volksbefragung?
          Was soll nun gelten, die demokratische Abstimmung damals oder der Druck der Straße jetzt?
          Auch die 4,7 Millionen sind noch weit von einer demokratischen Mehrheit entfernt.

          Wie sagte Gorbatschow: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“

          Mal gespannt, was Theresa May noch bis zum 12. April so einfällt. Die dritte Abtimmung, sofern sie überhaupt anberaumt wird, kann sie wohl kaum gewinnen, besonders nicht, nachdem sie die Abgeordneten in ihrer Rede frontal angegriffen hat.

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