AKTUALISIERT – Zwei Tage nach dem Unfalltod von Gino Mäder hat Mattias Skjelmose überraschend den Gesamtsieg bei der Tour de Suisse geholt.
Der dänische Radprofi belegte beim abschließenden Zeitfahren über 25,7 Kilometer den dritten Rang und musste sich nur dem Spanier Juan Ayuso und Weltmeister Remco Evenepoel aus Belgien geschlagen geben. In der Gesamtwertung reichte Skjelmose das Polster, er holte sich das Gelbe Trikot vor Ayuso und Evenepoel.
Am Samstagmittag waren nach einer Schweigeminute nur noch 113 Fahrer an den Start gegangen. Der Schweizer Radrennstall Tudor Pro Cycling, das belgische Radsportteam Intermarché-Circus-Wanty und Mäders Team Bahrain-Victorious hatten ihre Teilnahme an der Tour zuvor abgebrochen.
Zudem verzichteten nach dem tragischen Zwischenfall mit Mäder 17 Fahrer aus weiteren Mannschaften. Das Zeitfahren zwischen St. Gallen und Abtwil verlief am Sonntag ohne größere Zwischenfälle.
Am Donnerstag war der 26 Jahre alte Mäder auf der Abfahrt vom Albula-Pass zum Zielort La Punt auf den letzten Kilometern der fünften Etappe mit hohem Tempo in eine Schlucht gestürzt und musste reanimiert werden. Einen Tag später starb der schwer verletzte Schweizer im Krankenhaus.
Nach dem Tod von Gino Mäder wird weiter die Unfallursache untersucht. Das Thema Sicherheit steht erneut im Fokus.
Einen Tag nach dem Unfalltod von Gino Mäder hatte Evenepoel die siebte Etappe der Tour de Suisse gewonnen. Auf dem letzten Kilometer küsste der Weltmeister seine Faust, um danach den Zeigefinger Richtung Himmel zu strecken (siehe VIDEO unten).
Auch mit seiner Siegergeste gedachte er Mäder und fasste sich mit der Hand auf die linke Brust. Platz zwei auf der 183,5 Kilometer langen Etappe ging an seinen Landsmann Wout van Aert vor dem Franzosen Bryan Coquard.
„Dieser Sieg geht natürlich an Gino und seine Familie. Das war die beste Art und Weise ihn zu ehren und seiner Familie Respekt zu zollen. Für mich war es ganz egal, dass ich keine Zeit gewinnen kann. Das war alleine für Gino“, sagte Evenepoel.
Noch sind viele Fragen zum tragischen Tod des Schweizers Mäder im Alter von 26 Jahren offen.
– Warum wird die Rundfahrt fortgesetzt?
Am Freitag, dem Tag des Todes von Mäder, war die sechste Etappe gestrichen worden, stattdessen hatten die Radprofis bei einer Gedenkfahrt ihres Kollegen gedacht. Danach verständigten sich die Verantwortlichen nach eigenen Angaben mit den Teams, mit den Fahrern und den Betreuern auf eine Fortsetzung der Rundfahrt.
„Nach Rücksprachen mit allen involvierten Personen stehen wir als Direktion geschlossen hinter diesem Entscheid“, erklärte Tour-Direktor Olivier Senn. Sie würden versuchen wollen, die letzten beiden Etappen des Männerrennens „in einem angemessenen Rahmen durchzuführen“.
Die Zeitmessung fürs Gesamtklassement fand am Samstag bereits 18,8 Kilometer vor dem Ziel statt. Das Zeitfahren am Sonntag werde ebenfalls im Rennmodus durchgeführt, hieß es in einer Mitteilung. Mäders Familie solle eine Fortsetzung der Rundfahrt befürwortet haben. Am Start der dritten Tour de Suisse für Frauen am Samstag wurde ebenfalls festgehalten.
Drei Männer-Teams aber werden nicht mehr dabei sein: Neben Mäders Rennstalls Bahrain Victorious zogen sich Intermarché-Circus-Wanty aus Belgien und das Team der Schweizer Radlegende Fabian Cancellara am Samstag zurück. „Unter diesen schwierigen Umständen, ist das für uns der menschliche Weg, die Gefühle unserer Fahrer zu respektieren und Gino Respekt zu zollen“, erklärte das Team Tudor Pro Cycling.
– Ist der Unfallhergang geklärt?
Nein. Es ist immer noch unklar, was am Donnerstag auf der Abfahrt wenige Kilometer vor dem Ziel passierte. Bekannt ist, dass neben Mäder auch der 21 Jahre alte Magnus Sheffield stürzte. Sein Ineos-Team hatte am Unfalltag bestätigt, dass der US-Profi in einen Unfall verwickelt gewesen sei, sich eine Gehirnerschütterung und leichte Prellungen zugezogen habe und eine Nacht im Krankenhaus bleiben müsse.
Tour-de-Suisse-Arzt Roland Kretsch, der als Erster an der Unfallstelle gewesen war, hatte dem Schweizer „Blick“ gesagt, dass es zu einem Sturz von zwei Rennfahrern gekommen sei und diese die Böschung runtergekracht seien. „Wahrscheinlich überhöhte Geschwindigkeit oder zu spät gebremst oder verhakelt, das ist nicht ganz klar.“
Möglicherweise kann Sheffield zur Klärung beitragen. Die Kantonspolizei Graubünden hat einen Zeugenaufruf gestartet. „Insbesondere werden Personen gesucht, die den Unfall beobachten oder sogar filmen konnten“, hieß es in der Mitteilung.
– Wie sind die Reaktionen in Mäders Heimatland auf den Tod?
Praktisch in allen Schweizer Medien wurde neben den sportlichen Fähigkeiten Mäders auch dessen Engagement außerhalb des Radsports gewürdigt. „Gino Mäder wollte die Welt zu einem besseren Ort machen“, schrieb die „NZZ“. Mäder sei beseelt vom Anspruch gewesen, für andere da zu sein. „Er bewies, dass Sportler keine Egoisten sein müssen.“
Mäder habe für Schweizer Gletscher gespendet und „versuchte stets, mit sich selber im Reinen zu sein“, schrieb der „Tagesanzeiger“. Mäder spendete schon mal bei einer Spanien-Rundfahrt über 3.000 Euro für gemeinnützige Zwecke – einen Euro für jeden Fahrer, den er auf den Etappen hinter sich ließ. Sein Hund Pello war einst ein Streuner in Bilbao, statt in einer spanischen Tötungsstation landete er bei Mäder.
– Inwiefern hat der Unfalltod Mäders eine Sicherheitsdebatte in Radsport verstärkt?
Durch den bisher noch ungeklärten Unfallhergang ist eine Einschätzung insgesamt schwierig. Schwere Stürze und Unfälle auch mit Todesfolge sind leider nicht neu im Radsport, Schutz bieten praktisch nur die Helme. Der Tod von Fabio Casartelli 1995 nach einem Unfall auf einer Etappe der Tour de France hatte die Debatte um eine Helmpflicht befeuert, erst acht Jahre später wurde sie aber eingeführt. Kurz vorher war der Kasache Andriej Kiwilew nach einem Sturz gestorben.
Trotz Helmpflicht kam es aber auch danach noch zu tödlichen Unfällen. 2016 starb der belgische Profi Antoine Demoitié an den Folgen einer Kollision mit einem Begleitmotorrad, 2019 überlebte der belgische Radprofi Bjorg Lambrecht einen Sturz auf der Polen-Rundfahrt nicht.
Bei Mäders Sturz war die Straße trocken, die rasante Abfahrt stand am Ende einer Etappe über 215,3 Kilometer mit 3.295 Höhenmetern. Es sei keine schlaue Idee gewesen, das Ziel einer solchen Etappe nach einer Abfahrt zu platzieren, sagte der 23 Jahre alte Weltmeister Remco Evenepoel aus Belgien. „Man muss vielleicht zukünftig schauen, dass Abfahrten nicht so kurz vor dem Ziel gemacht werden“, pflichtete auch der ehemalige Radprofi Fabian Wegmann in einem Gespräch der Deutschen Presse-Agentur bei.
Bei der Abfahrt würden Höchstgeschwindigkeiten von mehr als 100 Kilometern pro Stunde erreicht. „Das ist gefährlich. Da denkt man als Rennfahrer nicht immer dran, es ist aber immer präsent.“ Nach allem, was er bislang mitbekommen habe, sei es aber ein Fahrfehler gewesen. Und Wegmann, der als Sportchef die Planungen für die Strecke der Deutschland Tour unterstützt, betonte auch: „Man kann als Veranstalter so eine lange Strecke nicht komplett absichern und jeden Pass mit Fangzäunen absichern, dass ein Fahrer nicht von der Straße abkommen kann. Das ist zeitlich und finanziell nicht machbar.“ (dpa)
Remco Evenepoel s'impose devant Wout Van Aert lors de cette 7e étape. Le champion du monde aura passé la ligne en rendant un hommage à Gino Mäder. 💫 #RTLsports
Le Tour de Suisse est à suivre chaque jour en direct sur Proximus Pickx + Sports. pic.twitter.com/eIbUtqF4gT— RTL sports (@RTLsportsbe) June 17, 2023
Der Remco hatte Recht mit seiner Kritik zu der Etappe, da haben die Veranstalter auch ein teil Schuld, solche eine Gefährliche Streckenführung ein zu bauen!? Sehr schade für den jungen Sportler.
Bisweilen ist „Sport Mord“. Das ist die schlimme Kehrseite des Hochleistungssports.
ich kann Ihnen eine Stelle in Aywaille nennen, wo ich in einer Kurve durch den Hof mit meinem Rennrad gefahren bin; wenn ich es nicht geschafft hätte wäre, ich nicht mehr am Leben.
Ich möchte nur sagen, Unfälle passieren; vermutlich um ein Vieles mehr, als wir es ahnen.
Abfahrten sind immer gefährlich bei dem Tempo. Überhaupt ist der Radsport gefährlich. Die Fahrer haben keine Knautschzone.
Genauso auf der Strecke Eupen- Baraque Michel. Manche Fahrradfahrer riskieren wirklich ihr Leben. Und dann ist der Autofahrer schuld
Da wäre in der Tat Platz für einen breiten Radweg. Verständlich das sportlich ambitionierte Radfahrerzum höchsten Punkt fahren möchten.
@ – 🌵 18:50
Stimmt.
Platz wäre an vielen Stellen.
Auch als man vor nicht allzu langer Zeit, (ausnahmsweise mit anständigem Asphalt) die Monschauer Straße bestückt hatte ;
hat man doch glatt die Radwege vergessen.
Suchen Sie sich etwas aus:
– Peinlich
– Dumm
– Böswillig;
oder einfach keine Ahnung von Verkehrsplanung.
Es hilft natürlich auch nichts schöne Radwege zu machen ,wenn, wie beispielsweise am Grenzübergang Köpfchen Richtung Aachen ,die Rennradfahrer diese Wege nicht nutzen, weil sie immer das Gefühl haben , andere Radfahrer fahren zu langsam.
Dort darf man dann als Autofahrer verärgert hinter den Rennradfahren bleiben, weil auf der teils kurvenreichen Strecke überholen auch ein Risiko darstellt.
Es ist nicht so ,dass die Rennradfahrer nicht wissen dass sich dort ein Radweg befindet, sie wollen ihn nur einfach nicht nutzen.
Das habe ich nicht irgendwo gehört, sondern selber oft genug erlebt.
Dass die Rennradfahrer sich so selber gefährden, scheint ihnen gar nicht bewusst zu sein.
Es sind dann aber auch meistens die gleichen ,
die in schönen schwarzen Klamotten fahren,
damit sie von weitem nicht zu erkennen sind.
@🌵:
Das würde ich persönlich schon ein klein wenig relativieren, wenn man bedenkt, dass dieser „höchste Punkt“.. na ja.. „unterprächtig“ zu bewerten wäre! :-)
Ich schreibe mal über den Col du Rosier .
Stoumont.- Borgoumont
Wer da einen Motorrad Fahrer der 50 Fährt –Überholt .
Spielt mit seinem Leben und ist selber Schuld.
Da Rast so einer mit locker 80 Km an Dir vorbei.
Mein Beileid der Familie
Traurig (und typisch) wie der tragische Tod eines jungen Sportlers durch einen Unfall ohne Fremdeinwirkung bei einem Radrennen hier als Anlass genommen wird, seinen persönlichen Frust an Radfahrern auszulassen.
@ – Hopfen und Malz verloren
Wer in den Kommentaren Frust über Radfahrer erkennt ;
erkennt leider nicht den Unterschied zwischen Frust und Warnungen für!! andere Radfahrer .
Denn im normalen Straßenverkehr , wird die Straße nicht! , wie für die Profi Sportler gesperrt bei einem Rennen.
Nur verhalten sich eben manche so als ob sie Profisportler wären und man für Sie die Straße gesperrt hätte ;
man hat aber nicht!!
Und hier werden wohl auch noch andere sein, die sich für Radsport interessieren, oder selber viel Fahrrad fahren und eben nicht die Kommentare als Anlass nehmen, seinen persönlichen Frust an Radfahrer auszulassen .
Erst lesen , dann nachdenken , im Anschluss schreiben , lautet die Reihenfolge.
@9102Aniroc
Bin komplett mit Ihnen einverstanden
Diverse Rennradfahrer nehmen die Straße zu ihrem Vergnügen und üben dort ihren Sport aus. Wer ins Fitnessstudio geht muss dafür bezahlen. Autofahrer bezahlen Fahrzeugsteuer. Und eben diese Rennradfahrer blockieren mit Freude die Fahrbahn. Ganz schlimm als Gruppe. Und bezahlen keine Nutzungsgebühr.
In Deutschland (weiß nicht ob`s in Belgien auch so ist) muss man nicht den Radweg nehmen, wenn man zu Ausübung des Sports unterwegs ist.
Das ist also alles erlaubt.
Und mit der Nutzungsgebühr: Die meisten Erwachsenen, die mit dem Rad unterwegs sind, zahlen auch PKW Steuer.
Nur der Fußgänger ist immer kostenlos unterwegs.
Was ein Blödsinn. Wer ein Auto hat bezahlt, und wer noch ein Motorrrad hat, bezahlt auch noch. Wer die Strasse mit einem Fortbewegungmittel benutzt soll Steuer bezahlen.
@HansA
Wenn ich 2 Autos anmelde, dann zahle ich für jedes Fahrzeug Autosteuer 🙃
RIP Gino. In der Tat nicht sera klug die Ankunft nicht auf dem Berg zu platzieren. Da mussten wohl Tribuenen im Ort fuer Umsatz sorgen.
AKTUALISIERT – Zeugenaufruf und Rückzug von Teams: Die Folgen des Todes von Mäder – Evenepoel gewinnt siebte Etappe. https://ostbelgiendirekt.be/radprofi-gino-maeder-tot-354121