Kultur

Peter Scholl-Latour, Grandseigneur des Journalismus in Deutschland, ist tot

Peter Scholl-Latour. Foto: dpa

Peter Scholl-Latour ist tot. Der Grandseigneur des deutschen Journalismus starb im Alter von 90 Jahren nach schwerer Krankheit in Rhöndorf am Rhein. Der Buchautor machte Millionen von Menschen das Weltgeschehen verständlich. Mit seinen Schriften und Fernsehberichten prägte er für viele im deutschsprachigen Raum das Bild der arabischen Welt, Asiens und Afrikas.

Peter Scholl-Latour wurde am 9. März 1924 in Bochum als Sohn des Arztes Otto Scholl-Latour geboren. Durch die elsässische Mutter sowie den saarländischen, in Lothringen aufgewachsenen Vater wurde er früh zu einem deutsch-französischen Grenzgänger, der beide Pässe besaß.

Seit 1950 als Journalist tätig, übernahm Scholl-Latour in seiner seither andauernden Reportertätigkeit bevorzugt Berichterstattungen aus aktuellen und potenziellen Konfliktherden fast überall in der Welt. Nur in Osttimor und in der Antarktis sei er noch nicht gewesen, bekannte er als Achtzigjähriger. 1950 begann er, als Reisekorrespondent für Zeitungen zu schreiben.

Spektakuläre Reportagen aus aller Welt

Eine große Persönlichkeit im deutschen Journalismus: Peter Scholl-Latour. Foto: Wikipedia

Eine große Persönlichkeit im deutschen Journalismus: Peter Scholl-Latour. Foto: Wikipedia

1956-1957 berichtete er während des Sprachstudiums als Auslandskorrespondent von Beirut aus und erwarb sich schon damals den Ruf als Nahost-Experte. Ab 1959 war er verstärkt auf dem afrikanischen Kontinent während der Dekolonisierung unterwegs. Dabei berichtete er von 1960 an für den ARD-Hörfunk als ständiger Afrika-Korrespondent und kommentierte die recht unterschiedlichen Wege in die Unabhängigkeit.

In Paris baute er 1963 bis 1969 das neue ARD-Fernsehstudio auf und lernte dabei die Möglichkeiten des damals jungen Mediums kennen. Hierzu trugen auch regelmäßige Reisen nach Vietnam und in den Nahen Osten bei, was ihm sein gleichzeitiger Status als Sonderkorrespondent ermöglichte. Von Paris aus brachte er den Deutschen Frankreich näher.

Von 1969 bis 1971 wirkte Scholl-Latour als Direktor des WDR-Fernsehens für das Erste Programm (ARD). 1971 wechselte er zum ZDF und als Chefkorrespondent nach Paris, wo er von 1975 bis 1983 das ZDF-Studio leitete. Als Gefangene des Vietkong kamen er und sein Kamerateam 1973 in die Schlagzeilen, konnten aber Aufnahmen des einwöchigen Aufenthalts für spektakuläre Reportagen nutzen.

Große Karriere auch als Autor

Als Pariser Korrespondent begleitete er Ayatollah Khomeini 1979 aus dem Exil im Flugzeug zurück nach Teheran – wieder war er dabei, als Geschichte geschrieben wurde, diesmal im Iran. Als „letzter Welterklärer“, wie der „Spiegel“ einmal schrieb, gab es wohl in den vergangenen Jahren kaum eine Talkshow-Couch, auf der er nicht saß.

Peter Scholl-Latour (rechts)  1988 bei der Frankfurter Buchmesse. Foto: Wikipedia

Peter Scholl-Latour (rechts) 1988 bei der Frankfurter Buchmesse. Foto: Wikipedia

1983 bis 1987 wirkte Scholl-Latour im Verlagshaus Gruner + Jahr als der für die TV-Aktivitäten zuständige Vorstand und gründete den Privatsender RTLplus mit. Gleichzeitig war er Herausgeber der G+J-Wochenzeitschrift „stern“. Eine Episode blieb das Jahr als dessen Chefredakteur.

Neben seiner Karriere als Journalist machte er sich zunehmend einen Namen als Autor, 1961 zunächst mit dem Werk „Matata am Kongo“. Scholl-Latours bekanntestes Buch wurde das 1979 erschienene „Der Tod im Reisfeld“, das nicht nur das Lob der Kritik fand, sondern mit 1,3 Millionen verkauften Exemplaren das bisher erfolgreichste deutschsprachige Sachbuch seit 1945 wurde. Scholl-Latour umriss darin Grundzüge des 30-jährigen Krieges in Indochina.

Stand nicht selten auch in der Kritik

Er selbst war erklärter Gaullist und machte aus seiner Bewunderung für Napoleon keinen Hehl, was selbst bei einem Teil seiner Bewunderer nicht so gut ankam.

Scholl-Latour wurde von Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen und Journalisten vorgeworfen, durch undifferenzierte Sichtweisen bestehende Feindbilder aufrechtzuerhalten und alte Ängste zu schüren. Zudem habe er sich aufgrund seines Mangels an akademischer Sorgfalt und an einschlägigen Fremdsprachenkenntnissen relativ oft bei Tatsachenbehauptungen geirrt.

Peter Scholl-Latour wurde durch viele Journalisten- und Medienpreise für seine Arbeit ausgezeichnet. Er lebte abwechselnd in seinen Wohnungen im Bad Honnefer Ortsteil Rhöndorf, Berlin und Paris und in einem Haus bei Nizza. Er war in zweiter Ehe mit Eva Schwinges verheiratet und hatte einen Sohn aus erster Ehe. (cre/dpa/tagesschau.de/wikipedia)

13 Antworten auf “Peter Scholl-Latour, Grandseigneur des Journalismus in Deutschland, ist tot”

  1. Margrit Kohl

    Leider lehrt uns die Geschichte, dass die größten Geister immer gerade dann abberufen werden, wenn die Welt sie am nötigsten braucht. Dieser Mann hätte all denen, die ihm hätten zuhören wollen, noch so unendlich viel zu sagen gehabt… Seine fundierten Kenntnisse, sein Durchblick und seine Geradlinigkeit werden uns fehlen – von seiner Sorte gibt es nicht mehr viele!

  2. Wenn Scholl-Latour im Fernsehen berichtete, konnte ich ihm stundenlang zuhören, auch wenn er in den letzten Jahren immer undeutlicher sprach. Es war faszinierend, wenn er die Welt des Islam zum Beispiel erklärte.

  3. Einer der letzten Journalisten mit Format der den links-grünen Mainstream Journalisten etwas entgegen halten konnte. Der Mann redet Klartext bei Maischberger und Co, während alle anderen nur weichgespültes links-grünes Geblubber absonderten. Er war der einzige, der den „Arabischen Frühling“ als das erkannte was er ist, ein Katastrophe für die betroffenen Länder und auch wohl längerfristig für Europa; Währenddessen die Restlichen in der Runde die Ereignisse bejubelten.
    Er wird mir, er wird der westlichen Welt, fehlen!

  4. Marc Van Houtte

    Ich bin mit Dax einer Meinung.
    Jedoch war sein Buch Mord am großen Fluss nicht grade Objektiv. Frankreich hat in Afrika alles richtig gemacht Belgien alles falsch.
    Er war halt auch Franzose und ein überzeugter Gaullist und dadurch etwas zu sehr „Grande Nation“
    Seine Tod bedeutet fast das Ende der Sichtweise konservativ im Journalismus der vor allen, bei unseren Nachbarn Links verseucht ist.
    Seine Antwort auf frau Claudia Roths dummes Geschwätz über den Kurden mit dem Technischen Hilfswerk statt mit deutschen Waffen die, die Peschmerga nicht bedienen zu helfen hätte ich gerne gehört.

  5. Früher war ich sehr beeindruckt von ihm, als ich noch jünger und leichter zu beeindrucken war. Er hatte sicher ein unglaubliches Leben und ist gut rumgekommen. Aber er hat sich maßlos überschätzt und war unerträglich arrogant. Er hatte grundsätzlich recht, sicher er hatte oft recht, aber seine Fehleinschätzungen hat er nie zugegeben oder auch nur reflektiert. Sein Nimbus als Welterklärer ist nur durch die Struktur deutscher Medien zu erklären, die selbsterschaffene Autoritäten für ein autoritätsgläubiges Publikum anbieten müssen. Ich habe ihn als Kommentator in den letzten Jahren nicht mehr ganz für voll genommen, aber es bleibt doch ein großer Respekt vor einem Kerl, der nicht dumm war, extrem viel erlebt hat und mich eine Zeit unterhalten und manchmal auch über Dinge aufgeklärt hat.
    Auf jeden Fall steht er für eine Zeit, in der Journalist noch ein absoluter Traumberuf war. Heute werden nur noch die ganz Dummen Journalisten und das merkt man an den Zeitungen.

  6. Zaungast

    Hut ab vor diesem Journalisten, dessen Ansichten man nicht unbedingt alle teilen musste, dem man auch eine gewisse Arroganz des Besserwissers nicht abzusprechen konnte, der aber keiner jener „Schreibtischtäter“ war, die im voll klimatisierten Luxushotel in Kairo sitzen und einen Bericht über einen Aufstand im Südsudan verfassen.

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