Allgemein

Die Meinungsforschung steckt in der Krise: Was sind angeblich repräsentative Umfragen heute noch wert?

Ministerpräsident Oliver Paasch (r) und Forsa-Chef Manfred Güllner (l) bei der Vorstellung der Ergebnisse einer Forsa-Umfrage in Eupen im Juni 2020. Foto: OD

Am heutigen 8. Juni startet im Auftrag der DG eine Telefonumfrage. Wie berichtet, wird das Institut Forsa per Telefon mit 1.000 zufällig ausgewählten Ostbelgiern Kontakt aufnehmen, um sie nach ihrer Meinung zur Corona-Krise zu befragen.

Der Belgische Rundfunk (BRF) beauftragt regelmäßig Forsa mit einer Umfrage. Jetzt tut dies auch die DG.

Bereits im Spätsommer 2018 hatte das deutsche Institut im Auftrag der Regierung von Ministerpräsident Oliver Paasch (ProDG) 1.000 Bürger u.a. befragt, was sie von der Deutschsprachigen Gemeinschaft halten, ob es sich hier gut leben lasse und wie zufrieden sie mit der Politik sind.

Die Frage ist nicht nur, wie teuer solche Umfragen sind, sondern auch wie zuverlässig sie noch sind.

Forsa-Geschäftsführer Manfred Güllner (r, hier mit BRF-Direktor Toni Wimmer im April 2017). Foto: Gerd Comouth

Die Demoskopie steckt schon länger in der Krise. Viele Medien beschäftigen sich neuerdings mit dem Thema. Das Misstrauen gegenüber angeblich repräsentativen Meinungsumfragen wächst, zumal sich inzwischen durch Online-Befragungen im Internet andere und deutlich kostengünstigere Methoden anbieten, um zumindest einen Trend in der öffentlichen Meinung zu gleichwelchem Thema zu erkunden.

Die klassische Meinungsumfrage wird per Telefon gemacht. Weil aber immer mehr Bürger auf einen Festnetz-Anschluss verzichten, erreichen die Meinungsforscher auch immer weniger Menschen, die auf ein repräsentatives Meinungsbild schließen lassen.

Das größte Problem bei den Umfragen, die per Telefon gemacht werden, ist somit, dass man ganze Bevölkerungsschichten, insbesondere Jugendliche, auf diese Weise nicht mehr erreicht. Junge Leute haben in der Regel keinen Festnetz-Anschluss. Falls sie nicht gerade zufällig zu Hause sind, wenn ein Meinungsforscher im Auftrag eines Instituts für Demoskopie anruft, bleiben sie außen vor.

„Qualität der Demoskopie war 1947 besser als jetzt“

„Es ist ganz schön lädiert, das Image der Meinungsforscher“, schrieb die renommierte deutsche Wochenzeitung „Die Zeit“: „Trump und Brexit nicht vorhergesagt, die AfD lange unterschätzt – weil die Demoskopen 2016 wiederholt daneben lagen, steht ihr Handwerk plötzlich da wie Kaffeesatzleserei. Vorhersagen mögen als Gesprächsstoff taugen, aber kann man ihnen noch trauen?“

Das größte Problem bei den Umfragen, die per Telefon gemacht werden, ist, dass man bestimmte Bevölkerungsschichten, insbesondere Jugendliche, auf diese Weise nicht mehr erreicht. Foto: Shutterstock

Elisabeth Noelle-Neumann, die 2010 verstorbene Grande Dame der Demoskopie in Deutschland und Gründerin des Allensbach-Instituts, sagte schon vor vielen Jahren zum Thema Meinungsforschung:

„In vielerlei Hinsicht war die Qualität der Demoskopie 1947 besser als jetzt. Erstens werden Umfragen heute statt nachhaltig zu oberflächlich und billig produziert, weil die Auftraggeber den Unterhaltungswert erkannt haben und die Umfrageunternehmen gewinnorientiert statt fundiert arbeiten. Weder bei Emnid noch bei forsa gibt es einen Mitarbeiter, der einen Vortrag an der Universität halten könnte. Und zweitens macht sich in der Demoskopie immer mehr eine politische Orientierung bemerkbar – deshalb weichen die Ergebnisse der Wahlprognosen immer häufiger so grotesk voneinander ab.“

Es sind vor allem die vielen suggestiven Fragen, die Meinungsforschungsinstitute nicht selten ins Zwielicht bringen und immer wieder den Verdacht aufkommen lassen, dass sie allein schon aufgrund der Fragestellungen nichts unversucht lassen, damit die Ergebnisse letztlich auch im Sinne des Auftragsgebers – im vorliegenden Fall BRF und DG – ausfallen. (cre)

Mehr zum Institut Forsa unter folgendem Link:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Forsa

Zum Thema siehe auch folgenden Link auf OD:

18 Antworten auf “Die Meinungsforschung steckt in der Krise: Was sind angeblich repräsentative Umfragen heute noch wert?”

  1. Diese Umfragen haben noch einen Wert, aber nur für den Auftraggeber. Damit lässt sich die eigene Politik legitimieren und als mehrheitsfähig titulieren. Das hat dann Einfluss auf die Wahrnehmung durch die Bevölkerung und letztlich auch auf deren Wahlverhalten. Ein negatives Ergebnis, so es denn überhaupt zustande käme, würde sofort in der Schublade verschwinden. Es müsste eine gesetzliche Veröffentlichungspflich für solche Gutachten aus Steuermittel geben, dann würden die Beteiligten viel vorsichtiger agieren….

    • Ostbelgien Direkt

      @Der 7. Sinn: Wir haben bei jeder Umfrage, die wir gemacht haben, immer klargestellt, dass Online-Umfragen nicht mehr oder weniger repräsentativ sind als andere. Sie geben allenfalls einen Trend, eine Tendenz wieder. So ist das bei anderen Umfragen auch. Gruß

  2. Fakten, Fakten, Fakten....

    Hallo ihr schlauen Politiker, Referenten, Flugenten, Berater, Sachbearbeiter, Kabinettsleute, und wer weiss noch alles!
    Das Ihr alle nicht dahinterkommt, vielmehr ignoriert, all diese Meinungsleute sind doch Voreingenommen. Es sind Kaufleute und Geschäftemacher!
    Besonders diese, welche im Umfeld der Politik tätig sind! Da würde man wohl mal gerne „Mäuschen“ spielen können, und diese Resultate sehen, bzw am Telefon mitverfolgen dürfen!
    Wenn da mal alles richtig abläuft…ja, dann fress ich einen Besen!?
    Das sind doch alles „getürkte“ Resultate! Um ja nicht den Auftraggeber an zu schwärzen und miess zu machen.
    Auf einmal verlöre er die Lust…..und dann gäbs keine Aufträge mehr.

    Wie wäre es denn, mal ein vollkommen unabhängiges Institut zu beauftragen, um die uns so „lästige und unbeliebte Politische Situation“ in der DG und Belgien zu beauftragen!?
    Einfache Fragen, wo wie:
    Sind sie zufrieden mit unsern, Politikern?
    Müssen wir soviele Regierungen in Belgien haben?
    Ist deren Arbeit und Resultat fruchtbringend für das Volk?
    Wie beurteilet das Volk deren Entlohnungen, Vorteile, Renten?
    Was schlägt der Bürger und Wähler vor an Änderungen, usw?

    Das wäre mal eine wahre und reelle Umfrage der Wert!

    Wetten das der Ausgang niederschmetternd wäre!?

  3. Pensionierter Bauer

    Vor einigen Jahren wurde ich einmal von der Forsa angerufen, dabei stellte man mir nach vielen anderen auch die Frage, ob ich Probleme bei der Integration von Zugezogenen sehe?
    Ja oder Nein. Als ich mich weigerte diese Frage mit Ja oder Nein zu beantworten und nach hackte ob sie nun mit der Frage die Zugezogenen aus unsern direkten Nachbarländern oder die zu uns kommenden Menschen aus den islamischen Staaten meine, sagte sie: „es scheint mir, dass sie keine persönlichen Probleme mit der Integration haben“. Sie bedankte sich für das Gespräch und beendete das Telefonat.

  4. Als ob 1000 ( tausend ) Leute für gut 70.000 in der DG wissen was ein jeder einzelne so denkt. Sollen die das doch wie vor vielen Jahren machen bei der Volkszählung ( damals für ganz Belgien ) jetzt nur für die kleine DG, jedem Haushalt per Post so nen Umfragebogen zukommen lassen und drauf hoffen dass die auch alle zurück geschickt werden. Aber nein, Postportp für so viel Haushalte zu teuer und die Auswertung würde ja VIEL ZU LANGE dauern, wobei man bei gleich welcher Form von Umfragen die Resultate manipulieren und schön reden kann.

  5. Gaspillage

    Schuster bleib bei den Leisten! Politiker arbeitet seriös und richtig, dann braucht ihr keine Demoskopen! Die zapfen euch sowieso nur an. Und dann nur 1.000 Leute, und wie hiervor geschrieben wird, die jungen Leute bleiben aussen vor!? Investiert das Steuergeld in wichtigerem! Es gäbe wahrlich genug gute Empfänger! Aber dazu seit ihr ja nicht imstande. Eure Resultate beweisen das zur genüge.

  6. Wenn eine Regierung von 70.000 Einwohnern eine Forsa Umfrage machen muss, um zu wissen was die Bevölkerung denkt… dann haben wir alle verstanden wie viel Bürgernähe unsere Regierung noch hat! KHL, wo ist Ihr viel gepriesene Bürgerdialog wenn man ihn braucht? Wir haben den anscheinend doch nötiger als wir dachten! 🤮

  7. In dem Zusammenhang ein interessanter Beitrag. Betrifft zwar die „Correctiv gGmbH“ passt aber trotzdem zum Thema weil der „Faktencheck“ auch ein gerne genutztes Instrument der Politik ist um missliebige Aussagen zu diskreditieren. Aus „Umfrageergebnissen“ und „Faktencheck“ baut sich dann das Framing der „alternativlosen Politik“ auf. Wer dahinter steckt…

    https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/correctiv-deutschlands-seltsamster-konzern/

    „Die Gesellschaft finanziert sich über Spenden in Millionenhöhe, und Spenden gelten nicht als Umsatz. Zu den Spendern gehören die Brost-Stiftung unter Leitung des früheren SPD-Politikers Bodo Hombach, und die Open Society Foundations des Finanzmagnaten George Soros….“

  8. Ich empfinde unverlangte Anrufe, egal ob zu Werbezwecken oder zur Durchführung von sog. Meinungsumfragen als unzulässig bzw. unerwünscht. Natürlich kann ich einen Anruf ignorieren oder ich kann nach Annahme des Anrufes auflegen, wie ich dies in der Regel mache, besser wäre es jedoch, wenn solche Aufdringlichkeiten von vorn herein unterbleiben würden.

  9. Piersoul Rudi

    Wenn ich als Regierung nicht weis was in der Bevölkerung um sich geht brauche ich, idT, eine Umfrage…
    Das sagt doch alles über die „betriebene Politik unsere Gewählten“
    Fragt sich auch wer diese „1000 gewählten“ für diese „Umfrage“ sind…
    Oder muss ich „die Gewählten durch Auserwählten“ ersetzen…
    Beide Begriffe sind nicht gleich… und haben eine ganz andere Bedeutung…
    MfG.

  10. Gerd Rudi Klemm

    Etwas was mich sehr wundert. Das der Geschäftsführer des Instituts Persönlich auf den Fotos erscheint, das betont wohl das die DG ein „Premium-Kunde“ bei der Forsa zu sein scheint?! Ganz sicher nicht wegen des Arbeitsvolumens, sondern wegen der Häufigkeit der Abschlüsse und Leistungen? Und das fürwahr für eine winzig kleine Ecke eines Landes, sehr ulkig?! Das bestätigt auch den Unsinn dieses Tuns und solcher Aufträge. Ein jeder wollte wohl auch so Freigebig mit dem Geld des Steuerzahlers umgehen wollen? Was habt ihr doch in Belgien für sorglose Politiker?
    Wo steuern diese Leute euch noch alles hin?

  11. Schnüffelei

    Das ist eh alles nur Schnüffelei um auszuloten, wo dem Bürger der Schuh drückt oder schmerzt. Da setzt dann der Staat an, um ihn noch eins drauf zu geben und sich den Rest zu holen, was Corona nicht geschafft hat.

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern