Zwischenruf

Land der zwei Könige und drei Königinnen

König Albert und Königin Paola befinden sich auf Abschiedstour. Am Mittwoch Gent, am Donnerstag Eupen und am Freitag Lüttich. Am Sonntag dann der Thronwechsel. Ein neues Kapitel in der Geschichte dieses Landes wird aufgeschlagen. Die Aufgabe des künftigen Königs Philippe wird es sein, zu beweisen, dass er dieser Herausforderung – allen Unkenrufen zum Trotz – gewachsen ist. Vor allem muss Philippe zeigen, dass es in diesem komplizierten Land zur Monarchie – allen Unkenrufen zum Trotz – keine Alternative gibt.

Die erste große Bewährungsprobe steht dem neuen König spätestens nach den Föderalwahlen vom 25. Mai 2014 bevor, wenn Belgien je nach Wahlausgang wieder eine monatelange Zerreißprobe droht. Die Rolle des Königs könnte in dieser kritischen Phase entscheidend sein. Vom Staatsoberhaupt wird viel Fingerspitzengefühl verlangt.

Kritik wird nicht nachlassen

Und nicht nur das: In kritischen Phasen muss ein König auch in der Lage sein, die „Kampfhähne“ zur Ordnung zu rufen und ihnen die Leviten zu lesen – so wie es Albert II. während der 541 Tage langen Regierungskrise nach den Wahlen von 2010 auch getan hat.

Bis dahin kann Philippe schon mal versuchen, seine Schüchternheit abzulegen. Zu viel Selbstbewusstsein wäre fehl am Platze, zu wenig aber auch.

Obwohl die Dotationen für die königliche Familie nach unten revidiert worden sind, genauso wie die Zahl der Nutznießer, wird insbesondere in Flandern die Kritik an der Monarchie nicht nachlassen, so überzeugend das Auftreten von Philippe auch sein mag. Immerhin wird es ab Sonntag in diesem Land zwei Könige (Philippe und Albert) und sogar drei Königinnen geben (Mathilde, Paola und Fabiola). Dazu noch Prinzen und Prinzessinen, auch wenn diese nicht mehr in dem Maße mit staatlichen Zuwendungen bedacht werden wie bisher.

Zur Monarchie keine Alternative

Trotzdem ist der Aufwand beträchtlich: Allein König Albert und Königin Paola werden nach der Abdankung eine Dotation von immerhin 923.000 Euro pro Jahr erhalten.

Und dennoch gibt es in diesem so komplizierten Land keine überzeugende Alternative zur Monarchie. Eine Präsidialrepublik würde uns neben Regierungskrisen auch noch eine Staatskrise bescheren, weil es Flamen und Frankophonen nicht gelingt, sich auf einen Staatspräsidenten zu einigen.

Es kam schließlich nicht von ungefähr, dass bei der Gründung des belgischen Staates 1831 mit Leopold I. ein Mitglied des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha erster König wurde. Mit einem „echten“ Belgier als Staatsoberhaupt hätte der neue Staat schon nach kürzester Zeit Schiffbruch erlitten.

GERARD CREMER

 

9 Antworten auf “Land der zwei Könige und drei Königinnen”

  1. Zaungucker

    „König PhilippE“, obwohl es drei offizielle Schreibweisen gibt, eine für jede Landessprache. Wenn wir uns schon genieren, die deutsche Fassung zu gebrauchen – siehe z.B. im obigen Artikel – warum dann nicht das niederländische „Filip“?

    Schließlich schreiben wir ja auch „Leopold“ ohne „é“.

    Allerdings, in den deutschen gesprochenen Medien heißt es immer wieder „König Albèr II.“
    Aber das ist eine Eigenart der Deutschen gegenüber allem Ausländischen. Die Franzosen tun da genau das Gegenteil.

      • Bonaparte

        Dafür halten wir den Rekord für die längste Zeit ohne Regierung (die von bezahlten Leuten gebildet werden sollte) und haben da sogar den Rekord vom Irak gebrochen. Ich finde, wenn man verlangen würde, dass die Royals kein Geld mehr kriegen, weil die ja so reich sind, dann sollten die Politiker je nach Privatvermögen auch ehrenamtlich arbeiten und vor allem nicht 541 Tage bezahlt werden nur um sich heftig zu streiten.

  2. PhilippE ist eben in der DG die geläufigste Schreibweise des Namens und da der Prinz auch PhilippE bzw. Filip getauft ist muss man die Frage ob man den Namen nicht, wie in Deutschland bei diesem Namen üblich, Philipp schreibt eigentlich nicht mal stellen. Sogar in den deutschen Medien wird er nämlich PhilippE geschrieben

    • Alemannia4ever

      Richtig! In der DG gehört es vielmals zum guten Ton, an den Vornamen ein „e“ dranzuhängen: Christophe(e), Philipp(e) oder weitere „unverfängliche“ Namen wie Yves, Carolin(e), Marie, Ann(e), etc. zu wählen – um bloß nicht in den Verdacht zu geraten „deutsch“ zu sein.
      Tja, das ist schon ein Kreuz, wenn man sich darüber identifiziert, was man nicht ist ;-)

  3. Zum letzten Abschnitt: Zur damaligen Zeit war es nicht unüblich, dass neugegründete Monarchien sich Adelsfamilien aus dem Ausland (hauptsächlich Deutschland) holten. Beispiele sind Griechenland und Rumänien.
    Es war also kein belgischer Sonderweg. Zudem stellte sich damals das Problem „Wallonen-Flamen“ noch gar nicht.
    Aber in Ihrer Argumentation stimme ich Ihnen voll zu. Ich finde bei der Diskussion über die angeblich hohen Kosten einer Königsfamilie wird oft übersehen, dass in einem Präsidialsystem die Amtsvorgänger ebenfalls mit Dotationen versehen werden. Allein in Deutschland gibt es derzeit 5 ehemalige Bundespräsidenten…

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