Gesellschaft

In der Hitze zum Hadsch nach Mekka: „Wir hoffen, Gott macht es uns leicht“ – Sorge vor neuen Notfällen

17.06.2024, Saudi-Arabien, Mekka: Muslimische Pilger umrunden die Kaaba, das kubische Gebäude der Großen Moschee, während der jährlichen Hadsch-Pilgerfahrt. Foto: Rafiq Maqbool/AP/dpa

Wer zum Hadsch nach Mekka pilgert, erfüllt sich oft einen Lebenstraum – und muss dabei extreme Temperaturen aushalten. Nach einer Tragödie im vergangenen Jahr gibt es Sorge vor neuen Hitze-Notfällen.

Als Tifa Asrianti vor 20 Jahren erstmals Saudi-Arabien besuchte, konnte sie die Hitze kaum fassen. „Als ich aus dem Hotel ging, war es wie ein Schlag ins Gesicht. Meine Nase blutete und meine Lippen waren vertrocknet.“

Hohe Temperaturen war die Muslimin aus Indonesien gewohnt, aber die trockene Luft am Golf war ein „Schock“, sagt sie. Nun ist Asrianti wieder zur Wallfahrt Hadsch nach Mekka gereist, die am Mittwoch mit rund 1,5 Millionen Pilgern aus aller Welt begann und die noch bis kommenden Montag läuft. Asrianti hofft, diesmal besser vorbereitet zu sein.

04.06.2025, Saudi-Arabien, Mekka: Muslimische Pilger umrunden die Kaaba, das würfelförmige Gebäude der Großen Moschee, während der jährlichen Hadsch-Pilgerfahrt in der heiligen Stadt Mekka. Foto: Amr Nabil/AP/dpa

Dieses Jahr zeigt das Thermometer in Mekka täglich wieder über 40 Grad Celsius, auch 50 Grad sind nicht ungewöhnlich. Trotz extremer Hitze wandern wieder Hunderttausende zu den heiligen Stätten.

– Tragische Erinnerung an Hitzetote vom vergangenen Jahr: Wie gefährlich die Wallfahrt werden kann, zeigte der vergangene Sommer: Mehr als 1.300 Pilger starben bei Hitze von zeitweise mehr als 50 Grad, 2.700 weitere erlitten einen Hitzekollaps.

Die meisten der Todesopfer waren saudischen Behörden zufolge nicht offiziell zur Wallfahrt zugelassen, konnten also vielfach keine Busse, klimatisierten Zelte oder Sammelpunkte mit Trinkwasser nutzen. Schon ein Fußweg von 30 Minuten durch die Mittagshitze kann den Körper hier zur völligen Erschöpfung bringen.

Wer die offizielle Anmeldung umgeht, will damit oft hohe Kosten sparen. Denn während Saudi-Araber schon für umgerechnet einige Hundert Euro am Hadsch teilnehmen können, berechnen Reiseanbieter für Pilger aus anderen Ländern selten unter 5.000 Euro und teilweise mehr als doppelt so viel. Andere wollen die lange Wartezeit umgehen, denn die Zahl der zugelassenen Pilger pro Land wird durch ein Quotensystem festgelegt.

Selbst Gläubige, die offiziell zugelassen und damit besser vorbereitet sind, sorgen sich. Asrianti überlegte, ihre Wallfahrt auf 2026 zu verlegen, wenn der Hadsch voraussichtlich elf Tage früher beginnt, also im Mai und bei dann hoffentlich etwas niedrigeren Temperaturen. Aus Indonesien sowie Pakistan und Indien, wo sehr viele Muslime leben, kommen jedes Jahr die meisten ausländischen Pilger.

14.06.2024, Saudi-Arabien, Mekka: Muslimische Pilger treffen während der jährlichen Hadsch-Pilgerfahrt im Zeltlager Mina in der Nähe der heiligen Stadt Mekka ein. Foto: Rafiq Maqbool/AP/dpa

– Hunderttausende kommen trotz der hohen Temperaturen: Aber auf die Erfüllung eines Lebenstraums und einer der fünf Grundpflichten im Islam, nämlich einmal im Leben nach Mekka zu pilgern, wollen viele Gläubige nicht warten. „Ich weiß, dass die Temperaturen hoch sind“, sagt Mansur Schihata aus Dakahlia in Ägypten. „Wenn ich dort sterben sollte, wäre es ein Segen, ein gutes Ende zu haben am heiligsten Ort der Welt.“ Der 61-Jährige weiß, dass er viel Wasser trinken, die Sonne meiden und einen Sonnenschirm tragen soll – und will diese Ratschläge unbedingt befolgen.

Saudi-Arabien ist bemüht, das Problem der illegalen Pilger in den Griff zu bekommen. 270.000 Menschen wurden festgenommen, weil sie ohne Zulassung am Hadsch teilnehmen wollten. Geldstrafen von umgerechnet bis zu 23.000 Euro und Einreiseverbote für zehn Jahre drohen neuerdings denjenigen, die solche Pläne ermöglichen, etwa illegal arbeitende Reiseanbieter. 5.000 Fahrzeuge wurden in vergangenen Tagen beschlagnahmt.

Gegen die sengende Hitze soll mehr Schatten helfen durch neue Sonnendächer und 10.000 neu gepflanzte Bäume. Pilger wurden aufgefordert, die heißesten Stunden des Tages zwischen 10 und 16 Uhr in ihren klimatisierten Zelten zu bleiben, wo die meisten auch übernachten.

– Saudi-Arabien benötigt die Milliarden-Einnahmen aus der Wallfahrt: Für die saudische Führung bleibt die Wallfahrt die wichtigste staatliche Einnahmequelle nach dem Geschäft mit Öl und Gas. Die niedrigen Ölpreise und ein laufender, teurer Wirtschaftsumbau setzen die Regierung unter Druck, einen reibungslosen Ablauf beim Hadsch zu sichern und damit hohe Teilnehmerzahlen und Einnahmen in Milliardenhöhe.

05.06.2025, Saudi-Arabien, Mekka: Muslimische Pilger verrichten ihre Gebete auf dem felsigen Berg der Barmherzigkeit in der Ebene von Arafat während der jährlichen Hadsch-Pilgerfahrt. Foto: Amr Nabil/AP/dpa

Über die Jahrzehnte kam es in Mekka schon zu Katastrophen mit insgesamt Tausenden Toten, darunter eine Massenpanik, ein Brand in einer Zeltstadt und der Kollaps eines Fußgänger-Tunnels. Dieses Jahr sind auch Drohnen im Einsatz, die Videos von den Menschenströmen in Echtzeit liefern.

„Die Temperaturen hier sind wirklich eine Herausforderung“, findet auch die Ägypterin Iman Chater. „Wir hoffen, dass Gott es uns leicht machen wird, damit umzugehen.“ Bereiche mit Wassernebel, Trinkwasser und Klimaanlagen in Gebetshäusern und Unterkünften machten die Tage aber etwas erträglicher, sagt sie.

– Trockene Haut und Nasenbluten: Dedeh Kurniasih kam schon vor einigen Monaten in die saudische Hauptstadt Riad und sagt, ihr Körper habe sich noch immer nicht angepasst. „Meine Haut ist sehr, sehr trocken“, sagt sie. Die Hitze würde auf der Haut brennen. Auch sie klagt über Nasenbluten und vermisst die hohe Luftfeuchtigkeit aus ihrer Heimat Indonesien. Im

Einige Strecken zu Fuß gehen will sie während der Wallfahrt trotzdem. „Wenn ich gehe, bin ich glücklich“, erzählt sie. Sie setzt bei der Hitze auf einen Sonnenschirm mit UV-Schutz, drei Liter Wasser am Tag und sehr viel Sonnencreme. Menschenmengen wird sie soweit möglich meiden. „Ich möchte mich nicht in Gefahr bringen. Wo großes Gedränge ist, werde ich zurückbleiben.“ (dpa)

25 Antworten auf “In der Hitze zum Hadsch nach Mekka: „Wir hoffen, Gott macht es uns leicht“ – Sorge vor neuen Notfällen”

  1. Hugo Egon Bernhard von Sinnen

    ……. Wenn ich dort sterben sollte, wäre es ein Segen………???
    Die einen riskieren ihr Leben auf hoher See, in überfüllten booten, um hier ein besseres Leben zu haben( was nicht jedem gelingt)
    Die anderen Reisen in einer Gefahrenzone und glauben es sei ein Segen, in dieser Zone sterben zu dürfen. Man muss zwar nicht alles verstehen , aber alleine aus logischer Sicht, bedenklich.

  2. Mal ehrlich, wen interessiert es denn wie es den muslimischen Pilgern geht die um die Kaaba laufen? Mich jedenfalls nicht….
    Andererseits lese ich etwas davon dass die linke Krake in Belgien jetzt auch noch das Pensionssparen besteuern will um weiter ihr Klientel (wobei wir doch wieder bei der Hadsch sind… 😒) durch die Arbeitsleistung anderer zu alimentieren. Das sollte OD zur Diskussion stellen….

  3. Theresa Lirpa

    Der Islam besteht nur aus Gesetzen Geboten und Verboten. Das war bei den Katholiken mal ähnlich, ist aber Gott sei Dank Vergangenheit.
    Unter uns, welcher Gott zählt die Gebete seiner Gläubigen oder macht Strichlisten, wer von seinen Muslimen 7 mal um den schwarzen Stein gelaufen ist?

      • Zuhörer

        Jeder ist eben anders. Die meisten Menschen brauchen etwas wo sie dran glauben können.
        Mit Gold verzierte Kirchen (Aachener Dom) sind auch nur Getue.
        Es gibt ja bei uns auch viele die jeden vorgegaukelten Quatsch glauben wollen. Viele manipulierte wollen ja glauben, dass der Mensch das Klima beeinflussen kann. Das ist inzwischen ja auch eine Götzen Anbetung geworden. Hauptsache, der Mensch hat etwas, wo er dran glauben kann.

    • Glitzerhoden

      Gott macht keine Strichlisten mehr.
      Der hat Bill Gates erschaffen und Chips ( nicht Sie Chips) per Impfung einpflanzen lassen.
      Die Runden werden jetzt automatisch gezählt und die Gebete von einer göttlichen KI ausgewertet.

      Was die Gesetze und Gebote betrifft.
      Hier gab es vor 300 Jahren eine Aufklärung, die rationales Denken förderte.
      Das fehlt den Arabern noch. Die hinken mental 300 Jahre hinterher

      Isch schwöre sonst hole ich meine Bruda

  4. Karl-Heinz

    Vor ein paar Wochen ist ein sehr interessanter Reisebericht veröffentlicht worden. Titel „Saudi-Arabien- Notizen zu einer Reise im Herbst 2024“. Darin beschreibt eine alleinreisende(!) Frau ihre Erlebnisse und Erfahrungen während eines zweimonatigen Aufenthalts im Land und auch ihre Beobachtungen rund um die Prophetenmosscgee in Medina, Die Lektüre ist ein Gewinn für alle, die sich für dieses offenbar sehr spannende Land interessieren.

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