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EU-Wiederaufbauhilfe: „Sparsame Vier“ lehnen Plan von Merkel und Macron ab – Kredite statt Zuschüsse

Kredit statt Zuschuss, sagen die „sparsamen Vier“ Österreich, Niederlande, Dänemark und Schweden. Foto: Shutterstock

Zuschüsse oder Kredite? Diese Frage steht bei der Ausgestaltung des EU-Wiederaufbaus für die Wirtschaft inzwischen im Mittelpunkt. Österreich, Dänemark, Schweden und die Niederlande haben nun mit einem Gegenentwurf auf die Ideen von Merkel und Macron reagiert.

In einem Gegenentwurf zu den deutsch-französischen Plänen haben sich vier kleinere EU-Staaten dafür stark gemacht, die Wirtschaft in der Corona-Krise mit günstigen Krediten statt mit Zuschüssen wieder in Schwung zu bringen.

Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande sprechen sich in ihrem Ansatz für einen Notfallfonds aus, für den die EU-Kommission Geld an den Finanzmärkten aufnehmen und dann an die Mitgliedsstaaten weiterreichen soll. Diese Hilfen müssten letztlich aber zurückgezahlt werden. Italien hält den Gegenentwurf, der der Deutschen Presse-Agentur am Samstag vorlag, für unangemessen.

18.05.2020, Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, per Video zugeschaltet, geben nach einer gemeinsamen Videokonferenz eine Pressekonferenz. Ihr Wiederaufbauplan im Umfang von 500 Milliarden Euro stößt auf Widerstand. Foto: Kay Nietfeld/dpa-Pool/dpa

Das Geld müsse für den Wiederaufbau und die künftige Widerstandsfähigkeit des Gesundheitssektors und der Wirtschaft eingesetzt werden, heißt es in dem Papier der vier Staaten, die sich als „die sparsamen Vier“ bezeichnen. Sie machten erneut deutlich, dass sie einer Vergemeinschaftung von Schulden und einer Erhöhung des EU-Budgets nicht zustimmen werden. Besonders betont wurde die Forderung nach einer zeitlichen Befristung der Notfallhilfe auf zwei Jahre.

Vor allem Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz von der konservativen ÖVP hatte in den vergangenen Tagen immer wieder den Vorschlag der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und des französischen Präsidenten Emmanuel Macron kritisiert. „Wir wollen eine zeitliche Befristung, damit es wirklich eine Corona-Soforthilfe ist und nicht zu einer Schuldenunion durch die Hintertür wird“, sagte Kurz am Samstag im Deutschlandfunk.

Merkel und Macron hatten jüngst ein Konzept für einen Wiederaufbauplan nach der Coronavirus-Pandemie im Umfang von 500 Milliarden Euro unterbreitet. Das Geld soll demnach von der EU-Kommission als Kredite am Kapitalmarkt aufgenommen und über den EU-Haushalt als Zuwendungen verteilt werden. Krisenstaaten wie Italien oder Spanien, aber auch betroffene Branchen könnten Zuschüsse bekommen. Dafür müssten sich aber alle 27 EU-Länder einig werden.

Italien: Papier der „sparsamen Vier“ ist „unangemessen“

Italien hat den Gegenentwurf von Österreich, Schweden, Dänemark und den Niederlanden bereits als „unangemessen“ zurückgewiesen. Die schwere Rezession verlange „ambitionierte und innovative Vorschläge“, denn der Binnenmarkt mit seinen Vorteilen für alle Europäer sei in Gefahr, erklärte Europaminister Enzo Amendola auf Twitter. „Das Papier der ‚sparsamen’ Länder ist defensiv und unangemessen“, schrieb Amendola.

06.04.2020, Österreich, Wien: Karl Nehammer (2.v.l – r), Innenminister, Werner Kogler, Vizekanzler, Sebastian Kurz, österreichischer Bundeskanzler und Rudolf Anschober, Sozialminister, kommen mit Schutzmasken zu einer Pressekonferenz zum Thema „Coronavirus: Aktuelles“ im Bundeskanzleramt. Foto: Helmut Fohringer/APA/dpa

Die EU-Kommission von Ursula von der Leyen steht nun vor der schwierigen Aufgabe, ein konsensfähiges Modell zu entwerfen. Sie wird am kommenden Mittwoch einen neuen Vorschlag für die EU-Finanzen von 2021 bis Ende 2027 vorlegen, der auch einen Wiederaufbauplan für die von der Corona-Pandemie schwer gebeutelte Wirtschaft umfassen soll.

Neben einem Konzept für einen Wiederaufbaufonds (Recovery Fonds) wird dabei auch erwartet, dass Gelder aus dem mehrjährigen Finanzrahmen zur Wiederankurbelung der Konjunktur eingesetzt werden sollen. In einem Arbeitspapier der EU-Kommission wird so zum Beispiel vorgeschlagen, in den kommenden zwei Jahren 20 Milliarden Euro in ein Programm zu investieren, das Verbraucher zum Kauf sauberer Neuwagen animiert. Zudem könnte es 40 bis 60 Milliarden Euro für Investitionen in emissionsfreie Antriebe sowie weitere Mittel für Elektroladesäulen und Tankstellen für Alternativkraftstoffe geben.

Was den Wiederaufbau-Fonds angeht, hatte von der Leyen zuletzt eine klare Präferenz für den deutsch-französischen Ansatz erkennen lassen. „Dies geht in die Richtung des Vorschlags, an dem die Kommission arbeitet“, erklärte sie zum Vorstoß Merkels und Macrons. Auch EU-Ratspräsident Charles Michel hatte von einem Schritt in die richtige Richtung gesprochen und Kompromisswillen von allen 27 EU-Staaten gefordert. (dpa)

16 Antworten auf “EU-Wiederaufbauhilfe: „Sparsame Vier“ lehnen Plan von Merkel und Macron ab – Kredite statt Zuschüsse”

  1. Ökonomischer Unfug von vier die zu Hause nur ihre eigene Haut retten wollen und mit Europa nur was am Hut haben solange es für das eigene Land Vorteile bringt.
    Das ausgerechnet unser hollãndischer Nachbar mitspielt ist an Zynik nicht zu überbieten.Da wurde mal eben das heimische Steuerrecht so getrimmt, dass multinationale Großkonzerne ihre Gewinne nach Holland verlagert konnten weil sie dort verdammt billig davonkamen.
    Andere EU-Mitgliedstaaten, in denen diese Gewinne erwirtschaftet worden waren, guckten in die Röhre. Das solche Machenschaften nicht durch die Brüsseler Behörde abgemahnt wurde kann ich bis heute nicht nachvollziehen. Ausgerechten diese vier Vorzeigestaaten erwirtschaften teils ihren Überschuss auf Kosten der nun hängengelassenen Italiener, Spanier und Anderen.
    Genau die Länder, die sich nun von diesem auf Finanzausgleich pfeifenden VIER vorhalten lassen müssen, sie könnten nicht mit Geld umgehen.

  2. Guido Scholzen

    Also konkret:
    Die EU-Kommission wird Geld an den Finanzmärkten aufnehmen. darauf könnte es hinauslaufen.Der EU-Gründung ist der Vertrag von Maastricht. Dort steht aber folgendes:

    Artikel 104 Absatz 1:
    „Überziehungs- oder andere Kreditfazilitäten bei der EZB oder den Zentralbanken der Mitgliedstaaten (im folgenden als ’nationale Zentralbanken‘ bezeichnet) für Organe oder Einrichtungen der Gemeinschaft, Zentralregierungen, regionale oder lokale Gebietskörperschaften oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten sind ebenso VERBOTEN wie der unmittelbare Erwerb von Schuldtiteln von diesen durch die EZB oder die nationalen Zentralbanken.“

    in Artikel 104 Absatz 2 heißt es aber schon:
    „(2) Die Bestimmungen des Absatzes 1 gelten nicht für Kreditinstitute in öffentlichem Eigentum; diese werden von der jeweiligen nationalen Zentralbank und der EZB, was die Bereitstellung von Zentralbankgeld betrifft, wie private Kreditinstitute behandelt.“

    Könnte man den Absatz 2 dennoch wie einen „Gummi-Paragraphen“ gebrauchen d.h. missbrauchen, um ein „Corona-Finanz-Institut“ zu gründen, wo trotzdem Kredite durch die EU-Kommission aufgenommen werden, die dann auf den EU-Haushalt abgewälzt werden?
    Euro-Bonds durch die Hintertür?
    Wird die Corona-Situation ausgenutzt, um eine „Schulden-Union“ ins Leben zu rufen? (frei nach dem Rothschild-Motto: „Gebt mir die Kontrolle über die Währung einer Nation [Union], und es ist mir gleichgültig, wer die Gesetze macht!“

    Der EU unter Leitung einer Polit-Hexe wie v.d.Leyen kann man nicht trauen.

  3. Friedrich Meier

    Wenn man, so wie Spanien und Italien, sich immer nur durchpfuscht und die Infrastuktur und das Gesundheitssystem über Jahrzehnte vergammeln läßt, soll jetzt nicht von den Nachbarn das Geld nachgeworfen kriegen.
    Zwar sind die Führungen der Europäischen Lander nicht so korrupt, wie die der Türkei, aber ich bin mir nicht sicher, dass geschenktes Geld in den südlichen Ländern nicht gelegendlich in die falschen Taschen gesteckt wird.
    Stellen Sie sich vor, der EU-Bürger zahlt mehr Abgaben und ein Politiker wie Berlusconi veranstaltet damit Bunga-Bunga-Partys.

    • Alles was Sie schreiben stimmt. Merkel ist aber keine Heilige. Hier baut man Elbphilharmonien, Ber-Flughäfen, kauft und verkauft Flinten und Panzer und lässt die Geringverdiener, Rentner und Arbeitslosen bluten. Deutschland ist die USA im kleinen: Wachstum über alles, auf Solidarität wird geschissen.

      • @Someone: Genau so ist die, und ohne die wäre die Welt besser dran, die hat mit ihren „Rettungsschirmen“ viel Leid gebracht, wenn ein Wort positiv klingt, heißt es noch lange nicht, dass es auch positiv ist! Hat die Sofel ein schlechtes Vorbild mit der.

  4. Ekel Alfred

    @ Schland + Someone, in den TV-Nachrichten äusserte sich der Experte….das Merkel und Macron sich als wohl stärkste europäische Länder mit ihrem Vorhaben durchsetzen werden….die anderen haben eh nichts zu sagen….nur Kopfnicken….

    • Walter Keutgen

      Ekel Alfred, in Haushaltsfragen scheint es aber noch absolute nationale Souveränität zu geben. Mehrjährige Finanzpläne wie separate Staatsverträge. Deshalb zahlt Großbritannien brav seine Verpflichtungen trotz Brexit ab.

  5. Marcel Scholzen eimerscheid

    Zuschüsse oder Kredite lösen nicht das grundlegende Probleme. Nämlich die wirtschaftlichen Ungleichgewichte innerhalb der EU. Zum Beispiel Deutschland erwirtschaftet Überschüsse, Frankreich Defizite. Das ist für keinen gut. Daran muss mal gearbeitet werden.

    • Genau will aber keiner.

      Solche wirtschaftlichen Ungleichheiten wird es immer geben. Hier lag einer der Hauptgründe für ein vereinigtes Europa.

      Die Wunderwaffe heißt Finanzausgleich.

      Jeder vernünftige Politiker mit etwas Finanzkenntniss würdeda zustimmen, wäre da nicht das Proletariat.

      Kommt dann eben etwas später, sobald die Demokratie abgeschafft wurde.

    • Walter Keutgen

      Marcel Scholzen eimerscheid, wenn ich recht informiert bin, hat es kurze Zeit die Situation gegeben, dass Deutschland Zahlungsdefizit hatte. Das war unter der grün-sozialdemokratischen Regierung Schröder I. Schröder II, ebenfalls grün-sozialdemokratisch, hat radikal umgesteuert, indem sie die Sozialbeiträge gedeckelt hat und somit arbeitslos gewordene in die Sozialhilfe geschickt und ehemals lohnabhängige Ruheständler in Altersarmut geschickt hat und somit die neue Vorherrschaft Deutschlands in der EU begründet hat. Die anderen Staaten sollen es Deutschland halt nachmachen.

      NB: Internationale Zahlungsüberschüsse und -defizite sind keine staatlichen Haushaltsüberschüsse und -defizite

      • Marcel Scholzen eimerscheid

        Defizite oder Überschüsse im Handel sind nicht zu verwechseln mit staatlichen Budgetdefiziten. Die USA haben ein sogenanntes Zwillingsdefizit, dh im Aussenhandel und in den Staatsfinanzen.

  6. Jochen Decker

    Solidarität wäre, wenn gewisse Länder, deren Finanzen seit ewigen Zeiten -und nicht durch Corona- in desaströsem Zustand sind, irgendwann mal diese in Ordnung gebracht hätten, um nicht eines Tages von befreundeten Ländern, die diszipliniert und sparsam gewesen sind, deren Geld einzufordern. Oder findet irgendjemand richtig, wenn der Nachbar das ganze Jahr Party und Weltreise macht und dann, wenn er seine Steuern nicht zahlen kann, vom Nachbarn Solidarität einfordert, damit der diese zählt?
    Und was soll der schwachsinnige Begriff der Wiederaufbauhilfe? Hatten wir Krieg? Wo?
    Corona hat alle getroffen, wieso sollen deswegen Länder, die ihren Laden schlecht geführt haben, dafür bares erhalten? Die Zinsen sind niedrig wie nie. Diese Länder können sich billig Geld am Markt leihen und dann ordnungsgemäß zurückzahlen, wie es sich gehört.
    Wenn sie nur überleben können, wenn man ihnen Geld schenkt, sind sie tot und Geldgeschenke zögern das Ende dann nur für eine kurze Zeit hinaus.

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