Nach einem Roman nach Tatsachen, der vom Schicksal eines jüdischen Jungen im Zweiten Weltkrieg schildert, erscheint der dritte Roman von Marcel Bauer: „Der Mäuserich – Die Geschichte einer Pilgerfahrt“. Es ist Burleske, die fern von jeder Hofberichterstattung witzig und geistreich die jüngere Geschichte des „Vennlandes“ erzählt.
Es handelt sich um einen Schelmenroman. Erzählt wird die Geschichte des „Vennlandes“ ganz anders, als die Repräsentanten des Kleingliedstaates und ihre Hofsänger es tun.
Der Schelmenroman ist eine literarische Gattung, in der das turbulente Leben und die Abenteuer eines bauernschlauen Zeitgenossen aus der Perspektive des angeblich tumben Helden geschildert werden. Der Held hat keinen Einfluss auf die Geschehnisse um ihn herum, aber er schafft es immer wieder, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, die man um seinen Hals legt, und seine eigenen Pläne zu verfolgen.
In unserem Fall ist es nicht der Held selbst, der seine Abenteuer schildert, sondern sein Schutzengel Asasiel. Erzählt wird die Geschichte von Benno Bong, der im „Vennland“ geboren wird und aufwächst. Mit dem Vennland meint der Autor die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens.
Bauer schafft es, über fünfhundert Buchseiten nicht einmal den Begriff „Ostbelgien“ in den Mund zu nehmen. Viele der skurrilen Ereignisse, von denen er berichtet, haben sich tief in das Gedächtnis der Menschen eingegraben. Viele Personen, die den Lebensweg des Mäuserichs kreuzen, werden dem aufmerksamen Leser bekannt vorkommen.
Bei den Pfadfindern St. Georg erhielt Benno Bong das Totem „Wackerer Mäuserich“, weil er vorwitzig, umtriebig und verlässlich wie eine Maus war. Schon in jungen Jahren hatte er die Vision, sich als Einsiedler im Hohen Venn niederzulassen.
Nachdem er durch spektakuläre Aktionen auf sich aufmerksam gemacht hatte, wurde er vom Papst in Rom und den Patriarchen von Moskau und Konstantinopel mit heiklen diplomatischen Missionen betraut.
Im Auftrag der Regierung des Vennlandes wurde er als Botschafter des Friedens nach Afrika entsandt. Als Anerkennung für seine Dienste um Kirche und Ökumene erhielt er vom Aachener Domkapitel den Ehrentitel „Wächter des Domes“.
Von allen irdischen Aufgaben befreit, macht sich unser Schelm daran, seinen Lebenstraum, den alten Pilgerweges von Trier nach Aachen neu zu beleben. In der Neuzeit hatten tausende Pilger diese Route quer durch die Eifel und das Hohe Venn genommen, weil sie so auf schnellstem Weg zu den Aachener Heiligtümern gelangten.
Die Maus fühlte sich berufen, das Versprechen des heiligen Bischofs Reinhard von Lüttich aus dem 11. Jahrhundert einzulösen. In dessen Auftrag wollte er als Einsiedler in einer Klause auf Reinartzhof hausen und dort ein Hospiz eröffnen, wo Begarden und Begijnen, gottesfürchtige Männer und Frauen, erschöpfte und verirrte Pilger aufnehmen und beherbergen würden.
Der Roman ist ein Lehrstück und ein Sittengemälde des Vennlandes über die letzten siebzig Jahre: „Der Mäuserich“ überlebt knapp eine Flut in der Eupener Oberstadt, löst in Raeren eine Umweltkatastrophe aus und wird wegen diverser Eskapaden ins Internat nach St. Vith verbannt. Turbulent sind seine Studienjahre in Löwen und seine Auseinandersetzungen mit der Burschenschaft Vennlandia.
Köstlich ist die Episode als Notarassessor in Kelmis, wo er sich des Schicksals der Gartenzwerge annimmt. Schließlich lässt er sich auf dem Hauseter Katzenberg unter dem Namen Bruder Justus als Eremit nieder. Als Züchter von Waldbienenhonig und Knochendoktor für Reliquien macht er sich international einen Namen.
Von allen irdischen Aufgaben befreit, kann er endlich darangehen, seinen Lebenstraum zu verwirklichen: der Via Podiensis, dem alten Pilgerweges zu den Aachener Heiligtümer, neues Leben einzuhauchen. Dafür ist ihm kein Opfer groß genug. Mit päpstlichem Segen kämpft er darum, den „Öslinger Weg“ durch das Hohe Venn zum Leben zu erwecken.
Er legt sich mit der Regierung des Vennlandes und Forstbehörde an, zwingt die Gemeinden rund um das Hohe Venn für die zu erwartenden Pilgerströme eine „Pottspeise“ bereitzustellen und legt auf einer verseuchten Deponie auf dem Walhorner Johberg einen Pilgerweinberg an.
Der Mäuserich versteht sich darauf, bekannte Persönlichkeiten aus Kirche und Welt vor seinen Schlitten zu spannen. Diese haben nicht immer den Durchblick, ob sie es mit einem Genie oder mit einem Verrückten zu tun haben.
Der Roman ist das Porträt eines liebenswerten Zeitgenossen und gleichzeitig eine Zeitreise und ein Sittenbild der hiesigen Gegend: von den bleiernen fünfziger Jahre über die Aufbrüche des Konzils und die Umwälzungen der Jugendrevolte von 1968 bis hin zur Schaffung eines neuen Zwergstaates zwischen Eifel und Ardennen. Unser Held bemüht sich redlich in dem Durcheinander den Kurs zu bewahren und seine Ideale hochzuhalten.
Zuletzt scheitert er wie alle Schelme in der Literatur an ungünstigen Umständen und dem Unverständnis der Zeitgenossen: So unterhaltsam und amüsant ist bisher weder die jüngere Geschichte des „Vennlandes“ noch die Aachener Heiligtumsfahrt erzählt worden.
Das Buch ist im Vorfeld der Aachener „Buß- und Betefahrt 2023“, die mit wenigen Unterbrechungen seit 1349 alle sieben Jahre stattfindet, im Rhein-Mosel-Verlag erschienen. GERD HAVENITH
Der neue Roman von Marcel Bauer verspricht viel Lesevergnügen. Besten Erfolg.
Toi, toi, toi! Alles Gute mit dem neuen Roman, Marcel.
„Vennland“ ist sicherlich eine Wortschöpfung des Autors und bedeutet „Ostbelgien“.
Wortschöpfung, es ist ein Roman.
„Mäuserich“: So oder so ähnlich waren die Totem-Namen bei den Pfadfindern. Ich hatte damals den Namen „Waschbär“.
Wegen meines Watschelgangs trug ich bei den Pfadfindern den Namen „Enterich“. War Marcel Bauer nicht auch bei den Eupener Pfadfindern?
In dem neuen Roman von Herrn Bauer kommt der Humor nicht zu kurz, denn der Held Benno Bong führt viele Zeitgenossen an der Nase herum.
Fast eine Biographie eines verstorbenen Notarassessors. Oder ist es gar seine Biographie?
Nach dem sehr erfolgreichen Roman „Schattenkinder“, der momentan in vierter Auflage vorliegt, veröffentlicht der Eupener Schriftsteller Marcel Bauer nun den Schelmenroman „Der Mäuserich. Die Geschichte einer gescheiterten Pilgerfahrt“. Auf diesen Roman bin ich echt gespannt. In jedem Fall werde ich ihn kaufen, denn Herr Bauer kann sehr anschaulich und gut schreiben.
Marcel Bauer garantiert für literarische Qualität.
„Der Mäuserich“ ist gewiss die ideale, leichte Sommerlektüre für viele „Vennländer“.
Nach Angaben des Verlags soll dieser heitere Roman, der in unserer Region spielt, erst Ende Juni bzw Anfang Juli erscheinen. „Der Mäuserich“ ist also noch nicht im Buchhandel erhältlich.
Es dürfte nicht leicht sein, einen Schelmenroman zu schreiben.
Ein berühmter Schelmenroman ist beispielsweise „Der brave Soldat Schwejk“ (1920) von Jaroslav Hasek, der eine schelmisch-kritische Perspektive auf den Krieg einnimmt. Er wurde u.a. mit Heinz Rühmann in der Titelrolle verfilmt.
Der Schelmenroman ist übrigens mit dem satirischen Gesellschaftsroman verwandt. Ich denke da spontan an den Roman „Der Fuchs im Hühnerstall“ von Ephraim Kischon (1924-2005), dem einstigen „Weltmeister des Humors“.
In diesem Roman ist Kimmelquell ein idyllisches, stilles und verschlafenes Dorf – bis der umtriebige Staatsmann Dulnikker und sein Sekretär dort eintreffen. Sie stellen in kurzer Zeit das gesamte Dorf auf den Kopf… Dieses Buch war für mich damals ein Riesenvergnügen.
Und so könnte auch „Der Mäuserich“ dem Leser viel Freude bereiten…
Die damalige Verfilmung des „Schwejk“ mit Fritz Muliar war in meinen Augen besser.
Ich freue mich auf diesen neuen Roman. Ein Schmunzelvergnügen im Sommer.
Auf der Website des Verlags findet man eine gute Leseprobe aus diesem Roman.
Diese Leseprobe ist köstlich.
Herzlichen Glückwunsch zu dem neuen Roman. Möge dieser so erfolgreich werden wie die „Schattenkinder“.
Bleiben wir optimistisch, denn M. Bauer ist ein guter Autor.