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LESERBRIEF – Kritik an autoritären Schulmethoden: Gehorsam wichtiger als Denken

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Autorität oder Autonomie? Warum Schulen in der DG den Mut zur Veränderung brauchen.

In den Schulen der Deutschsprachigen Gemeinschaft (DG) wird Bildung großgeschrieben. Aber welche Art von Bildung wollen wir wirklich? Während Reformpädagogik und Partizipation auf dem Papier betont werden, erleben viele Schülerinnen und Schüler im Alltag noch immer eine starre Schulstruktur, die stark auf Gehorsam, Leistung und Kontrolle setzt.

Was dabei oft übersehen wird: Kinder sind keine Maschinen. Sie brauchen Bewegung, kreative Impulse, Zeit zur Entfaltung – keine durchgetakteten Tage im Sitzen.

– Ganztagsschulen in der DG – Pflicht ohne Alternative: In der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens ist die Ganztagsschule gesetzlich vorgeschrieben. Alle Kinder verbringen den Großteil ihres Tages verpflichtend in der Schule – es gibt keine Wahlfreiheit für alternative Bildungsformen. Eltern, die sich ein flexibleres, familienfreundlicheres oder kreativeres Modell wünschen, stoßen auf eine geschlossene Tür.

Diese verpflichtende Struktur hat weitreichende Folgen: Kinder haben kaum noch Raum für ein Leben außerhalb der Schule. Musik, Theater, Sport im Verein oder einfach freies Spiel bleiben auf der Strecke. Die Ganztagsschule, wie sie derzeit praktiziert wird, dominiert das Leben der Kinder vollständig – und zwar auf Kosten ihrer ganzheitlichen Entwicklung.

– Sitzen statt wachsen: Ein typischer Schultag in der DG umfasst bis zu 8 Stunden, oft in geschlossenen Räumen und meist in passiver Sitzhaltung. Dabei zeigen entwicklungspsychologische Studien, dass die Konzentrationsspanne von Kindern nur 20 bis 40 Minuten beträgt. Danach braucht das Gehirn Pausen, Bewegung und Abwechslung. Trotzdem werden die Stundenpläne meist ohne ausreichend Pausen oder bewegungsorientierte Lernmethoden durchgeführt.

Bewegung ist kein Luxus, sondern eine Voraussetzung für gesundes Lernen. Das Gleiche gilt für kulturelle Bildung – Kunst, Musik und Theater sind keine Nebensachen, sondern elementare Ausdrucksformen, durch die Kinder sich selbst und die Welt begreifen können.

– Vom Gehorsam zur Gleichgültigkeit: Ein weiteres Problem ist das vorherrschende , das  Gehorsam statt Mitdenken belohnt. Wer die Regeln hinterfragt, wird schnell als Störer abgestempelt. Eigenständigkeit und Kreativität gelten oft als unbequem. So werden Kinder auf Konformität konditioniert – nicht auf demokratische Teilhabe.

Die Langzeitfolgen sind besorgniserregend: Erwachsene, die sich anpassen, statt Verantwortung zu übernehmen. Menschen, die schweigen, statt sich einzumischen – funktionierende Zahnräder, aber keine mündigen Bürger.

– Zeit für eine mutige Wende: Was wir brauchen, sind Schulen, die Verantwortung statt Unterordnung lehren, die kindgerechte Rhythmen respektieren, echte Mitbestimmung ermöglichen und Bewegung sowie Kreativität als Grundbedürfnisse anerkennen. Ein Bildungssystem, das Vielfalt und Wahlfreiheit zulässt – auch im Schulmodell.

Denn eines ist klar: Bildung darf nicht dazu dienen, brave Erwachsene zu formen, sondern freie, mutige, denkende Menschen.

04/05/2025 Pascale Baudimont Eupen, den 04/05/2025

56 Antworten auf “LESERBRIEF – Kritik an autoritären Schulmethoden: Gehorsam wichtiger als Denken”

  1. Der Alte

    „Was wir brauchen, sind Schulen, die Verantwortung statt Unterordnung lehren“

    Verantwortung und Unterordnung gehen m.E. Hand in Hand. Wer Verantwortung trägt muss auch bereit sein sich unterzuordnen und zwar zumindest den Regeln, die das Zusammenlenben und das zusammen Arbeiten ermöglichen. Wer würde jemanden einstellen, der Kunden beleidigt statt zu bedienen, der nach Gusto würzt statt nach Rezept?

    „echte Mitbestimmung ermöglichen“

    Lassen wir die Kinder und Jugendlichen entscheiden ob 2 + 2 = 4 ist oder ob Algebra und Geometrie überhaupt nützlich sind um sein Leben zu meistern?

    „Denn eines ist klar: Bildung darf nicht dazu dienen, brave Erwachsene zu formen, sondern freie, mutige, denkende Menschen.“

    D’accord, aber freie und denkende Menschen kann es nur dann geben, wenn eine gewisse Menge an Wissen (Kenntnis von Sachgegebenheiten) und intellektuelle Fähigkeiten vermittelt worden sind, unabhängig davon ob in der Phase des Erwerbs des Wissens und der Fähigkeiten deren Bedeutung durch Schüler und Eltern anerkannt werden. Mit der Anwendung des Mottos „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ wurde der Gleichstrom-Generator entwickelt, das Herstellungsverfahren von Soda optimiert und der erste Kunststoff (Bakelit) erfunden um bei einigen belgischen Erfindungen zu bleiben.

    Zur Anregung der Dsikussion

  2. RENÉ WILMES

    „Ganztagsschule“ist ein Dehnbarer Begriff Ich werde Kürze 61 und geh in Rente! Die Schulträger und auch die Politiker haben die Möglichkeit Dinge zu verändern ,wenn sie es schaffen ohne eine Angstkultur durch Drill bei den Schülern zu provozieren! Die Schüler sind nicht Dumm und merken schnell wenn man ihnen was erzählt, von Gutmenschentum und Politischer Korrektheit! Gerade heute wird in der Gesellschaft eine Angstkultur geschürt, und zum Leben und Überlebe brauchen wir eine Kultur der Grenzelosen Liebe die Gott allen Lernbereiten in Jesus Christus schenkt! Das Schenkt Frieden und Gelassenheit

    • Dort, wo in Vergangenheit den Katholiken in den Schulen das Sagen hatten, war sicherlich der „Drill“ am höchsten. Das durften einige aus unseren Jahrgängen noch zu gut kennen. Diejenigen die sagen „das hat uns aber auch nicht geschadet“ beweisen nur, dass es Ihnen nicht mehr hätte schaden können. Gott, Jesus und die Schule gehören strikt getrennt, damit religiöse Machtmenschen nicht mehr mit Gefühlen unserer Kinder spielen können.

  3. Man müsste, man sollte dies und jenes.
    Wäre interessant von Ihnen Frau Baudimont zu lesen, was Sie für konkrete Vorschläge zur Umsetzung Ihrer Ideen haben.
    Ich denke auch nicht, das die „Langzeitfolgen“ ausschließlich durch das jetzige Schulsystem ausgelöst werden.
    Um hier qualifiziert mitreden zu dürfen, sollte man am besten schon einige Jahre, in verschiedenen Stufen, als Lehrer gearbeitet haben.
    Dann würde man wissen das Direkton und Lehrkörper in den Schulen der DG die ich kenne. daran arbeiten, Probleme welche Sie aufzählen zu
    bewältigen.

    • Pascale Baudimont

      Lieber Mungo,

      Sie haben recht – es reicht nicht, nur zu kritisieren, man sollte auch konkrete Vorschläge machen. Darauf möchte ich gerne antworten.

      Die Schule von heute unterscheidet sich im Kern leider kaum von jener unter Napoleon. Sie ist immer noch zentralistisch organisiert, hierarchisch strukturiert und stark standardisiert – sie erinnert in vielem mehr an eine Kaserne als an einen Ort des Denkens. Dabei hat sich die Welt grundlegend verändert – nur die Schule scheint stehengeblieben zu sein.

      In meinen Augen sollte Schule eher einem lebendigen Labor ähneln: ein Ort der Neugier, der praktischen Projekte, der Freiheit im Denken und der Vielfalt in der Methodik. Statt eines Einheitsmodells wäre es viel intelligenter, ein System mit vielen kleineren Schulen zu fördern – mit unterschiedlichen Ansätzen, in echter pädagogischer Vielfalt. Diese Schulen könnten einander inspirieren, voneinander lernen – und auch in einen gewissen Wettbewerb treten. Das würde Innovation fördern, individuelle Förderung ermöglichen und dem Bildungssystem neue Dynamik geben.

      Was häufig völlig fehlt, ist der Bezug zur Lebensrealität. Die Schule bereitet kaum auf das vor, was junge Menschen später wirklich brauchen: selbstständiges Denken, Unternehmergeist, Teamfähigkeit, Kommunikationskompetenz, gesunder Umgang mit Geld, Eigenverantwortung. Stattdessen wird auswendig gelernt, stur geprüft – und das wahre Leben beginnt für viele erst nach dem Abschluss, oft mit einem Schock.

      Was Ihren Hinweis betrifft, dass man am besten selbst Lehrer gewesen sein sollte, um über Bildung sprechen zu können: Natürlich ist praktische Erfahrung wertvoll – aber Schule betrifft die ganze Gesellschaft. Sie prägt die Bürger von morgen, die Denkenden, die Schaffenden, die Verantwortlichen. Deshalb braucht es auch Stimmen von außen, mit anderen Blickwinkeln und Erfahrungen. Gerade so können wir festgefahrene Strukturen hinterfragen.

      Ich möchte im Übrigen keineswegs die Arbeit der Lehrkräfte oder der Schulleitungen pauschal kritisieren – viele bemühen sich aufrichtig unter schwierigen Bedingungen. Aber genau darum geht es: Das System selbst verhindert oft Engagement, Eigeninitiative und Reformbereitschaft. Und deshalb ist es höchste Zeit, dass wir den Mut haben, es grundsätzlich zu hinterfragen.

  4. „Das Leben ist kein Spaziergang durch die Felder“

    Liebe Frau Baudimont, durch das, was Sie hier propagieren, sind wir „da“ wo wir zur Zeit sind – bei einem desolaten Wissenstand unserer Schulabgänger. Laut Aussagen vieler Firmen können selbst Abiturienten nicht fehlerlos Schreiben und was mathematische Kenntnisse anbelangt scheint es auch nicht zum Besten bestellt zu sein.

    Ich kenne Ihren Ausbildungsstand nicht, kann Ihnen aber aus meiner Erfahrung sagen, dass auch der „Erwerb“ von Wissen mit Arbeit verbunden ist. Zu „meiner Zeit“ musste man das 1×1 noch lernen und bei der Abfrage musste die Antwort, wie aus der Pistole geschossen kommen. Mit einem „1×1 Buch“ unter dem Kopfkissen diffundierte dieses Wissen nicht ins Gehirn, nein, das war mit Arbeit verbunden! Von höhere Mathematik und physikalischen Kenntnissen will ich hier erst garnicht reden.

    Auch wenn Sie von Demokratie im Klassenzimmer sprechen – wie soll die aussehen? Soll jeder 6 jährige Schüler auch mitbestimmen, wie der Unterricht abläuft oder sogar ob nicht auch 2+2 =5 sein könnte?!

    Und was das lange Sitzen anbelangt, wir haben in den 50–60iger Jahren 4 Tage/Woche 6 Stunden in einer Bank gesessen und 2 Tage/Woche 4 Sunden – und Niemand hat die Schule als „Krüppel“ verlassen.

    Bei Ihren Vorstellungen, muss das Lernpensum für den „Schwächsten“ ausgelegt sein, mit dieser Methode, die ja schon zurzeit (leider) praktiziert wird, dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir wirtschaftlich global gesehen immer weiter nach hinten durchgereicht werden – unsere derzeitige europäische Situation dürfte Ihnen ja bekannt sein.

    Durch „Work–Life–Balance“ werden wir unseren aktuellen Lebensstandard in Riesen Schritten verlieren – der Anfang ist ja schon gemacht!

    • Herbert G.

      “ muss das Lernpensum für den „Schwächsten“ ausgelegt sein,..“
      Das läuft heute unter dem Begriff ‚Inklusion‘ und hört sich toll an, ist aber eine wahre Lernbremse für die “ normalen “ Schüler. Wenn man das aber sagt oder auch nur denkt ist man ein Nazi.

      • Inklusion kostet dem Staat weniger wie Schulen oder zumindest Klassen auszustatten um Schüler mit Schwächen aller Art auszubilden und auch dafür geschulte Lehrer bereitzustellen.
        Andere Schüler werden aber dadurch benachteiligt, sind unterfordert, langweilen sich und stören den Unterricht.

  5. Pascale Baudimont

    Sehr geehrte*r „Das Leben ist kein Spaziergang durch die Felder“,

    Sie sprechen von einem „bedauerlichen Wissensstand“ unserer heutigen Jugend – ein berechtigter Punkt, der allerdings in einem größeren Zusammenhang betrachtet werden muss. Früher verließen viele Jugendliche die Schule bereits vor dem 15. Lebensjahr, um zu arbeiten und im Berufsleben zu lernen, Verantwortung zu übernehmen und sich Kompetenzen direkt in der Praxis anzueignen. Heute hingegen verbringen sie Jahre auf Schulbänken – oft demotiviert – und werden in ein System gepresst, das sie eher zu angepassten Bürokraten als zu kreativen oder unternehmerisch denkenden Menschen formt.

    Dazu kommt, dass wichtige Fächer wie Latein gestrichen wurden – ohne gleichwertigen Ersatz. Die Schule fordert zwar noch Arbeit, aber meist nur im Sinne mechanischen Auswendiglernens. Richtiges Verstehen, kritisches Denken oder Eigeninitiative bleiben auf der Strecke.

    Ein großes Problem ist auch die Ganztagsschule. Sie raubt den Kindern nicht nur Zeit für Familie, Erholung oder eigenständige Interessen, sondern sie erstickt häufig auch jede Form von Kreativität. Lernen braucht Freiraum – Raum zum Denken, zum Entdecken, auch zum Hinterfragen. Doch dieser Raum wird zunehmend durch starre Stundenpläne ersetzt.

    Besorgniserregend ist zudem der wachsende Einfluss politischer Ideologie im Schulalltag. Statt neutraler Wissensvermittlung erleben viele Schüler eine Art unterschwellige – manchmal sehr offene – politische Belehrung. Die Schule sollte ein Ort der Bildung sein, nicht der Indoktrination.

    Wenn wir dann auch noch versuchen, das Leistungsniveau für alle auf das Niveau des „Schwächsten“ abzusenken, dann dürfen wir uns wirklich nicht wundern, wenn unser wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Abstieg weiter voranschreitet. Wir brauchen wieder eine Bildung, die fordert, nicht nur verwaltet – die Persönlichkeiten formt und nicht nur standardisierte Lebensläufe produziert.

    • Pascale Baudimont,

      meiner Kenntnis zufolge hat es in Belgien und anderen Ländern nur Ganztagsschule gegeben. Nachmittags frei gibt es nur in Deutschland.

      Latein war ein schweres Fach, ich war gut darin. Jedoch halte ich es für unnötig. Als Sprache soll Latein das logische Denken fördern, meinte ein Kollege. Aber ich denke, es ist die Logik der Kriminalpolizei, die da gefördert wird. Latein hat keine Artikel, theoretisch ist die Reihenfolge der Wörter im Satz frei, es hat keine Interpunktionszeichen. Am Ende ist man immer am Raten – wie die Kriminalpolizei. Wenn Sie schon eine Altsprache wollen, dann bitte Griechisch. Da gibt es Artikel und viele Modi fürdie Verben. Die einmal langsam mit Übungen zu erklären wäre den Schülern dienlich.

      • Pascale Baudimont

        @WK
        Sie schreiben, dass es „nur“ in Deutschland Halbtagsunterricht gibt und dass in Belgien und anderen Ländern nur Ganztagsschulen existieren. Das ist faktisch nicht korrekt. Auch in Ländern wie Italien, Rumänien, Österreich, der Schweiz, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden oder Polen gibt es weit verbreitet Modelle mit unterrichtsfreien Nachmittagen, besonders in der Grundschule und Unterstufe. In Belgien etwa ist der Mittwochnachmittag traditionell unterrichtsfrei, was also ebenfalls einem Halbtagsmodell entspricht. Deutschland steht also nicht allein mit dieser Struktur.

        Was Latein betrifft, stimme ich Ihnen zu, dass es ein anspruchsvolles Fach ist – aber gerade das macht seinen Wert aus. Sie sagen, Latein sei „raten wie bei der Kriminalpolizei“ – ich sehe das anders: Latein ist keine Ratesprache, sondern eine hochstrukturierte Sprache mit einer präzisen Grammatik. Wer diese beherrscht, kann sehr wohl klar und eindeutig übersetzen. Ich selbst hatte 9 Wochenstunden Latein und kann bestätigen: Die Sprache erzieht zur Genauigkeit, verlangt Konzentration und fördert logisches Denken in einer Tiefe, die in kaum einem anderen Fach erreicht wird.

        Wenn Sie schon eine Altsprache fordern, dann gerne auch Altgriechisch – das ist in der Tat genauso wertvoll. Aber beide Sprachen verdienen einen ernsthaften, grammatikbasierten Unterricht. Das Problem liegt oft nicht in der Sprache selbst, sondern im heutigen Niveau des Unterrichts, das Sie zu Recht als „lamentabel“ bezeichnen: zu wenig Grammatik, zu wenig Übung, zu viel Vereinfachung.

  6. „Das Leben ist kein Spaziergang durch die Felder“

    @ Pascale Baudimont

    Ihr Zitat: „Dazu kommt, dass wichtige Fächer wie Latein gestrichen wurden – ohne gleichwertigen Ersatz. Die Schule fordert zwar noch Arbeit, aber meist nur im Sinne mechanischen Auswendiglernens. Richtiges Verstehen, kritisches Denken oder Eigeninitiative bleiben auf der Strecke.“

    Ob Latein noch ein wichtiges Fach ist, wage ich zu bezweifeln, da Englisch als moderne lebendige Sprache, dem Latein längst den Rang abgelaufen hat. Von einem „mechanischen Auwendiglernen“, war ich in meiner Schulzeit auch nicht betroffen, klar musste man ab und zu ein Gedicht (ich meine ein wirkliches Gedicht mit Reim und Versmaß … nicht das was man heute „Gedicht“ nennt) lernen, was mir aber durchaus Spaß machte.

    … „Heute hingegen verbringen sie Jahre auf Schulbänken …“

    Früher war Schulpflicht bis zum 14ten Lebensjahr, soviel ich weiß, ist es heute das 15te Lebensjahr – da hat sich also nicht viel getan.

    Was die Sache heute problematisch macht ist, dass der Lehrer keine Handhabe mehr hat, wenn der Schüler schlechte Noten bekommt, weil er faul oder dumm oder beides ist, ist der Lehrer schuld. Um diese Sache etwas unter den Teppich zu kehren, gibt es ja die Idee die Benotung abzuschaffen – na bravo, so etwas nenne ich Kapitulation vor dem System. Und mit Verlaub, die Vorschläge in Ihrem Leserbrief werden auch den Bildungsgrad unserer Jugend nicht verbessern – Lernen ist Arbeit und Arbeit ist anstrengend – wie gesagt: „kein Spatziergang durch die Felder“.

    • Pascale Baudimont

      @ „Das Leben ist kein Spaziergang durch die Felder“
      Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass Latein ein „totes Fach“ sei. Im Gegenteil – Latein ist eine der besten Schulen für das Denken überhaupt. Beim Erlernen der lateinischen Sprache wird nicht mechanisch auswendig gelernt, sondern das genaue Gegenteil ist der Fall: Übersetzungen erfordern logisches Denken, präzises Analysieren von Satzstrukturen und ein tiefes Textverständnis. Man trainiert sein Gedächtnis, lernt systematisches Arbeiten und entwickelt einen klaren sprachlichen Ausdruck – Fähigkeiten, die in allen anderen Fächern und Lebensbereichen von großem Wert sind.

      Latein zwingt zu Disziplin, zum Durchhaltevermögen, zur Konzentration – und ist damit eine Schule des Geistes. Zahlreiche Studien zeigen, dass Schülerinnen und Schüler, die Latein lernen, in der Regel auch in anderen sprachlichen und analytischen Fächern bessere Leistungen erbringen (vgl. z. B. Bundesverband der Lateinlehrer Deutschlands – http://www.altphilologenverband.de).

      Darüber hinaus ist die Phase zwischen 11 und 15 Jahren entscheidend für die geistige Entwicklung eines Menschen. In dieser Zeit entwickeln sich wichtige kognitive Fähigkeiten besonders stark – ähnlich wie Kinder zuerst laufen oder sprechen lernen, so ist auch das Denken etwas, das gefördert und geübt werden muss. Wer in dieser Zeit anspruchsvolle Inhalte wie Latein meistert, wird auch später in der Lage sein, komplexe Zusammenhänge schneller zu begreifen und kreativer zu denken.

      Dabei spielen Motivation, Neugier und das Erleben von Erfolg eine zentrale Rolle. Lernen darf und soll auch Freude machen – und gerade in der Auseinandersetzung mit einer „alten“ Sprache wie Latein können junge Menschen erfahren, wie befriedigend es ist, etwas wirklich zu verstehen. Der spielerische Zugang zu Sprache und Geschichte, das Lösen sprachlicher Rätsel, die Entdeckung unserer kulturellen Wurzeln – all das macht Latein auch heute noch zu einem Schatz im Schulunterricht.

      Statt das Fach als überholt abzutun, sollten wir es wieder als das anerkennen, was es ist: eine hervorragende Grundlage für die geistige Bildung junger Menschen.

      Quellen:

      Deutscher Altphilologenverband – http://www.altphilologenverband.de
      Studien zu Lateinunterricht und kognitiver Entwicklung: z. B. Forschungsprojekt „Latein macht Schule“ (LMU München)
      Neurowissenschaftliche Erkenntnisse zur Hirnentwicklung in der Pubertät: z. B. Prof. Dr. Gerald Hüther (Neurobiologe)

      • Dann bin ich wohl bisher falsch informiert.
        Dachte in Belgien gibt es eine Unterrichtspflicht.
        Das würde bedeuten das theoretisch auch die Eltern oder Lehrer im Privatunterricht Kinder/Jugendliche unterrichten können, allerdings der Schüler staatlich geprüft werden muss. So etwas soll es wohl, allerdings in überschaubaren Fällen geben.
        Eine Schulpflicht würde dann jedoch zwingend den Besuch einer anerkannten Schule notwendig machen.

      • Willi Müller

        Die Vollzeitschulpflicht endet am 30. Juni des Schuljahres, in dem der Jugendliche 15 Jahre alt wird und die Primarschule sowie das 1. und 2. Jahr der Sekundarschule absolviert hat. Ist dies nicht der Fall, endet die Vollzeitschulpflicht spätestens mit dem 30. Juni des Schuljahres, in dem der Jugendliche 16 Jahre alt wird.

        Wenn die Vollzeitschulpflicht beendet ist, beginnt die Teilzeitschulpflicht. Das bedeutet, der Jugendliche ist nicht mehr verpflichtet ganztags eine Schule zu besuchen. Wer eine Lehre macht oder den Teilzeitunterricht besucht, erfüllt auch seine Pflicht.

  7. Ebenso wichtig wie die Schule ist das Elternhaus. Auch dort sollte von frühster Kindheit an Wissen und vor allem Dingen Werte vermittelt werden. Leider aber parken viele Eltern ihre Kinder vor der Playstation ab. Unter anderem, weil sie vom Leben gestresst sind oder aus Bequemlichkeit.

  8. Äusserst aufschlussreicher Leserbrief, der durch seine Inhaltslosigkeit besticht.
    Sicherlich kann und muss man am heutigen Stand des Schulsystems Kritik üben, aber dann auch „Lösungen“ vorschlagen und sich nicht darauf beschränken, zu motzen…

    Der Weg zu einer effizienten Ausbildung sollte mit der Erziehung im familiären Umfeld beginnen. Autorität wird unumgänglich dort, wo Respekt und Rücksicht fehlen. Das gilt für jede Gemeinschaft, vom Klümpchen bis zu Schule.
    Wo der Schüler erst einmal „erzogen“ werden muss, bleibt der Lernprozess oft auf der Strecke.

    Vielleicht ist es einfach so, dass zu viele Eltern sich ihrer Erziehungspflicht entziehen, in dem sie ihre Kinder oft überforderten Tagesmüttern anvertrauen?

    • Pascale Baudimont

      @5/11
      Gewiss beginnt Bildung im Elternhaus, und niemand bezweifelt, dass elterliche Erziehung eine tragende Rolle spielt. Doch Erziehung ist keineswegs eine exklusive Aufgabe der Eltern. Vielmehr tragen alle Erwachsenen, die mit Kindern in Berührung kommen – Nachbarn, Ladenbesitzer, Lehrer, Trainer – eine Mitverantwortung. Jedes soziale Umfeld wirkt mit an der Entwicklung eines Kindes.

      Es ist gefährlich, die Verantwortung pauschal auf Eltern abzuwälzen, zumal dies schnell in sozialem oder moralischem Elitarismus endet. Viele Kinder wachsen unter schwierigen Umständen auf – mit überforderten, psychisch belasteten oder suchtkranken Eltern. Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass sie deren Verhalten übernehmen oder ihre Chancen verwirken. Der Mensch ist kein bloßes Produkt seiner Herkunft.

      Studien der Resilienzforschung (z. B. Emmy Werner, 1982) zeigen deutlich: Selbst Kinder aus schwierigsten Verhältnissen können sich stabil entwickeln – wenn sie wenigstens eine verlässliche Bezugsperson außerhalb der Familie haben. Diese Rolle kann auch ein Lehrer, eine Nachbarin oder ein Vereinsmitglied einnehmen.

      Statt also in pauschale Elternkritik zu verfallen, sollten wir als Gesellschaft fragen: Wie können wir alle zur Erziehung und Sozialisation beitragen?

        • Pascale Baudimont

          @5/11
          Ideen für eine bessere Bildung

          Eine moderne Schule sollte halbtägig und intensiv organisiert sein – kein reines Absitzen, sondern echte geistige Arbeit. Die Schule muss wie ein Labor sein, in dem geforscht, ausprobiert und gestaltet wird.

          Latein und Mathematik bilden die unverzichtbare Grundlage, um Gedächtnis, Logik, Analysefähigkeit und kritisches Denken zu schulen. Besonders im Alter zwischen 11 und 15 Jahren, einer Schlüsselphase der geistigen Entwicklung, ist diese Förderung entscheidend.

          Es braucht viele kleine, flexible Schulen, zwischen denen sich die Schülerinnen und Schüler frei bewegen können – je nach Interesse, Neugier oder Spezialisierung. So entstehen individuelle Bildungswege statt starrer Systeme.

          Zentral ist das Lernen durch eigene Projekte, idealerweise auch mit wirtschaftlichem Nutzen, sodass die Jugendlichen einen Teil der Schulkosten selbst tragen und unternehmerisches Denken entwickeln. Das motiviert, stärkt Eigenverantwortung und fördert praktisches Können.

          Die Lehrkräfte sollten nicht nur Wissen vermitteln, sondern vor allem Antworten auf die Neugier der jungen Menschen geben. Sie sollen Begleiter und Impulsgeber sein – wie einst die Hauslehrer (Paedagogen) im alten Rom, die ihre Schüler überallhin führten und sie an die Welt heranführten.

          Wirklich gute Bildung entsteht nicht durch starre Curricula, sondern durch Freiheit, Verantwortung, Anregung und Begeisterung.

          • Bei einigen Punkten wäre ich mit Ihnen einverstanden jedoch Lehrermangel und nicht finanzierbar da überschuldet.
            Bei Latein aber bin ich raus. Eine tote Sprache, echt jetzt?
            Wo braucht man das noch ausser als Mediziner, Biologe oder evtl. noch Theologe?
            Handwerker, Industriearbeiter und Ingenieure im Maschinenbau z.B. brauchen sicher kein Latein.

            • Pascale Baudimont

              In meiner Antwort vom 05.05.2025 um 11:44 lege ich dar, warum Lateinlernen eine sinnvolle Grundlage darstellt, damit alle später rasch und mit Leichtigkeit studieren können – besonders auch Berufe wie Handwerker, Industriearbeiter und Maschinenbauingenieure, für die diese Lernfähigkeit im Alltag unerlässlich ist.

              • Ihre Behauptung, auch wenn sie von irgendwelchen Professoren etc. unterzeichnet wird ist nicht plausibel. Mit dieser Ansicht stehe ich bestimmt nicht allein da.
                Erklären Sie das mal den Schülern, das diese Latein lernen müssen.
                Der Schuß geht nach hinten los, genauso wie Religion.

                • Pascale Baudimont

                  „Warum soll ich Latein lernen?“ – So könnte man es erklären:

                  „Du brauchst Latein nicht, um im Alltag zu sprechen. Aber Latein ist wie ein Fitnessstudio für dein Gehirn. Du lernst, genau hinzuschauen, logisch zu denken, Strukturen zu erkennen. Latein bringt dir bei, wie man lernt – und wer gelernt hat zu lernen, für den wird später alles leichter: Fremdsprachen, Technik, Jura, Medizin, Philosophie – selbst Mathematik.“

                  Warum das auch für Handwerker, Techniker und Ingenieure sinnvoll ist:
                  Latein schult das logische Denken, das man braucht, um technische Abläufe zu verstehen oder Maschinen richtig zu bedienen.
                  Es fördert Genauigkeit und Disziplin, was in jedem Beruf wichtig ist, in dem man mit Verantwortung arbeitet.
                  Viele Fachbegriffe stammen aus dem Latein, besonders in der Technik, Medizin oder im Recht – wer Latein kennt, versteht schneller.
                  Aber: Das muss man den Schülern richtig erklären.
                  Wenn man einfach nur sagt „Ihr müsst Latein lernen“ – ohne den Sinn zu zeigen – dann wirkt das wie Religion oder ein veralteter Zwang. Dann geht der Schuss nach hinten los.

                  Wenn Schüler aber verstehen: „Ich lerne hier, wie man denkt, wie man lernt“, dann sehen sie plötzlich einen Sinn – sogar wenn sie später Handwerker, Techniker oder Ingenieur werden.

              • Pascale Baudimont, Mungo, der Brief ist von Professoren unterzeichnet, die Partei in der Sache sind. Latein ist sonst nur noch für Geschichtsforscher nützlich. Als ich studierte, hatten die Lateinstudenten gestreikt. Da gab es damals immer Generalversammlungen der Studenten dazu. Ein Ingenierstudent kritisierte die Veranstaltung als Broterwerbsveranstaltung der Altphilologen. Darauf entgegneten diese das Argument mit dem Denkenlernen. Der angehende Ingenieur meinte daraufhin, Boole-Algebra sei auch gut für das Denken und nützlicher. Auch darauf hatten die Streiker eine Antwort: Mathematik ist doch in Stein gemeißelt, während Latein richtig lebendig ist.

                • Pascale Baudimont

                  @WK
                  Sie haben völlig recht: Man kann Denken auch ohne Latein lernen – genau wie man auch ohne Werkzeug einen Nagel in die Wand bekommt, zur Not mit der bloßen Hand. Aber mit dem richtigen Werkzeug – sei es ein Hammer oder eine Sprache wie Latein – geht es oft präziser, effizienter und nachhaltiger.

                  Latein ist kein Muss für jeden Beruf, aber ein hervorragendes Trainingsfeld für logisches Denken, sprachliche Genauigkeit und historisches Bewusstsein. In diesem Sinne ist es weniger eine Broterwerbsveranstaltung der Altphilologen als ein Werkzeugkasten für den Geist – für alle, die gerne gründlich denken.

                • Pascale Baudimont

                  @WK
                  06/05/2025 19:45
                  Es ist wirklich bedauerlich, dass Handwerker nicht studieren – genau das trägt maßgeblich zum Verlust des Ansehens des Handwerks in der Gesellschaft bei.

                  Wer sich dem Studium verweigert, verzichtet nicht nur auf Bildung, sondern auch auf die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge zu erfassen und kritisch zu reflektieren. In technischen Schulen mag man „denken ohne Latein“ lernen – aber wer gar nicht lernt, dem fehlt oft das Werkzeug, um über den Tellerrand hinauszublicken.

                  Ohne ein grundlegendes Verständnis für wirtschaftliche, gesellschaftliche und technologische Entwicklungen werden Handwerker zunehmend Schwierigkeiten haben, überhaupt noch nachzuvollziehen, was in ihrer Umgebung geschieht.

                  Und genau das ist ein gefährlicher Nährboden für autoritäre Tendenzen: eine Gesellschaft voller Menschen, die nicht verstehen, was vor sich geht, ist besonders anfällig für einfache Antworten, Populismus und Manipulation.

              • Maschinenbauer

                Liebe Frau Baudimont, stellen Sie sich vor – ohne je ein Wort Latein gelernt zu haben, bin ich Maschinenbauingenieur geworden.

                Auch die Aussage unserer Sprachenlehrer „Was will der Autor uns damit sagen …“ wenn es um die Analyse eines Textes ging, liegt mir immer noch in den Ohren. Ist die Sprache nicht dazu da etwas präzise auszudrücken? Warum schreibt der Autor denn nicht, WAS er sagen will?! Anschließend kamen dann die geistigen Ergüsse des sich im Bart kraulenden und genüsslich intellektuell lächelnden Professors, der sich offensichtlich in das Gehirn des Schriftstellers einloggen konnte.

                Denken, liebe Frau Baudimont, lernt man auch indem man sich mit mathematischen und physikalischen Dingen befasst und mit diesem Wissen kann man im Nachhinein sogar Produkte entwickeln die den Fortbestand unseres Wohlstandes gewährleisten.

                Leider ist noch nicht Jedem aufgefallen, das Europa in „Allem“ zurzeit nach hinten durchgereicht wird. Erst wenn man es sich wirtschaftlich leisten kann, hat man Zeit zum philosophieren.

                • Pascale Baudimont

                  Lieber Maschinenbauer,
                  niemand stellt in Frage, dass man auch ohne Latein Maschinenbau studieren und großartige technische Leistungen erbringen kann. Das ist nicht der Punkt.

                  Ich spreche nicht über das Studium als Selbstzweck, sondern über die Notwendigkeit, Zusammenhänge zu verstehen, gesellschaftliche Entwicklungen einordnen zu können und sich nicht in der eigenen fachlichen Komfortzone einzurichten. Wer meint, Bildung sei nur das, was direkt zum Produkt führt, verengt den Blick gefährlich.

                  Technisches Können ist wichtig – aber ohne Reflexionsfähigkeit, ohne Verständnis für Wirtschaft, Gesellschaft und Politik wird daraus schnell bloß Fachidiotie. Und genau darin liegt die Gefahr: Wer nur das sieht, was er direkt anfassen oder berechnen kann, wird anfällig für einfache Antworten und politische Vereinfachungen.

                  Bildung heißt nicht: Philosophie statt Technik. Bildung heißt: Technik und darüber hinaus denken können.

                  • Jürgen F.

                    @ Pascal Baudimont
                    Sie schreiben:“ Wer nur das sieht, was er direkt anfassen oder berechnen kann, wird anfällig für einfache Antworten und politische Vereinfachungen.“
                    Ich hätte da mal eine Frage:
                    Meine Frau lässt sich nicht mehr anfassen und sie ist auch völlig unberechenbar. Kann ich jetzt, in Folge dessen, darauf hoffen, nicht anfällig für einfache Antworten und politische Vereinfachungen zu sein?

            • Pascale Baudimont

              Projektbasiertes Lernen, Freiarbeit und Lernateliers mit individuellen Lernzeiten könnten den Lehrermangel und Geldprobleme lösen, weil die Schüler:innen selbstständig arbeiten und die Lehrer:innen mehr als Coaches statt im Frontalunterricht agieren.

          • Bravo! Geht doch 😉
            Auch wenn ich Ihren Überlegungen eigentlich nur bei den Grundlagen der geistigen Entwicklung, z.B. durch Mathematik und Latein folgen kann.
            Wie das halbtägig zu bewerkstelligen ist, wo dann die „Neugier“ im Nachmittag auf dem Handy befriedigt wird, bleibt mir allerdings ein Rätsel.

      • Piersoul Rudi

        @ Pascale Baudimont (05/05/2025 11:52).

        Zu ihren Satz.
        …“ Doch Erziehung ist keineswegs eine exklusive Aufgabe der Eltern. Vielmehr tragen alle Erwachsenen“…
        Im Ernst jetzt.
        Heißt, dass, das ich für die „Machenschaften und Verhalten“ Kinder anderer Leute verantwortlich sein könnte/sollte/müsste???.
        Wer seine kinder nicht selbst großziehen, kann soll sich überlegen, ob er/sie wohl Kinder haben sollte.
        Die Erziehung, Frau Baudimont fängt zuhause, bei/durch die Eltern an…und nirgends anders.
        Oft merkt man das Diese überfordert sind, trotzdem Kind nr 3,4,5 bekommen.

        Die Erziehung seine Kinder auf Anderen abzuwälzen ist leider Gang und Gebe…wenn dann was schiefläuft, sind die Eltern, mal wieder frei raus.

        • Pascale Baudimont

          Ich verstehe Ihre Skepsis gut – natürlich liegt die Hauptverantwortung für die Erziehung bei den Eltern. Aber in einer Gesellschaft leben wir nicht isoliert. Das bedeutet auch: Wir beeinflussen – ob gewollt oder nicht – das Verhalten und die Entwicklung von Kindern, die nicht unsere eigenen sind.

          1. Erziehung ist ein gesellschaftliches Anliegen – laut Soziologie
          Der französische Soziologe Émile Durkheim betonte, dass Erziehung immer ein gesellschaftlicher Prozess ist. Er schrieb:

          „Die Gesellschaft kann nicht überleben, ohne ihre Werte, Normen und Regeln an die nächste Generation weiterzugeben.“
          Das geschieht nicht nur im Elternhaus, sondern auch in Schulen, Vereinen, auf der Straße – überall dort, wo Kinder auf Erwachsene treffen.
          2. Mitverantwortung heißt nicht Schuldzuweisung
          Niemand sagt, dass Sie persönlich schuld sind, wenn ein Kind sich schlecht benimmt. Aber als Erwachsene/r in der Gesellschaft tragen wir alle zu einer bestimmten Atmosphäre bei: durch unser Vorbild, durch unser Eingreifen (oder Wegsehen), durch unsere Haltung zu Regeln, Respekt und Zusammenleben.
          Das ist keine „Abwälzung“, sondern soziale Realität. Kinder orientieren sich nicht nur an den Eltern – sondern an allen, die sie umgeben.

          3. Kinder sind kein Privatprojekt
          Wenn ein Kind Gewalt erfährt, keine Bildung erhält oder andere Kinder gefährdet – dann betrifft das nicht nur die Eltern, sondern uns alle.
          Die Vorstellung, dass Kindererziehung ausschließlich Privatsache ist, führt genau zu dem Problem, das Sie selbst benennen: Überforderung, Isolation, fehlende Unterstützung. Gerade hier wäre ein gesellschaftliches Miteinander gefragt, nicht Rückzug.

          4. Ein afrikanisches Sprichwort sagt:
          „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen.“
          Das heißt nicht, dass jeder alles macht – aber dass jeder eine Rolle spielt. Wenn wir als Gesellschaft stabile, reflektierte, empathische junge Menschen wollen, dann sollten wir uns auch alle dafür mitverantwortlich fühlen – in angemessenem Rahmen.

    • Herbert G.

      @ 5/11
      „Vielleicht ist es einfach so, dass zu viele Eltern sich ihrer Erziehungspflicht entziehen, in dem sie ihre Kinder oft überforderten Tagesmüttern anvertrauen?“
      Die Eltern werden heutzutage gezwungen beide zu arbeiten, um einem zweifelhaften Luxus hinter zu rennen: So muss ein Zweitwagen und zweifacher Urlaub pro Jahr drin sein. Hauptschuld trägt aber der Staat, der zu wenig in Familie investiert. Familie ist räächts und wird von den Linken unter den Teppich gekehrt.

        • Arnold Heck

          WK
          Es ist, wie @ Herbert schreibt: Familie gehört in die Abteilung Konservativ und Rechts. Schon die Ex- Nachrichtensprecherin Eva Herman wurde vor Jahren im Fernsehen unter anderem bei Kerner öffentlich fertig gemacht, weil sie sich für eine Aufwertung der Mutterrolle einsetzte und dabei dem Nationalsozialismus zu nahe kam.
          Die Kinder, die Deutschland fehlen, lassen sie jetzt scheinbar aus muslimischen/ afrikanischen Ländern in ihr Land einwandern und einfliegen, um ihre Bevölkerungspyramide zu korrigieren. Nur, die sind kulturfremd und vielleicht radikal. Eigene Kinder hätten weniger Probleme verursacht.

          • Arnold Heck, das ist nicht, was Herbert G. geschrieben hat. Aber Sie haben Recht. So etwa 1980 konnte schon man in der französischen Wochenpresse – ganz sicher Nouvel Observateur, vielleicht auch in anderen – den Ausdruck „poules pondeuses“ für Frauen die Kinder machten lesen. Herbert G. spricht von den Tagesmüttern, sie kommen doch nur in einer kurzen Phase der Kindesentwicklung vor. Außerdem übertreibt er in seiner Luxuxbeschreibung. Leider geht es oft nicht, mit nur einem Einkommen über die Runden zu kommen. Zwei Autos sind oft nötig, um zur Arbeit zu kommen und davor und danach die Kinder zu oder von der Schule zu fahren. Ob es sich am Ende rechnet? Für einen Arbeitgeber zu arbeiten, scheint das Erstrebenswerteste zu sein. Ich dachte, wir schreiben hier über Belgien, wir haben eine Mitterechtsregierung.

    • Hier einige Impulse: Alternativer Wochenplan für Volksschulkinder (Beispiel: 3./4. Klasse)
      Ziel: Kinder lernen individuell, mit Freude, in Projekten und echten Zusammenhängen.

      Tag Vormittag (9–12 Uhr) Nachmittag (13–15 Uhr)
      Montag Projektzeit: Thema der Woche (z. B. „Wasser“)
      Forschen, zeichnen, lesen, bauen, präsentieren Bewegung & Spiel im Freien oder Turnhalle
      Dienstag Mathe-Werkstatt:
      Rechnen nach eigenem Lernplan mit Stationen und Knobelaufgaben Kreativzeit:
      Malen, Musik, Theater, Geschichten erfinden
      Mittwoch Lesen & Schreiben:
      Freie Texte, Buchprojekte, Comic schreiben, Leseclub Praktisches Lernen:
      Garten, Kochen, Handwerk, Technik
      Donnerstag Entdeckertag:
      Exkursion, Waldschule, Museum, Experimente Reflexion & Gespräch:
      Was habe ich gelernt? Wie fühle ich mich? Was will ich noch wissen?
      Freitag Lernzeit & Präsentationen:
      Abschluss der Wochenprojekte, Vorträge, Feedbackrunden Lernspiele, freies Forschen oder Medienzeit

      Was steckt hinter dem Konzept?
      Lernateliers statt Frontalunterricht
      Individuelle Wochenziele statt alle müssen zur selben Zeit das Gleiche machen
      Projektarbeit verbindet Fächer (Mathe + Sachkunde + Sprache in einem)
      Selbstreflexion und soziales Lernen als fester Bestandteil
      Lehrer als Coach, nicht nur als „Erklärer“

      Vorteile:
      Kinder arbeiten in ihrem eigenen Tempo
      Interessen und Stärken werden ernst genommen
      Es gibt Raum für Fehler (was bedeutet: es fehlt an einer oder mehreren Information/en), Kreativität und echtes Denken
      Keine künstliche Trennung in 45-Minuten-Fächer

      Kinder sollten lernen, selbst zu entscheiden: Habe ich gerade Hunger – oder nicht? Wir sind eine vierköpfige Familie, und jeder von uns hat seinen eigenen Rhythmus. Es sollte nicht die Uhr – ein ohnehin künstlich geschaffenes System – darüber bestimmen, wann gegessen wird und wann nicht.

      Ein weiteres Thema, das mir am Herzen liegt, ist die Klassengröße. Selbstverständlich müssen die Klassen deutlich kleiner sein – es ist eine absolute Frechheit, eine Lehrkraft mit 20 oder mehr Kindern allein zu lassen. Dabei ist mir völlig bewusst, dass die Lehrkräfte unter diesen Bedingungen ihr Bestes geben und Großartiges leisten. Umso mehr verdienen sie echte Unterstützung durch ein besseres System.

      Oft wird Hausunterricht mit dem Einwand kritisiert: ‚Was ist mit den sozialen Kontakten?‘ Doch wenn ich ehrlich bin, beobachte ich in der Realität viel häufiger Mobbing unter Klassenkameraden. Und ganz offen: Ein sogenannter ‚Arschfreund‘ ist kein Gewinn. Ich bin überzeugt, dass Kinder bis zu einem gewissen Alter in erster Linie von Erwachsenen lernen – nicht von anderen Kindern. Wenn Kinder ausschließlich von Gleichaltrigen lernen sollen, kann dabei selten etwas wirklich Sinnvolles entstehen.

      Also, so wie Sie es meinem Schreiben entnehmen konnten: Es gibt noch viel Luft nach oben. Aussagen wie ‚Mir hat es ja auch nicht geschadet‘ höre ich oft – aber ich kenne die Person nicht, die das sagt, um das beurteilen zu können. Wenn man sich jedoch ehrlich umsieht, kann sich jeder selbst ein Bild davon machen, wie sich unsere Gesellschaft heute präsentiert.

      Auch ich bin zur Schule gegangen – ich bin heute 48 Jahre alt – und erinnere mich gut: Wir hatten damals noch einen Lehrer, der uns geschlagen hat. Ich habe die Volksschule in Deidenberg besucht, und diese Methoden empfand ich ganz sicher nicht als lehrreich.

      Vielen Dank Pascal für deine Weisen WORTE!

      • Was mir auffällt ist, das immer mehr Schüler und Schülerinnen welche in die Mittelschule kommen, eine unleserliche Schrift haben, von der Rechtschreibung ganz zu schweigen, nicht flüssig lesen können, Kopfrechnen absolut schwach sind, verhaltensauffällig sind u.s.w..
        Woran liegt das?
        So etwas kenne ich, in diesem Maße, aus meiner Schulzeit welche 46 Jahre zurück liegt, nicht.

  9. Selbstermächtigung

    Wir haben hier in Ostbelgien immer noch die Möglichkeit, die Kinder im Heimunterricht zu unterrichten. Nur es hat den grossen Nachteil die Kinder lernen keine anderen Gleichaltrigen kennen. Aber man den kann den Unterricht durchaus effektiver gestalten, wenn man sich den Bedürfnissen des Kindes anpassen kann. Das setzt voraus, dass man sich als Eltern die Zeiten aufteilen kann.
    Öffentliche Schulen sind leider immer neuen Unterrichtskonzepten ausgesetzt. Davon profitieren leider nicht die Schüler. Man verstrickt leider viel zu viel in Sachen, die die Kinder ablenken. Digitalisierung der Schulen war auch so ein Ding. Nur die Grundlagen, werden nicht ausreichend gelehrt.

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