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Streit um Urheberrecht und Freiheit im Netz: Jugend macht mobil gegen Artikel 13

23.03.2019, Hamburg: Ein Demonstrant hält auf dem Gänsemarkt ein Schild mit der Aufschrift "Filter? Nur für Kaffee!" (statt Uploadfilter). Foto: Markus Scholz/dpa

Artikel 13? Schon mal gehört? Kurz vor der Abstimmung im EU-Parlament gehen Zehntausende auf die Straße, um gegen die Reform des EU-Urheberrechts zu protestieren. Es sind vor allem junge Leute. Lässt sich die Politik davon beeindrucken?

Bunt, laut, lustig – und wütend: Es sind vor allem junge Leute, die an diesem sonnigen Samstag in vielen Städten Deutschlands auf die Straße gehen.

“Lasst Euch das Internet doch wenigstens kurz erklären, bevor ihr es kaputt macht“, heißt es auf einem Schild, das Demonstranten vielerorts in die Höhe strecken. Es bringt die zentrale Kritik auf den Punkt: Die in Brüssel ausgehandelte Reform des Urheberrechts, davon sind die Demonstranten überzeugt, wird die Freiheit des Internets einschränken, wenn nicht gar zerstören.

Es ist ein machtvolles Zeichen. Am Dienstag will das Europaparlament über die umstrittene Reform entscheiden, die vor allem die junge Generation, die mit Youtube und Co aufgewachsen ist, in Wallung bringt. Ihre Kritik richtet sich vor allem gegen Artikel 13, der Plattformen wie Youtube beim Urheberschutz in Zukunft deutlich stärker in die Pflicht nehmen will. Aus Protest dagegen hatte ein Aktionsbündnis zu Demonstrationen in rund 20 Ländern aufgerufen.

23.03.2019, Hamburg: Zwei Demonstranten halten auf dem Gänsemarkt ein Schild mit der Aufschrift „Wir sind keine Bots. Nein Upload-Filter“. Foto: Markus Scholz/dpa

Doch nirgendwo ist der Protest so stark wie in Deutschland. Es sind Zehntausende, von Hamburg bis München, von Chemnitz bis Saarbrücken, die es am Samstag auf die Straße treibt. „Dieselfilter statt Uploadfilter“, heißt es auf Transparenten, oder: „Wir sind keine Bots“.

Doch was ist das für eine Reform, die Zehntausende in ganz Europa auf die Straße bringt? Die Youtuber politisch werden lässt? Und bei der die EU nach Ansicht der Netzgemeinde so ein miserables Bild abgibt?

Als Günther Oettinger, damals EU-Digitalkommissar, 2016 die Reform vorschlug, sollte alles besser werden. Das angestaubte Urheberrecht sollte an das Internet-Zeitalter angepasst werden. Künstler, Kreative und Urheber sollten stärker davon profitieren, dass ihre Werke im Netz genutzt werden. Auf dieses Ziel können sich sogar die meisten Gegner von Artikel 13 einigen.

Doch der Weg dorthin ist umstritten. Erst Mitte Februar hatten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten auf einen Kompromiss der Reform geeinigt. Stimmt das Europaparlament am Dienstag zu, ist die Reform so gut wie durch. Sicher ist das aber nicht. Und dies liegt vor allem am Artikel 13 – der in der finalen Fassung des Gesetzentwurfs mittlerweile unter Artikel 17 firmiert.

Dieser sieht konkret vor, dass Plattformen wie Youtube für Verletzungen des Urheberrechts künftig haften – zumindest dann, wenn sie nicht größtmögliche Anstrengungen unternommen haben, eine Lizenz für das Werk einzuholen. Sie sollen in Zukunft schon beim Hochladen überprüfen, ob Inhalte geschütztes Material enthalten.

Recht auf Meinungsfreiheit in Gefahr?

Kritiker befürchten, dass dies nur über automatisierte Filter möglich ist, was einer Zensur gleichkommen könnte. In Artikel 11 ist zudem ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage vorgesehen. Danach sollen Nachrichten-Suchmaschinen wie Google News für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten künftig Geld an die Verlage zahlen müssen.

Für das Parlament federführend ausgehandelt hat den Kompromiss der deutsche Europaabgeordnete Axel Voss (CDU). Für die Gegner der Reform ist er zum Symbol für das geworden, was ihrer Meinung nach schief läuft. In sozialen Netzwerken wird er beschimpft, bloßgestellt, und unter dem Hashtag #Axelsurft machen sich viele über ihn lustig.

02.03.2019, Berlin: „Filter“ und das durchgestrichene Wort „Freiheit“ steht bei einer Demonstration des Bündnisses „Berlin gegen 13“ gegen Uploadfilter und EU-Urheberrechtsreform im Artikel 13 auf einem Plakat, das an deutsche Ortsschilder erinnert. Foto: Christoph Soeder/dpa

Voss selbst hat allerdings auch nicht immer eine gute Figur gemacht. So sprach er in einem Interview mit „Vice“ von einer speziellen Rubrik bei Google für „Memes“ – Fotos oder Videos, die sich im Netz ausbreiten. Eine solche Rubrik gibt es aber gar nicht. („Ja, da kann man richtig draufklicken. Memes.“) Zuletzt beklagte er „Diffamierungen, die in sozialen Medien ablaufen, die mit der Sache nichts zu tun haben“. Dabei wird er nicht müde, die Reform zu verteidigen. Es gehe nur darum, Plattformen, die wissentlich mit fremden Inhalten Geld verdienen, zu einer fairen Lizenzierung zu zwingen.

Das Vorhaben hat tatsächlich auch viele Fürsprecher: Am Freitag sprachen sich rund 260 Verlage, Zeitungen, Nachrichtenagenturen, Rundfunk-Anbieter, Produktionsfirmen und Medienschaffende gemeinsam für die Reform aus. In einem Aufruf fordern sie eine faire Beteiligung am Geschäft mit den Inhalten, um damit ein reichhaltiges und vielfältiges Internet zu sichern, in dem Information und Kultur ihren festen Platz haben.

Kann diese Reform noch gestoppt werden? Ihre Gegner legen all ihre Hoffnung auf die Abstimmung im Europaparlament. Die Verhältnisse sind unübersichtlich. Wie viele Abgeordnete sich vom Protest beeindrucken lassen, ist unklar. Bei entsprechenden Mehrheiten könnten die Abgeordneten jedoch beispielsweise bewirken, dass Artikel 13 einfach gestrichen wird. Dann müssten die EU-Staaten diesem Vorgehen allerdings nochmal zustimmen. (dpa)

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5 Antworten auf “Streit um Urheberrecht und Freiheit im Netz: Jugend macht mobil gegen Artikel 13”

  1. Pensionierter Bauer

    Die, wohl von ihren Eltern, verwöhnte Jugend macht mir schon große Sorgen. Nicht nur dass sie wieder einem, seit den vierzigern Jahren des vergangenen Jahrhunderts, hier in Mitteleuropa, nicht mehr gesehenem politischen Personenenkult aus einer Klimagreta macht, nein sie sind zT. auch nicht mehr bereit den Künstlern und Autoren den denen zustehenden Lohn für ihre Arbeit zu gönnen. Hierbei geht es nicht nur um die ohnehin gutbetuchten Stars der Szene, nein es geht hier auch um die Rechte der Kleinkunst und der Nischenverlage. Ich verlange von der Jugend, dass sie sich doch bitte mal an den Kopf fasst und nachdenkt über das was deren Zeitgeist für die Zukunft für Folgen haben kann. Als Mensch mit viel Lebenserfahrung sieht man Dinge, die die Jugend in ihrem Aktivismus nicht erkennen kann. Auch soll sie mal nachfragen, was wohl aus Europa geworden wäre, wenn die überzogenen Forderungen der 68er Bewegung sich vollumfänglich durchgesetzt hätten?

    • Auch soll sie mal nachfragen, was wohl aus Europa geworden wäre, wenn die überzogenen Forderungen der 68er Bewegung sich vollumfänglich durchgesetzt hätten?

      @ PB

      Ich weiß nicht wo wir heute wären aber ich weiß das man selbst minimale Erträge nur mit maximalen Forderungen erreicht. Schweigen, sich ducken und alles akzeptieren führt nicht zu Veränderungen. Stillstand aber bedeutet Rückschritt.
      Eine „aufmüpfige Jugend“ die endlich Forderungen stellt, selbst wenn sie uns unrealistisch erscheinen, ist mir allemal lieber als Kadavergehorsam und der Wunsch nach Zensur.

  2. Fragesteller

    @ Passionierter Bauer

    “ Ich verlange von der Jugend…“ das sind Formulierungen, wie man sie – glaubt man den rechts-besorgten Kommentatoren hier – nur von den Muslimen kennen. Ich bin empört über Sie!

    Btw: Fehlende Kommata sind ein Grauen beim Lesen und machen einen Text schwer verständlich – zu viele und falsche Kommata auch.

    Noch eine Frage: Ist Ihr persönliches Leben so traurig und ereignisarm, dass Sie sich noch 50 Jahre später an den „68ern“ abarbeiten müssen?

  3. Die seit 1995 Geborenen gehören zu einer verlorenen Generation. Verwöhnte Kinder, die nur ihre Rechte und keinerlei Pflichten mehr kennen. Die trotz PC und Internet täglich mehr verblöden, weil sie die elementarsten Dinge nicht beherrschen. Im Grunde können sie nichts dafür, da ihre Eltern es versäumt haben, ihnen die Grundregeln des sozialen Zusammenlebens und der Tugenden beizubringen. Ich bin dafür, den Militärdienst für Jungen und Mädchen wieder einzuführen. Muss nicht die Ausbildung an den Waffen sein, kann auch Dienst am Gemeinwohl sein. Damit sie lernen, bevor sie auf die Menschheit losgelassen werden, dass es andere Dinge gibt als ihren kleinen Egoismus.

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