AKTUALISIERUNG – Carles Puigdemont ist unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt worden. Der ehemalige Präsident der Region Katalonien verließ am Freitag das Gefängnis in Neumünster, darf Deutschland aber nicht verlassen.
Wie berichtet, hatte das Oberlandesgericht Schleswig am Donnerstag zwar einen Auslieferungshaftbefehl erlassen, ihn aber unter Auflagen ausgesetzt.
Zu den Auflagen der Haftverschonung gehört es unter anderem, eine Kaution von 75.000 Euro zu hinterlegen.
Das Oberlandesgericht hatte den Auslieferungs-Haftbefehl nur wegen des Vorwurfs der Untreue erlassen – den von der spanischen Justiz vorgebrachten Hauptvorwurf der Rebellion verwarfen die Schleswiger Richter. Zudem hält das Gericht zum Untreue-Vorwurf weitere Klärungen und mehr Informationen für nötig.
Die spanische Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy reagierte mit Bedauern. „Einige Justizentscheidungen gefallen uns besser, andere weniger“, sagte Justizminister Rafael Catalá in einer ersten Reaktion in Madrid. Justizentscheidungen seien aber zu akzeptieren. Über die Möglichkeit eines Einspruchs müsse die deutsche Staatsanwaltschaft entscheiden.
Viele Katalanen begeistert
Von vielen Katalanen wurde die Nachricht aus Deutschland mit Begeisterung aufgenommen, von größeren Kundgebungen wurde am Abend jedoch nichts bekannt.
Für die Haftverschonung muss Puigdemont neben der Kautionszahlung vier weitere Auflagen erfüllen: Er darf Deutschland nicht verlassen, muss jeden Wechsel des Aufenthaltsorts mitteilen, sich einmal wöchentlich bei der Polizei in Neumünster melden und hat Ladungen des Generalstaatsanwalts und des Oberlandesgerichts zu folgen.
Das Gericht in Schleswig hatte in einer schriftlichen Mitteilung erklärt, der 1. Senat des OLG sei der Auffassung, „dass sich hinsichtlich des Vorwurfs der ‚Rebellion‘ die Auslieferung als von vornherein unzulässig erweist“.
Der nach deutschem Recht in Betracht kommende Straftatbestand des Hochverrats sei nicht erfüllt, weil Puigdemont zuzurechnende Gewalttaten in Katalonien kein Ausmaß erreicht hätten, das den Willen der spanischen Verfassungsorgane hätte beugen können.
Etwas anderes gelte für den Vorwurf der „Korruption“ in Form der Untreue. Insoweit erweise sich die Auslieferung „nicht als von vornherein unzulässig“, erklärte das OLG. Für diesen Punkt seien aber weitere Klärungen und mehr Informationen nötig. Die spanischen Behörden werfen Puigdemont als damaligem Regionalpräsidenten Kataloniens vor, das verbotene Unabhängigkeitsreferendum habe 1,6 Millionen Euro öffentliche Gelder gekostet.
Anhaltspunkte dafür, dass Puigdemont in Spanien politischer Verfolgung ausgesetzt sein könnte, waren für den Senat nicht ersichtlich.
Festnahme nach Skandinavien-Reise
Puigdemonts Anwälte erklärten mit Bezug auf den Untreue-Vorwurf: „Wir respektieren, dass das Gericht in dieser für das europäische Demokratieverständnis richtungsweisenden Sache nicht über die Auslieferung entscheiden möchte, ohne der spanischen Justiz noch ein weiteres Mal Gelegenheit zu geben, den einzig noch in Betracht kommenden Vorwurf zu belegen.“
Der ehemalige Präsident von Katalonien war am 25. März im Gefängnis von Neumünster in Gewahrsam gekommen, nachdem er auf der Rückfahrt von einer Skandinavienreise in Schleswig-Holstein festgenommen worden war.
Grundlage war ein Europäischer Haftbefehl. Die Generalstaatsanwaltschaft von Schleswig-Holstein hatte das spanische Auslieferungsersuchen für zulässig erachtet und beim Oberlandesgericht einen Auslieferungshaftbefehl beantragt.
Hintergrund ist das von der Zentralregierung in Madrid untersagte und vom spanischen Verfassungsgericht für verfassungswidrig eingestufte Referendum vom 1. Oktober 2017 über die Unabhängigkeit Kataloniens sowie ein anschließender Abspaltungsbeschluss der Separatisten. Der Politiker war angesichts des anschließenden massiven Vorgehens der spanischen Behörden nach Belgien geflüchtet.
Die OLG-Entscheidung bedeutet für den Katalanen nach den Worten seines spanischen Anwalts Jaume Alonso-Cuevillas einen „großen Erfolg“. Denn mit dem Vorwurf der Rebellion drohten ihm in Spanien bis zu 30 Jahre Haft.
Sollte er am Ende des juristischen Verfahrens von Deutschland tatsächlich nach Spanien ausgeliefert werden, dürfte er dort allenfalls noch wegen Untreue angeklagt werden – weil Rebellion als Auslieferungsgrund abgelehnt wurde. (dpa)
Wegen Rebellion kann er schon mal nicht ausgeliefert werden. Wenn er wegen Veruntreuung ausgliefert wird, sollte sich auch Lambertz seine nächste Reise nach Berlin noch mal überlegen.
@karlh1berens:
In Belgien wird doch kein Geld veruntreut, sondern (räusper!) … verteilt! Also kann Herr Lambertz getrost nach Berlin reisen, sooft er will.
Das ist doch einmal eine gute Nachricht ! Ein erzkonservativer Gebralstaatsanwalt mit sehr starke CDU Naehe und ein nur der STPO & STGB verplichtetes Gericht. Gut so !!!!!
Aber das wird garantiert viel Stress mit der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung geben !!
Bei dem Vorsitzenden des OLG wird in den letzten Tagen gehoerig oft das Telefon geklingelt haben.
Also das mit den Anrufen bei Richtern lasse ich lieber bleiben. Da vertraue ich eher auf auf nächst höhere Instanz.
Die Deutschen werden sich hüten, ihn auszuliefern….dann könnten die ja nicht mehr in Ruhe ihren Urlaub in Spanien (Malle) verbringen….und Belgien hat ihn ja auch nicht ausgeliefert….Politik halt….
Sie vergessen, dass die Justiz unabhängig von der Politik ist (Gewaltenteilung). Hier hat ein Gericht entschieden und, da haben sie wahrscheinlich Recht, das Urteil wird den Politikern gut passen.
Dafuer weiss ich, was in Schleswig-Holstein los ist, kenne das Land und seine Akteure zur genuege.