Über das Thema Prostitution wird in den Medien in dieser Corona-Krise wenig geschrieben. Wenn Premierministerin Sophie Wilmès (MR) auf der Pressekonferenz im Anschluss an eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats (NSR) auflistet, welche Sektoren wieder öffnen können oder nicht öffnen können, dann wird das „älteste Gewerbe der Welt“ allenfalls nur mit Andeutungen erwähnt.
Anfang Juni deutete Wilmès mit der Aussage „Alles, was nicht verboten ist, ist erlaubt“ nur indirekt an, dass von da an auch im Rotlichtmilieu wieder gearbeitet werden durfte. Die Dienstleistungen der Prostituierten sind seitdem allerdings nur unter einigen strengen Maßnahmen zugelassen.
Wie u.a. die RTBF und das VRT-Onlineportal flanderninfo.be berichteten, gibt es ein von der föderalen Regierung genehmigtes Gesundheitsprotokoll.
Demnach sind Kunden und Sexarbeiterinnen mit Covid-19-Symptomen nicht zugelassen. Dennoch sind systematische Tests nicht notwendig.
Türklinken und alle anderen Flächen, die mit den Händen berührt werden, müssen systematisch abgewaschen werden. Freier und Prostituierte müssen sich vorher und nachher die Hände und das Gesicht waschen, die Kunden müssen sich die Hände auch desinfizieren. Küssen ist nicht zugelassen, es müssen Mundschutzmasken getragen werden. Alle Decken und Bettbezüge müssen Wegwerfartikel sein, die danach sofort entsorgt werden.
Bisher halten sich viele Sexarbeiterinnen aber zurück. Sie haben Angst, sich trotz der auferlegten Vorsichtsmaßnahmen anzustecken. Andererseits sind nicht wenige darauf angewiesen, wieder zu arbeiten.
„Die meisten haben sich nicht mit Überbrückungszahlungen über Wasser halten können, da sie kein Anrecht darauf hatten. Nicht wenige unter den Prostituierten hatten seit Mitte März überhaupt kein Einkommen mehr“, schreibt flanderninfo.be.
In Belgien gibt es offiziell 26.000 Sexarbeiterinnen, jedoch sind es in Wirklichkeit viel mehr, denn die meisten Prostituierten bieten ihre Dienste privat übers Internet an. In Deutschland waren Ende vergangenen Jahres 40.400 Prostituierte angemeldet.
In unserem Nachbarland, das seit einiger Zeit als Eldorado der Prostitution gilt, nicht zuletzt auch für Frauen aus Osteuropa, protestieren Sexarbeiterinnen und Bordellbetreiber in dieser Woche in mehreren deutschen Städten gegen die harten Einschränkungen für Prostituierte in der Corona-Pandemie. Bordelle bleiben deutschlandweit geschlossen, während viele andere Bereiche bereits gelockert wurden.
In Köln versammelten sich am Mittwoch dieser Woche 100 Frauen und auch einige Männer auf der Domtreppe, um eine Wiedereröffnung der Bordelle zu fordern. „Sex ist systemrelevant“ stand auf einem Plakat, auf einem anderen „Der Staat fickt uns und zahlt nix“. Seit Beginn der Pandemie sind Prostituierte vielfach ohne Einkünfte – und die Politik zeige keine Perspektive auf, so der Vorwurf.
„In unserer Branche arbeiten viele Menschen, die von der Hand in den Mund leben. Die haben keine Rücklagen. Die arbeiten jetzt auch schon wieder – in der Illegalität“, sagte Johanna Weber vom Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD). „Dabei könnte man in den Bordellen die Hygieneverordnungen viel besser umsetzen.“ Die Forderung laute, sie spätestens am 1. September wieder zu öffnen.
Organisiert werden sie unter anderem vom Bundesverband sexuelle Dienstleistungen (BSD) und dem Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD), die neben Sexarbeiterinnen auch Bordellbetreiber vertreten.
„In unserer Branche arbeiten viele Menschen, die von der Hand in den Mund leben. Die haben keine Rücklagen“, sagt Johanna Weber vom BesD am Rande der Demo am Kölner Dom.
Mitte Juli hatten in ganz Deutschland Bordelle mit einem Tag der offenen Tür auf ihre schwierige Lage wegen der Corona-Krise aufmerksam gemacht (siehe Bericht an anderer Stelle).
Unterstützung kommt nun auch von der Deutschen Aidshilfe (DAH), die ebenfalls eine coronabedingte Verdrängung der legalen Prostitution in die Illegalität befürchtet. „Menschen in der Sexarbeit brauchen ein sicheres Arbeitsumfeld mit fairen Regeln und rechtlicher Absicherung“, sagt Ulf Kristal, DAH-Vorstand. Sicherheit lasse sich aber nur unter legalen Bedingungen herstellen, ebenso der Infektionsschutz. „Gerade jetzt, wo Infektionszahlen wieder steigen, sind klare Spielregeln wichtig.“ (cre/dpa)
Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:
Deutsche Bordelle werben mit einem Tag der offenen Tür. #Coronavirus #Sexarbeit #Prostitution https://t.co/Lx3n3EBijl
— Ostbelgien Direkt (@OstbelDirekt) July 16, 2020
HINWEIS – Tausende demonstrieren in Berlin für ein Ende der Corona-Beschränkungen – „Wir sind die 2. Welle“. https://ostbelgiendirekt.be/tausende-gegen-corona-massnahmen-257175
Sexarbeit war nie glorreich.
„Es ist schlimmer als in den Krieg zu ziehen.“
https://youtu.be/wvCawVUIhRU
@ Enzian, die Zuhälter führen ein Leben in SAUS und BRAUS….
Es mag sehr schlimme Arbeitsverhältnisse in dieser Branche geben, aber beileibe sind nicht alle Sexarbeiterinnen willenlose Sklavinnen. Ich persönlich bin mit einer inzwischen im Pensionsalter angekommenen Frau befreundet, die einen Großteil ihres Lebens in diesem Metier gearbeitet hat. Sie hat mir mehrfach schon erklärt, dass ihr Arbeitsverhältnis gegenüber den Bordellbetreibern immer äußerst korrekt war, problematisch aber zum Großteil der Zeit gegenüber den Sozialkassen, da dieser Job in Deutschland als Sittenwidrig galt.
Also auch hier, bitte nicht alles über einen Kamm scheren!
@ Enzian “ Es ist schlimmer als in den Krieg zu ziehen “ , kommt sicher darauf an , welches Kaliber von einem Weib man zu bedienen hat .
Da sind unsere Nachbarn, die Limburger auch freier drin. In Lemiers ist alle Tage die Hütte voll. da gibt es Ringelpitz mit anfassen. Alles problemlos.
Erfahrungsberichte und Tipps zu diesem Thema sind natürlich immer gerne willkommen Herr Müller.