Gesellschaft

Trotz einer ersten Lockerungswelle in Europa: Pläne für Sommerurlaub im Ausland sind noch auf Sand gebaut

15.03.2020, Spanien, Palma: Der Strand S'Arenal und der Strandweg sind menschenleer. Foto: Clara Margais/dpa

Die Hälfte der Staaten in Europa hat der WHO zufolge erste Lockerungen der Anti-Corona-Maßnahmen eingeleitet. Aber hilft das auch dem Tourismus? Und ab wann?

Der Trend zur Lockerung bei den Anti-Corona-Maßnahmen verstärkt sich in ganz Europa. In Ländern wie Österreich, Griechenland und Spanien stehen die Starttermine bei den Hotels fest. Allenthalben gelten aber immer noch Reisebeschränkungen und -warnungen. Ein Überblick der wichtigsten Maßnahmen in einigen besonders beliebten Urlaubsländern.

GRIECHENLAND: Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis hat ein neunwöchiges Lockerungsprogramm angekündigt. Masken werden in allen geschlossenen Räumen und öffentlichen Verkehrsmitteln ab 4. Mai Zwang sein. Wer sich nicht daran hält, muss 150 Euro zahlen. Zunächst werden am 4. Mai Friseursalons, Elektrogeschäfte und Buchhandlungen wieder aufmachen. Die Bürger werden zudem von Montag an ohne Einschränkungen aus dem Haus gehen können. Reisen außerhalb der jeweiligen Präfektur sind aber vorerst nicht erlaubt. Auch das Reisen vom Festland zu den Inseln ist vorerst nicht gestattet. Im Juni sollen stufenweise die Hotels wieder öffnen. Das größte Problem bleibt der Tourismus aus dem Ausland. Bislang ist unklar, wann die Flüge innerhalb Europas wieder starten werden.

09.04.2020, Österreich, Kufstein: Blick auf die Stadt im Bundesland Tirol. Foto: Expa/Johann Groder/APA/dpa

ÖSTERREICH: Die Alpenrepublik ist bei den Lockerungen weit vorne. Ausgangsbeschränkungen gibt es seit Freitag nicht mehr. Ab 2. Mai dürfen alle Geschäfte und fast alle Dienstleister wie Friseure wieder öffnen. Am 15. Mai folgen die Restaurants, Ende Mai die Hotels. Die Hygieneregeln wie Mindestabstand von einem Meter und das Tragen von Mund-Nasen-Schutz in Geschäften sowie öffentlichen Verkehrsmitteln gelten weiter. Österreich hofft, dass ab dem Hochsommer der Tourismus mit Ländern wie Deutschland wieder anlaufen kann. Das Schicksal vieler Betriebe hängt von der Reiselust speziell der Deutschen und Niederländer ab. Wichtige Wiener Museen öffnen indes früher als geplant. Nach dem Belvedere will unter anderem das Kunsthistorische Museum (KHM) zu Pfingsten wieder Besucher zulassen. Als besondere Geste hat sich das KHM für ein „pay as you wish“-Modell für den Juni entschieden, bei dem jeder Besucher den Eintrittspreis selbst bestimmt.

ITALIEN: Nach Italien darf man derzeit nur mit einem triftigen Grund reisen. Tourismus ist nicht möglich. Hotels sind seit Anfang März geschlossen. Wann sie wieder aufmachen, ist vollkommen unklar. Ab dem 4. Mai werden erste Mini-Schritte in Richtung Freiheit gemacht, dann dürfen die Menschen wieder zum Spazieren raus. Der Tourismus ist einer der größten Geschäftszweige in Italien, umso verzweifelter sind die Menschen, die in der Branche arbeiten. Venedigs Bürgermeister Luigi Brugnaro rief zuletzt dazu auf, jeder, der sich wieder bewegen dürfe, möge bitte umgehend nach Venedig kommen. Viele setzen nun auf den inländischen Tourismus. Hoteliers oder Strandbadbesitzer denken sich alles mögliche aus, um „soziale Distanz“ am Meer oder am Pool garantieren zu können: Von Plexiglastrennwänden über verschiedene „Schichten“ – also eine begrenzte Anzahl von Badenden zu jeweils verschiedenen Zeiten – am Meer bis zu Abstandskontrollen am Strand oder schwimmende Sonnenliegen im Wasser.

24.04.2020, Spanien, Barcelona: Eine Frau mit Mundschutzmaske gegen das Coronavirus rollt an geschlossenen Restaurants im „Port Vell“ vorbei. Die Straßen der sonst von Touristen überflutete Stadt sind im Zuge der Corona-Pandemie leer geworden. Foto: Matthias Oesterle/dpa

SPANIEN: Ob Schlagerparties auf Mallorca, ein Städtetrip nach Barcelona oder eine Wanderung auf dem Jakobsweg – für den Sommer 2020 bleiben diese Aktivitäten für ausländische Feriengäste wohl Wunschdenken. Der Tourismus werde wohl nicht vor Jahresende in Gang kommen, warnte die Regierung in Madrid zuletzt. Bislang sind die Grenzen zu und auch Reisen in andere Regionen des Landes sind selbst den Spaniern weiter verboten, wenn sie keinen wichtigen Grund vorweisen können. Wohl ab Ende Juni können zumindest die Spanier selbst voraussichtlich bescheidene Urlaubspläne schmieden. Viele Hotels sollen Mitte Mai wieder öffnen dürfen – unter strikten Auflagen und mit maximal 30 Prozent Belegung. Medien schrieben zuletzt, Spanien werde diesen Sommer ein Revival der 1950er Jahre erleben: kaum internationale Gäste, kein Badespaß im Mega-Resort, kein überfülltes All-Inclusive, stattdessen Kurzreisen, Städtetrips, Wanderungen in den Bergen und Urlaub auf dem Land bei Familie und Freunden.

FRANKREICH: An den Stränden der französischen Riviera können sich Urlauber aller Voraussicht nach frühestens im Juni sonnen. Die Strände Frankreichs bleiben generell bis mindestens 1. Juni für die Öffentlichkeit geschlossen, kündigte Regierungschef Édouard Philippe am Dienstag bei der Vorstellung der Lockerungspläne ab dem 11. Mai an. Erst Ende Mai will die Regierung Frankreichs bekanntgeben, ob im Juni auch Cafés, Restaurants und Bars wieder öffnen können. Eine klare Ansage für Hotels und Camping-Plätze gab es zunächst nicht. Kleinere Museen sollen ab 11. Mai wieder Besucher empfangen können – große Museen wie der weltberühmte Louvre in Paris werden ihre Türen wohl nicht vor September wieder öffnen.

01.05.2020, Niedersachsen, Norddeich: Verschlossene Strandkörbe sind am Nordseestrand von Norddeich. Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa

DEUTSCHLAND: In der Corona-Krise wächst der Druck auf Bund und Länder, weite Teile des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens wieder hochzufahren. Wirtschaftsverbände trommeln angesichts des Konjunktureinbruchs massiv dafür. Diskutiert wird am kommenden Mittwoch erneut zwischen Kanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten der Länder. Zumindest bis zum 10. Mai sollen die Kontaktbeschränkungen bestehen bleiben. Bis dahin sollen Bürger in der Öffentlichkeit 1,5 Metern Mindestabstand einhalten und sich dort maximal mit einer weiteren Person oder mit solchen aus der eigenen Wohnung aufhalten. Was Gaststätten und Hotels betrifft, so sollen die Fachminister erst bis zur übernächsten Bund/Länder-Konferenz Vorschläge für eine Wiederöffnung machen. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet will aber schon am Mittwoch über die Gastronomie reden, dämpft aber Hoffnungen auf ein Öffnen im Mai. Das umstrittene Öffnungsverbot für große Geschäfte dürfte weiter Thema sein. Mehrere Landesregierungen kündigten an, auszuscheren und die Beschränkung auf 800 Quadratmeter aufzuheben.

NIEDERLANDE: Die auch bei deutschen Urlaubern beliebte niederländische Nordseeprovinz Zeeland öffnet ihre wegen Corona geschlossene Tür einen Spalt breit: Seit Freitag dürfen die Tourismusbetriebe der Region zunächst 15 Prozent ihrer Bettenkapazität wieder an Schlafgäste vermieten. Der Beschluss gilt zunächst bis zum 22. Mai. Bis mindestens 20. Mai gelten die strengen Corona-Maßnahmen. Das heißt unter anderem, dass Restaurants, Cafés und Kneipen geschlossen sind und in der Öffentlichkeit ein Sicherheitsabstand von eineinhalb Meter einzuhalten ist. Viele Campingplätze und Bungalowsparks sind geschlossen oder aber vermieten nur unter besonderen Bedingungen an Touristen.

11.04.2020, Türkei, Istanbul: Eine Katze sitzt im menschenleeren Garten vor der Blauen Moschee. Foto: Emrah Gurel/AP/dpa

TÜRKEI: Die Einschränkungen in der Türkei sollen vorerst noch bis Ende Mai gelten. Dazu gehören Ausgangssperren über die Wochenenden für 31 Städte und Provinzen und ansonsten für chronisch Kranke, die meisten Unter-20-Jährigen und Senioren ab 65. Außerdem bleiben unter anderem Schulen und Unis, Bars und Cafés geschlossen. Präsident Recep Tayyip Erdogan hat aber einen baldigen Fahrplan für die Rückkehr zur Normalität angekündigt. Ab Ende Mai soll zumindest die halbstaatliche Fluggesellschaft Turkish Airlines wieder fliegen. Die Türkei hängt zur Rettung ihrer angeschlagenen Wirtschaft stark vom Tourismus ab. Der Gesundheitsminister betont seit einigen Tagen, das Schlimmste sei überstanden und die Zahl der Opfer verringere sich stetig.

ÄGYPTEN: Hier wurden die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus teils etwas gelockert. So wurde die seit Ende März geltende nächtliche Ausgangssperre verkürzt: Die Menschen müssen in dem nordafrikanischen Land jetzt täglich zwischen 21 und 6 Uhr morgens zu Hause bleiben, Geschäfte müssen ab 17 Uhr schließen. Restaurants und Cafés dürfen zwar liefern, in ihren Räumen aber keine Gäste bewirten. Und öffentliche Strände in beliebten Badeorten wie Hurghada und Scharm El-Scheich sind weiterhin geschlossen und dieser Tage menschenleer. Touristische Flüge nach Ägypten sind immer noch ausgesetzt.

01.05.2020, Polen, Sromowce Katy: Besucher des Pieniny-Nationalparks sitzen in Rafting-Booten auf dem Dunajec-Fluss. Die Rafting-Saison hat aufgrund der Corona-Krise mit einem Monat Verspätung begonnen. Foto: Grzegorz Momot/PAP/dpa

POLEN: Das Land lockert seine Restriktionen nur sehr langsam. Es wird seine Kontrollen an den Grenzen zu anderen EU-Mitgliedstaaten bis zum 13. Mai aufrechterhalten – und bleibt vorerst für Ausländer geschlossen. Ausnahmen gelten für Menschen mit Daueraufenthaltsgenehmigung, für Lastwagenfahrer und Diplomaten. Die Grenzen zu Deutschland, Tschechien, zur Slowakei und zu Litauen können nur an bestimmten Übergängen überquert werden. Die Regierung in Warschau hat sich entschieden, ab dem 4. Mai Hotels und Einkaufszentren wieder zu öffnen. Restaurants – auch solche in Hotels – bleiben allerdings weiterhin geschlossen.

KROATIEN: 17 Prozent des Bruttoinlandsprodukts werden vom Tourismus generiert. Umso bitterer, dass seit dem 19. März keine Urlaubsreisen möglich sind. Wer dennoch aus Deutschland einreisen kann, muss in 14-tägige häusliche Quarantäne. Ab 11. Mai dürfen Cafés und Restaurants öffnen, wenn sie ihre Kundschaft außerhalb bedienen. In Kroatien besteht keine Maskenpflicht, sondern nur eine Empfehlung. Das Land macht Druck auf eine Öffnung der Grenzen für Urlauber. Vorgeschlagen wird die stufenweise Inbetriebnahme von Fremdenverkehrseinrichtungen: zuerst Campingplätze, dann
Privatzimmer und Ferienhäuser, dann nautischer Tourismus wie die Vermietung von Segelbooten und Jachten. Man beobachtet die EU-Diskussion um Sommerreisen, verhandelt aber auch selbst direkt mit Slowenien, Tschechien und Österreich, um Reisen zwischen den Ländern zu ermöglichen. (dpa)

Zum Thema siehe auch folgende Artikel auf OD:

30 Antworten auf “Trotz einer ersten Lockerungswelle in Europa: Pläne für Sommerurlaub im Ausland sind noch auf Sand gebaut”

  1. Marina K.

    Ich denke, dass sehr viele Leute dieses Jahr zu Hause bleiben, oder im Heimatland ihren Urlaub verbringen werden. Vielen fehlt schlichtweg das Geld, für einen Urlaub, andere werden Angst vor Ansteckung haben. Bei den Auflagen ist an einen entspannten Urlaub auch nicht zu denken

  2. Marcel Scholzen eimerscheid

    Am einfachsten ist es, im eigenen Land Urlaub zu machen. Belgien ist zwar nicht groß, gibt trotzdem genügend lohnenswerte Ausflugsziele wie zum Beispiel das Schlachtfeld von Waterloo oder die Grotten von Han-sur-Lesse.

    • Besorgte Mutter

      In der Tat gibt es hier in Belgien wunderbare Ausflugs- und Urlaubsdestinationen. Nur habe ich die fast alle schon mindestens einmal erlebt und zwar in der Zeit als ich noch kleine und kleinere Kinder hatte.
      Mir als Lebemensch macht ein Sommer ohne Feste, Ausflüge und Urlaub richtig Angst vor unsäglicher Langeweile.

        • Besorgte Mutter

          „wenn man sonst nichts mit seinem Leben anzufangen weiß“
          Was soll das denn jetzt heißen?
          Immerhin habe ich vier Kinder sehr erfolgreich großgezogen und bin in enger Abstimmung mit meinem Gatten fast durchgehend einer offiziellen Beschäftigung nachgegangen. Wir haben deshalb auch auf sehr vieles verzichtet, konnten uns im Gegenzug aber, aus eigener Kraft, etwas aufbauen und den Kindern immer etwas bieten.
          Dann so etwas von Ihnen gesagt bekommen, dass ist schon eine Frechheit!

          • peter Müller

            Liebe besorgte Mutter. Was wollen Sie mir erzählen. Ich, auch viele andere haben Kinder und ein Leben lang gearbeitet, und auch auf vieles verzichtet. Wenn Sie aber meinen Urlaub, Feten, ,Partys und sonstiges ist die Erfüllung ,na ja.

  3. Absolute Disziplin

    Die Nato erwartet im Herbst eine zweite Welle an Neuinfektionen, es laufen nun Maßnahmen unter dem Befehl des US Generals Wolters an, um Europa auf alle Lagen vorzubereiten. Wer glaubt das er dieses Jahr irgendwo in Urlaub fährt der muss naiv sein. Gleichzeitig nehmen die Spannungen zwischen den USA und der VR – China und seiner de facto Verbündeten Russland, Iran und Nordkorea weiter zu. Top Ökonom Nouriel Roubini der dieser Tage mit all seinen Vorhersagen richtig lag, hält militärische Zwischenfälle in Taiwan und im südchinesischem Meer für möglich. Weiter argumentiert Roubini das wir auf dem Weg in eine große wirtschaftliche Depression sind, die Gründe sind aber nicht die Viren sondern ein systemische Finanz und Wirtschaftskrise, die ein Jahrzehnt andauern wird. Denn die Weltwirtschaft war schon vor der Virenkrise dramatisch in Talfahrt.

    • multipolare Weltordnung

      Das ist die Oberfläche. Und wie wir Tag für tag erfahren, steckt viel mehr hinter der Oberfläche, als wir wahr haben wollen…
      Trump, zusammen mit Putin und… Xi, arbeiten an einer multipolaren Weltordnung:
      „Might the Russia-China-USA Alliance for Space Exploration Define the New ‘New Wor/ld Order’ ?“
      http://canadianpatriot.org/might-the-russia-china-usa-alliance-for-space-exploration-define-the-new-new-world-order
      Trump hat erkannt, schon bevor er Potus wurde, daß die USA nicht mehr Hegemon spielen können.
      Es stecken andere Motivationen hinter den Dingen als das, was an der Oberfläche schwappt.
      Traut der Oberfläche nicht, sapere aude!

      • Absolute Disziplin

        Schon lange wissen Trump, Putin als Vertreter alter Weltmächte und Xi als der Vertreter einen neuen Weltmacht das ihre entgegen gesetzten geopolitischen Interessen und ihre verschiedenen Herrschaftssysteme unweigerlich auf eine Konfrontation zusteuern. Was wäre im Januar gewesen wenn Trump den Irankonflikt hätte eskalieren lassen, Putin und Xi hätten dies nicht zulassen können. Es war der letzte Warnschuss für die alte Ordnung. Jetzt werden die Einflussgebiete neu verteilt, um vielleicht zu einer dauerhaften friedlichen Koexistenz zu kommen.

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