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Freie Fahrt für Fietser: Fünf Ideen aus dem Fahrradland Holland – Wo Autofahrer nur zu Gast sind

09.09.2019, Niederlande, Amsterdam: Radfahrer sind auf einer "Fietsstraat" unterwegs, einer Straße für Radfahrer, auf der Autos nur zu Gast sind. Foto: Annette Birschel/dpa

In den Niederlanden gibt es mehr Fahrräder als Einwohner. Und die radeln im Jahr 15 Milliarden Kilometer. Das geht auch super, denn alles ist aufs Radfahren eingestellt. Über Ideen, von denen eventuell auch andere Länder lernen könnten.

Fiets heißt Fahrrad. Das ist das erste, was jeder Holland-Besucher sehr schnell lernt. Fahrräder gehören zu den Niederlanden wie Gouda-Käse und Tulpen.

Die gut 17 Millionen Einwohner haben insgesamt 23 Millionen Fahrräder, also 1,3 pro Person – vom Baby bis zum Greis. Radfahren macht hier Spaß – das hat viele Gründe. Das Land ist so platt wie ein Pfannkuchen, nur der Wind nervt.

09.09.2019, Niederlande, Amsterdam: Ein modernes Park-Leit-System für Radfahrer steht am Bahnhof. Digitale Anzeigen geben an, wie viele Plätze in welchen Parkgaragen noch frei sind. Foto: Annette Birschel/dpa

Aber viel wichtiger ist eine gute Infrastruktur fürs Radfahren, und die wird ständig ausgebaut. Regierung und Kommunen setzen im Zuge des Klimawandels voll aufs Rad. Die Regierung hat erst kürzlich 100 Millionen Euro für Radwege und Stellplätze zugesagt.

Fünf Beispiele, von denen eventuell auch andere Länder lernen könnten:

Fahrradwege: Rund 37.000 Kilometer Radwege gibt es im Land. Und das sind nicht etwa mickrige schmale Seitenstreifen direkt neben den rasenden Autos (wovon es zusätzlich rund 4.700 Kilometer gibt). Der Trend in Großstädten und Wohnvierteln sind breite „Fiets-Straaten“. Straßen werden rigoros zu Fahrradwegen erklärt und als solche meist mit knallroter Farbe ausgewiesen. Dort sind Autos nur noch Gast. Entsprechend haben sich Autofahrer zu benehmen: Für sie gilt höchstens Tempo 30, und sie dürfen nur sehr vorsichtig überholen.

Schnellstraßen: In den Ballungsgebieten gibt es Schnellstraßen, also eine Art Autobahn, aber dann für Fahrräder. Ohne lästige Ampeln und Kreuzungen. Autos und Motorräder sind nicht zugelassen. Die Schnellwege sind perfekt geeignet für Pendler. Das Wegenetz wird bis 2030 erheblich erweitert. Durch das rasante Aufkommen von E-Bikes und Pedelecs wird das Rad zunehmend die Alternative fürs Auto auch bei größeren Entfernungen zum Arbeitsplatz.

09.09.2019, Niederlande, Amsterdam: Ladestation für E-Bikes in einer Fahrradparkgarage am Bahnhof. Dies ist ein Pilotprojekt, bei dem man E-Bikes dienstlich mieten kann. Foto: Annette Birschel/dpa

Stellplätze: Überall in den Innenstädten, an Unis und Bahnhöfen gibt es große Parkhäuser oder Keller für Räder. In Amsterdam etwa wurden ausrangierte Fähren auf dem Wasser zu Garagen umgebaut. In Utrecht bietet ein funkelnagelneues Rad-Parkhaus am Hauptbahnhof Platz für 12.500 Fietsen auf drei Etagen. Es ist die größte Fahrradgarage der Welt. Radfahrer (Fietser) werden mit einem hypermodernen elektronischen Parkleitsystem zu freien Plätzen geführt. Fiets-Garagen an Bahnhöfen sind oft bewacht, rund um die Uhr geöffnet und das Allertollste: Die ersten 24 Stunden sind gratis.

Leihrad: Es gibt eine fast lückenlose Anbindung von Zugverkehr und Fahrrad. Für all diejenigen, die nach einer Bahnfahrt nicht auf einen Bus warten oder gar laufen wollen, gibt es die wunderbare Erfindung des „OV-Fiets“ (OV steht für „openbaar vervoer“ – öffentlicher Nahverkehr). An jedem Bahnhof, bei großen Bus- und Metrostationen sowie auch Park-and-Ride-Plätzen, sind diese Räder zu mieten. Und immer aufgepumpt! Und das für 3,85 Euro pro Tag.

Grüne Welle: Um lange Staus an den Ampeln zu verhindern, schalten manche Ampeln in den Großstädten zu den Hauptverkehrszeiten konsequent auf Grün für Radler. Das gilt vor allem für die großen Straßen. Es gibt Ampeln, die bei einem drohenden Fahrrad-Stau ein Signal bekommen und schneller auf Grün springen. Viele Rad-Ampeln zeigen auch noch die Wartezeit an bis zum Umspringen. Das soll Ungeduldige davon abhalten, durch Rot zu rasen. Das aber ist gerade bei Amsterdamern, die als Kamikaze-Fietser berüchtigt sind, vergebliche Liebesmüh. (dpa)

23 Antworten auf “Freie Fahrt für Fietser: Fünf Ideen aus dem Fahrradland Holland – Wo Autofahrer nur zu Gast sind”

  1. Autofahrer

    – Fahrräder gehören zu den Niederlanden wie Gouda-Käse und Tulpen –
    Ich gönne den Niederländern ihre Fahrräder. Mir persönlich reichen jedoch vollkommen unsere hiesigen Radler auf unseren Strassen. Viele Radfahrer glauben leider, dass die Straßenverkehrsordnung nur für andere Verkehrsteilnehmer zählt. Wäre auch mal gut, wenn unsere hiesige Polizei auch deren Delikte protokollieren würde. Angesicht der leeren Kassen wäre eine dementsprechende Straßensteuer auch angebracht.

    • Ja, das ist leider die ueberwiegende Meinung in unserer Gegend. Sicherlich verhalten sich manche Radfahrer Ruecksichtslos, es gibt immer Spinner… aber bei den Autofahrern ist das leider genauso. Und noch dazu gefaehrden die Autofahrer das Leben der Anderen und nicht das Eigene…

      Da reiht sich ein gefaehrliches Ueberholmanoever an das Andere, denn man will ja nicht mal 10 Sekunden hinter einem Radfahrer herfahren… Traurig…

      • Besorgte Mutter

        Ich, die überzeugte Autofahrerin plädiere immer für gegenseitigen Respekt und versuche immer auf meine und die Sicherheit der anderen zu achten.
        Ich muss an dieser Stelle aber @Autofahrer recht geben, wenn er die Polizei darum bittet, die Fahrradfahrer und Fahrradfahrerinnen mehr in die Pflicht zu nehmen. Oftmals kommen mir in der abendlichen und morgendlichen Dämmerung und sogar Nachts Fahrräder ohne eingeschaltetes Licht entgegen gefahren. Mit den Geschwindigkeitsbegrenzung nehmen die es auch nicht immer so genau wie ich es tue, so wurde ich vor einiger Zeit doch tatsächlich in Walhorn auf der Landstraße von Kettenis kommend in der geschlossenen Ortschaft von einer kleinen Gruppe Radler überholt und dabei fuhr ich schon die erlaubten 50Kmh.

      • Ganz genau, Reinoud. Als Radfahrer muss man immer hoffen, dass man nicht die plattgemacht wird, wenn Autos dich bei Gegenverkehr überholen. Das ist jedesmal eine Verkehrsübertretung, weil der obligatorische Sicherheitsabstand so nicht eingehalten werden kann. Aber das kümmert die meisten Autofahrer nicht. Schließlich kann ihnen nichts passieren.

  2. Helmut Grenner

    Wie viele Radwege gibt es denn eigentlich in Ostbelgien?
    Man plädiert für alternative Fortbewegung mit dem Rad aber Gedanken an die Verbesserung der Infrastruktur macht sich hier kein einziger Politiker. Es ist im Grunde eine Schande, aber Hauptsache der Straßenrand wird aufgeforstet (siehe z.B. Aachener Straße Merols -> Eynatten).

    • Ob das jetzt ein dpa-Bericht ist, spielt keine Rolle. Die Botschaft lautet: Wer mit dem Fahrrad unterwegs ist, verpestet nicht die Luft. Ganz nebenbei tut er etwas für seine Gesundheit und schont seinen Geldbeutel. Wenn das keine Argumente sind, um das Radfahren attraktiver zu machen, dann weiß ich auch nicht. Natürlich wird es immer Menschen geben, die keine Lust auf Radfahren haben und auch nie haben werden. Aber das ist kein Grund, um nicht in die Radfahrinfrastruktur zu investieren. Vielleicht kaufen sich einige, aufgrund dieses dpa-Berichts, ja jetzt tatsächlich ein Fahrrad. Also, immer positiv bleiben. Pessimisten gibt es genug auf dieser Welt.

      • Genau. Die Autofahrer schimpfen zwar immer über die lästigen Radfahrer, aber je mehr Menschen mit dem Rad in der Stadt unterwegs sind anstatt mit dem Auto, desto weniger stehen die verbliebenen Autofahrer im Stau und umso besser die Lebensqualität.
        Leider ist die Verkehrsinfrastruktur in Eupen grausig und nur auf Autofahrer ausgelegt.
        Klar dass man sich dann in die Quere kommt.

        Ich hätte gehofft mit einer grünen Bürgermeisterin tut sich in punkto Fahrradwege mal etwas. Konkrete Projekte hierzu habe ich jedoch noch nicht gesehen.

        Gab es nicht mal die Idee einen Radweg von Nispert zum Werthplatz zu schaffen?
        Was ist daraus geworden? Vielleicht können Sie ja mal bei Frau Niessen nachhaken Herr Cremer. Das wäre doch wesentlich informativer als ein kopierter dpa-Artikel.

        • In Kelmis hat man vor einigen Jahren die Lütticher Straße komplett erneuert. Bis auf wenige Meter hat man aber von einer Fahrradspur abgesehen. Stattdessen befindet sich in der Mitte der Straße ein zwei Meter breiter Streifen, der völlig sinnlos ist. Man hat offenbar keinen Gedanken daran verschwendet, etwas für die Sicherheit der Radfahrer zu tun. Belgien ist, was Fahrradinfrastruktur angeht, ein Dritte-Welt-Land.

          • Anonyminus(s)

            1.Die E-Bikes und vorallem ihre meistens überforderten Senioren sind eine Gefahr für alle.
            Nicht nur für sich selbst.

            2. Wer soll denn die schönen Fahrradwege wieder zahlen ?
            Dann bitte auch ein Nummernschild, Strassensteuer und Zulassungssteuer…. für Fahrräder

            Nein? Was für eine dumme Forderung von mir.
            Man möchte ja nur auf der Strasse gleichberechtigt sein.
            Wir fahren alle Rad und die Strassen finanzieren sich von selbst.
            Das klappt ja auch beim Strom. Der kommt aus dem akku oder der Steckdose.
            Schöne neue grüne Scheinwelt

  3. Bei den Politiker ist der Wille und das Geld für eine vernünftige Infrastruktur für Radfahrer nicht da. Kein Geld weil viel zu viele Politiker Parlamente Abgeordnete Provinzen nichtnutzige Behörden usw..

  4. Am letzten Sonntagmorgen fahren doch tatsächlich im dicken Nebel auf dem hohen Venn zwei Radfahrer nebeneinander ohne irgendwelche Reflektoren oder Beleuchtung. Das es auch anders geht zeigt ein paar Kilometer weiter ein anderer Radfahrer der vorne und hinten am Fahrrad eine Blinklampe hatte. Es ist einerseits die mangelhafte Strassensituation auf dem hohen Venn auf der anderen Seite aber auch das veranttwortungslose Verhalten der Fahrradfahrer die das Fahrradfahren auf bestimmten Strassen gefährlich machen.Hier sind wir noch weit von den Niederlanden entfernt.

  5. besserwisser

    Also, bei mir kommen am Wochenende viele Fahrradclub’s vorbei, vorwiegend Holländer,dies nehmen sich die ganze Autofahrspur für sich und gefährden sich selbst dadurch. Die Autofahrer müssen waghälise überholmanöver tun. In Holland fahren sie auf der Farradspur , aber da müssen sie hintereinander fahren; So kommen sie nach Belgien und da erlauben sie sich vieles, bitte mehr respekt verlangt,
    Die Polizei sieht man kaum und sieht darüber hinweg, schade….. aber Autofahrer werden zur Kasse gebeten bei übertretungen, nur Fahrradfahrer erlauben sich zu viel, manchmal auch noch abends ohne Licht in entgegengesetztzer Richtung….
    Wo bleibt denn da das savoir vivre????

    • Naja, sie duerfen ja meistens nebeneinander fahren… Auch wenn sie das jetzt nicht glauben, aber so steht das tatsaechlich im Gesetz. In der Ortschaft sowieso und auf der Landstrasse auch (wenn die Strasse breit genug ist fuer 2 Autos, sonst muessen sie Platz machen wenn ein Auto von hinten kommt).

      Das verringert zudem das Risiko dass bescheuerte Autofahrer die Radfahrer auch bei Gegenverkehr ueberholen. Da braucht nur mal der Radfahrer einem Schlagloch auszuweichen, da ist er schon tot…

  6. peter Müller

    Wir haben doch die schönsten Fahrradwege. Quer Durch den Wald bis nach Luxemburg. da wo sich Hase und Igel guten Nacht wünschen. Aber wenn ich von der Unterstadt in die Oberstadt fahren möchte droht mir der Unfalltod. Auf jeder Strasse in Eupen, sollte links und Rechts ein Fahrradweg sein. Fahrradfahrer sollten überall Vorfahrt haben. Autofahrer die sich nicht daran halten direkt zur Kasse bitten. Ganz einfach, man muss es nur umsetzen.

    • Autofahrer

      Radfahrer die sich nicht an die Straßenverkehrsordnung halten aber dann bitte auch direkt zur Kasse bitten. Ist auch ganz einfach, muss man auch nur umsetzen. Gleiches Recht für Alle . . .

  7. In Holland wo es flach ist und in Ballungsgebieten wo mann mit dem Auto sowieso im Stau steht kann mann ruhig das Fahrrad nehmen. In ländlichen gegenden, wie zum Beispiel die Eifel, ist Fahrradfahren doch eine Zumutung. Die abstände sind zu groß, die Straßen schlecht.
    Die Menschen die Autos abschwören wollen sollen mal außerhalb wohnen gehen. Wenn Sie dann jeden Tag 2 Stunden Radfahren in Wind und Wetter, im Sommer und Winter. Mal sehen wie Sie dann reden.
    Das ist in meine Augen nur dummes öko geschwetze.

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