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Europas Agrarpolitik wird ab 2023 umweltfreundlicher – Arimont: „Unsere Landwirte sind systemrelevant“

Künftig soll mehr Geld an Umweltauflagen geknüpft sein. Foto: Shutterstock

Nach jahrelangem Ringen hat die Reform der milliardenschweren europäischen Agrarpolitik eine der letzten Hürden genommen. Das EU-Parlament in Straßburg stimmte am Dienstag mit deutlicher Mehrheit für die Pläne zur Neuordnung.

Ziel der Reform, die am 1. Januar 2023 in Kraft tritt, ist es, die Landwirtschaft mit den Umwelt- und Klimaschutzzielen der EU in Einklang zu bringen.

Der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont (CSP-EVP) bewertet das Ergebnis in Hinblick auf die Situation in Ostbelgien als „ausgewogen“.

„Zwar hat das Parlament sich nicht mit allen Forderungen durchsetzen können, aber das Resultat schafft Planungssicherheit für unsere Landwirte, denn die Einigung wird es ihnen in Zukunft weiter ermöglichen, wirtschaftlich zu arbeiten. Trotz ehrgeiziger neuer Anforderungen in Bezug auf den Klima- und Umweltschutz wurde dieser Ausgleich erreicht“, so Arimont.

Kühe in einer Scheune auf einem Bauernhof in Schoppen. Foto: OD

„Das Parlament hat dafür gesorgt, dass die Anforderungen in Bezug auf den Umweltschutz mit den sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnissen der Landwirte vereint wurden. Für mich war wichtig, dass die Vorgaben für die Landwirte berechenbar bleiben. Wenn wir für die Bauern eine Zukunft bei uns wollen, dann muss sich die harte Arbeit lohnen. Denn davon hängt ab, ob wir auch morgen noch hochwertige Lebensmittel aus der eigenen Region auf dem Teller oder im Glas haben“, so der ostbelgische EU-Abgeordnete.

„Wenn Anforderungen zu unrealistisch gestaltet werden, wie von einigen gefordert, verstärken wir nur unsere Abhängigkeit von Importen von außerhalb der EU oder überlassen riesigen Agrarfirmen, z.B. aus Südamerika, das Feld, anstatt unsere kleinen familiären Betriebe zu unterstützen. Ich habe immer wieder betont, dass unsere kleinen landwirtschaftlichen Betriebe mindestens genauso systemrelevant für uns sind, wie man das oft von den Banken behauptet. Und das berücksichtigt diese Reform zum Glück auch“, erklärte Arimont.

Laut Arimont bleibt es im Kampf gegen den Klimawandel wichtig, dass auch die Landwirtschaft einen Beitrag leiste. So sollen in Zukunft 35 Prozent der Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums und 25 Prozent der Säule der Direktzahlungen, das sind insgesamt 48 Milliarden Euro, an ökologische und umweltpolitische Maßnahmen gebunden werden. Landwirte werden Prämien erhalten, wenn sie sich an so genannten „Öko-Regelungen“ beteiligen.

Der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont bei einer Rede im Europäischen Parlament. Foto: Europäisches Parlament

„Als ein Beispiel für solche ‚Öko-Regelungen‘ wird von der Kommission die Weidehaltung genannt, die bei uns in Ostbelgien stark praktiziert wird. Effektiver Klimaschutz geht in diesem Sinne nur mit den Landwirten – durch konkrete Anreize – und nicht gegen sie“, so Arimont.

„In Bezug auf den Umweltschutz und einen fairen globalen Wettbewerb fordern wir als Parlament, dass die Gesundheits- und Umweltstandards der EU auch auf eingeführte Agrarerzeugnisse und Lebensmittel angewendet werden. Bis spätestens Juni 2022 soll die EU-Kommission dazu eine Bewertung abgeben. Für uns als Parlament ist klar, dass wir nur mit denjenigen Staaten handeln sollten, die den gleichen Anforderungen genügen wie die Europäische Union, alles andere würde zu unlauterer Konkurrenz führen“, unterstrich Arimont.

„Zudem soll durch die neue GAP der familiäre landwirtschaftliche Betrieb, wie wir ihn in Ostbelgien kennen, stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Diese Betriebe sollten das Modell sein – nicht der Agrarriese, der keinen Bezug mehr zu den Tieren und der Arbeit auf dem Feld hat. Über 90 Prozent der europäischen Bauernhöfe werden aktuell tatsächlich noch als Familienbetriebe aufgeführt. In diesem Sinne hat das Parlament sichergestellt, dass eine Umverteilung der GAP-Mittel von größeren auf kleinere Betriebe erfolgt.“

Bauernprotest am 30. Juli 2015 in Ghilenghien in der Provinz Hennegau. Foto: Belga

Mitgliedstaaten sollen zum Beispiel mindestens zehn Prozent der Direktzahlungen für die Umverteilung an kleinere Betriebe vorsehen oder andere Methoden einsetzen, um die EU-Mittel gerechter zu verteilen. Sie können auch einen Mechanismus einführen, um die jährlichen Direktzahlungen an Landwirte auf 100.000 Euro zu begrenzen oder ab 60.000 Euro progressiv zu senken. So sollen Mittel, die aktuell an Landwirte mit sehr viel Land fließen, gedeckelt werden. Somit bleibt mehr Geld aus dem Topf für Betriebe übrig, die es wirklich zum Wirtschaften brauchen.

Ebenfalls wird zum ersten Mal der Begriff des „aktiven Landwirten“ in den Texten definiert. Arimont: „Das war auch etwas, das das Parlament durchgeboxt hat. Die Mitgliedstaaten sollen demnach nur die Landwirte unterstützen, die ein Mindestmaß an landwirtschaftlicher Tätigkeit ausüben.“

Ein weiterer wichtiger Punkt für das Parlament war laut Arimont die Krisenreserve. Diese wird zur Unterstützung der Landwirte bei Preis- oder Marktschwankungen als Instrument mit einem jährlichen Budget von mindestens 450 Millionen Euro dauerhaft eingerichtet.

Eine junge Landwirtin versorgt ihr Vieh auf einem Bauernhof. Foto: Shutterstock

Ein weiterer wichtiger Punkt, der durch die Reform angegangen werden soll, sei die Förderung junger Landwirte, so der ostbelgische EU-Abgeordnete: „Wir brauchen in dem Sektor unbedingt junge Leute, um die Zukunft unserer landwirtschaftlichen Produktion in Europa zu sichern. Mindestens drei Prozent des Budgets für Direktzahlungen eines Mitgliedstaates muss daher von nun an für Maßnahmen zur Unterstützung von Junglandwirten ausgegeben werden. Das ist aber eigentlich noch nicht ambitioniert genug, denn wir haben es wirklich mit einer besorgniserregenden Generationenkluft in diesem Bereich zu tun.“

Fast ein Drittel der Betriebsleiter in den europäischen Familienbetrieben ist 65 Jahre oder älter. In der Wallonie sind nur sechs Prozent der Landwirte jünger als 35 Jahre. Innerhalb von 25 Jahren ist dort die Hälfte der Landwirte und der landwirtschaftlichen Betriebe verschwunden. „Die Wallonische Region kann in diesem Sinne auch deutlich mehr Unterstützung vorsehen, was ich für absolut notwendig halte“, so Arimont.

Die neuen GAP-Vorschriften sollen ab dem 1. Januar 2023 gelten. Belgien wird voraussichtlich etwas mehr als 3,6 Milliarden Euro an Direktbeihilfen für Landwirte und 647,4 Millionen für die Entwicklung des ländlichen Raums erhalten. (cre)

8 Antworten auf “Europas Agrarpolitik wird ab 2023 umweltfreundlicher – Arimont: „Unsere Landwirte sind systemrelevant“”

    • Dann sind das sicher die „Prämien“ für die Flutopfer, denn es sind nicht nur Häuser abgesoffen. Auch Felder wurden von dem Gemisch aus Wasser, Heizöl, Fäkalien und Treibgut, wie Müll, Steine Holz, überflutet, die Ernte unbrauchbar gemacht, die Böden fortgeschwemmt oder kontaminiert, Tiere, Futterreserven, Ställe, Zäune und Tränken mitgerissen … Wie auch anderen Opfer wurde den Landwirten finanziell geholfen, denn die Versicherungen decken den Schaden bei weitem nicht ab.

  1. Joachim Wahl

    Arimont ist ein „beratungsresistenter Klimaretter“ mit adäquatem Honorar. Hätte er einen Funken Selbstachtung, würde er für ein bezahlbares Europa kämpfen und nicht dem Irrsinn der „Klimarettung“ frönen.
    „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“.

  2. Wenn ich höre die Situation in Ostbelgien ist ausgewogen. Eine Frechheit. Dann soll Herr Arimont mal kommen wenn die Bauern hinter den Häusern an der Ketteniserstraße in Walhorn kurz bevor es regnet oder schnei ihre Gülle und Die Scheiße ihrer Kühe ausfahren. Dasselbe wenn es gefroren hat. Davon das man sich im Sommer nachmittags nicht auf der Terrasse aufhalten kann weil es so stinkt. Aber diesen Landwirten ist alles egal. Man sollte denen mal Gülle und Scheiße vor die Haustür kippen.

    • Pensionierter Bauer

      Wenn die frische Landluft nicht das Ihrige ist, dann müssen Sie eben in die Großstadt ziehen. Landwirte fuhren ihre Gülle dort schon aus, bevor Sie geboren wurden.
      Wer die Vorteile vom Landleben hat, der muss auch die Nachteile akzeptieren!

    • Oh ja, wie schlimm! Dreimal im Jahr stinkt es für einige Stunden. Seien Sie froh, dass Sie nicht in der Nähe einer Schweine- oder Hühnerfarm leben, wie mein Schwager in Gemmenich. Der muss seit 30 Jahren täglich die Fenster schließen, wenn der Bauer seine Riesenfarm entlüftet.

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