Zwischenruf

Altenwahn statt Jugendwahn im Eupener Rathaus?

Bei der Zusammensetzung des neuen Gemeindekollegiums in Eupen scheint nicht alles so glatt gelaufen zu sein, wie es zunächst den Anschein hatte. Bei jungen Leuten herrschte am Dienstag eher Ernüchterung, wie viele Kommentare auf „Ostbelgien Direkt“ zeigen. Tom Rosenstein (Ecolo) ist nicht Jugendschöffe geworden, sondern lediglich Jugendbeauftragter. Und Annabelle Mockel (PFF) ist nicht einmal Beauftragte für irgendetwas. Wohl aber wird Fred Evers mit 77 Jahren Schöffe. Altenwahn statt Jugendwahn?

Vor acht Jahren, nach der PDG-Wahl 2004, war es genau umgekehrt, jedenfalls bei der PFF. Da brach bei den Liberalen der Jugendwahn aus. So schaffte es Isabelle Weykmans zur jüngsten Ministerin Belgiens. Und wenn nicht Weykmans Ministerin geworden wäre, dann wäre Kattrin Jadin auf den Posten in der DG-Regierung gehievt worden. Diesmal wollte die Eupener PFF ein solches Wagnis nicht eingehen – und Ecolo offenbar auch nicht. So sitzen mit Ausnahme der 33-jährigen Claudia Niessen die Altersklassen 40+, 50+, 60+ und 70+ im neuen Gemeindekollegium.

Erst die Gemeindepolitik kennenlernen

Erfahrung ist neuerdings gefragt, Jugend schon weniger. Kann gut sein, dass Grüne und Liberale gezögert haben, junge Kandidaten ins kalte Wasser zu stürzen, weil sie befürchten, dass diese der vielen Probleme, die auf die neue Mehrheit zukommen, nicht Herr werden könnten. Womöglich war ihnen das Risiko zu groß. Vielleicht ist der Grund für diese neuerliche Skepsis gegenüber Jungkandidaten aber auch der, den der Lontzener PDG-Abgeordnete Karl-Heinz Braun in einem Kommentar auf „Ostbelgien Direkt“ wie folgt umschrieb: „Tom Rosenstein wäre sicher ein guter Jugendschöffe geworden, aber beim Zuschnitt der Kompetenzen kann man sich eben nicht nur auf ein Fachgebiet beschränken. Und was wäre ein guter Schöffe wert, der zwar in einem Bereich glänzt, in den anderen aber untergeht? Das wäre auch nicht in Toms Interesse gewesen. Er hat nun Zeit, die Gemeindepolitik kennenzulernen, und in 6 Jahren sehen wir weiter.“ Schließlich hätten die Grünen mit Claudia Niessen, Tom Rosenstein und dem ÖSHZ-Präsidenten ihr Kontingent von drei Posten erschöpft. Da wäre kein Platz mehr für einen Schöffen Arthur Genten gewesen. So war es Ecolo schon lieber, Rosenstein zum Jugendbeauftragten zu machen.

Politik ein „Haifischbecken“

Jungpolitiker wie Tom Rosenstein und Annabelle Mockel lernen vielleicht erst jetzt, dass ihnen auf dem Weg nach oben nichts geschenkt wird. Der politische Alltag ist etwas anders als die Glitzerwelt des Wahlkampfes, in dem alle darauf bedacht sind, Harmonie zu demonstrieren. Wenn die Schlacht geschlagen ist und der Postenschacher los geht, dann gleicht die Politik gelegentlich einem „Haifischbecken“. Insofen kann nicht schaden, dass junge Leute wie Rosenstein und Mockel erst noch lernen, sich zu behaupten. Vor allem jedoch können sie sich in wichtigen Bereichen eine Sachklenntnis aneignen, die sie heute noch nicht haben. Außerdem: NACH der Wahl ist immer auch VOR der Wahl. In weniger als zwei Jahren ist PDG-Wahl. Zu Beginn einer politischen Karriere sollte man auch etwas geduldig sein. Mit der Devise „Ich-sofort-alles“ bringt man es nicht weit.

GERARD CREMER

Siehe auch Artikel: „Arthur Genten hofft auf Ruck durch Eupener Geschäftswelt“

Siehe auch Artikel „Neue Eupener Mehrheit: Evers, Scholl und Genten werden Schöffe“

13 Antworten auf “Altenwahn statt Jugendwahn im Eupener Rathaus?”

  1. Ein Eupener

    Aber wenn ich die Kommentare lese, scheint es bei Ecolo schon so zu sein, dass die Schöffen intern gewählt werden. War Herr Rosenstein denn überhaupt Kandidat für ein Schöffenamt? Ich habe so langsam das Gefühl, dass alles was mit Ecolo zusammenhängt sehr kritisch beobachtet wird. Sind das vielleicht alles gefrustete CSP-Leute(Wähler) die Kommentarschreiber?

    • Häschen

      Eine Partei und Politiker, die immer als Moralapostel aufgetreten sind, die anderen Parteien und Politikern gerne Fehlverhalten, was die Ausübung ihrer Ämter und Mandate betrifft, vorgeworfen haben und regelmäßig selbst gescheitert sind, wenn es darum ging, politische Verantwortung zu übernehmen, müssen sich mit einer genauen Beobachtung und einer ebenso kritischen Bewertung abfinden. ECOLO hat nie jemandem etwas geschenkt (außer der SP+) und wird auch nichts geschenkt bekommen (außer vielleicht bei der nächsten Mehrheitsbildung im PDG). Alles klar ? Was Tom Rosenstein betrifft, haben sie allerdings möglicherweise Recht. Dem Vernehmen nach wollte er eigentlich auch gar nicht in den Stadtrat. Aber so ist das, wenn man sich als Stimmenfänger auf einer Liste präsentiert. Erst kommt es anders und zweitens als man denkt.

      • Lars Brüll

        Ich habe mir eigentlich vorgenommen, nicht auf diese infamen und vorveruteilenden Aussagen und Meinungen einiger hier doch recht produktiven Kommentatoren zu reagieren! Doch so langsam platzt mir bei all dem Besserwissertum der Kragen! Der einfachste Weg, die Beweggründe zu erfahren, warum und weshalb jemand irgend ein Amt oder Mandat nicht annimmt, ist der direkte Kontakt zu dieser Person! Im Falle von Tom Rosenstein wird dieser wahrscheinlich nichts dagegen haben, ihnen allen hier eine Antwort bezüglich der Gründe, warum er nur „Jugendbeauftragter“ geworden ist, zu geben! Andererseits sehe ich es als sehr gefährlich an, sich aus den Kommentaren der Leser eine spekalutive Meinung zu bilden, ohne bei den betreffenden Personen selbst recherchiert zu haben!

        • Häschen

          Dies hier ist ein Forum, in dem Meinungen, Kritik, Lob erteilt und auch über … Gerüchte, Hörensagen ausgetauscht wird. Jedes Forum wird auch dazu genutzt, Stimmung zu machen. Da geht es hier vergleichsweise gesittet vor, verglichen mit anderen Foren. Es betrifft Personen, die öffentliche Ämter bekleiden und sich dem, als öffentliche Personen stellen müssen. In der Politik braucht man ein dickes Fell oder man lässt es besser sein. Die Fragen müssen nicht die Forumsteilnehmer stellen sondern die Journalisten. Verstanden ?

          • Lars Brüll

            Oh, das war mir gar nicht aufgefallen, danke für diese aufklärenden Worte! Leider habe ich nichts anderes als meine Meinung kundgetan, eine Stimmung aufgeschnappt und versucht sie aus meinem Blickwinkel zu interpretieren und sie dementsprechend zu kommentieren und anschliessend einen Lösungsvorschlag unterbreitet. Und dass man ein dickes Fell in der Politik haben muss, dessen war ich mir auch noch nicht bewusst. Und da ich ich dank ihrer Belehrung alles verstanden habe, bin ich froh, dass nur allein der Journalist für die Antworten auf seine Fragen verantwortlich ist.

  2. Junge Leute war doch nur ein Thema in der Vorwahlzeit,danach kommen wieder älteren Postenjäger die es doch brauchen im Mittelpunkt zu stehen,um in den verschiedenen Aufsichtsräten Ihre Posten zu sichern.

  3. Frank Bosch

    Ein einziger “richtig alter” Schöffe macht doch noch keinen “Altenwahn”, Herr Cremer! Ich habe mir nochmal das Gruppenbild angesehen und sehe z.Z. niemand anderen bei der PeFF, der diesen Job auf Anhieb übernehmen könnte. Außerdem ist Herr Evers Meister im Delegieren (eine gute Manager-Eigenschaft), sodass er die Verwaltung, einschl. Gemeindesekretär, geschickt einsetzen wird und nur die groben Linien vorgeben und die Resultate verkünden wird. Schon als Bürgermeister haben die anderen (vor allem die Finanzschöffen) die Arbeit für ihn machen müssen. Das wird jetzt nicht anders sein… Wie verkündet, will er ja auch nicht bis zum Ende der Amtsperiode bleiben und ich könnte mir vorstellen bzw. würde mir wünschen, dass er eine jüngere PeFF-Kollegin (Jadin, Mockel?) in die Amtsführung einweiht, um das Amt dann zu übernehmen. Fände ich jedenfalls gut. Hätte Ecolo die CSP mitgenommen (statt PeFF-SP), so hätte diese “Technik” m.E. für einen besseren Übergang der Geschäfte und für einige zusätzliche Generationswechsel sorgen können …

    • senfgeber

      Der Tenor von Fred’s Leserbriefen, die er vor den Kommunalwahlen schrieb, lassen überhaupt keine Zweifel an seiner geistigen Frische aufkommen. Der helfende Fred mit dem guten Herzen ist in der Lage, komplizierteste Sachverhalte mit der ihm eigenen Exzellenz in die Öffentlichkeit zu bringen. Und seien wir doch mal ganz offen, was anderes als Exzellenz hat Öepe schon verdient?

    • Karl-Heinz Reuter

      Ich kann Herrn Bosch nur zustimmen , hört doch auf mit dem Unwort „Altenwahn“, Fred Evers ist dank seiner Erfahrung und Kompetenz der am besten geeignete für den Job als Finanzschöffe für die Stadt Eupen. Respekt für so ein tolles Comeback. Im übrigen halte ich genauso wenig etwas von „Jugendwahn“ ( auch ein Unwort ? ) , auf die Mischung kommt es an, und wenn Fred Evers nach Halbzeit der Legislaturperiode seinen Posten an einen Jüngeren abgibt , den er mit all seiner Erfahrung während drei Jahren „angelernt“ hat, dann profitieren alt und jung davon .

  4. dr fritz ut gen aunderstadt

    tach van aunder gen Haas, nu haben wir der Salat, also so richtig kann ich dat nu auch nicht verstehen. Wenn ich mich auf ne Liste setzen lass hab ich auch ne Verantwortung, da muss ich zu stehen. Die Wähler haben die jungen Leute doch jewählt, dann sollen se auch mal ran und os lev Öüpe aus dem Dornröschenschlaf erwecken. In Schlaf gefallen ist Öüpe auch durch ene lange Fred, wo damals nicht nach de Jugend jeguckt worden is. Ich find et schad vör Öüpe dat de Tom und dat Anabell nicht dabei sind…hier hat man ne Changse verpasst

  5. Es ist DIE große Chance für die Jungen, sich in den Kommissionen zu profilieren und dort das in sie gesetzte Wählervertrauen AKTIV an den Tag zu legen, um bei den nächsten Wahlen eventuel Entscheidungsträgert werden zu können. Der Wähler wird darauf achten. Wichtig ist es erst mal dabei zu sein, den Fuß mit jugendlich Tatkraft in die Tür zu stellen, Opposition von innen heraus pflegen und keine Jasager unter Koalitionszwang zu werden. ! Ach ja, und in der Stadt immer freundlich lächeln und ein (scheinbar) offenes Ohr für die kleinen Nöte der Bürger zu haben, so etwa wie Patrick Meyer, da punktet man mit hunderten Extrastimmen bei den nächsten Wahlen und wird unumgänglich ;-)

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