Notizen

Mittwoch, 3. Juni, ist Weltfahrradtag: Radfahren immer beliebter – sogar dort, wo es lange Zeit verpönt war

29.05.2020, Belgien, Brüssel: Demonstranten auf Fahrrädern bei einer Protestaktion für eine bessere Fahrradinfrastruktur im Stadtzentrum. Foto: Benoit Doppagne/BELGA/dpa

Der Weltfahrradtag wurde am 12. April 2018 als ein offizieller UN-Tag eingeführt. Schon seit 1998 findet jährlich der Europäische Tag des Fahrrads statt.

Der 3. Juni wird traditionell von Fahrradverbänden genutzt, um auf die zunehmende Belastung im Straßenverkehr hinzuweisen.

Mit Ausfahrten und Sternenfahrten wird der Tag auf dem Zweirad gefeiert. So will man das Bewusstsein für das umweltfreundlichste Verkehrsmittel vorantreiben und in den Mittelpunkt rücken. Es sollen mehr Menschen mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren.

05.05.2020, Belgien, Brüssel: Ein Straßenarbeiter malt die Fahrbahnmarkierung für einen neu angelegten Fahrradweg am Boulevard Emile Jacqmain. Foto: Laurie Dieffembacq/BELGA/dpa

Das Fahrrad wird immer beliebter. Selbst dort, wo es lange Zeit nur stiefmütterlich behandelt wurde, wird es zunehmend gefördert. So wird die Brüsseler Innenstadt für mindestens drei Monate zur Rad- und Fußgängerzone.

Autos, Straßenbahnen und Busse dürfen nur noch höchstens 20 Kilometer pro Stunde fahren – und müssen Flaneuren und Radlern Vorrang geben. Diese dürfen künftig überall gehen und fahren, auch auf der Straße.

„Wir haben entschieden, die Gelegenheit zu nutzen“, sagte Wafaa Hammich, Sprecherin des Brüsseler Bürgermeisters Philippe Close. Fußgänger und Radfahrer sollten mehr Platz im öffentlichen Raum bekommen.

Unterdessen will die belgische Bahn am Bahnhof von Gent, der Hauptstadt der Provinz Ostflandern, das größte Fahrrad-Parkhaus Europas bauen. Die überdachte Abstellanlage soll für 17.000 Räder reichen und Radfahrer automatisch zu freien Plätzen führen, teilte die Bahngesellschaft NBMS-SNCB mit.

22.09.2019, Belgien, Brüssel: Ein Mann überquert mit einem Fahrrad eine Straße im Zentrum der belgischen Hauptstadt. Foto: Hatim Kaghat/BELGA/dpa

Sogar das Autoland Italien erlebt einen Zweirad-Boom, den vor Monaten noch niemand erwartet hat. Mit dem Ende des Corona-Lockdowns, so scheint es, ändert sich im Land von Ferrari, Fiat und Vespa etwas Gravierendes.

„So einen Umschwung habe ich noch nicht erlebt“, sagt Alessandro Tursi, Präsident des Fahrradverbandes Fiab. Der Architekt und Stadtplaner ist überrascht. Er berichtet, dass er seit Jahren mit mäßigem Erfolg bei Entscheidern in Rom und andernorts für eine grüne Verkehrspolitik warb. Gesetze, Bürokratie, Autofahrerlobby, überall seien die Hürden gegen Innovationen hoch gewesen. „Im April und Mai, in der heftigen Covid-Krise, war das plötzlich anders, und leicht.“

Die italienische Regierung erließ Sonderdekrete, um die Wirtschaft nach der Vollbremsung in Schwung zu bringen. Darin seien Veränderungen der Verkehrsregeln enthalten, die fahrradfreundlich seien, berichtet Tursi. Außerdem versprach Ministerpräsident Giuseppe Conte den Menschen in den Zentren, besonders in Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern, beim Kauf von Rädern und E-Scootern einen Zuschuss bis 60 Prozent des Preises, höchstens 500 Euro.

02.05.2020, Italien, Mailand: Ein Mitarbeiter der Stadt hält eine Schablone in der Hand, mit der er zuvor einen Fahrradweg gekennzeichnet hat. Foto: Claudio Furlan/LaPresse via ZUMA Press/dpa

Da Busse und Bahnen wegen der Abstandsregeln weniger Passagiere mitnehmen dürfen, sollen die Bürger vermehrt auf Zweiräder umsteigen. Dazu kommt: Vielen Italienern sind Schlangen an Bahnhöfen und Gedränge in Bussen dieser Tage in Covid-Zeiten unangenehm. Also, warum nicht aufs Rad steigen?

Händler aus der lombardischen Metropole Mailand jubelten in der Zeitung „La Repubblica“ über Käufer, die früher nicht einmal daran gedacht hätten, sich aufs Rad zu setzen. Der Industrieverband Ancma erwartete für Mai ein Umsatzplus von 60 Prozent – und aufs Jahr gerechnet könnte ein Anstieg bis 25 Prozent möglich sein.

In Italien sind Fußgänger und Zweiradfahrer, wie in anderen Ländern, besonders gefährdet. Wobei die Fahrradfreundlichkeit und die Qualität des Wegenetzes von Norden nach Süden abnimmt und die Tiefe der Schlaglöcher zunimmt, wie Rad-Lobbyist Tursi leicht polemisch sagt: „Südtirol lässt sich mit Skandinavien vergleichen. Dann kommt ein Mittelfeld, und ab Rom fühlt sich das Radfahren an wie in Afrika.“ (cre/dpa)

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel „Freie Fahrt für Fietser: Fünf Ideen aus dem Fahrradland Holland – Wo Autofahrer nur zu Gast sind“:

2 Antworten auf “Mittwoch, 3. Juni, ist Weltfahrradtag: Radfahren immer beliebter – sogar dort, wo es lange Zeit verpönt war”

  1. Gruselmonster

    Super, und in Eupen, grüne Bürgermeisterin, eine Fahrradfahrt von der Oberstadt zur Unterstadt wurde vor 30 ! Jahren mit Doppelminus bewertet, Änderungen bis heute = 0
    In der ersten Corona-Woche war ich erstaunt wie viele Fahrradfahrende es auf einmal gab weil die Straßen frei von Autos waren, jetzt nur leider alles wie früher, kaum Fahrradfahrende, aber viele Autos.

  2. Walter Keutgen

    Dass Straßenbahnen Fußgängern und Radfahrern Vorrang geben werden müssen, bezweifele ich. Sogar auf Zebrastreifen haben sie in Belgien wie Deutschland Vorfahrt. Die absolute Vorfahrt der Schienenfahrzeuge in Belgien begründet man mit ihrer mäßigen Bremskraft.

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