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Die faszinierende Geschichte des Bahnhofs Herbesthal wird wieder lebendig

Auf dem ehemaligen Bahnhofsgelände in Herbesthal findet am 3. August 2014 ein "Versöhnungstag" statt. Foto: Christian Willems

Ältere Ostbelgier können sich noch sehr gut an den Bahnhof von Herbesthal erinnern, weil sie dort noch in ihrer Kindheit oder Jugend in einen Zug gestiegen sind. Zu dieser Zeit jedoch hatte Herbesthal längst an Bedeutung verloren. Später wurde das altehrwürdige Gebäude abgerissen. Demnächst soll die wechselvolle Geschichte des Bahnhofs, der mal einer der wichtigsten und schönsten in ganz Europa war, im Rahmen eines Projekts zum 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs wieder lebendig werden.

Neben der optischen Darstellung des Bahnhofs, wie er einmal war, sollen auch Eisenbahnwaggons, die zur Zeit auf dem Montzener Bahnhof stehen, instandgesetzt und aufgestellt werden. Es werden außerdem Fotos, Dokumente und Exponate aus der Zeitperiode 1914-1918 gezeigt und historisch erläutert.

Das Bahnhofsgelände heute. Foto: Christian Willems

Das Bahnhofsgelände heute. Foto: Christian Willems

Am Eingang des Bahnhofsgeländes wird man die Torbögen wieder sehen können, wie sie früher mal existiert haben. Auf dem Gelände selbst wird man anhand von Markierungen sehen, wo sich zum Beispiel der Wartesaal für die 1. Klasse und das Kaiserzimmer befanden – alles Dinge, die zum Großteil die Faszination dieses Bahnhofs ausmachten.

„Herbesthal war einst als Grenzbahnhof bis nach Berlin bekannt“, sagt der Lontzener Bürgermeister Alfred Lecerf in einem Interview mit dem BRF-Fernsehen: „Der Bahnhof war zudem ein wichtiger Arbeitgeber. Hier war das größte Sortierzentrum der Post in Europa ansässig. Außerdem gab es die Zolldienste und die Gendarmerie. All dies erklärt auch, weshalb Lontzen eigentlich eine zweisprachige Gemeinde ist.“

Einer der schönsten Bahnhöfe in Europa

Diese Ansichtskarte zeigt den Herbesthaler Bahnhof ca. 1929.

Diese Ansichtskarte zeigt den Herbesthaler Bahnhof ca. 1929.

Der Eupener Heimatforscher Leo Kever hat in einem Grenz-Echo-Artikel die Geschichte des Bahnhofs von Herbesthal, der nicht zuletzt wegen seines prunkvollen Interieurs einer der schönsten in ganz Europa war, niedergeschrieben. „In den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts fuhren der preußische König und andere deutsche Fürsten über diese Strecke nach Belgien und England“, heißt es da: „Der schwedische Monarch kam jährlich mit einem Sonderzug durch Herbesthal. Bereits kurz nach der Errichtung der neuen Eisenbahnlinie passierten königliche Luxuszüge den Herbesthaler Bahnhof, so zum Beispiel 1845 Königin Viktoria von England mit Prinzgemahl Albert. 1858 kamen die Jungvermählten Prinz Wilhelm von Preußen und Prinzessin Victoria von England durch den neuen Bahnhof. Im Grenzbahnhof gab es immer wieder Momente, wo zahlreiche Schaulustige dorthin kamen, um den deutschen Kaiser, einen König oder einen berühmten General zu Gesicht zu bekommen.“

Eine Aufnahme aus der Zeit um 1915: Ein Güterzug passiert die Herbesthaler Brücke.

Eine Aufnahme aus der Zeit um 1915: Ein Güterzug passiert die Herbesthaler Brücke.

Am 4. August 1914 marschierten deutsche Truppen über Weißhaus, Henri-Chapelle, Eupen und Dolhain nach Belgien ein. Der Herbesthaler Bahnhof wurde schnell zum wichtigsten militärischen Bahnhof für Nachschub zur Westfront. Der internationale Bahnhof war stets überfüllt mit Nachschubeinheiten und zahllosen Verwundetentransporten.

Das Ende des Bahnhofs von Herbesthal war weniger ruhmreich, denn im Zuge der Festlegung der Sprachengrenzen 1963 wurde nur einen Steinwurf weiter westlich, auf der anderen Seite der Rue Mitoyenne, nämlich in Welkenraedt, ein Bahnhof aus dem Boden gestampft, der jahrzehntelang nur aus unansehnlichen Baracken bestand. Die letzte Haltestelle vor der Grenze nach Deutschland bzw. die erste Haltestelle in Belgien sollte sich aus einer Reihe von Gründen auf französischem Sprachgebiet befinden. (cre)

 

7 Antworten auf “Die faszinierende Geschichte des Bahnhofs Herbesthal wird wieder lebendig”

  1. Vereidiger

    Komisch, dass hier einfach vorausgesetzt wird, quasi alle „Ostbelgier“ könnten etwas mit einem Bahnhof Herbesthal anfangen oder seien dort in jungen Jahren das eine oder andere Mal ein- oder ausgestiegen. Offenbar muss man hier „Ostbelgier“ mit „Personen mit Wohnsitz nördlich des Venns“ definieren, um das recht einzuordnen…

  2. Zitat erster Absatz: „Demnächst soll die wechselvolle Geschichte des Bahnhofs, der mal einer der wichtigsten und schönsten in ganz Europa war, im Rahmen eines Projekts zum 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs wieder lebendig werden.“

    Erst alles der Abrissbirne Opfern, dann 15 Jahre später mit Markierungen kennzeichnen, wo der prunkvolle Kaisersaal war, den dieser wohl nie von innen sah.

    Kopfschütteln über Kopfschütteln

  3. senfgeber

    Wir sollten an dieser Stelle ausdrücklich den damals politisch Verantwortlichen aus dem Dunstkreis von CSP mit ihren ach so guten Verbindungen zu ihren PSC-Parteifreunden und denen von CVP unter Martens in Brüssel danken. Jene CSP-Leute, die sich so vorbildhaft und erfolgreich für den Erhalt dieses historischen Gebäudes eingesetzt haben. Ein ganz besonderer Dank gilt dem bis November 1981 amtierenden RDK-Präsidenten Gehlen, der in den entscheidenden Jahren vor dem Abriss so erfolgreiche Arbeit geleistet hat. Für seine erfolgreiche Arbeit in dieser Sache müsste dem CSP-Ehrenvorsitzenden Gehlen sicher nachträglich noch ein besonderer Orden verliehen werden.

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