Politik

Wladimir Putin seit 20 Jahren an der Macht – Nur Stalin regierte länger in Moskau

15.08.2007, Russland, Tuva: Der russische Präsident Wladimir Putin, aufgenommen bei der Jagd. Foto: Astakhov/Ria Novosti/epa/POOL/dpa

Genau 20 Jahre ist es her, dass Wladimir Putin an die Macht kam. Doch zum Jubiläum sieht sich die Rohstoff- und Atommacht nicht in Feierlaune: In Moskau verprügelt die Staatsmacht friedliche Demonstranten. In Sibirien brennen die Wälder. Und es gibt noch mehr Probleme.

Wenn Wladimir Putin daran erinnert wird, dass er nun schon seit 20 Jahren an der Macht ist, korrigiert er sein Gegenüber gern. Die Macht in Russland habe der Präsident, sagt der 66-Jährige. Und er habe ja als Regierungschef angefangen – das war vor 20 Jahren am 9. August 1999.

Erst 2000 wurde er Präsident und war zwischendurch noch einmal Regierungschef. Feierlaune kommt aber eh nicht auf. Vielmehr erinnert sich ganz Russland daran, wie der damals kaum bekannte Putin die politische Bühne betrat – und die Welt veränderte.

Von einem unbequemen Jubiläum ist allenthalben die Rede. Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage im Land fragen sich viele, warum die Probleme in Putins 20. Jahr an der Macht nicht weniger werden.

27.03.2000, Russland, Moskau: Der frühere russische Ministerpräsident Boris Jelzin (l) gratuliert seinem Nachfolger Wladimir Putin (r). Foto: -/dpa

In Moskau prügeln Uniformierte gerade immer wieder auf friedliche Demonstranten ein, die freie Wahlen am 8. September zum Stadtrat fordern. Die Bilder der Polizeigewalt sollen Experten zufolge zeigen, dass die Staatsmacht zu allem entschlossen ist.

Kritik des Westens an den Gewaltexzessen, an der Verletzung von Menschenrechten, an den Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit prallen seit langem an den Kreml-Mauern ab. Die zersplitterte Opposition hat seit langem keinen Zugang zum Fernsehen. Fast vergessen sind zudem die Zeiten, dass der von seinen Jahren als KGB-Offizier in Dresden perfekt Deutsch sprechende Putin sogar im Deutschen Bundestag eine Rede halten durfte.

Die Proteststimmung ist insgesamt groß im Land – egal, ob Bauprojekte oder Müllhalden, oft geht es um Willkür von Behörden, die Projekte durchziehen, ohne dass sich Bürger beteiligt fühlen. In Sibirien brennt zum Entsetzen vieler Menschen seit Wochen die Taiga – der für das Weltklima wichtige Waldgürtel -, weil Behörden beim rechtzeitigen Löschen versagten. Vielerorts herrscht offiziell Ausnahmezustand. Weite Teile Sibiriens kämpfen zudem noch mit den Folgen eines Jahrhunderthochwassers. Tausende haben ihre Wohnungen verloren.

Sanktionen lasten schwer auf Russland

Bei seiner traditionellen Fernsehshow „Direkter Draht“ musste sich Putin zuletzt anhören, dass viele mit den Durchschnittseinkommen von einigen Hundert Euro pro Monat nicht mehr über die Runden kämen. Er selbst reagierte teils ungläubig. Kremlsprecher Dmitri Peskow schimpfte über Meinungsforscher, als sie fallende Zustimmungswerte für den Präsidenten ermittelten. Sie korrigierten daraufhin zwar die Fragestellungen. Die Werte fielen dennoch weiter.

Russlands Präsident Wladimir Putin bei einer Ansprache auf dem Roten Platz in Moskau im Mai 2015. Foto: dpa

Fünf Jahre nach der Einverleibung der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim herrscht „Putin-Dämmerung“. Die von der EU und den USA verhängten Sanktionen wegen des Ukraine-Konflikts lasten schwer auf der stolzen Rohstoffmacht Russland. Zwar behauptete Putin in jener TV-Show auch, der Westen leide deutlich stärker unter den russischen Gegensanktionen, weil EU-Bauern etwa keine Lebensmittel mehr exportieren könnten. Doch die einfachen russischen Bürger schimpfen massiv über steigende Preise. Sie klagen darüber, dass Medikamente wegen der Sanktionen bisweilen nicht zu bekommen seien.

Russlands überbordende Investitionen auf der Krim, die Verwicklung in den Krieg in Syrien sowie ambitionierte Rüstungsprojekte kosten Milliardensummen. Zwar kann sich Putin weiter auf ein gut gefülltes Staatssäckel stützen. Trotzdem klingelt die Kasse weniger, weil das nach wie vor auf Einnahmen aus dem Rohstoffhandel extrem angewiesene Land unter dem niedrigen Ölpreis leidet.

Zum Jahrestag wird aber auch daran erinnert, dass Putin stets Hoffnungsträger war. Präsident Boris Jelzin hatte den früheren Geheimdienstchef am 9. August 1999 zum dritten Ministerpräsidenten innerhalb eines Jahres ernannt. Am 16. August wurde er von der Staatsduma gewählt. 2000 überließ der wegen des Krieges in Tschetschenien und auffälliger Alkoholprobleme in Ungnade gefallene Jelzin Putin dann das Präsidentenamt.

2024 endet seine vorläufig letzte Amtszeit

Seither hat Putin es verstanden, die einzelnen Kraftzentren – das Militär, die Geheimdienste und die Oligarchen – in einer Balance, unter Kontrolle und sich so im Amt zu halten. Zweimal gewann er die Präsidentenwahl, wechselte 2008 vorübergehend ins Amt des Regierungschefs – der heutige Ministerpräsident Dmitri Medwedew regierte damals vier Jahre im Kreml -, um dann nach einer Verfassungsänderung zweimal für sechs Jahre zurückzukehren. 2024 endet die jetzige, gemäß Verfassung vorläufig letzte Amtszeit.

Eine Anti-Putin-Demo in der Ukraine. Foto: Shutterstock

„20 Jahre können Monarchen oder Herrscher regieren, aber für einen gewählten Staatschef ist das eine unglaublich lange Zeit an der Macht“, schrieb der Politologe Fjodor Krascheninnikow in der Zeitung „Wedomosti“.

Niemand seit dem brutalen Diktator Josef Stalin war in Moskau länger an der Macht als Putin. Der Kremlchef stellt selbst als Judoka – er ist Träger des Schwarzen Gürtels – und beim Eishockey immer wieder seine Fitness unter Beweis.

Doch häufen sich längst Zweifel, ob Putin das Land wirklich noch in eine bessere Zukunft führen kann. Der Eishockey-Superstar Artemi Panarin, lange Fan von Putin, meinte in einem Interview, dass der Präsident wohl nicht mehr begreife, was in seinem Land los sei. „Wenn dir alle 20 Jahre lang sagen, dass du ein Prachtkerl bist und alles richtig machst, denkst du etwa, dass du dann noch deine eigenen Fehler siehst?“, sagte der 27-jährige Profi. „Unser Fehler ist, dass wir ihn als einen Supermenschen sehen.“

Vor allem Putins Umfeld bezeichnet ihn als „gottgesandt“. Erinnert wird daran, dass er das Land nach den chaotischen 1990er Jahren aus der Krise geführt und wieder zu einem selbstbewussten Staat gemacht habe. Dagegen meinte Panarin, dass er kaum Veränderungen sehe. „Die Leute haben keine Arbeit. Nichts, woran sie sich festhalten können.“

Putin selbst lässt seine Zukunft über das Jahr 2024 hinaus offen. „Es stehen noch fünf Jahre anstrengender Arbeit bevor. Und in einer solchen stürmischen Dynamik, wie wir sie jetzt in der Welt beobachten, ist es schwer, Vorhersagen zu treffen“, meinte er. Vor allem jene, die Putins Machtbasis bilden – der Sicherheitsapparat und die Kirche etwa – dürften schon aus Eigeninteresse auf seinen Verbleib setzen. Ein Nachfolger ist jedenfalls nicht in Sicht. (dpa)

20 Antworten auf “Wladimir Putin seit 20 Jahren an der Macht – Nur Stalin regierte länger in Moskau”

    • Ihre Aussage ist natürlich korrekt, jedoch ist es für die Journalie einfacher, im Aussen die Fehler zu suchen, statt den Demokratie im Herzen tragenden westlichen Politikern die eigenen Taten vorzuführen. Wobei, gab es je einen nicht fehlerfreien westlichen Politiker über den man hätte berichten können?? Ich denke die Journalie sollte einfach abwarten bis die nächste Eurokrise kommt, um dann hassentbrannt diese Trump, Putin, dem Iran, Bin Laden, Hitler oder Homer Simpson in die Schuhe zu schieben.

  1. mehrWUTStropfen

    Im Artikel oben:
    „In Moskau prügeln Uniformierte gerade immer wieder auf friedliche Demonstranten ein,“

    Zu den prügelnden Uniformierten hier im Westen:

    Moskau: Die Proteste, die Medien und das Gewaltmonopol
    https://www.youtube.com/watch?v=-E7EjfN1BZo
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=53778
    „Eine nicht genehmigte Demonstration in Moskau wird zum globalen Medien-Ereignis. Hierzulande wird die Verteidigung des staatlichen Gewaltmonopols als selbstverständlich betrachtet. In anderen Ländern wird diese Verteidigung als „zunehmend autokratisch“ diffamiert. Diese antistaatliche Haltung deutscher Medien untergräbt indirekt auch den Respekt vor den staatlichen Institutionen in Deutschland.“

    Im Artikel oben:
    „Kritik des Westens an den Gewaltexzessen, an der Verletzung von Menschenrechten, an den Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit prallen seit langem an den Kreml-Mauern ab.“

    Zu den Gewaltexzessen hier im Westen:

    Frankreich: Brutale Polizeigewalt bringt Regierung in Bedrängnis
    https://www.heise.de/tp/features/Frankreich-Brutale-Polizeigewalt-bringt-Regierung-in-Bedraengnis-4488530.html?seite=all

    Zu den Menschenrechten und der Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit hier im Westen:

    Auch die Tagesschau beteiligt sich an der Hexenjagd auf Julian Assange und seine Unterstützer
    https://www.youtube.com/watch?v=QJ69GZhpJiQ
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=53688
    „Der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, schrieb vor wenigen Wochen in einem Artikel, den die NachDenkSeiten für ihre Leser übersetzt haben, von der Hexenjagd, der Julian Assange zur Zeit ausgesetzt ist. Daran beteiligt sind nicht nur die Geheimdienste der USA, sondern auch die Medien. In Deutschland ist es ausgerechnet die ehemals als Flaggschiff des Qualitätsjournalismus geltende Tagesschau, die sich mit einem als Investigativbericht maskierten Meinungsartikel als oberster Hexenjäger präsentiert. Was Autorin Silvia Stöber dem gebührenzahlenden Leser da als “neutrale Recherche” verkauft, ist vielmehr ein Nachplappern von Spekulationen der US-Dienste und eines einschlägigen CNN-Berichtes. Bei Stöber werden aus Spekulationen Fakten und aus Vermutungen Beweise. Gewürzt mit jeder Menge Zynismus und einer strammen antirussischen Linie kommt dabei ein Stück Kampagnenjournalismus heraus, das fortschreitenden Qualitätsverlust der Tagesschau vortrefflich belegt.“

    und

    Wenn Julian Assange doch nur ein Russe wäre: Die Medien und das Messen mit zweierlei Maß
    https://www.youtube.com/watch?v=Bo-yfQ_ZO2I
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=52506
    „Die Solidarität westlicher Medien mit dem russischen Journalisten Iwan Golunow ist zu begrüßen. Vergleicht man diesen Aufwand jedoch mit dem dröhnenden Schweigen zu Julian Assange, so ist dieser Kontrast skandalös und nur ideologisch zu erklären.“

    • mehrWUTStropfen

      Dazu noch:

      Die Provokateure: Die deutschen Medien verschweigen die wahren Hintergründe der aktuellen Demonstrationen in Moskau und verbreiten das Zerrbild eines tyrannischen Kreml-Regimes.
      https://www.rubikon.news/artikel/die-provokateure
      „Unser Unterbewusstsein reagiert am stärksten auf Bilder. Und solche, die zeigen, wie Demonstranten von hochbewaffneten Polizisten abgeführt werden, sind nicht schön. Dabei vergessen die meisten Fernsehzuschauer, die richtigen Fragen zu stellen. Welche politischen Hintergründe haben die „Aufstände“ in Moskau, und hatte vielleicht der Westen seine Finger im Spiel? Was passiert eigentlich in Deutschland mit Menschen, die ohne Genehmigung an x-beliebigen Orten demonstrieren? Und warum wird über zum Teil viel schlimmere Polizeigewalt — zum Beispiel in Frankreich — nicht mit der gleichen Akribie berichtet? Gibt es im „Evil Empire“ gar auch Demonstrationen, die genehmigt wurden und friedlich verlaufen? Wie so oft misst die deutsche Presse mit zweierlei Maß, um das ungünstige Bild, das sie von Russland zeichnen will, nicht zu gefährden.“

      • Gespräche mit Russen könnten auch Ihren Horizont erweitern.

        Die Geld- und Wirtschaftselite Russlands findet man an drei Orten:
        – London: Russen, die ihr Geld in Russland gemacht haben und nunmehr ausserhalb aktiv sind
        – Nochmals London: Russen, die weiterhin Geld in Russland machen und sich mit der Politik arrangieren
        – Russland: Russen, die ihr Geld in Russland machen und sich (meist) bestens mit der Politik arrangieren.

        Ansonsten finden wir in Russland:
        – Politisch Tätige, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen und wie jeder auf Aufstieg hoffen
        – die Moskauer und Petersburger Elite: führende Angestellte
        – Arbeiter in diesen beiden Städten (und Umland)
        – die Bewohner Restrusslands.

        Mit Ausnahme der politisch Aktiven, bedauert man in der zweiten Gruppe: den Wertverlust des Rubels, den Mangel an westlichen Lebensmitteln und anderen Luxusartikeln, kümmerliche Renten.

        Fatalismus und Durchhaltevermögen, der Glaube an die grosse und mächtige Nation (einst) bzw. ihre Wiederauferstehung, den orthodoxen Glauben und ein konservatives Lebensbild (dies eher weniger in den 2 grossen Städten) verhindern den Wandel.

        Unsere osteuropäischen Freunde – die die „Zusammenarbeit“ in der Vergangenheit geniessen durften, fürchten Russland wie der Teufel das Weihwasser. Orban ist zeitweilig eine Ausnahme (da er sich in Westeuropa unmöglich gemacht hatte, kokettierte er mit Russland, doch das gibt sich wieder) und Serbien (die das russische Pfund in ihre Verhandlungen mit der EU einbringen).

        Unwahrscheinlich, dass Putin auf seine alten Tage zum Brückenbauer wird; mit Russland braucht es nun mal viel Zeit.

      • karlh1berens

        @mehrWUTStropfen 09/08/2019 12:50
        Toll, Links zu wirklich guten Narrichtenportalen (rubikon, telepolis, nachdenkseiten ….).
        ARD/ZDF sollen (habe zum Glück keinen Fernseher – wegen Suchtgefahr) ja der Horror sein, aber gefühlt 90 % der Bevölkerung kennen die Welt nur aus diesen Medien und eventuell noch GE oder Spiegel . Da ist Hopfen und Malz verloren (wie im Pils übrigens auch).
        Putin ist ein Geschenk Gottes (durch Jelzin aus dem Hut gezaubert).
        Habe noch seine Rede vor dem Deutschen Bundestag (auf Deutsch) im Ohr, Worte so schnell wie aus einer Kalaschnikov.

        Tabula Rasa in Tchetchenien, Syrien, Venezuela, Krim …..
        Super Entourage : Lavrov, Shoigu, Scharapova
        Gutes Verhälnis zu Nachbarn : China, Nord Korea, Iran, Donbass
        Einzige Anlaufstelle für Menschen in Bedrängnis/Gefahr (s. Snowden)
        Bei Militär Konzentration auf Verteidigung : S400, S500, Radartechnik, elekronische Störmanöver (Militärbuget ist 1/10 der USA)

        Russland ist auf gutem Weg (USA auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit), selbst wenn Putin morgen tot umfãllt oder vom Himmel geholt wird (wie in 2014 über der Ukraine versucht).

        Noch einmal wird es für Russland keine Situation wie in den Neunzigern geben.

  2. Guido Scholzen

    warum ein vergleich mit stalin in der regierungszeit?
    wie wäre es mit zaren?
    peter der grosse: 40 jahre, davon 4 jahre kaiser von russland, zarin elisabeth: (21 jahre) katarina die grosse(33), aleksander I.(24), nikolai I.(30), aleksander II.(26), nikolai II.(22)

    zar putin ist in guter gesellschaft.
    darf es noch in paar jährchen mehr sein? sein kollege nursultan nasarbajew war 29 jahre lang in kasachstan an der macht. die postkommunistischen dynastien lassen grüssen.

  3. Belgofritz

    Während der dekadente Westen vorwiegend mit sich selbst, Massenmigration und dem CO2 beschäftigt ist, entwickelt Putin relativ ungestört von all dem und mit der nötigen Härte sein Russland zielstrebig weiter. Parallel dazu betreibt er die Schwächung des Westens. Seine Handlungen erinnern an einen hervorragenden Schachspieler.

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