Nachrichten

Kroatien und Argentinien nach Elfmeterschießen im Halbfinale – Brasilien und Niederlande ausgeschieden

Bild links: Brasiliens Raphinha tröstet den weinenden Brasiliens Neymar nach dem Spiel. Bild rechts: Argentiniens Lionel Messi und Frenkie De Jong von den Niederlanden im Zweikampf. Fotos: Robert Michael/dpa - Tom Weller/dpa

AKTUALISIERT – Bei der WM 2022 in Katar ist Topfavorit Brasilien – wie schon vor vier Jahren gegen Belgien – wieder im Viertelfinale ausgeschieden. Neymar & Co. unterlagen Kroatien im Elfmeterschießen. Im Halbfinale treffen die Kroaten auf Argentinien, das sich – ebenfalls im Elfmeterschießen – gegen die Niederlande durchsetzte.

In einem weiteren irren Elfmeter-Krimi hat sich Argentinien, angeführt von Vorbereiter und Torschütze Lionel Messi, ins Halbfinale gezittert. Die Südamerikaner gewannen am Freitagabend dank Torhüter-Matchwinner Emiliano Martinez in der Runde der besten Acht mit 4:3 im Elfmeterschießen gegen die Niederlande.

Nach 120 verrückten Minuten hatte es in einem höchst aufgeladenen und hitzigen Match mit Rudelbildung und weit über zehn Gelben Karten 2:2 (2:2, 1:0) gestanden. Dabei hatte der ehemalige Wolfsburger Torjäger Wout Weghorst mit einem Doppelpack den zweimaligen Weltmeister noch gehörig zittern lassen.

09.12.2022, Katar, Lusail: Dumfries (l) von den Niederlanden spielt gegen Argentiniens Julian Alvarez. Foto: Ricardo Mazalan/AP/dpa

Vor 88.235 Zuschauern sahen Messi & Co. bis kurz vor Schluss der regulären Spielzeit gegen schwache Holländer von Trainer Louis van Gaal wie die sicheren Sieger aus. Die Führung bereitete Messi mit einem Geniestreich in seinem 1001. Profispiel vor, als er Nahuel Molina (35. Minute) den Ball vorlegte. Den zweiten Treffer erzielte er per Foulelfmeter gleich selbst (73.).

Jedoch sorgte Weghorst in der 83. Minute und der elften Minute der Nachspielzeit für die Verlängerung. Dort passierte nichts mehr. Es ging in das Elfmeterschießen, wo Martinez gegen Liverpool-Star Virgil van Dijk und Steven Berghuis parierte. Lautaro Martinez verwandelte den entscheidenden Elfmeter.

Wenige Stunden nach dem Elfmeter-K.o. von Brasilien mit Messis PSG-Vereinskollege und Kumpel Neymar (siehe Bericht unten) unterstrich die Mannschaft von Trainer Lionel Scaloni gegen die bis dahin unter van Gaal in 19 Partien ungeschlagenen Niederländer ihre Ambitionen auf den WM-Titel. Am Dienstag (20.00 Uhr) geht es gegen Brasilien-Bezwinger Kroatien um den Einzug ins Finale.

Nur 15 Kilometer entfernt vom WM-Untergang des großen Erzrivalen um Neymar wollten es die Argentinier um Messi besser machen, auch wenn der Traum der Fußball-Fans weltweit vom Superclásico im Halbfinale von Katar schon dahin war. Die Augen kurz geschlossen, sang Messi inbrünstig die Hymne, die wieder Zehntausenden in argentinischen Trikots auf den Tribünen stimmten mit ein.

09.12.2022, Katar, Lusail: Argentiniens Nahuel Molina (M) erzielt gegen Torwart Andries Noppert (l) und Virgil Van Dijk von den Niederlanden den Führungstreffer zum 0-1. Foto: Peter Byrne/PA Wire/dpa

Wie van Gaal Messi stoppen wollte, hatte der erfahrene Trainer natürlich nicht verraten. Von ihrer mehr auf Effektivität denn Attraktivität angelegten Spielweise wichen die Holländer um ihren Kapitän Virgil van Dijk vom FC Liverpool jedenfalls nicht ab und überließen den Südamerikanern das Geschehen. Bei denen fehlte in der Startformation wieder der so wichtige Flügelmann Ángel di María, wie schon im Achtelfinale gegen die Australier.

Aber auch wenn die Niederländer wie alle anderen vorher predigten, dass sie nicht gegen Messi, sondern gegen Argentinien spielen würden, belehrte der Superstar sie eines Besseren mit dem vorläufigen Höhepunkt nach einer guten halben Stunde. Erst legte er Rodrigo de Paul auf. Der Mittelfeldabräumer und -antreiber konnte doch spielen, nachdem es sorgenvolle Berichte um seine Fitness gegeben hatte. Sein Schuss war aber zu schwach.

Unmittelbar danach hinterließ Messi als brillanter Vorbereiter einen ratlosen van Gaal auf der niederländischen Bank. Mit einer kurzen Körpertäuschung düpierte er Nathan Aké rund 30 Meter vor dem Tor, lief mit dem Ball am Fuß weiter, schaute nach vorn, spielte aber ohne hinzusehen steil und präzise auf Molina, der im Fallen mit dem Außenrist Andries Noppert keine Chance ließ. Messi reckte die Faust nach oben und lachte ins Publikum – die WM erlebte Messi in der Glanzform der ruhmreichen Barça-Ära.

Was auch immer van Gaal sich ausgedacht hatte – es funktionierte lange Zeit überhaupt nicht. Nur wenig später tanzte Messi erneut Aké aus, der Schuss mit dem schwächeren rechten Fuß machte Noppert keine Probleme.

09.12.2022, Katar, Lusail: Argentiniens Lionel Messi jubelt nach dem Sieg. Foto: Fernando Gens/telam/dpa

Nicht ein einziges Mal hatten die Argentinier in den vier WM-Duellen vorher die Niederländer in der regulären Spielzeit schlagen können, beim Heim-Titeltriumph 1978 gelang der Final-Sieg in der Verlängerung, im Viertelfinale bei der WM 2014 in Brasilien setzten sich die Südamerikaner im Elfmeterschießen durch.

Die Niederländer waren nun gefordert. Van Gaal wechselte, brachte zwei frische Kräfte – ließ auf dem Papier aber nun noch defensiver spielen. Die Südamerikaner ließen sich zunächst etwas mehr zurückfallen, wirklich nutzen konnten die van-Gaal-Schützlinge das aber zunächst auch nicht. Und jedes Mal, wenn Messi an den Ball kam in seinem 24. WM-Spiel, mit dem er mit Miroslav Klose gleichzog und nur noch eines hinter Rekordhalter Lothar Matthäus liegt, wurde es ohnehin gefährlich und laut im Stadion.

Ein Freistoß nach gut einer Stunde nach einem Foul an ihm selbst strich übers Tornetz. Beim Elfmeter zielte er genauer. Es war sein zehnter WM-Treffer, er zog mit Argentiniens WM-Rekordschütze Gabriel Batistuta gleich. In den Dauergesang der argentinischen Fans platzte dann aber Weghorsts Tor.

Es wurden bange und hitzige Minuten. Rudelbildung, ein rotwürdiger Bodycheck von van Dijk, und dann zehn Minuten Nachspielzeit. Der Treffer zum 2:2 aber fiel in der elften Minute der Nachspielzeit nach einem unnötigen Foul der Argentinier. Statt über die Mauer zu schießen, passte der eingewechselte Teun Koopmeiners auf Weghorst, und der traf wieder. Diesmal zum Ausgleich: Verlängerung und sogar der ultimative Höhepunkt mit dem Elfmeterschießen. (dpa)

Brasilien raus: Kroatien gelingt die große Überraschung

Bei der WM 2022 in Katar ist Topfavorit Brasilien – wie schon vor vier Jahren gegen Belgien – wieder im Viertelfinale ausgeschieden. Die Südamerikaner unterlagen Kroatien im Elfmeterschießen.

Aus der Traum: Abgezockte Kroaten um Elfmeterheld Dominik Livakovic haben Brasiliens Hoffnungen auf den sechsten WM-Titel überraschend früh beendet.

Das Team um Superstar Neymar musste sich am Freitag im Viertelfinale dem Vize-Weltmeister von 2018 nach einem Kampfspiel im Elfmeterschießen mit 2:4 geschlagen geben. Nach einem 0:0 während der regulären Spielzeit hatte Neymar die Brasilianer mit seinem Treffer in der Verlängerung (105. Minute+1) scheinbar in das Halbfinale geschossen. Doch der Treffer von Bruno Petković (117.) riss den Favoriten aus allen Träumen.

09.12.2022, Katar, Al-Rajjan: Brasiliens Richarlison (l) und Josko Gvardiol (r) kämpfen um den Ball. Foto: Andre Penner/AP/dpa

Wie schon im Achtelfinale gegen Japan avancierte Torhüter Livakovic zum Retter für sein Team und parierte einen Elfmeter von Rodrygo. Bei vier der vergangenen fünf Weltmeisterschaften war für die Seleção in dieser Runde Schluss, die letzte Finalteilnahme datiert aus dem Jahr 2002. Auch ein möglicher Superclasico gegen Dauerrivale Argentinien entfällt damit sicher.

Die im bisherigen Turnier so harmlosen Kroaten hingegen dürften angeführt vom wiedererstarken Ex-Weltfußballer Luka Modric von einer Wiederholung von 2018 träumen.

Die Brasilianer traten vor 43.893 Zuschauern im Education City Stadion mit der gleichen Startelf wie schon bei der 4:1-Gala im Achtelfinale gegen Südkorea an. Ähnlich leicht wurde es ihnen aber nicht gemacht. Die Kroaten agierten in der Defensive deutlich konzentrierter als die Asiaten. Wenn Brasilien den Ball hatte, standen sie in der Regel mit elf Spielern dahinter. Zu großen Chancen kam der Rekord-Weltmeister daher zunächst nicht. Aber die Seleção näherte sich an.

09.12.2022, Katar, Al-Rajjan: Brasiliens Neymar spielt gegen Kroatiens Marcelo Brozovic (l). Foto: Robert Michael/dpa

Neymar und Co. hatten genau gewusst, was sie erwartet. Zum einen die Routine von Superstar Luka Modric und seinen Mittelfeldkollegen Marcelo Brozovic und Mateo Kovacic. Zum anderen die enorme Erfahrung der gesamten Mannschaft. Von ihren vergangenen neun K.o.-Partien bei Weltmeisterschaften hatten die Kroaten sieben gewonnen. In all diesen neun Partien haben sie mindestens ein Tor erzielt. Wenn also jemand wusste, worauf es in diesen Spielen ankommt, dann das Team von Trainer Zlatko Dalic.

Der Vize-Weltmeister war im ersten Durchgang allerdings fast nur damit beschäftigt, den spielstarken Gegner vom eigenen Tor fernzuhalten. In der 5. Minute versuchte es Vinícius Júnior erstmals mit einem Schlenzer. Eine Viertelstunde später kombinierte sich der Tempodribbler von Real Madrid dann per Doppelpass in eine aussichtsreiche Position, sein Schuss wurde jedoch von einem Kroaten geblockt. Wenige Sekunden später scheiterte Superstar Neymar an Torwart Livakovic. Mehr ließ Kroatien nicht zu.

Die Taktik der Kroaten wurde immer klarer, je länger das Spiel dauerte: hinten möglichst gar nichts zulassen und vorne durch Konter gefährlich werden.

09.12.2022, Katar, Al-Rajjan: Brasiliens Neymar (oben) erzielt das Tor zum 0-1. Foto: Pavel Golovkin/AP/dpa

Wenn Kroatien mal gefährlich wurde, dann hauptsächlich über Pässe von Modric oder die rechte Seite um Außenverteidiger Josip Juranovic. Doch auch das wurde weniger. Brasilien schnürte den Gegner im zweiten Durchgang immer mehr in der eigenen Hälfte ein. Neymar (55.) hatte die große Chance zur Führung, kam aus spitzem Winkel aber auch nicht an Livakovic vorbei. Ein unabsichtliches Handspiel von Juranovic im Strafraum wurde nach Videoüberprüfung nicht geahndet.

Doch Brasilien kam der Führung immer näher, und Livakovic wurde immer mehr zur Lebensversicherung der Kroaten. Nach einem Missverständnis der Innenverteidigung war Lucas Paquetá (66.) plötzlich frei vor dem Keeper, kam aber ebenfalls nicht vorbei. Dann ging es über Joker Rodrygo und den diesmal blasseren Richarlison ganz schnell, doch erneut blieb Livakovic im Duell mit Neymar der Sieger. Der 27-Jährige, der schon gegen Japan mit drei gehaltenen Elfmetern zum Helden wurde, hielt sein Team nach der Pause beinahe im Alleingang im Spiel. Doch gegen den Treffer von Neymar aus kurzer Distanz in der Verlängerung war auch der Klassekeeper machtlos. Mit dem Treffer von Petkovic waren die Kroaten jedoch zurück im Spiel. (dpa)

11 Antworten auf “Kroatien und Argentinien nach Elfmeterschießen im Halbfinale – Brasilien und Niederlande ausgeschieden”

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern