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Vom Versailler Vertrag, der am 28. Juni 1919 unterzeichnet wurde und aus „uns Deutschen“ Belgier machte, ist 100 Jahre später wenig die Rede [VIDEO]

Am 28. Juni 1919 wurde der Friedensvertrag im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles unterzeichnet. Foto: Shutterstock

Normalerweise feiern Regierung und Parlament der DG gerne, wenn es denn dazu einen Anlass gibt, etwa 20 oder 30 Jahre Regierung in 2004 und 2014. Deshalb konnte man davon ausgehen, dass die Unterzeichnung des Versailler Vertrags am 28. Juni 1919 im Spiegelsaal des berühmten Schlosses am Stadtrand von Paris 100 Jahre später für die deutschsprachigen Belgier Grund zur Erinnerung sein werde.

Das Jahr 2019 fing auch so an, als würde sich die DG in diesem und im nächsten Jahr (der Vertrag trat am 10. Januar 1920 in Kraft) ernsthaft mit diesem Meilenstein in ihrer Geschichte befassen. Immerhin wurden das Gebiet von Eupen-Malmedy und Neutral-Moresnet mit dem Versailler Vertrag an Belgien übertragen.

Daran wurde im Januar 2019 im Rahmen eines Festaktes „100 Jahre Ostbelgien“ im Parlamentsgebäude am Kehrweg im Beisein von König Philippe erinnert. Offizieller Anlass war der Beginn der „Pariser Friedenskonferenz“ vor 100 Jahren. Der Name „Versailles“ wurde bei diesem Festakt nach Möglichkeit vermieden.

Titelseiten von Zeitungen nach der Unterzeichnung des Vertrags von Versailles, mit dem das Gebiet von Eupen-Malmedy an Belgien überging. Foto: Shutterstock

Im Ersten Weltkrieg hatten die Männer aus Eupen-Malmedy (später Eupen-Malmedy-St. Vith) noch als kaiserliche Untertanen im Heer von Wilhelm II. gekämpft. Die Zahl der Kriegsopfer war beträchtlich: Im Kreis Eupen verloren 766 Männer ihr Leben, und im Kreis Malmedy waren es deren sogar 1.082. Die Enttäuschung über die deutsche Niederlage sei „enorm“ gewesen, berichten Historiker.

Der Versailler Vertrag legte in den Artikeln 32, 33 und 34 fest, dass dieselben Gebiete, die im Jahr 1815 durch den Wiener Kongress Teil Preußens geworden waren, Belgien als Kriegsentschädigung zuerkannt werden müssten.

Die belgischen Ansprüche reichten zwar weiter, doch musste man sich schließlich mit den ehemaligen preußischen Kreisen Eupen, Malmedy und St. Vith begnügen. Auch das strittige Neutral-Moresnet wurde Belgien zuerkannt.

Voraussetzung war eine umstrittene Volksbefragung in den neu-belgischen Gebieten, die in Wirklichkeit eine Farce war und in der Folgezeit die Integration der Bevölkerung von Eupen-Malmedy ins belgische Staatswesen sehr schwierig gestaltete.

Die 100-jährige Zugehörigkeit der heutigen DG zu Belgien hatte auch ihre Schattenseiten. Ein Jahrhundert nach dem Vertrag von Versailles neigen die politischen Repräsentanten dazu, fast ausschließlich die Sonnenseiten hervorzuheben, doch auf dem Weg zur Sonne musste dieses Gebiet viele Schatten überwinden.

Dass der Vertrag von Versailles auch 100 Jahre später kein Grund zum Feiern ist, zeigt die Geschichte, die folgte. Aus der Sicht vieler Historiker war das „Diktat“ von Versailles einer der wichtigsten Gründe dafür, dass Europa 20 Jahre später in die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs stürzte. (cre)

Nachfolgend ein VIDEO als Erklärstück zum Versailler Vertrag. Weitere Videos finden Sie auf www.youtube.com unter dem Stichwort „Versailler Vertrag“:

21 Antworten auf “Vom Versailler Vertrag, der am 28. Juni 1919 unterzeichnet wurde und aus „uns Deutschen“ Belgier machte, ist 100 Jahre später wenig die Rede [VIDEO]”

  1. Es ist alles eine Generationenfrage, während mein Opa sich immer als Deutscher verstanden hat und mein Vater zumindest klar auf seine deutsche (rheinische) Kultur besteht sehe ich schon die Vorteile Belgier zu sein.
    Weitreichende Minderheitenrechte, eigenes Parlament, Subventionen aus Brüssel sind schon etwas. In Deutschland wären wir nur ein Landkreis ohne besondere Vorteile. Daher sind mittlerweile bestimmt 90% damit einverstanden Belgier zu sein, ein kleines Grüppchen sieht das anders.

  2. Hauptsache Belgier

    Bin froh Belgier zu sein!? Andersrum, tun mir unsere sehr hohen Staatsschulden Sorge und Weh! Selbst unsere Kinder und Enkel, die Armen müssen diese nocvh bezahlen, obschon sie die ja gar nicht mal gemacht haben!? Wir selber auch nicht!
    Aber wohl unsere Politik! Diese Leute sind wie behext darauf gekommen.
    Einzig nur um sich ihre immerwährende Wiederwahl zu erkaufen? Sie schlugen dermassen drein, das unsere Nachfolgegenerationen noch darunter leiden müssen!
    Vieles wurde erfunden!? Vieles war auch gut und nützlich! Jedoch sehr vieles war und wurde falsch rum gedacht!? Denkt nur an unsere Strassen. Diese werden alltäglich von uns benutzt! Jedoch der Zustand ist erbärmlich seit 50-60 Jahren.
    Etwas was sehr gut florierte, das war die Erfindung der schlauen Politik, um möglichst viele und lukrative Posten!
    In Regierungen, Instanzen aller Art! Ob nützlich oder nicht, das war vollkommen egal! Hauptsache, wir haben unsere Parkplätze bis zum Lebensabend. Und danach eine gut Rente obendrauf!
    Bei alledem wurde total in die eigene Tasche gewirtschaftet. Der Steuerzahler muss all das blechen.
    Das ist eines der mit grössten Übel für den Belgier!
    Das er sich dagegen nicht wehren kann!? Oder doch?
    Es müsste sein, das die Belgier mal abstimmen dürften über dieses Postenmonster der Politik/er.
    Ich glaube das würde einen Abbau sondergleichen nach sich ziehen?
    Das ersparte könnte anderswo viel besser getätigt werden! U.a. bessere Infrastrukturen, bessere Renten für die Alten, Pflegeheim, Schulen etc…

  3. Kelmisère

    „Traummodus an“
    Ohne diesen Vertrag wäre Kelmis jetzt bestimmt eine Steueroase wie Monaco, Lichtenstein oder die Kaimaninseln.
    Mit Yachthafen auf dem Casinoweiher und F1 in unserer 8.
    „Traummodus aus“

  4. Grashopper

    Meine Mutter ist Deutsche,mein Vater Belgier.Bin fast 60 Jahre alt und fühle mich ohne Zweifel als Belgier.Je nach Gefühlslage hatte ich in früheren Jahren manchmal den Eindruck,wäre vielleicht besser Deutscher zu sein.Wenn ich mir aber die (persönliche)Situation anschaue,mit allem für und wider,habe ich das Glück zu behaupten,in einem Land(-strich)zu Hause zu sein,der besser nicht sein kann.Tolle Nachbarn(Belgier und Deutsche),Umfeld prima,keiner motzt rum,über alles kann man frei diskutieren.Das sehe ich in D etwas schwieriger,und vor allen Dingen untoleranter.Törö hat nicht unrecht mit seiner These,bis auf die Tatsache,dass alles seinen Pre(uss)is hat.Auch in B

  5. „uns Deutschen“….die sind dann alle über 100 Jahre alt, der Rest der Ostbelgier sind als Belgier geboren und die meisten davon sind auch stolz darauf Belgier zu sein und einige finden es sogar beleidigend als Deutsche geoutet zu werden…

  6. Walter Keutgen

    ‚Aus der Sicht vieler Historiker war das „Diktat“ von Versailles einer der wichtigsten Gründe dafür, dass Europa 20 Jahre später in die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs stürzte.‘ Dass Siegermächte immer die Bedingungen des Friedens diktieren, ist normal. Aber das sollte man intelligent machen. Die Reparationsbedingungen waren für Deutschland schier unerträglich. Hinzu kommt, dass die neue Politikerklasse, die die Weimarer Republik regierte, total unerfahren war und scheinbar mehrere währungspolitische Fehler gemacht hat. Kurz, es gab Arbeitslosigkeit und Hunger, genug, um nach 15 Jahre Wurschteln es einmal mit einer schlimmen Partei zu versuchen. Die Amis haben es nach dem Zweiten Weltkrieg intelligenter gemacht.

  7. Jockel F.

    Es bleibt dabei: Sich als „deutschsprachiger Belgier“ zu fühlen, bleibt eine leider kollektive Geisteskrankheit, die Personen wie „unseren“ Politikern ihre Macht nicht nur zuschustert, sondern sie auch noch unterfüttert.

  8. Für uns ist Belgien gut aber für Kelmis ? Die wären jetzt Steuerparadies :)
    Kann mir ein historisch gebildeter erklären, wie eigentlich der untere Teil der Lütticher Straße und die anderen „deutschen“ Ecken so reibungslos zu Kelmis kamen? Ich weiß nur von Erzählungen meines Großvaters Jahrgang 1912 der in den 80ern verstorben ist, dass deren Einwohner sehr pro deutsch gewesen sein müssen. Naja, heute sind die Kelmiser wohl die belgischsten Belgier. Zumindest nach eigenem Verständnis:)

    • Jockel F.

      Lieber Sankt Vith als Bleialf, das in jedem Fall. Mit oder ohne Grenze.
      Aber Recht haben Sie, der DGlerische Größenwahn nimmt ja bald schon luxemburgische Ausmaße an. Dort findet ja selbst der letzte pensionierte Bauer sein Equivalent so gerade noch im Schweizer Banker.

    • Da haben Sie recht! Es gibt in unserer Region eigentlich KEINEN Unterschied zwischen Vaal, Aachen oder Kelmis. Raeren oder Roetgen. Mützenich oder Küchelscheid, Rocherath oder Losheim, Lichtenbusch oder Lichtenbusch.
      Es waren immer andere die versucht haben uns das weiß zu machen! Leider hat es ganz gut funktioniert:(

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