Gesellschaft

Unterstadt: Aufschwung oder weiter Eupens Stiefkind?

Der Temsepark in der Eupener Unterstadt. Foto: OD

Die Eupener Unterstadt liegt an einem sehr verkehrsintensiven Knotenpunkt. Sie bildet das Tor für die Verkehrsteilnehmer, die aus Richtung Monschau und Eifel nach Eupen einfahren. Wie präsentiert sich dieses Tor in der Vorwahlzeit? Im Vorfeld des Lichterfestes am kommenden Wochenende hat sich „Ostbelgien Direkt“ vor Ort umgesehen und umhört.

Südwestlicher Teil des Stadtgebietes ist die ehemalige Hochburg der Textilindustrie seit vielen Jahren zu einem neuralgischen Punkt in Eupens Tourismusplanung geworden. Das rund 5.500 Einwohner zählende Stadtviertel bietet trotz hohem Verkehrsaufkommen und leerstehender Geschäfte günstige Voraussetzungen dafür, wieder ein blühendes Stadtviertel  zu werden.

Spabrunnen-Männchen als Pate für das TAU-Projekt

Seit über zwei Jahrzehnten wird investiert. Jetzt in dieser Vorwahlzeit werden die Auflistungen aller getätigten Anstrengungen wieder aus der Schublade geholt. In den Wahlprogrammen wird abermals die touristische Aufwertung der Unterstadt beschworen.

Umso kräftiger wirkt da die Aussage des Eupener Tourismusschöffen Patrick Meyer (CSP) bei der Einweihung des Spabrunnen: „Bei der Suche nach einem geeigneten Standort (des Spabrunnens) entdeckten die Stadtväter nicht nur, wie schön die Unterstadt ist, sondern auch, wie viel hier noch zu tun ist.“ (Grenz-Echo vom 24.9.2012).

„SUN“ über die Unterstadt

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Seisseleveedel. Ganz hinten erkennt man den Bau eines Wohnkomplexes. Darin soll dann ein Supermarkt enstehen. Foto: OD

Hervorragend eignet sich zur intensiven Betrachtung der aktuellen Entwicklung der von Profis erstellte Abschlussbericht im Rahmen des sogenannten SUN-Projekts. Diverse Akteure haben sich zusammengefunden und eine politisch unabhängige Bestandsaufnahme geliefert. SUN hat vermitteln können, dass nebenher auch die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Aufwertung stattfinden muss, will man die Attraktivität für Bewohner und Geschäfte zurückgewinnen. Hier werden anschaulich und leicht verständlich Maßnahmen und Perspektiven aufgezeigt. Positiver Effekt des Projekts ist die Steigerung der quantitativen und qualitativen Beteiligung der örtlichen Bevölkerung.

Ralph Pommé, Mitglied der gemeinnützigen Vereinigung „Die Unterstadt – ein starkes Viertel VoG“, bestätigte uns, dass sich einiges zum Positiven geändert hat. Trotzdem stehe nun die Umsetzung der vierten Phase des TAU-Projektes an (TAU steht für „Touristische Aufwertung der Unterstadt“): Die Neugestaltung des Schilsweges und das Anlegen des „Scheibler-Platzes“ sind einige der Vorhaben, die in den nächsten Jahren anstehen.

Als jüngstes Beispiel für gemeinsames Engagement ist die Erneuerung des Temseparks hervorzuheben. Dieser wurde touristisch attraktiv gestaltet und wird nachhaltig durch die private Hand versorgt, damit er auch erhalten bleibt. Darauf sind die Mitglieder stolz.

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„Ostbelgien Direkt“ war auf Tour in der Unterstadt und befragte vor Ort einige Akteure und Passanten. Wir erkundigten uns nach ihren ganz persönlichen Eindrücken zur Unterstadt, deren erneute Aufwertung und den Zukunftsaussichten.

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Bernd Visé bleibt der Eupener Unterstadt treu. Foto: OD

Wir trafen Bernd Visé. Er betreibt sein Restaurant mit Blick auf die Weser. Unterhalb verläuft der Spazierweg zwischen alter und großer Weserbrücke. Er erinnert sich, dass dieser Weg mit sehr viel „Pump und Prunk“ eingeweiht wurde. Es folgten punktuelle Erneuerungen (Gesteinskörbe, Fußgängerbrücke, Brunnen) – und das war’s… „Entlang der Hill bricht seit Jahren das Geländer auseinander – jetzt stehen NADAR-Barrieren da.“

Diese Situation ist für den Sommelier nicht nachvollziehbar. Bernd Visé: „Es scheitert oft am Kompetenzgerangel und an den Zuständigkeiten. Du darfst zwar am Rande der Flüsse bauen, dafür ist der Urbanismus in Eupen zuständig. Willst du aber die Uferzonen an Weser und Hill sauber halten, befindest du dich auf wallonischem Hoheitsgebiet.“ Zum Schluss sagt uns Bernd Visé: „Ich bin ein Unterstädter, der weitermacht – an einem Standort, der sehr, sehr schön ist.“

Vor der Josefs-Pfarrkirche treffen wir eine kleine Gruppe von Unterstädtern. „Solange die Unterstadt als Durchfahrtsviertel bestehen bleibt, wird sie in zwei Hälften geteilt: Schilsweg und Haas“, äußerte sich Guido. Er sei skeptisch, dass all die Investitionen auch nachhaltig wirken werden. „Da können die versprechen, was sie wollen. Die Leute fahren einfach vorbei oder durch.“ Die anderen nicken…

Label „Unterstadt“

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Der Schilsweg soll im Rahmen der nächsten Phase des TAU-Projektes umgestaltet werden. Foto: OD

Folgt man nun den Ausführungen aller Verantwortlichen, so steht der Unterstadt noch viel Arbeit ins Haus. Die Bewohner hören schon seit 20 Jahren, wie schön alles ist und dass man auch von der Entscheidungsebene unterstützend eingreifen will. So gibt es eine Reihe von punktuellen Investitionen – Puzzlesteine, die aber das ganze Bild noch nicht erkennen lassen.

Noch ist das Label „Unterstadt“ mit einem schwachen Image verbunden. Es ist wieder das erneute Ziel aller sich zur Wahl stellenden Parteien, an diesem Image zu arbeiten. Vermächtnis und Auftrag für die kommende Mehrheit im Rathaus.

Am Wochenende findet nun das zweite Lichterfest statt. Es stellt ohne Zweifel eine Bereicherung für die Unterstadt dar, für ihre Bewohner und Gäste. Eine Ausstellung der Stadt wird bei dieser Veranstaltung die zukünftigen Bauvorhaben in der Unterstadt präsentieren und beleuchten.

Hoffentlich bleibt es nicht nur ein 24-Stunden-Brenner… (eh)

9 Antworten auf “Unterstadt: Aufschwung oder weiter Eupens Stiefkind?”

  1. Gerald Schlenter

    Sehr positiv, dass sich Bürgerinnen und Bürger für die Unterstadt ehrenamtlich einsetzen.
    Nur fehlt leider dieser Einsatz für die Unterstadt durch die leitenden Politiker im Rathaus unserer Stadt.
    Als einer der wenigen verbleibenden Geschäftsleute der Unterstadt kann ich immer noch nichts von einer Belebung erkennen. Eher das Gegenteil ist der Fall. Jüngstes Beispiel: Wir haben noch nicht einmal mehr eine Metzgerei.
    Zudem berichten mir Kunden immer wieder von fehlenden positiven politischen Ansätzen für Eupens Unterstadt. Enttäuschung ist das bestehende Gefühl in der Bevölkerung.
    Der neue Temsepark ist tatsächlich eines der ganz seltenen positiven Beispiele für eine Aufwertung der Unterstadt. Doch ist dies tatsächlich alles, was SUN und TAU Projekte in der Unterstadt verbessert haben in den letzten 12 Jahren?
    Hier ist noch sehr viel zu tun. Aber erst durch entsprechende Unterstützung unserer Stadtverantwortlichen kann etwas bewegt werden. Es ist Zeit für einen Wechsel!

    • Oberstädter

      Wenn es keine Metzgerei mehr in der Unterstadt gibt dann liegt das ja wohl in erster Linie an den Unterstädtern selber, die lieber im Delhaize,Carrefour,Aldi u.s.w. einkaufen geh’n. Dafür kann man ja wohl nicht die Politiker im Rathaus verantwortlich machen. Die Metzgereien haben ja nicht wegen Reichtum geschlossen sondern entweder wegen erreichen der Altersgrenze oder wegen mangelndem Umsatz.
      Ich glaube in der Vergangenheit ist genügend Geld in die Unterstadt geflossen aber aus mir unerklärlichen Gründen haben die Unterstädter immer noch eine Art Minderwertigkeitskomplex – warum auch immer.
      Eine Änderung der Politischen Verhältnisse in Eupen werden daran mal überhaut nix ändern. Sollen sich die Einwohner der Unterstadt mal lieber an die eigene Nase fassen. Bin mal gespannt ob das kommende Kaufhaus in der Unterstadt nicht schon nach einem Jahr wegen Erfolglosigkeit schliessen muss, … dann ist natürlich wieder die Städtische Politik dafür verantwortlich und nicht die Unterstädter selber.

      • peter Müller

        Werter Oberstädter
        wenn Sie den Unterstädtern eine Art Minderwertigkeitskomplex unterstellen , sollten Sie sich mal in unsere Lage versetzen.
        Sie werfen den Unterstädtern vor das sie lieber in Supermärkten einkaufen gehen anstelle in die wenigen Geschäfte der Unterstadt
        .
        Seltsamerweise können sich aber 2 Bäckereien in der Unterstadt halten obschon man auch Brot in den Supermärkten kaufen kann.

        Hoffentlich passiert nicht selbiges in der florierenden Oberstadt .

        Nach Fortis Bank , Metzgereien schliesst nun auch noch die Christliche Krankenkasse . Nun ist der Unterstädter gezwungen in die Oberstadt zu fahren ob er möchte oder nicht.

        Durch das Geld welches in die Aufwertung der Unterstadt geflossen ist wurde auch der Weg um das Weserufer errichtet , doch leider sieht man hier die städtischen Arbeiter nur selten um den Weg sauber zu halten , ausser es hat sich hoher Besuch der Politik aus der Oberstadt zu einer Einweihung oder zur Kirmeseröffnung angesagt ,dann muss alles sauber sein .

        Wenn schon geld investiert wird , sollte man die sachen auch pflegen .

        Werter Oberstädter kehren sie liber in dem Baustellendreck Ihrer heissgeliebten Oberstadt bevor Sie sich ein Urteil über die Unterstädter Bevölkerung erlauben .

        Mit freundlichem Gruss ein Unterstädter

      • Also ich bin stolz ein Unterstädter zu sein. Also was ich weiss waren viele Unterstädter am schimpfen das die letzte Metzgerei zu gemacht hat. Ich kenne sehr viele die dort ihr Fleisch geholt haben. Also glauben Sie mir wir Unterstädter leiden bestimmt nicht an Minderwertigkeitskomplex. Wieviele Geschäfte haben in der Oberstadt nicht geschlossen oder sind kurz davor zu schliessen???? Wir haben zwar keine Geschäfte in der Unterstadt aber dafür wunderschöne Natur wo. Ah woher bekommen Sie denn das Leitungswasser ach ja aus der Unterstadt.

        • Oberstädter

          Sie können oder wollen nicht richtig lesen !
          Herr Schlenter versucht der aktuellen Mehrheit im Rathaus das Geschäftssterben in der Unterstadt in die Schuhe zu schieben ! Das ist falsch !
          Die PFF wird daran gar nix ändern !
          Der damaligen PFF/CSP Mehrheit haben wir zu verdanken das sich unter der Regie Evers jede Menge Grosskaufhäuser in Eupen ansiedeln durften.. und die haben die Grösste Mit-Schuld am Geschäftssterben in EUPEN, Unterstadt ebenso wie Oberstadt.
          Aber die Wahlkampfmeinung von Herrrn Schlenter wird wohl eher akzeptiert…weil er Unterstädter ist, oder ?

  2. Bald-Wieder-Unterstädter

    Ich habe in der Zeit in der Unterstadt gewohnt, als um die Weser herum gebaut wurde. Eine ganze Zeit hat es immer ganz nett ausgesehen. Aber irgendwie wars nie so richtig fertig. Dass, als Bodendecker geplanzte „Gemüse“ hat nie so richtig wachsen wollen. Dann fehlten Lampen in der schönen neuen Brücke über die Weser und ein schönes Loch blieb wochenlang an der Stelle. Bis lieblos ein Metalldeckel draufgehauen wurde. Der Brunnen war auch nur sporadisch an, weil er ständig verstopft oder wohl das Wasser zu teuer war?! Irgendwie hatte ich den Eindruck, das alles nur gemacht wurde, weil die Unterstädter sonst meckern. Vielleicht sollte man lauter meckern! Und wenn das keiner erhört, sollte man ihn vielleicht abwählen?

    Bei den Metzgern war ich auch (mal) einkaufen. Mit dem netten Seniorenpaar, das die kleine Metzgerei betrieb traf ich mich regelmäßig bei Gassi gehen. Ein Nachfolger wollte sich einfach nicht finden. Vielleicht lag es an dem kleinen Ladenlokal? Beim anderen Metzger gab es genau die selben Wurstwaren wie bei Renmans. Also wieso beim Einkauf im Aldi nochmal in der Unterstadt halt machen, einen Parkplatz suchen und dafür auch noch mehr zahlen? Mir fehlt da die persönliche Note…

    Aber genau wie in den Bäckereien (und nicht nur die in der Unterstadt) wird mehr auf eine riesen Auswahl wert gelegt, statt die eigene Kreativität mal wirken zu lassen. Dinge die überall gleich schmecken, kann ich auch da kaufen wo sie weniger kosten.

    PS.: Wir haben ein Haus in der Unterstadt gekauft. Ich freue mich bald wieder in die Unterstadt zu ziehen.
    PPS.: Das „Gemüse“ liegt vier Jahre später noch genau so da, wie es nach den Bauarbeiten (nicht) gewachsen ist.

  3. Nur 2 Bemerkungen zum oben gesagten

    Temsepark: Wenn sich die Privatiniatoren die mit vorbildlichem Engagement, die Temseparkerneuerung vorangetrieben haben, sich weiteren Projekten und dem dem Erhalt dieses Parks widmen, befürchte ich, das die Vorhersage von AB eintreten wird.

    Die Verbindung zwischen Ostadt und Ustadt, über Olengraben, Rothenberg und Lascheterweg, sind nicht wegen des schlechten Oberflächenbelags ein skandalöser Sichheitsskandal für alle schwachen Verkehrsteilnehmer. Ich traue mich jedenfalls nicht mehr mit dem Rad zur Vervierserstr. zu fahren, die Situation hat sich seit der Schließung der Stadtdurchfahrt dramatisch verschlimmert.

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