Gesellschaft

Studie: Bürger misstrauen der Justiz

Blick in den Sitzungssaal des Eupener Gericht an der Klötzerbahn. Foto: OD

Vor wenigen Tagen ging vor dem Assisenhof in Mons der Prozess gegen den Ecolo-Mitgründer und ehemaligen wallonischen Angeordneten Bernard Wesphael zu Ende, der angeklagt war, seine Frau getötet zu haben (siehe Artikel an anderer Stelle). Der Prozess endete mit einem Freispruch. Ein Sieg auch für die belgische Justiz?

Nach der Urteilsverkündung erklärte einer der Anwälte von Wesphael, Jean-Philippe Mayence, der Freispruch für seinen Mandanten sei ein Sieg auch für das Geschworenengericht, das viele nicht mehr für zeitgemäß halten. Vor einem ordentlichen Strafgericht hätte es laut Mayence nie und nimmer einen Freispruch für Wesphael gegeben.

In der Tat ist das Ansehen der Justiz in Belgien etwas ramponiert. Die Belgier sind dem Justizwesen gegenüber kritisch eingestellt. Das geht auch aus einer großangelegten Umfrage der Universität Löwen hervor. Demnach fanden 60% der Befragten, dass die Richter im Land nicht alle Bürger gleich behandeln. Fast 86% erklärten, sie würden die Fachbegriffe, die Richter und Staatsanwälte benutzen, nicht verstehen.

Ihre Fragen haben die Wissenschaftler nicht nur „gewöhnlichen“ Belgiern gestellt. Auch Anwälte haben an der Umfrage der Uni Löwen (KUL) teilgenommen. Und selbst die Rechtsbeistände vertrauen der Justiz offenbar auch nicht blind. 40% der Anwälte sind ebenfalls der Meinung, dass die Bürger von den Gerichten ungleich behandelt werden.

Das Eupener Gerichtspersonal bei seiner Kundgebung im Juni 2016 auf der Klötzerbahn. Foto: OD

Das Eupener Gerichtspersonal bei seiner Kundgebung im Juni 2016 auf der Klötzerbahn gegen die schlechten Arbeitsbedingungen im Justizwesen. Foto: OD

Soll heißen: Im Wust der Gesetzestexte lässt sich jedes Urteil gewissermaßen maßschneidern, wenn das Gericht dies denn unbedingt so will.

Außerdem meinten 86% der Befragten, die von der Justiz verwendeten Formulierungen seien zu kompliziert. Urteilssprüche von Richtern und Mitteilungen von Staatsanwälten würden von der breiten Öffentlichkeit oft falsch oder nur zum Teil verstanden.

„Wir haben ein Wahrnehmungsproblem und sind uns dessen bewusst“, erklärte der Vorsitzende des Hohen Justizrats, Christian Denoyelle, in der Zeitung „De Standaard“. Richter und Staatsanwälte müssten künftig besser und vor allem in einer verständlicheren Sprache kommunizieren.

Ein weiteres Problem ist, dass das Justizwesen für viele Belgier zu langsam arbeitet. Zwischen Straftat und Prozess vergehe oft zu viel Zeit. Und: 76% der Befragten forderten, dass verurteilte Straftäter ihre Haftstrafen vollständig absitzen. Diese Meinung vertritt übrigens auch das Gerichtspersonal, das im Juni 2016 gegen die untragbaren Zustände im Justizwesen protestierte. (brf.be/cre)

Siehe auch Artikel „Im Zweifel für den Angeklagten: Freispruch für Bernard Wesphael“

Siehe auch Artikel „Eupener Justizpersonal muckt auf: Wir gehen auf dem Zahnfleisch“

17 Antworten auf “Studie: Bürger misstrauen der Justiz”

  1. Baudimont

    Das ist zum Kotzen !
    Abhängigkeit der Justiz als »Organ der Staatsregierung« und die Ungleichheit aller vor dem Gesetz !
    Abhängigkeit der Staatsanwaltschaft als Institution, d. h. der des an der Spitze der Hierarchie stehenden obersten Anklägers vom Justizministerium, worin die Gefahr politischer Einflussnahme auf staatsanwaltschaftliche Entschließungen begründet liegt. Dieser Problembereich kann mit den Stichworten »politischer Beamter« und »externes Weisungsrecht« gekennzeichnet werden.

      • Baudimont

        Idu will sicher nicht Kariere als gute und vertrauenswürdige Politikerin machen ! Ich will nur das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben !
        Die Macht des Staates und der Parteien: Verantwortungslosen Kollektivitäten, unmoralisch und verantwortungslose Politik, will ich „schrittweise“ abbauen.
        Die Bürger sollen vor Ort über sich selbst entscheiden und die Probleme sollen dort gelöst werden, wo sie anfallen.
        Und alles ohne den Zwang, Steuern !!!
        „Copy und Paste“ können mir bei der Erreichung meiner Ziele helfen und sind weiterhin nutzbar.

  2. Hillarious Klingelton

    Wie die Politik: Selber Schuld. Haben sich diskreditiert bis zum geht nicht mehr. Zustände sind 2016 schlimmer als 1789, denn damals wurde nicht so sehr getan als ob. Heute ist die Oberfläche trügerischer als je zuvor geworden. Nur, die Leute hungern nicht, alle haben Kuchen. Deshalb tut sich nichts; das weiß das System und wird auch künftig die Bäuche „voll“ versorgen – so schlecht die Qaualität der Nahrungsmittel auch sein wird. Nur wer hungert ist bereit richtig auf die Barrikaden zu gehen. Selbst bei den heutigen Zuständen, die uns zeigen, daß Europa islamisiert wird, tut sich nichts – weil die Bäuche voll sind (nicht mit Babies :-))

  3. Die Justiz gehört zum Establishment, genauso wie die Politik. Richter und Politiker treffen sich oft bei festlichen Gelegenheiten. Mauscheleien aller Art sind die Folge. Nicht alle Richter erklären sich für befangen, obwohl sie es eigentlich sind. Sie haben sich sehr schnell ein Urteil gefällt und suchen dann im Gesetzbuch nur noch nach den passenden Texten, die sich immer finden lassen.

  4. Schmitz H.

    Justiz ? Welche Justiz ? Wenn man bedenkt, dass ein Autofahrer der durch „rot“ fährt schwerer bestraft wird als ein Messerstecher oder dass einem Terroristen tausende Euro zugesprochen werden weil er sich über die Haftbedingungen beklagt, dann hat man alles verstanden !!!

  5. Merowinger

    Bei Gericht gewinnt die Partei welche die größte Menge an Euros in die Waagschale der Justitia legt. War immer so und wird immer so bleiben. Heute kommt es auf die Preisklasse der jeweiligen Gutachter und Anwälte an und sonst auf nichts.

    Die Wahrheit oder die Gerechtigkeit vor Gericht zu suchen ist eine naive Schwärmerei aller juristischen Ignoranten.

  6. Rechtsverdreher

    Ganz Schlimm. Die Urteile gleichen oft denen der Schurkenstaaten in Afrika. Wer in Charleroi zu schnell fährt brauch oft die Knöllchen gar nicht zu bezahlen da das Polizeigericht solche Vergehen nicht weiter verfolgt. Erinnere nochmals an das Skandalurteil von Maldingen. Die alte vom Dutroux wohnt bei einem pensionierten Richter und studiert Jura. Noch Fragen?

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