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Eine Mehrheit der Schweizer stimmt gegen staatliche Zuschüsse für die Medien: „Gift für unsere Demokratie“

02.02.2022, Schweiz, Bern: Ein Plakat mit der Aufschrift „Keine Steuermilliarden für Medienmillionäre. Mediengesetz Nein“ ist in Bern zu sehen. Foto: ANTHONY ANEX/Keystone/dpa

AKTUALISIERT – Staatsgelder für die Medien? Das haben die Schweizer abgelehnt. Einer aktuellen Hochrechnung zufolge stimmten am Sonntag 54,6 Prozent gegen das Millionenpaket. Es sollte finanziell angeschlagenen Zeitungen helfen.

Mit einem Medienpaket wollte die Schweizer Regierung im Jahr 151 Millionen Franken (rund 144 Millionen Euro) zur Unterstützung von Zeitungs- und Zeitschriften-Verlagen bereitstellen.

Viele leiden am Anzeigen- und Abonnentenschwund und kämpfen ums Überleben. Unter anderem sollte die schon bestehende Unterstützung für die Zustellung ausgebaut werden. Erstmals sollten auch Online-Medien unter bestimmten Bedingungen direkt Geld erhalten.

Ein Zeitungsgeschäft in Lausanne. Foto: Pixabay

Gegner warnten, dass die Medien damit ihre Unabhängigkeit verlieren und nicht mehr neutral über die Regierung berichten würden. Nach Auszählung von 23 der 26 Kantone lehnten knapp 54,6 Prozent der Wähler die Pläne ab.

Vor der Volksabstimmung hatten die Gegner der Medienförderung kräftig Wind gemacht: „Keine Steuermilliarden für Medienmillionäre“ stand auf ihren Plakaten, und: „Das ist Gift für unsere Demokratie“.

Auch in Deutschland ist eine staatliche Millionenförderung für Pressehäuser im Gespräch. Auch hier fordern Zeitungsverleger Unterstützung bei der Zustellung. Bislang ist auf Presseprodukte nur die Mehrwertsteuer reduziert, sieben statt 19 Prozent. Seit 2020 gilt dies auch für E-Paper, also Printmedien ohne Papierausgabe.

In Belgien wird die geschriebene Presse seit jeher von der öffentlichen Hand massiv unterstützt. So hat beispielsweise die DG im Haushalt 2022 für die Unterstützung der geschriebenen Presse, also des Grenz-Echo, 321.000 Euro vorgesehen. Die Ausgaben für Werbung oder Bücherankäufe kommen noch hinzu, sie sind bisweilen auch eine Art Umwegfinanzierung.

„NZZ“: Ablehnung von Subventionen für Medien erfreulich

Nachdem bei einer Volksabstimmung in der Schweiz staatliche Subventionen für Zeitungen, Zeitschriften und Online-Medien mehrheitlich abgelehnt wurden, schrieb die „Neue Zürcher Zeitung“  am Montag:

Die Schweiz will keine „Staatsmedien“, und sie verschwendet „keine Steuermilliarden an Medienmillionäre“. Eine klare Mehrheit der Stimmenden ist den Appellen der Gegner gefolgt und hat das Medienpaket an der Urne abgelehnt. Das ist sehr erfreulich und gleichzeitig alles andere als selbstverständlich. Denn die Befürworter der Subventionsvorlage – darunter Bundesrat und Parlament – waren mit ihren Aufrufen und Abstimmungsplakaten gefühlt omnipräsent und stellten das Gesetz als Garant zur Rettung der Demokratie und der Meinungsfreiheit dar, als ein Bollwerk gegen Fake News und gegen die Freiheitstrychler (Gegner staatlicher Corona-Maßnahmen). (…)

Nachdem nun ausgiebig über die privaten Medien diskutiert worden ist, wäre es tatsächlich angebracht, sich wieder einmal über die SRG (Schweizer Radio und Fernsehen) zu unterhalten und darüber, welchen Sinn und welche Berechtigung staatlich gehegte Sender in der jetzigen Zeit noch haben. Schließlich kann heute jeder Einzelne frei darüber entscheiden, wo er sich informieren will – und zu welchem Preis. (dpa/cre)

27 Antworten auf “Eine Mehrheit der Schweizer stimmt gegen staatliche Zuschüsse für die Medien: „Gift für unsere Demokratie“”

  1. Krisenmanagement

    Wir müssen nicht in die Schweiz schauen. wir sehen doch, was das Grenzecho und der BRF in Ostbelgien machen. Es zählt nur noch die Meinung der Regierenden. Menschen wenden sich von diesen Medien ab. Das Vertrauen in die traditionellen Medien sinkt. Manche vertrauen immer noch blind diesen Medien. Meiner nach sind solche gleichgeschalteten Medien Gift für demokratische Gesellschaften. Ich halte es für einen Riesenfehler, Medien zu subventionieren.

    • Erleuchtung Jean

      #Krisenmanagement

      „Ich halte es für einen Riesenfehler, Medien zu subventionieren.“ 👍

      Durch Subventionen, wird man leicht zu Propaganda verleitet – früher war Propaganda aber kostenlos.

    • Ach Krisenmanagement

      Ich stimme Ihnen in Teilen zu. Wenn der liberale Chefredakteur des Grenz-Echo seine liberale Hose herunterlässt, und das passiert in letzter Zeit öfters, dann soll dafür nicht zur Belohnung öffentliches Geld fließen. Wer soll denn aber über nicht vermarktbare Themen berichten, die gesellschaftlich wichtig sind? Ist es heutzutage nicht machbar, dass man über Themen berichtet, ohne politischen Beigeschmack? Bei den privatrechtlichen Medien wird sich mit der Entscheidung nichts ändern. Da fehlt ein Gegenpol, im übertragenenen Sinne.

  2. Robin Wood

    Sehr gute Entscheidung der Schweizer.
    Wie @Klüngeling schreibt, lieber das Geld dem Pflegepersonal geben und mehr anwerben.
    Allerdings werden sich die Medien dann andere Geldgeber suchen (wie es teilweise auch schon angewendet wird) und mit Spendengeldern von einigen reichen Personen wird dann wohl deren Meinung verbreitet.
    Dann trifft die Aussage von Sethe zu, wie @karlh1berens schreibt.

  3. Kritiker

    Mittelfristig werden viele Printmedien (Zeitungen, Zeitschriften) verschwinden.
    In Ostbelgien können wir froh sein, dass wir mit dem „GrenzEcho“ noch eine seriöse Tageseitung haben. Zugleich sind durch die Corona-Krise viele wertvolle Anzeigenkunden weggebrochen. Es wird also in Zukunft die Aufgabe der DG sein, neben dem BRF auch das GE mit mehr Subsidien zu unterstützen.

  4. GE und BRF sind doch längst von der DG finanziell abhängig, also zur Hofberichterstattung verkommen. OD ist das einzige Medium welches eine Meinungsvielfalt zulässt. Einen Leserbrief im GE oder, schlimmer, BRF schreiben ist reine Zeitverschwendung…..

    • Moment mal

      Zu Dax: Moment mal. Der BRF wird zu 99 Prozent von der DG unterstützt, das GE aber erhält bisher nur eine relativ geringe Pressebeihilfe. Also ist das GE mehr oder weniger unabhängig. So werden wir das GE erst dann schmerzlich vermissen, wenn es irgendwann nicht mehr erscheinen sollte.

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