Politik

Protest gegen Europäischen Fiskalpakt: PDG stimmt „mit Bauchschmerzen“ zu

Alexander Miesen versprach den Protestlern gegen den Fiskalpakt, den DG-Abgeordneten eine Abschrift ihrer Erklärung zukommen zu lassen. Foto: Gerd Comouth

Vor der letzten Plenarsitzung des DG-Parlaments am Eupener Kaperberg am Montag kam es zu einer Demonstration gegen den Europäischen Fiskalpakt, über den im Plenum diskutiert und abgestimmt wurde. Initiator war eine Bürgerinitiative, die von den Gewerkschaften CSC und FGTB sowie von einer Interessenvertretung der Milchbauern unterstützt wurde.

Letztlich wurde der Fiskalpakt vom Parlament mehrheitlich gutgeheißen, wenn auch „zähneknirschend“ und „mit Bauchschmerzen“. SP, ProDG, PFF und CSP votierten mit Ja, Ecolo und Vivant stimmten dagegen.

Nur 0,5% Haushaltsdefizit und Schuldenbremse

Eine Vertreterin der Bürgerinitiative stellt PDG-Präsident Alexander Miesen die Erklärung gegen den Fiskalpakt vor. Foto: Gerd Comouth

Eine Vertreterin der Bürgerinitiative stellt PDG-Präsident Alexander Miesen die Erklärung gegen den Fiskalpakt vor. Foto: Gerd Comouth

Der Europäische Fiskalpakt beinhalt strengere Haushaltsregeln für die 25 EU-Staaten, die ihm zugestimmt haben (Großbritannien und Tschechien haben nicht zugestimmt).

Die Regierungen der Unterzeichnerstaaten verpflichten sich dazu, das Haushaltsdefizit auf maximal 0,5% des Bruttoninlandprodukts (BIP) zu reduzieren (bisher 3%) und nationale Schuldenbremsen einzuführen, wobei sie bereits nach Mechanismen suchen, die es ihnen ermöglichen, die Schuldenbremsen zu umgehen.

Übrigens macht sich auch die DG dazu intensiv Gedanken, wie Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz (SP) am Montag noch einmal im PDG bekräftigte. Beteiligungsgesellschaften wie die Proma AG zum Beispiel könnten künftig verstärkt eingesetzt werden, um die Möglichkeit zu erhalten, trotz Schuldenbremse der DG ein Mindestmaß an Investitionen zu tätigen.

Der Fiskalpakt sieht außerdem vor, dass Belgien in Sachen Haushalt Kompetenzen an die EU abtritt.

Sparpolitik macht Regierungen handlungsunfähig

Zu der Gruppe von rund 40 Demonstranten gehörte auch das ehemalige PDG-Mitglied von Vivant, Joseph Meyer (links). Foto: Gerd Comouth

Zu der Gruppe von rund 40 Demonstranten gehörte auch das ehemalige PDG-Mitglied von Vivant, Joseph Meyer (links). Foto: Gerd Comouth

Die Bürgerinitiative gegen den Europäischen Fiskalpakt überreichte PDG-Präsident Alexander Miesen (PFF) eine Erklärung. Die Protestler sind davon überzeugt, dass der Fiskalpakt die Krise in Europa verschärfen wird und Europa daran zerbrechen könnte. Zudem befürchten sie, dass eine vertraglich festgelegte Sparpolitik die Regierungen handlungsunfähig macht, wenn letztendlich die EU über die nationalen Haushalte wacht.

SP, ProDG, PFF und CSP stimmten „zähneknirschend“ bzw. „mit Bauchschmerzen“ für den Fiskalpakt, wobei ihr Ja von einer Resolution an die Föderalregierung begleitet wurde, in der Bedenken geäußert wurden. Sinngemäß wurde gefordert, dass nicht nur gespart wird, sondern auch Maßnahmen für mehr Wachstum ergriffen werden.

Ministerpräsident Lambertz warnte vor einer Ablehnung des Fiskalpakts. Ein Nein zur Ratifizierung hätte für Belgien möglicherweise schwerwiegende Folgen. Aus „Bundestreue“ zum Föderalstaat soll auch die DG dem Pakt zustimmen, so Lambertz.

Bei der Abstimmung über die Resolution enthielt sich Ecolo der Stimme, Vivant votierte auch hier mit Nein.

Zum Fiskalpakt bezog übrigens auch der scheidende EU-Abgeordnete Mathieu Grosch (CSP) Stellung. (cre)

Siehe dazu auch „Standpunkt“-Artikel „Wir sind dagegen, aber wir stimmen dafür!“

16 Antworten auf “Protest gegen Europäischen Fiskalpakt: PDG stimmt „mit Bauchschmerzen“ zu”

  1. Oben steht im Text:
    „SP, ProDG, PFF und CSP votierten mit Ja, Ecolo und Vivant stimmten dagegen.“
    Unten steht:
    „Bei der Abstimmung über die Resolution enthielt sich Ecolo der Stimme, Vivant votierte auch hier mit Nein.“

    Ja was denn nun, stimmte Ecolo dagegen oder enthielt sich Ecolo der Stimme?

    Zum Fiskalpakt: Man kann diesen Vertrag befürworten oder ablehen, das ist vollkommen egal, weil in Europa Verträge bei Bedarf sowieso gebrochen werden. Wie war das mit dem Ausschluß der Schuldenhaftung für andere Staaten? Oder mit dem Verbot der Staatsfinanzierung durch die EZB?
    Wie war das mit der „Unabhängigkeit“ der EZB oder dem Ziel der Preisstabilität?

    Europäische Verträge sind nur dazu da, gebrochen zu werden.

    Auch wenn ich eigentlich nie mit Herrn Meyer übereinstimme, hier tut er aus den falschen Gründen das Richtige.
    Und er muss sich nicht nachsagen lassen, ein Kuscher zu sein.

    PS: Er tut, zumindest teilweise, auch aus richtigen Gründen das Richtige. Denn eine weitere Abtretung nationaler Kompetenzen an die EU ist schlicht abzulehnen.

    Es wäre zu schön gewesen, hätte das PDG, statt „Bundestreue“, also Feigheit, einmal Mut bewiesen und den ganzen kriminellen Quatsch blockiert.

    • Ostbelgien Direkt

      @nmm: Es wurde zweimal abgestimmt: einmal über den Fiskalpakt (Mehrheit + CSP dafür, Ecolo und Vivant dagegen) und einmal über die Resolution (Mehrheit + CSP dafür, Ecolo Stimmenthaltung und Vivant dagegen). Gruß

  2. „…wobei sie bereits nach Mechanismen suchen, die es ihnen ermöglichen, die Schuldenbremsen zu umgehen.“

    Wofür denkt man sich irgendeinen Blödsinn aus, wenn man sich von vorne rein sowieso nicht dran halten will?

    • Koloss Zappel Bosch

      Die Regierungen der Unterzeichnerstaaten suchen … und auch die einzelnen Unterregierungen, wie z.B. die DG. Das ist eben die europäische Methode : Wasser predigen (für die anderen), Wein trinken … Die europäischen Umweltminister haben heute z.B. auf Druck Deutschlands Ihre Vereinbarung mit dem europäischen Parlament zwecks weiterer Reduzierung des CO2-Ausstoß‘ gecancelt (was ich persönlich übrigens verstehen kann). So ist das eben (s.a. nmm hiervor). Wie war das mal mit der Verschuldungsgrenze von 60% bei Einführung des Euros? Und mit der aktuellen Defizitgrenze von 3%? Diesmal ist übrigens nicht Belgien der Sünder… Die EU-Regeln sind gemacht, um mit vielen Ausnahmen und Ausreden durchlöchert zu werden. Es gibt ja im Notfall immer noch den Rettungsschirm…
      Hauptsache die Krümmung der Bananen und Gurken stimmt noch. Einen gemeinsamen E-Stecker hat man allerdings noch immer nicht gefunden…

  3. @OB
    Danke für die schnelle Antwort. Ich hätte genauer lesen müssen.
    Ich finde es schon merkwürdig, einem Pakt zuzustimmen und dann eine Resolution gegen diesen Pakt zu verabschieden.
    Schönen Abend noch.

  4. Waschlappen

    Tolle Demokratie. Die „Bauchschmerzen“ will man den Wählern verkaufen, um beim nächsten Lotto keine Stimme zu verlieren (Obwohl nur Nullen in der Verlosung sind), und dann stimmt man aber dafür, um in Brüssel und in Namür keinen über die Finger zu bekommen. Echte Staatsmänner sind das. Pfui pfui pfui

  5. Die Politik wird doch schon seit geraumer Zeit nicht mehr von den Politiker/innen, sondern von den Banken, inklusive Börsenspekulanten ausgeübt.Solange dies nicht von den ohnmächtigen Volksvertretern(?) geändert wird, bzw.geändert werden kann, sind weitere Krisen vorprogrammiert Wie schwer es der Politik fällt, den Banken etwas entgegenzusetzen, erkennt man schon daran, wie zäh es ist, eine sog. Finanz- Transaktionssteuer anzuwenden.Da sind noch einige Länder dagegen. (Politiker als Marionetten der Banken?) Und wie einige wenige Spezies die Weltmacht(??) Amerika geißeln können, bekommt die Welt zur Zeit drastisch vor Augen geführt.
    Der gemeine Bürger befindet sich in dem Ganzen doch nur noch zwischen Hammer und Amboß….

  6. Worin sollte denn bitte der Vorteil einer „Finanztransaktionssteuer“ bestehen. Schweden hat so eine Steuer in den 80ern eingeführt und nach wenigen Jahren wieder abgeschafft, weil die Stockholmer Börse immer weniger umsetzte.

  7. Die EU hält das aber für angemessen,
    siehe bitte nachstehend:

    Am 28. September 2011 stellte der Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso einen Gesetzentwurf der EU-Kommission zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer in der EU vor,[28][29] „damit auch der Finanzsektor seinen fairen Beitrag leistet“.[30] Die EU-Kommission wies in ihrer Begründung darauf hin, dass der gering besteuerte Finanzsektor im Zuge der Finanzkrise mit 4600 Milliarden Euro unterstützt wurde.[31][32]

    Der Steuersatz sollte 0,1 Prozent auf den Handel von Aktien und Anleihen und 0,01 Prozent für Derivate von Aktien und Anleihen betragen. Devisengeschäfte am Spotmarkt sowie andere Derivate sollen von der Steuer befreit sein. In Summe ließen sich laut internen Berechnungen der Europäischen Kommission dadurch rund 50 Milliarden Euro einnehmen,[33] die großteils den Mitgliedsländern zugutekommen sollen.[34]

    Im Frühjahr 2012 starteten neun EU-Länder einen neuen Vorstoß, eine Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene einzuführen, scheiterten aber vor allem[35] am Widerstand der beiden Nicht-Euro-Länder Großbritannien und Schweden. Die Alternative, die Steuer nur in der Eurozone einzuführen, scheiterte wiederum am Widerstand von Luxemburg und den Niederlanden.[36]

    Im Juni 2012 wurde die Zielsetzung einer Einführung in der gesamten Eurozone aufgegeben. Die verbleibenden EU-Ländern einigten sich darauf die Finanztransaktionssteuer nunmehr nur in den befürwortenden Ländern einzuführen.[37][38] Die Basis dafür findet sich im EU-rechtlichen Rahmen einer sogenannten „verstärkten Zusammenarbeit“ von mindestens neun EU-Ländern, die sich daran beteiligen. Anfang Oktober hatten mit Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Österreich, Portugal und Slowenien jedoch erst sieben Länder ihre Beteiligung zugesagt und auch ihren diesbezüglichen schriftlichen Antrag bei der EU-Kommission eingebracht. Am EU-Finanzministerrat in Luxemburg am 9. Oktober 2012 sollten – um die Mindestzahl von neun zu erreichen – noch Italien und Spanien umgestimmt werden, um sich an der Finanztransaktionssteuer zu beteiligen. Nicht nur wurde dieses Ziel zum Ende des Ministerrates erreicht, es schlossen sich auch noch Estland und die Slowakei an, sodass nun insgesamt elf EU-Länder die Transaktionssteuer einführen werden.[35][39][40] Die Details sollten bis Weihnachten 2012 ausgearbeitet werden. Offen waren u. a. die Fragen danach, was konkret wie besteuert werden soll und in welche Budgets die Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer fließen sollen: Ob die Erträge in den nationalen Budgets bleiben oder dem gemeinsamen EU-Budget zugeführt werden sollen, wobei sich bei letzterem auch die Frage stellt, ob die nationalen Zahlungsverpflichtungen der beteiligten Länder gegenüber dem EU-Haushalt um diese Beträge reduziert werden. Nach Meinung der österreichischen Finanzministerin Fekter wäre dies auch ein Anreizsystem, dass sich doch noch weitere Länder an der Transaktionssteuer beteiligen. Großbritannien und Polen hingegen forderten von den Ländern der verstärkten Zusammenarbeit, dass die fertigen Konzepte den nicht beteiligten Ländern zur Prüfung auf EU-Auswirkungen vorgelegt werden – und sogar (so von Seite Polens geäußert) dem Paket von allen EU-Ländern zugestimmt werden müsste.[41]

    Am 22. Januar 2013 beschloss der Rat der EU-Finanz- und Wirtschaftsminister in Brüssel, dass die elf Staaten Belgien, Deutschland, Estland, Frankreich, Griechenland, Italien, Österreich, Portugal, Slowakei, Slowenien und Spanien die Finanztransaktionssteuer einführen dürfen. Die Steuer soll möglichst alle Finanzinstrumente erfassen und eine breite Bemessungsgrundlage mit einem niedrigen Steuersatz haben

    • Die EU hält alles für angemessen, was ihr noch mehr Geld in den Rachen schiebt, das sie anschließend verpulvern kann.
      Diese Steuer würde auch nicht den bösen, bösen Finanzsektor treffen, sondern seine Kunden. Ergo würde jede Lebensversicherung und jeder private Rentensparplan weniger abwerfen. Denn jedesmal, wenn so ein institutioneller Anleger umschichtet, wird die Transaktionssteuer fällig.

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