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Stadt Aachen schrammt an Fahrverboten vorbei

08.06.2018, Aachen: Kraftfahrzeuge fahren über die Wilhelmstraße. Foto: Oliver Berg/dpa

Diesel-Fahrverbote spricht das OVG in Münster für Aachen nicht aus. Aber die Richter machen dem Land Nordrhein-Westfalen strikte Vorgaben. Die Behörden müssen jetzt nacharbeiten – und dabei ein Fahrverbot auch als Lösung des Problems einplanen.

Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe sprach am Morgen von einem wichtigen Tag für saubere Luft in den Städten von Nordrhein-Westfalen.

„Es geht darum, ob die von der Landesregierung vorgeschlagenen Maßnahmen ausreichen“, sagte Jürgen Resch am Mittwoch. Dabei ging es vor dem Oberverwaltungsgericht nur um ein mögliches Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in Aachen. Und Resch hatte da wohl noch nicht geahnt, wie viel Zeit sich der 8. Senat des OVG an diesem Tag noch nehmen wird.

Autos fahren an einer Messstation des Landesumweltamtes vorbei. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Nach stundenlanger Beratung und Diskussion mit Kläger und Beklagten zogen sich die Richter nach fast sechs Stunden mündlicher Verhandlung gegen 16.15 Uhr zurück. Eine Stunde später gab es dann das Urteil. Und es fiel für alle überraschend aus.

Das OVG gab für Aachen kein Fahrverbot vor. Aber: Der aktuell gültige Luftreinhalteplan der Bezirksregierung Köln für Aachen ist rechtswidrig. Das Land muss einen neuen Plan mit aktuelleren Zahlen und korrekten Prognosen liefern.

Sollten auf Basis dieser Planung dann im zweiten Schritt wieder die Grenzwerte nicht eingehalten werden, müsste die Aufsichtsbehörde auch ein Fahrverbot als Lösung vorsehen. Tut sie das nicht, muss ausdrücklich erklärt werden, warum ein Fahrverbot nicht infrage kommt.

Dieser Hinweis gilt auch für die weiteren, in Nordrhein-Westfalen anhängigen 13 Verfahren. Darauf hat das OVG in seiner mündlichen Urteilsbegründung hingewiesen. Fahrverbote müssten immer verhältnismäßig sein. Das war das Credo des OVG an diesem Tag. Das Gericht ließ Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu.

Am Sinn von Grenzwerten hat Gericht keinen Zweifel

Der Vorsitzende Richter des 8. Senats am OVG, Max-Jürgen Seibert, appellierte an die DUH und die Landespolitik, auf Revision zu verzichten und gemeinsam nach Lösungen für die noch ausstehenden 13 Klagen in NRW zu suchen. Dafür sehe er nach dem Verfahren gute Chancen. Beide Seiten hätten sich doch angenähert, und die DUH habe in anderen Bundesländern bewiesen, dass solche Lösungen möglich seien. „Wir gehen gerne auf die Landesregierung zu“, sagte Jürgen Resch nach dem Urteil.

08.06.2018, Aachen: Ein Vertreter der Umwelthilfe demonstriert für ein Dieselfahrverbot in Aachen. Foto: Oliver Berg/dpa

In der mündlichen Verhandlung hatte der Senat bereits deutlich gemacht, in welche Richtung er tendiert. „Es macht keinen Sinn, bei geringer Überschreitung der Grenzwerte Fahrverbote auszusprechen, und nach einem halben Jahr, wenn das Ziel erreicht ist, muss das Verbot wieder aufgehoben werden“, sagte Seibert. Für Autofahrer, die sich ein neues Fahrzeug kaufen mussten, sei das nicht hinnehmbar. Am Sinn von Grenzwerten habe das Gericht keinen Zweifel.

“Grenzwerte sind geltendes Recht“, sagte der Verwaltungsrichter. Behörden müssten nicht zwingend Fahrverbote anordnen. Aber sie müssten begründen können, warum sie es nicht tun.

Und das Gericht signalisierte auch, wo es eine Schmerzgrenze sieht. Sollten die Grenzwerte von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel weiterhin mit mehr als 10 Prozent überschritten werden, seien Fahrverbote kaum mehr zu vermeiden.

Die Stadt Aachen hatte in der mündlichen Verhandlung berichtet, was zuletzt gemacht wurde, um die Werte einzuhalten. So waren Busse umgerüstet worden, und der Individualverkehr mit Autos sollte über eine bessere Lenkung zum Beispiel in die Parkhäuser minimiert werden.

Die DUH kritisierte diese Maßnahmen als unzureichend. Zuletzt gab es an den Hauptbelastungsstellen in Aachen Messwerte von 49 bis 51 Mikrogramm pro Kubikmeter. Im Gegensatz zu den Stadtvertretern geht die DUH nicht davon aus, dass diese Werte kurzfristig sinken. (dpa)

7 Antworten auf “Stadt Aachen schrammt an Fahrverboten vorbei”

  1. Sollten die Grenzwerte von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel weiterhin mit mehr als 10 Prozent überschritten werden, seien Fahrverbote kaum mehr zu vermeiden.
    ///
    Dumm nur dass die Messtoleranz bei +/- 15% liegt….
    https://www.tichyseinblick.de/wirtschaft/mobilitaet/dieselfahrverbote-in-stuttgart/
    Die Landesanstalt LANUV in Nordrhein-Westfalen, die für die Zertifizierung der Messstellen Deutschland zuständig ist, gibt in ihren Prüfberichten die Toleranz von 15 Prozent an. Dies bedeutet, dass es messtechnisch unmöglich ist, zu sagen ob 34, 40 oder 46 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft vorhanden sind.
    ////
    So weit so bekloppt im Land der irren Klimaretter….

  2. Jockel F.

    NRW hat ja sonst keine Probleme.
    Es ist für die Politik schon sehr praktisch, sich vorgeblich um „Probleme“ zu kümmern, die es eigentlich nicht gibt und dafür die tatsächlichen Baustellen wie zum Beispiel grottige Bildung, No-Go-Areas, organisierte Kriminalität oder den Zerfall der öffentlichen Besitztümer zu ignorieren. Da kann man sich beim nächsten Messermord oder Zugschubser immer noch nichts tuend als moralisch überlegen präsentieren. FCK AFD, ne Bionade hinterher und alles ist gut.
    PS
    Ich würde Aachen oder Köln nicht einmal mehr nach der längst überfälligen Flächenbombardierung betreten.

  3. besserwisser

    Klimaschutz, wie hoch sind die Werte in Walhorn?? ländliches Dörfchen mit vielen Landwirtschaftsbetrieben. Hier richt und stinckt es oft nach Gülle usw…. Mist…. das müssen wir uns auch einatmen. Die Grenzwerte richt man förmlich.Nicht umsonst wurde damals Walhorn die Postleitzahl 4711 zugeordnet

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