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Starpräsentator des „JT“ der RTBF bezeichnete DG als „Cantons rédimés“

"JT"-Präsentator François de Brigode. Foto: Screenshot Youtube

Wenn der populärste Präsentator der TV-Nachrichten der RTBF im Jahre 2017 Ostbelgien als „cantons rédimés“ bezeichnet, dann zeigt dies, wie sehr die DG im Inland verkannt wird – und das bei einem Journalisten, der mit der politischen Architektur Belgiens bestens vertraut sein müsste.

Es ist aber geschehen am Montagabend. Wie der BRF berichtete, hatte François de Brigode zur Einleitung einer Liveschalte nach Raeren erklärt, der Reporter befinde sich in den „Cantons rédimés“. Den negativ besetzten Begriff – ein Schimpfwort – habe De Brigode gleich zweimal benutzt.

Bei der Live-Übertragung ging es um Gewitter im Raerener Raum. Laut der Tageszeitung „La Meuse“ entschuldigte sich De Brigode. Der Mann, der für die Präsentation des „Journal télévisé“ (JT) der RTBF mit dem Fernsehpreis „Moustique d’or“ ausgezeichnet wurde, habe eingeräumt, einen Fehler begangen und eine schlechte Wortwahl getroffen zu haben.

Paasch: Keine böse Absicht

Ministerpräsident Oliver Paasch erklärte dem BRF auf Anfrage, dieser Begriff sei nicht nur beleidigend, sondern auch falsch. Er unterstelle François de Brigode jedoch keine böse Absicht, zumal er sich auch für seine Ausrutscher entschuldigt habe.

Dass der Begriff überhaupt verwendet werde, sei ein Beleg dafür, dass man mit der Strategie, die Dachmarke Ostbelgien positiv zu besetzen auf dem richtigen Weg sei. Es müsse noch mehr dafür getan werden, unsere Region, auch im Inland, besser bekannt zu machen, so Paasch.

In den 1960er und 1970er Jahren kam es wiederholt vor, dass das Gebiet deutscher Sprache selbst von renommierten Inlandsmedien als „Cantons rédimés“ bezeichnet wurde, was in Ostbelgien immer wieder mit Unverständnis, nicht selten auch mit Empörung zur Kenntnis genommen wurde. Dass dies auch heute noch passiert, ist mehr als erstaunlich. (brf.be/cre)

42 Antworten auf “Starpräsentator des „JT“ der RTBF bezeichnete DG als „Cantons rédimés“”

  1. Réalité

    Wenn man dann vergleicht welche „Mühen“ unsere Politiker sich machen: Ostbelgien Marketing, die sehr vielen Reisen ins Ausland, und die vielen Bemühungen im Inland, und das alles seit Jahren! Was das den Steuerzahler alles gekostet hat, und den mehr als bescheidenen Erfolg davon sieht, dann erübrigt sich vieles…!? Ohne Kommentar!

  2. el verde

    Wäre nett, wenn man mal erfahren könnte was es denn in dem Kontext bedeutet und was denn daran so anstößig ist.Laut LEO heißt „rédimé“ „losgekauft“, was gar nicht den historischenTatsachen entspricht…

    • Axel Kittel

      Die wirkliche übersetzung lautet „Beutebelgier“. In der Tat waren die Kantone EUPEN-MALMEDY-ST. VITH die „dime de guerre“, also die Kriegsbeute der Preussen nach 1815 und dem Sieg über Napolen. 1921 ist die Beute zurückgekommen, daher „rédimés“.

      Leider weiss das im Inland keiner, hier muss jeden Tag erneut Info-Arbeit geleistet werden. Ich fühle mich zumindest nicht als Kriegsbeute.

      • Vereidiger

        Früher wurde „Belgien“ aus Staatsraison (Stichworte Nationalismus und Imperialismus) auch von hochrangigen Historikern auf irgendein Burgund und auf recht vage spanische und österreichische Niederlande und schließlich auf einen von Frankreich annektierten Teil Europas zurückgeführt. Als wenn es Belgien schon immer gegeben hätte und Gebiete, die irgendwann mal mit den heutigen belgischen Provinzen vom selben Herrscher regiert wurden, irgendwie auch theoretisch zu Belgien gehörten…
        Und dieses Geschichtsbild ist mindestens bis in die 1980er Jahre besonders in den wallonischen Schulen gelehrt worden (die Flamen hatten schon lange eine größere Sensibilität für sprachlich und kulturell bedingte Andersartigkeiten).
        Dabei kann (und darf) man das Ur-Kunstgebilde „Belgien“ nur mit dem Teil Europas verbinden, der 1830 bei der Staatsgründung dazu gehörte. Und damals war das heutige Ostbelgien eben zu 99 % NICHT dabei – konnte also auch nicht von den Preußen entrissen worden sein und dann von Belgien 1920 wiedererlangt werden!
        Zum „Jubiläum“ der Zugehörigkeit zu Belgien wird es in 3 Jahren sicher eine Reihe schlauer Bücher geben, die auch dieses Stichwort „rédimé“ thematisieren.

  3. Franz-Josef Collienne

    Es ist zu befuerchten dass selbst nach 200 jaehriger Angehoerigkeit zum Belgischen Staat es die dicken Koepfe in der Wallonnie und Bruessel immer noch nichts begriffen haben oder nichts begreifen wollen.

  4. Zaungast

    „Es ist aber geschehen am Montagabend. Wie der BRF berichtete, hatte François de Brigode zur Einleitung einer Liveschalte nach Raeren erklärt,“

    Der BRF brachte diese Meldung heute um 15:32 Uhr. Der obige Artikel von OD wurde also noch später veröffentlicht.

    Dabei hatte ich schon gestern Abend darauf hingewiesen. Mein Beitrag von 21:31 Uhr als Kommentar zum Artikel über die Hitzewelle wurde nicht gebracht, obwohl er bei OD eingegangen war, so dass ich ihn heute Morgen um 7:36 Uhr erneut eingesandt habe.

    Wieder einmal hat ein Amateur den professionellen Journalismus um Längen geschlagen.

    Zur Bedeutung von „cantons rédimés“: Belgien betrachtete die Kantone (nur ein kümmerlicher Rest der ursprünglichen Gebietsforderungen) eben als Kriegsbeute. Die Eingeborenen hatten da nichts zu melden. General Baltia wurde ausdrücklich ermächtigt, zu schalten und walten wie in einer Kolonie, wo die „Eingeboerenen“ nichts zu melden hatten.

    Deshalb hat der Ausdruck eben eine pejorative Bedeutung und sollte längst aus dem Sprachgebrauch verschwunden sein. Dass dem nicht so ist und selbst ein „Starkommentator“ (!) der RTBF ihn noch benutzt, auch wenn es von ihm nicht böswillig gemeint war, lässt tief blicken.

    Das liegt auf einer Linie mit der Äußerung Van Cauwenberghs, die Ostbelgier seien „des Wallons de langue allemande“ und wie besagter Titel der Fernsehsendung: „Les Germanophones toujours moins Wallons?“

    Nein, da wir nie Wallonen, waren, können wir es auch nicht weniger sein. Dass das noch immer nicht in den Köpfen der frankophonen Elite (Politiker und Medienleute) angekommen ist, beweist, das alle Resolutionen vom Senat oder von wem auch immer nur auf dem Papier stehen, und dass auch alle Kampagnen à la „Ostbelgien, das kann nicht jeder!“ fortgeworfenes Geld sind. Da kann Herr Paasch noch so sehr behaupten, „auf dem rechten Weg zu sein.“

  5. Töröö

    Fakt ist, dieser Landstreiffen wurde 1920 durch die Belgier von Deutschland abgetrennt und übernommen. Es wird wohl kaum noch Zeitzeugen geben. Spätestens seit den 80ern hat man sich Autonomie erkämpft und ich bin mir sicher, dass der größte Teil der Leute hier hinter Belgien stehen. Daher finde ich diese Äußerung nicht als Entgleisung, sondern schlichtweg als Enttäuschung. Sowas haben wir nicht verdient.

  6. Pensionierter Bauer

    Während das PDG über mehr und besseren Französischunterricht in den Schulen debattiert macht sich der Nachrichtensprecher der RTBF über uns Ostbelgier in niedrigster Manier lustig. Er hat das gesagt was viele in der wallonischen „Elite“ über uns denken. Statt nun Klartext zu reden, wie ein echter Mann es tun würde, hat unser MP nichts anderes zu tun als diesem Typen auch noch in Schutz zu nehmen, um nicht zu sagen in den Hintern zu kriechen. Ich erwarte dass die Regierenden von der Klötzerbahn von der RTBF eine öffentliche Entschuldigung einfordern.

  7. Lieschenmüller

    Pensionierter Bauer aus Mörringen… Viele Überläufer vom 2 t’en Weltkrieg wären mit rédimé gut umgetauft, was bilden einige sich hier ein, habt ihr noch irgendwo Opas’s Stiefel im Schrank ?

    • Axel Kittel

      Das stimmt zum Glück nicht, denn wir haben seit General BALTIA sehr viel für Ostbelgien erreicht (was zum Teil hier auf O.D. krititisiert wird, da es zu unserer Autonomie und dem Bestehen der D.G. gehört). Jedoch, noch ist nicht alles perfekt, es gibt viel zu tun, packen wir’s an.

      • Vereidiger

        Ich bezweifle, dass Baltia eine gute Referenz ist. Er war ein nicht demokratisch legitimierter Alleinherrscher (nur dem Premierminister gegenüber verantwortlich) über eine Art Kolonialgebiet. Seine Aufgabe war lediglich, die neubelgischen Gebiete möglichst harmonisch in die neue Patrie zu integrieren. Die Autonomie der DG hat hiermit überhaupt nichts zu tun! Diese war erst möglich, als die Mehrheit des Landes, die Flamen, die ihnen zustehenden kulturell-sprachlichen Rechte erhielten.

  8. Ich verstehe die Empörung der Leute, dass diese Bezeichnung immer noch geläufig ist. Ich verstehe jedoch nicht wie der Herr Paasch zu der Schlussfolgerung kommt, das seine Ostbelgien-Strategie und die Umbenennung der Region da etwas dran ändern wird. Die Stärke einer Region ist mehr als das schöne Foto oder der wohlklingende Name. In der Vergangenheit haben ostbelgische Politiker sich immer, in den Moment wo sie Stärke hätten zeigen können, geduckt. Dann plötzlich heisst es: „dafür sind wir nicht verantwortlich“ oder „wir müssen uns dem Votum der Anderen anschliessen“. Anders formuliert: es ist den Herren und Damen zu viel Arbeit, zu heikel/riskant oder zu kostspielig Eigenverantwortung zu übernehmen. DARAN muss der Paasch arbeiten! Unsere Region hat sehr viel Potential, aber das muss der Herr Paasch auch nutzen! Das bedeutet: diese Leute zu Wort kommen lassen und ihre Ziele und Projekte unterstützen. Und dann, wenn wir unsere Stärken zeigen, dann kommt auch automatisch der Respekt und die Anerkennung.

    • Vereidiger

      Auch ich hatte den Eindruck, dass der MP die Gelegenheit nutzen wollte, um aus dem Unwort Kapital zu schlagen und daraus ein Argument zugunsten der Ostbelgien-Kampagne zu machen. Um diese Verbiegung nachzuvollziehen, muss man schon um mehrere Ecken denken…

  9. Na denn!

    Wenn ich einige Kommentare hier so lese, komme ich zu dem Schluss, dass doch etliche sich Illusionen hingeben, hinsichtlich der Akzeptanz der Wallonen uns deutschsprachigen Belgiern gegenüber. Ich habe in den späten 1960-Jahren meinen Militärdienst freiwillig und mit Absicht bei einer franz.sprachigen Einheit absolviert, um hauptsächlich meine Französischkenntnisse zu verbessern.
    Die Kaserne befand sich für meine Verhältnisse am“ Ende der Welt“, nämlich in der Nähe von Ath.
    Die wallonischen Kameraden waren durchweg alle ok, aber als Deutschsprachiger war man für die eben „boches“; und das war sogar selten böse gemeint. Wie gesagt, die hatten das von ihren Eltern usw. gehört und war demnach für sie einfach ein „normaler“ Ausdruck. Jetzt kann man sagen, dass wir inzwischen 50 Jahre weiter sind; aber weit gefehlt! Auch heute noch noch sind wir „in der tiefsten Wallonie“ immer noch“ boches“, selbst im nahe gelegenen Verviers betitelt man uns immer noch so.
    Oder in Stavelot, Trois-Ponts u.a.m. Wer’s nicht glaubt fragt mal am besten nach bei Eltern, deren Kinder in den vorgenannten Lokalitäten beispielsweise Fußball spielten, bzw.spielen. Von wegen
    „nos amis germanophones“; im besten Falle spricht man uns betreffend von “ cantons de l’est“ oder
    „cantons rédimés“. Wie gesagt, man darf sich da keine Illusionen machen und sich nicht täuschen lassen von einigen frankophonen Politikern oder Vertretern aus Öffentlichen Ämtern, welche „politisch korrekt“ den Begriff „communauté germanophone“ in den Mund nehmen, aber darauf zu schließen, dass die Wallonen uns so bezeichnen, ist, wie gesagt ein Trugschluss.Deshalb ist diese Geschichte mit dem Journalisten von der RTBF m.M.nach auch nicht sooooo gravierend dass da ein“ Staatsdrama“ daraus entstehen muss.

    • Pensionierter Bauer

      Eine kleine Geschichte die mir vor etwa 15 Jahren geschah:
      als ich meine knapp fünfzig Kühe einen Wanderweg überqueren ließ kam ein ungeduldiger Wanderer mit seinem Hund des Weges, ohne Rücksicht trieb er plötzlich ein Teil meiner Herde vor sich her in die Richtung einer Hauptstrasse. Mit ach und Krach konnte ich meine Tiere wieder zurückholen. Als ich den mitdreißiger freundlich sagte; er solle sich doch zwei Minuten gedulten und nicht so hektisch sein, erwiderte er; ich solle bitteschön Französisch sprechen wir seien schließlich in Belgien. Daraufhin habe ich ihm den Marsch in Richtung Wallonie geblasen. Diesem Typen bin ich bis heute noch etliche Male begegnet, er macht noch immer einen riesigen Bogen um mich herum wenn er mich entdeckt. Im Gegensatz zu Lieschenmüller habe ich genügend Selbstvertrauen, auch gegenüber unseren französischsprachigen Landsleuten.

  10. noergeler

    Ich habe in einer belgischen Firma gearbeitet, deren Standort an der Grenze zu Ostbelgien liegt.Deren neuer Direktor ein hochstudierter Flame war.Wir waren zu einem Drittel deutschsprachige Ostbelgier,und wurden gefragt wieso wir Deutsche in Belgien arbeiten würden.Haben diesem Herrn erklären müssen,dass es in Belgien ein Gebiet gibt ,wo die Deutsche Sprache eine anerkannte Sprache ist.

  11. Da sieht man mal wieder wie gebildet diese Wallonen sind, hinzu kommt noch, das dieser Herr doch eigentlich mal erst überlegen müsste, was er überhaupt da von sich gibt ?
    Wäre doch das gleiche, als würde ein Reporter vom BRF zu den Leuten aus Verviers „Asis“ sagen.

  12. Schönes Wetter

    Wie muss man denn die 99,9 % aus Herrn Ministerpräsidenten Paaschs Intervention deuten/verstehen? Ist denn Herr Ministerpräsident Paasch nicht der Ansicht, dass hier alle in ihrem tiefsten Inneren für ihr Vaterland einstehen? Und muss man sich um die 0,1 % Gedanken machen? Aber es war sicher nur unüberlegtes Geschwafel.

  13. Leschen Müller

    Armer pensionierte Bauer, du lebst in der Wallonie, du schickst niemanden dorthin…
    Ich habe Selbstvertrauen, du kannst gerne nach NRW oder RFP , dort gehörst du hin mit deinem Selbstvertrauen. Na ja, in deiner Ecke gibt es nicht nur blaue Wolken; da gehst du doch wirklich mal rüber, Bubi drück mich…

  14. Zaungast

    „Wallonen sind Deutschenhasser und werden es auch immer sein! Ein armseeliges Völkchen!“

    Ein „armseeliges“ Völkchen? „Armseelig“ ist höchsten solch eine Behauptung. Aber wie sagte schon Jesus: „Seelig“ die Amen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich.
    Auch ist heute nicht nur ein verlängertes Wochenende, sondern auch Pfingsten, das Fest des Heiligen Geistes, unter dessen sieben Gaben sich auch Weisheit und Erkenntnis befinden, die er über alle Menschen ausgiesst. Es besteht also noch Hoffnung.

    Zum Thema: Im VIF dieser Woche kann man folgenden Beitrag lesen, hier leicht gekürzt:

    „Lundi 29 mai, le temps était à l’orage sur les cantons de l’Est. L’info météo remonte jusqu’au JT de 19 heures 30, sur la RTBF. Direction “ les pays rédimés „, lance à deux reprises depuis le studio bruxellois François De Brigode.

    „Cantons rédimés“, ça fait systématiquement hurler dans les chaumières germanophones. Parce que l’expression est péjorative, blessante. Impropre à l’usage et d’ailleurs officiellement bannie du vocabulaire politique. Parce qu’elle signifie grosso modo „racheter les pécheurs“. Et qu’elle renvoie à cette idée douloureuse, rappelle l’historien Christoph Brüll, de butin de guerre, de légitimation de l’annexion du pays d’Eupen-Malmedy et de rachat par le sang de territoires délivrés du joug prussien au lendemain de la Première Guerre mondiale.“

    Gut auf den Punkt gebracht. Allerdings fällt auf, dass der VIF noch den Ausdruck „cantons de l’Est“ anstatt „Ostbelgien“ gebraucht. Die Imagekampagne ist also noch nicht bis dort vorgedrungen. Vielleicht sollte Herr Paasch der Redaktion mal einen Kasten Bier aus Bellevaux (die Ortschaft ist bekanntlich Teil „Ostbelgiens“) zusammen mit einigen Bierdeckeln „3…2…eins trinken. O…, das kann nicht jeder!“ zusenden.

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