Gesellschaft

Mann trägt wieder Slip – Comeback von „Karl-Heinz“?

Braun gebrannt und mit einer weißen Unterhose bekleidet liegt ein junger Mann bei heißen Temperaturen um 32 Grad Celsius auf einer grünen Wiese. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Lange hatte der Herrenslip einen miesen Ruf. Jetzt sind knappe Höschen angeblich wieder angesagter. Oje, denkt da mancher Bierbauchmann. Welchen Trends die Männerunterhose so unterliegt.

Der Slip fristet ein Dasein als Liebestöter und junge Kerle tragen Boxershorts – so das Klischee. Die selbstdarstellerische Welt von Instagram und Co. scheint einen Gegentrend zu offenbaren: Bei Männern sind wieder knappe Unterhosen angesagt. Ein Slip-Comeback?

„Die Männerunterhose ist längst ein reines Modeteil und wird nach persönlichem Tragegefühl ausgewählt“, sagt der Stil-Experte Bernhard Roetzel. „Die Unterwäsche hat ihre Funktion in den vergangenen gut hundert Jahren komplett gewandelt – von der fast medizinischen Betrachtung als wärmende Bekleidung hin zum Lifestyle-Produkt.“

17.06.2023, Italien, Mailand: Ein Model trägt eine Kreation aus der Frühjahr-Sommer-Kollektion 2024 von Dolce & Gabbana. Foto: Antonio Calanni/AP/dpa

Der Schnitt der Unterhose habe natürlich stark was mit der darüber getragenen Hose zu tun, sagt Autor Roetzel („Der Gentleman: Handbuch der klassischen Herrenmode“). In den 1980ern zum Beispiel seien bauschige Boxershorts unter Bundfaltenhosen kein Problem gewesen.

Eine von der Deutschen Presse-Agentur in Auftrag gegebene Unterhosen-Umfrage zeigt jetzt, dass Boxershorts und Boxer Briefs – insgesamt Unterhosen mit Beinchen – der klare Favorit bei Männern in Deutschland sind. Jedem fünften Mann aber (21 Prozent) gefällt optisch der Slip am besten, wenn er sich für eine Unterhosenform entscheiden müsste. Frauen sehen das weniger so (11 Prozent).

Auffällig: Slip-Fans sind eher ältere Erwachsene (ab 45 und bei den über 55-Jährigen nochmal deutlich mehr), aber auch – Überraschung – die jungen Erwachsenen (18 bis 24 Jahre).

Vor etwa einem Vierteljahrhundert war der Geschmack noch sehr anders. Im Jahr 2000 offenbarte eine vom Fachmagazin „TextilWirtschaft“ in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage, dass die Feinripp-Unterhose und der bunt-gemusterte Sportslip „mit Abstand die von den meisten Männern getragenen Unterhosen-Typen“ seien. Der kochfeste Klassiker „Karl-Heinz“ – so lautete ein früher verbreiteter Kosename für die weiße Feinripp-Unterhose – war damals also noch sehr gut dabei.

Das ist heute anders: „Die weiße Unterhose mit Eingriff ist ein Nischenprodukt geworden. Sie hat imagemäßig sehr gelitten“, sagt Modekritiker Roetzel. „Ich habe eigentlich noch nie von einem Mann gehört, dass er diesen Eingriff wirklich benutzt.“ Heute sei der  „Open Fly“ oft bloß aufgenähte Attrappe – ein Nostalgie-Look.

Man dürfe bei alledem nicht vergessen, so Roetzel, dass hierzulande Männer bis vor einigen Jahren meist Trägerunterhemden anhatten. „Das Unterhemd wurde in die Unterhose gestopft. Und das steckte dann alles unter der Hose.“ Heute ließen viele, gerade im Sommer, das Unterhemd weg. „Und dann muss auch kein Platz mehr in der Unterhose sein fürs Unterhemd.“ Ein Grund, warum Unterhosen weniger sackig sein können.

Ein Mann hält eine graue Feinripp-Unterhose in den Händen. Foto: Roland Weihrauch/dpa

Wenn gegenwärtig wieder Slips beziehungsweise „Briefs“ angesagter erscheinen, dann sind das keine weiten Opa-Modelle, keine High-Rise- oder Mid-Rise-Slips (bis kurz unter den Bauchnabel). Selbstvermarkter und Models greifen zu tiefsitzenden Unterhosen, um sexy zu wirken. Enge Low-Rise-Slips setzen den gestählten Körper, das Sixpack oder die trainierten Beine besser in Szene als alle anderen Unterhosen.

Genau das ist aber das Problem für Männer, die keinen Waschbrettbauch, sondern einen Waschbärbauch ihr Eigen nennen. Es gilt der Grundsatz: Je dicker der Bauch, desto größer der Schlüpper.

Zum Slip gilt es zu sagen: Enge Briefs halten zwar alles gut zusammen, zeigen aber auch, was man in der Hose hat. „In den USA ist es nach dem etwas prüderen Sittlichkeitsempfinden geradezu absurd, wenn ein Mann einen Slip drunter hat“, sagt Roetzel. „Man kann das auch analog bei Badehosen sehen. In Amerika mokiert man sich über europäische Minibadehosen. In Europa, vor allem Südeuropa, verletzt dagegen ein Mann nicht die guten Sitten, wenn er am Strand im Höschen rumläuft.“

Die Geschichte der Unterhose ist übrigens kürzer als viele denken. Erst mit der Industrialisierung kam das auf, was wir als Unterhose durchgehen ließen. Sie war lange Zeit gewebt und weit geschnitten und recht lang. „Ein im 19. Jahrhundert schon erkennbares Interesse an Kraft und athletischem Körperbau führte in der Männermode des frühen 20. Jahrhunderts zu einer Folge taillierter Silhouetten, die auf Schlankheit setzten“, sagt die Kleidungshistorikerin Julia Burde („Die Begradigung der Taillenkontur in der Männermode“).

Männer in Unterhosen stehen in einer U-Bahn. Sie nahmen mit gut 200 anderen Menschen am „No pants subway ride“ teil. Foto: picture alliance / dpa

„Zum neuen, athletischen Körperbild passte dicke Leinenunterwäsche nicht mehr“, erläutert Burde. «Ab 1934 entwickelte ein Mustergestalter der US-Firma Jockey den ersten Y-förmigen Herrenslip. Er wurde zur Verkaufssensation. Ermöglicht wurde der neue, hautenge Sitz durch die Weiterentwicklung der Kunst- und Synthetikfasern sowie der Gewebe und Gewirke aus chemisch produzierten Endlosfäden.»

In allen Epochen habe Männerkleidung Wechselwirkungen mit Soldatenmontur gehabt, sagt Burde, so auch in der Zeit der Weltkriege. Um 1920 seien die Boxershorts der US Army ins Zivil-Outfit übernommen worden. „Seit etwa 100 Jahren bestimmen vor allem zwei Formen die männliche Unterkleidung: Boxershort und Slip.“

In den 1960er Jahren kamen enge Hosen auf. Slips mit Zwickel (Einnäher, der den Intimbereich vor Reibungen und Reizungen schützt) ermöglichten die schmalen Passformen erst. „Das setzte sich in den 1970ern fort, als die Hosenbeine zwar ausgestellt waren, die Hüften aber schmal blieben“, sagt Burde, die Kulturgeschichte der Kleidung an der Universität der Künste Berlin lehrt (Studiengang Kostümbild).

„Unter dem gegenkulturellen Einfluss des Grunge und des Hip-Hop-Oversize wurde vor allem durch die Marke Calvin Klein ab 1992 ein Hybrid aus Slip- und Boxerform angesagt: die Boxerbriefs.“

Mode-Experte Roetzel ergänzt: „Eine Zeit lang trugen Skater und andere Männer den Hosenbund bewusst tiefer, um den Rand und die Marke der eng anliegenden Unterhose zu zeigen. Mit dem Auf und Ab vom Saum der Hose wandert stets auch der Saum der Unterhose rauf und runter.“ (dpa)

Überblick über die Grundformen bei Männerunterhosen

Ein Boxershort hängt in einem Unterwäschegeschäft an einer Dekorationspuppe. Foto: Robert Michael/dpa

Slips: Der enge Unterhosenklassiker heißt im englischsprachigen Fachjargon «Brief». Passt unter kurze Sporthosen und enge Hosen gut.

Boxershorts: sitzen locker und bequem auf den Hüften und eignen sich besonders unter lockeren Hosen. Oft ist vorne ein Eingriffsschlitz mit Knöpfen, einige haben die Knöpfe aber auch nur zur Zierde.

Boxer Briefs: eng geschnittene Mischung aus Boxershorts und Slip mit längerem Beinansatz.

Trunks: Die engen Retropants (auch New Boxer oder Hipster genannt) sind Boxer Briefs mit kürzerem Bein, meist nur einige Zentimeter lang, so dass sie sogar unter kurze Hosen wie Sportshorts passen.

Lange Unterhosen: Enge sogenannte Longpants sind für kalte Tage gut geeignet. In figurbetonten Schnitten passen sie sich wie eine zweite Haut unter Alltags- oder gar Skihosen an.

Strings: enge, knappe, luftige Unterhose mit Schnur oder Riemen in der Gesäßspalte; bietet besonders viel Bewegungsfreiheit.

Jockstraps: eine Funktionsunterwäsche, die ursprünglich für Sportler entworfen wurde und an der Vorderseite einen Protektor platzieren sollte. Der Po bleibt frei, denn auf der Rückseite sind nur zwei Riemen zur Unterstützung, damit alles an Ort und Stelle bleibt.

Boxershorts für Männer hängen in einem Unterwäschegeschäft an einer Kleiderstange. Foto: Robert Michael/dpa

Vornamen für Unterhosen

Für Unterhosen benutzen manche Fachleute auch Spitznamen. So richtig gängig sind diese Bezeichnungen aber nicht. Eine Auswahl:

– Karl-Heinz (klassische weiße Feinripp-Unterhose, mit Eingriff)

– Walter (gemusterter Sportslip)

– Boris (gemusterter Minislip ohne Eingriff)

– Tobias oder Thomas (unifarbener Sportslip)

– Niklas (einfarbige Retro-Pant mit kurzem Bein)

– Stephan (einfarbige Retro-Pant mit längerem Bein)

– Michael (Boxershorts)

– Felix (gewebte Boxershorts)

– Sven (knapper Tanga mit Dreieck vorne)

25 Antworten auf “Mann trägt wieder Slip – Comeback von „Karl-Heinz“?”

        • 9102Anoroc

          @ – DR ALBERN 20:52

          Was denn ?
          Es ist wie bei gutem Wein , der muss schließlich auch vorher Karaffieren.
          Bis jetzt hat sich noch keine beschwert.
          Wenn sie keinen gut durchlüfteten haben ;
          müssen Sie sich nicht wundern ;
          wenn man ihnen ein Regenmäntelchen anzieht.-)

            • 9102Anoroc

              @ – DR ALBERN

              Eigentlich stimmt das schon.
              Bin aber mehrfach am Leistenbruch operiert worden trotz Unterhose .
              Bei der letzten Operation hat man mir dann , in einem die Glocken gestrafft.
              Sieht aus wie neu und das Risiko eines erneuten Bruchs , ist damit auch unwahrscheinlich.
              Ich kann sie aber trösten ;
              im Prinzip trage ich auch eine Unterhose, nur wenn die Vermutung nahe liegt, dass es heiß werden könnte .-)
              sind alle meine Unterhosen in der Waschmaschine 😉.

  1. Pissoir's Louis

    Also ich nutze den „Eingriff“, und das seit Jahren. Wenn ich mir das Schauspiel dann anschaue bei den Nichtnutzern des „Eingriffs“: Gürtel auf, Knopf auf, Reißverschluss runter, in der Unterhose rumkramen um ihn richtig zu packen, damit er über den Gummizug befördert werden kann, und dann das Gefummele, damit der Gummizug den freien Auslauf nicht abschnürt, dabei sind beide Hände besetzt. Und anschließend das volle Programm im Rückwärtsgang, viel zu umständlich und unpraktisch. Bei mir, Reißverschluss runter, ein Griff in den „Eingriff“, raus damit und laufen lassen, und beide Hände bleiben frei und ich kann sogar noch telefonieren wenn es denn sein muss.

    und anschließend das Ganze im Rückwärtsgang

  2. Besorgte Mutter

    Also mein Mann trägt immer die kleinen in schwarz.
    Boxerschorts gefallen mir gar nicht, weil ich meine bessere Hälfte gerne sexy sehe, gefallen mir die kleinen engen Slips auch immer am besten.

    • 9102Anoroc

      @ – Besorgte Mutter 17:34

      Sie folgen genauestens dem Unterricht ihrer Kinder;
      im Anschluss nehmen Sie sich viel Zeit , um mit Ihnen die Hausaufgaben zu erledigen.
      Und dann wollen sie noch Zeit für kleine enge Slips haben?
      Entweder sind sie total flexibel ;
      oder ihnen sind die kleinen engen Slips ihres Mannes beim Wäsche waschen aufgefallen😅

      Sorry das musste raus , es brannte mir auf der Zunge😄
      Nein, ich bin nicht Frauenfeindlich ;
      mir fällt nur hin und wieder zu viel Blödsinn ein .
      sorry

  3. Peter Müller

    Pissoir’s Louis, da haste wohl Kinderhändchen !. Die alllermeisten Hosen und besonders die Jeans haben so einen kleinen Hosenstall, dass es nur möglich ist den Gürtel und den obersten Knopf zu öffnen.

    • 9102Anoroc

      @ – Peter Müller 18:35

      Sie klingen ja fast wie @ – Karl mit dem großen ;
      wobei ich seinen Nicknamen für maßlos übertrieben halte, genau wie ihre Beschreibung der Jeanshose.
      Wenn der Taubenschlag zu klein ist;
      dann liegt es nicht unbedingt an der Taube.
      sie müssen sich nur von ihren alten Kinder Jeanshosen trennen.-)

      • 9102Anoroc

        @ – Pissoir’s Louis 13:50

        Seien Sie aber vorsichtig , wenn sie in den Händen klatschen und dabei telefonieren.
        Ich kenne jemanden dem ist während des Gesprächs und dem kleinem Geschäft , ein teures Smartphone in die Kloschüssel gegleitet ;
        Er hatte dann zwar noch mutig und ohne abzuziehen das Smartphone aus dem Nass befreit;
        Jedoch kam sein Rettungsversuch zu spät und er musste das Smartphone entsorgen,
        Nein, nicht wieder zurück in die Toilette;
        Sondern im Recyclingpark 😄

  4. R.A. Punzel

    Wenn schon, denn schon. Ist der Bericht nicht nur totaler Blödsinn, das Bild ist noch schlimmer: Abgebildet sind auf dem großen „Bild….“ Boxershorts. Nicht jeden Mist übernehmen, auch wenn wir in Ostbelgien leben.

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