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Literaturnobelpreis für Österreicher Peter Handke und Polin Olga Tokarczuk

Bild links: Peter Handke, Schriftsteller. Bild rechts: Die polnische Schriftstellerin Olga Tokarczuk. Fotos: Herbert Neubauer/APA/dpa - Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Der Literaturnobelpreis für das Jahr 2019 geht an den Österreicher Peter Handke. Zugleich erhält die Polin Olga Tokarczuk den nachgeholten Nobelpreis für das Jahr 2018. Dies teilte die Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm mit.

Beide Preise sind mit jeweils neun Millionen schwedischen Kronen (rund 830.000 Euro) dotiert. Sie werden wie die weiteren Nobelpreise am 10. Dezember, dem Todestag von Preisstifter Alfred Nobel, verliehen. Zuletzt war der Literaturnobelpreis 2017 dem in Japan geborenen Briten Kazuo Ishiguro zugesprochen worden.

Im vergangenen Jahr war die Vergabe der Auszeichnung wegen eines Skandals bei der Schwedischen Akademie ausgefallen und auf dieses Jahr verschoben worden. Die Institution war in eine tiefe Krise gestürzt, nachdem mehrere Frauen dem Ehemann des mittlerweile ausgetretenen Akademiemitglieds Katarina Frostenson, Jean-Claude Arnault, sexuelle Übergriffe und Belästigung vorgeworfen hatten. Gegen Frostenson und Arnault gab es zudem Anschuldigungen, die Literaturnobelpreisträger vorab entgegen der strengen Nobelstatuten ausgeplaudert zu haben.

Nobel-Triumph für zornigen Peter Handke

Handke polarisiert seit Jahrzehnten mit seinen Werken und sorgte mit seiner Pro-Serbien-Haltung immer wieder für Kopfschütteln und Proteste. Der Literaturnobelpreis 2019 geht an einen zornigen Autor.

27.04.2008, Baden-Württemberg, Offenburg: Der österreichische Schriftsteller Peter Handke schaut vor der Verleihung des Europäischen Übersetzerpreises in Offenburg in die Kamera des Fotografen. In seiner Hand hält er ein Buch des französischen Autors Pierre Michon. Foto: Rolf Haid/dpa

Zorn findet Peter Handke besser als Wut. Zorn wecke die kreativen Geister, Wut ließe sie nur kurz aufflammen, bekannte der 71-Jährige einmal in einem Interview der Wochenzeitung „Die Zeit“. Handke, 1942 in einem kleinen Ort im österreichischen Bundesland Kärnten geboren, war selbst Ziel wütender Attacken.

Bei der Vergabe des Ibsen-Preises in Norwegen wurde er vor einigen Jahren von Bosniern und Albanern wüst beschimpft. Seine Kritiker haben ihm seine Haltung im Balkan-Konflikt nicht verziehen. Handke stand auf der Seite Serbiens, verurteilte die Nato für ihre Luftschläge und hielt 2006 bei der Beerdigung des jugoslawischen Ex-Diktators Slobodan Milosevic eine Rede.

Nach einem abgebrochenen Jura-Studium startete Handke mit Verve ins Autorenleben. 1966 erschien sein Debütroman „Die Hornissen“. Im selben Jahr wurde er fast über Nacht bekannt: In einer Schmährede warf er dem legendären Literatenzirkel Gruppe 47 „Beschreibungsimpotenz“ vor. Die einen sahen es als furiose Selbstinszenierung, andere als Beginn einer kometenhaften Karriere. Seine Bekanntheit festigte Handke mit der Uraufführung von „Publikumsbeschimpfung“ in Frankfurt. Die damals sehr elegant gekleideten Theaterbesucher wurden darin von den Schauspielern provokativ als „Glotzaugen“, „Rotzlecker“ und „Nichtsnutze“ bezeichnet.

Mit seinen Theaterwerken – etwa mit „Kaspar“, „Die Reise zum sonoren Land“ oder „Untertagblues“ – blieb Handke präsent. 2011 sorgte die fünfstündige Uraufführung von „Immer noch Sturm“ bei den Salzburger Festspielen über den Freiheitskampf der Kärntner Slowenen für Aufsehen. Weggefährte Claus Peymann inszenierte 2016 am Wiener Burgtheater Handkes „Die Unschuldigen, ich und die Unbekannte am Rand der Landstraße“.

31.01.1973, —: Der österreichische Schriftsteller Peter Handke im Jahr 1973. Foto: Manfred Rehm/dpa

Mit seinen mehr als 20 Stücken habe er Theatergeschichte geschrieben, urteilte die Jury des österreichischen Nestroy-Preises, die ihn 2018 für sein Lebenswerk ehrte. „Du bist im wahrsten Sinn des Wortes ein Unvergleichlicher, und manchmal sind deine Texte einfach zu groß für das Theater – aber von Dauer“, sagte Schauspieler Klaus Maria Brandauer in seiner Laudatio.

Vertraut ist vielen Schülern das später von Wim Wenders verfilmte Werk „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ (1970) über das Schicksal eines entwurzelten Ex-Sportlers. Das Buch avancierte zum klassischen Lesestoff für Oberstufen-Schüler. 2012 nahm er im Buch „Versuch über den Stillen Ort“ die Toilette zum Gegenstand philosophischer Betrachtungen. Handke, der zweimal verheiratet und einige Jahre mit der deutschen Schauspielerin Katja Flint liiert war, lebt seit vielen Jahren bei Paris. (dpa)

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