Politik

Kritik auch in der DG: „Wer für den Vorschlag der N-VA stimmt, der trägt Belgien zu Grabe“

Bart De Wever (2.v.r.) und der Vize-Präsident Ben Weyts (r.) bei ihrer Pressekonferenz am Mittwoch. Foto: Belga

Bart De Wever hat es geschafft, seine N-VA zum wichtigsten Thema in diesen Tagen zu machen. Seine Vorschläge stoßen im ganzen Land auf scharfe Ablehnung, insbesondere in Brüssel. Auch in der DG hagelte es Proteste gegen das vom Chef der N-VA konzipierte Belgien mit nur zwei Teilstaaten und einem Sonderstatus für Brüssel und das Gebiet deutscher Sprache.

„Not amused“ ist natürlich Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz (SP), der die DG schon länger auf dem Weg zu einem „Belgien zu viert“ wähnte und jetzt befürchten muss, dass aus den von ihm erhofften vier Teilstaaten letzten Endes nur die zwei großen übrig bleiben – fast schon eine Horrorvision!

N-VA hat endlich ihre Position deutlich gemacht

Das Belgien der drei Regionen, wie wir es heute kennen. Für die N-VA sollen es künftig nur noch zwei sein, die DG befürwortet deren vier. Foto: Wikipedia

Das Belgien der drei Regionen, wie wir es heute kennen. Für die N-VA sollen es künftig nur noch zwei sein, die DG befürwortet deren vier. Foto: Wikipedia

Der Vorstoß der N-VA sei „nicht hinnehmbar“, sagte Lambertz der Nachrichtenagentur Belga.

De Wevers Konzept habe nicht nur gravierende Nachteile für den aktuellen Status der DG, sondern höhle auch den Föderalstaat aus. Andererseits habe die N-VA endlich ihre Position deutlich gemacht, erklärte der Regierungschef. Im Gegensatz zu den bislang recht vagen Erklärungen zum Thema “Konföderalismus, wisse man jetzt, was genau dahinter stecke.

Scharfe Kritik übte auch die ProDG. Der Vorschlag der N-VA, die Deutschsprachige Gemeinschaft in eine unumkehrbare Abhängigkeit zur Wallonischen Region zu bringen, sei „onbespreekbar“, betonte ProDG-Vorsitzender Clemens Scholzen: „Wir müssen darauf bestehen, ein gleichberechtigter Gliedstaat in Belgien zu sein, mit den gleichen Rechten und Pflichten wie alle anderen (…) Die Bürger der DG zu Wallonen machen zu wollen, widerspricht unserer Identität und nimmt uns jegliche Zukunftsperspektive. Wir sind Freunde der Flamen, Wallonen und Brüsseler, aber: Wir sind keine Wallonen, sondern deutschsprachige Belgier! Als solche möchten wir auch künftig institutionell anerkannt bleiben.“

Bart De Wever: Seine N-VA würde den belgischen Föderalstaat nahezu komplett umkrempeln. Foto: dpa

Bart De Wever: Seine N-VA würde den belgischen Föderalstaat nahezu komplett umkrempeln. Foto: dpa

Rückschritt in die 60er Jahre

Unterdessen erklärte die CSP: „Der so genannte Konföderalismus der N-VA ist in Wirklichkeit ein Separatismus. Wer für den Vorschlag der N-VA stimmt, der trägt Belgien zu Grabe.“

Auch aus Sicht der Deutschsprachigen seien die Vorschläge der N-VA nicht akzeptabel, so die Christlich-Sozialen: „Für die Deutschsprachige Gemeinschaft würde die Aufteilung Belgiens in zwei Teilstaaten ein Rückschritt in die 60er Jahre bedeuten (…) Mit diesem Vorschlag tritt die N-VA das Ziel der Deutschsprachigen Gemeinschaft, als gleichberechtigter Teilstaat innerhalb Belgiens anerkannt zu werden, mit Füßen. Die Vorschläge hinterfragen all das, was die Deutschsprachigen in den letzten Jahrzehnten gemeinsam aufgebaut haben.“ (cre)

Siehe auch Artikel und Kommentare „N-VA plädiert für Belgien zu zweit ohne Premierminister – DG weiter Teil der Wallonie“

Siehe auch Beitrag „De Wevers Welt“ in der Rubrik „Alles nur Satire“

41 Antworten auf “Kritik auch in der DG: „Wer für den Vorschlag der N-VA stimmt, der trägt Belgien zu Grabe“”

  1. Bart des Propheten

    Die Kritiken an Bart De Wever sind an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten. Lambertz & Co. fürchten ja nur, dass ihr Größenwahn gestoppt wird, sollte die N-VA mal auf föderaler Ebene an die Macht kommen. Endlich mal jemand, der in der Politik Posten abbaut, anstatt immer neue Pöstchen schafft. Weg mit dem Senat, Kammer auf ein Minimum reduziert, keine Französische Gemeinschaft mehr, keine Region Brüssel.

  2. Meinemeinung

    Dass die N-VA die Funktion des Premierministers abschaffen will, erinnert mich an einen Vorschlag von Michael Balter von Vivant, der den Posten des PDG-Präsidenten abschaffen wollte. Was hält übrigens Vivant von den Positionen von De Wever?

  3. Karl-Heinz Braun

    Nun ist die Katze aus dem Sack. Auf 72 Seiten beschreiben die Separatisten der N-VA ihr konföderales Modell der zwei Teilstaaten: Flandern und die Wallonie. Die Gemeinschaften werden abgeschafft und aus de DG wird „das deutschsprachige Gebiet“ (niederländisch: Regio), eine Art Teilregion des Teilstaates Wallonie, allerdings mit ähnlichen Befugnissen wie heute. Einschränkungen gäbe es auf internationaler Ebene, wo die DG kein Mitspracherecht mehr hätte.

    Das Gebiet Eupen-Malmedy ist nach dem ersten Weltkrieg Belgien zugeschlagen worden. Damals haben Flamen und Wallonen gleichermaßen Verantwortung für die Minderheit der deutschsprachigen Neubelgier übernommen. Im Zuge der Staatsreformen hin zu einem belgischen Bundesstaat wurden den Deutschsprachigen weitgehende Rechte eingeräumt. Aus der einstigen Kriegsbeute wurde ein Gebiet mit eigener Gesetzgebungshoheit. Durch das Modell der N-VA würde sich Flandern komplett der historischen Verantwortung für das deutschsprachige Gebiet entziehen. Unser Schicksal läge dann allein in den Händen der Wallonie. Auch sieht dieses Modell keine Zusammenarbeit zwischen Flandern und der DG mehr vor. Das Wort Zusammenarbeit kommt zwar einige Dutzendmal in dem Programm vor, die DG spielt dabei aber überhaupt keine Rolle.

    Aus Sicht der DG stellt sich die N-VA-Rechnung folgendermaßen dar: 2 + 2 = 2. Mit anderen Worten: Es gibt zwar 2 Teilstaaten und darin enthalten zwei Gebiete mit besonderem Statut, aber wirklich ausschlaggebend in der Konföderation sind nur die zwei Teilstaaten, wobei niederländischsprachige und französischsprachige Brüsseler gegeneinander ausgespielt werden und die Deutschsprachigen als deutschsprachige Wallonen betrachtet werden. Die eigene Identität der Brüsseler und der Deutschsprachigen wird negiert.

    Die N-VA-Agenda ist klar: von Zusammenarbeit reden und die Spaltung vorantreiben. Dass die DG als gleichberechtigter Gliedstaat dabei auf der Strecke bleibt, wird billigend in Kauf genommen.

    Zugegeben: für die Flamen ist das Programm der N-VA schlüssig und attraktiv. Es ist auch klug eingefädelt, denn entweder gehen Brüsseler, Wallonen und Deutschsprachige darauf ein und die N-VA würde ihrem Ziel näher kommen, oder Sie verweigern sich und die N-VA hätte abermals den Nachweis, dass die Mehrheit eines Landes von einer Minderheit in seiner Selbstbestimmung blockiert wird.

    Es wird also schwierig, die Flamen davon zu überzeugen, dem schönen Gesang der N-VA-Sirene nicht zu folgen. Wir befinden uns erneut an einem Scheideweg. Ausschlaggebend wird die Reaktion der flämischen Medien sein. Wird Bart De Wever in Ungnade fallen? Sicher ist das keinesfalls.

    Uns Deutschsprachigen bleibt derweil nichts anderes übrig, als beharrlich unser eigenes Lied zu singen („Bereit , gewillt und in der Lage“), auch wenn es weitaus wichtigere gesellschaftliche Fragen und Probleme gibt, als institutionelle Reformen. Klar ist jedoch, dass es ein Belgien zu viert mit der N-VA nicht geben wird.

  4. Anonymous

    Dann muss man am Kehrweg (oder Platz des Parlamentes) eben auch seine Konsequenzen aus der jahrelangen Ignoranz Belgiens gegenüber seinen Deutschsprachigen ziehen. Aus einer Laune der Geschichte heraus ist Eupen-Malmedy 1918 Belgien als Kriegsbeute zugeschlagen worden. Wenn wir unsere Sprache und Identität wahren wollen, gibt es nur eine dauerhafte und glaubwürdige Lösung: BRD. Alles andere ist Flickschusterei.

  5. Jugendlicher

    Tja, das ist die Rache der Flamen dafür, dass das Parlament der DG damals für einen Interessenkonflikt gestimmt hat, obwohl das Thema die DG eigentlich nicht direkt betraf. Die DG hat sich auf die Seite der Wallonen gestellt, zum Nachteil der Flamen und das ist nun die Quittung. Selber schuld…
    PS: Die Flamen werden ja nicht vier gleichberechtigte Regionen zulassen, wobei eine pur Wallonie ist, die andere zu 80 % französischsprachig ist und die dritte sich vorher schon auf die Seite der Wallonen geschlagen hat!

  6. Was ist denn für uns Positiv daran, wenn es nach Deutschland gehen soll? Da sehe ich absolut keinen Mehrwert. Ich würde den Vorschlag von De Wever noch etwas ausbauen und nicht von einem Belgien zu zweit sondern nur von EINEM Belgien sprechen. Keine Provinzen, keine Regionen, keine Gemeinschaften. Nur ein Land!

    • Mehrwert konnten wir in den Jahren unserer kulturellen Emanzipation erzielen. Die politische Emanzipation stellt sich im belgischen Umfeld als trojanisches Pferd heraus: mehr Befugnisse bringen mehr Kosten, die weder der belgische Föderalstaat noch die wallonische Region tragen möchte.
      Selbst wenn sich die NVA-Vorstellungen nicht bei den nächsten Wahlen erfüllen, geben sie den Trend der nächsten 15 Jahre vor. Die anderen flämischen Parteien sind davon nicht soweit entfernt bzw. müssen sich an ihrer Wählerschaft ausrichten.
      Die wallonische Seite hat ihrer eigenen Probleme. Die DG spielt da keine große Rolle.
      Wir dagegen sollten uns in Bescheidenheit üben. Es geht nicht um Mehrwert sondern um Schadensbebrenzung. Dabei ist DE möglicherweise unsere Rettung. Uns schließt jedoch nicht notwendigerweise unsere lokale Politiker- und Verwaltungskaste ein.

  7. gerhards

    Ein Land wäre ein Traum! Aber soweit wird es nicht kommen.
    Die Flamen werden ihr Ding langfristig durchziehen und wir müssen zusehen wo wir bleiben.
    Warum sind wir eigentlich Teil der Wallonie, theoretisch könnten wir uns auch für Flandern entscheiden, oder?
    Sprachlich passt es eh besser.

    • Wir sind Teil der Wallonie weil wir im Laufe der Staatsreformen der wallonischen Region zugesprochen wurden.

      Im Moment ist es ja schon so, dass die DG für neue Befugnisse immer bei der Wallonie anklopfen muss. Es ist schon Fakt was da so mancher fürchtet falls die N-VA sich durchsetzen sollte.

      Wieso sollte Flandern sich für 4 Teile entscheiden, wo sie dann als größter alleine dastehen. In Brüssel sind es dieselben Parteien wie in der Wallonie. Und die DG schließt sich auch immer Wallonien an. Warum ist z.B. Senator Louis Siquet in der PS-Fraktion? Er könnte doch auch unabhängig die DG vertreten? Idem unsere Vertreter in Namür und Lüttich.

  8. senfgeber

    Belgien zu Grabe tragen?

    So what?

    Mir ist noch niemand begegnet, der mir einen belgischen Mehrwert aufzeigen konnte.

    Wie ich es schon an anderer Stelle schrieb, wenn es Versailles und die Annexion 1920 nicht gegeben hätten, wäre Kappesland heute ein ganz normales Randgebiet im Westen Deutschlands, das sich mit diesem Firlefanz nicht herumschlagen müsste, keine eigene Gesetzgebungshoheit bräuchte und auch kein politischer Wurmfortsatz Walloniens wäre, die von dieser politischen „Kultur“ bis in alle Bereiche reichende Politisierung wäre uns auch erspart geblieben.

    Dafür gäbe es eine bessere Governance (zugegeben, nicht perfekt, aber wo gibt es das schon?), niedrigere Steuerbelastung und keinen kleinkarierten Regionalstolz, man sei etwas besonderes.

  9. gerhards

    Ganz besonders ist hier der Reisfladen.
    Ich bin stolz und froh das ich diesen in meinem Lieblingscafe noch gestern in Eupen genießen konnte.
    Vive le Reisfladen! Vive Belgique!
    Dat gäb ed bestimmt nit wenn wir nur Kreisstadt wären.

  10. Neubelgier

    Bart de Wever ist ein Kleingeist. Belgien lebt von der Vielfalt. Dadurch wird unser winziges Land erst bunt. Viele Dörfer spiegeln diese Vielfalt, die Belgien erst wirklich interessant macht. Vielleicht war Bart de Wever nicht in den Ferien im traditionellen Campterrain in Ostbelgien zu Gast und hat diese Freiheit und Vielfalt genossen. Die wirklichen Menschen in Belgien sind keine Rassisten. Das wär doch langweilig, wenn sich die Sprachengemeinschaften sich nicht mehr untereinander ärgern würden. In Wirklichkeit leben die Menschen doch wirklich friedlich nebeneinander her. Was wirklich mehr sein müsste, das wäre der Austausch unter den Jugendlichen, dann kämen nicht die Fragen in Flandern: Do you live in Belgium? Is that Belgium?

  11. allespinnenundallemachenmit

    Ich glaube jetzt spinnen alle, wenn dann nach Luxemburg.
    Deutsch waren wir schon mal und zum Glück haben wir nur die Sprache gemeinsam.
    Das mit dem Diktator,muss nicht de Wever oder Lambertz sein ist garnicht so schlecht. Dann hat nur einer das sagen und ist gibt kein politisches Gemauschel mehr. Und wenn es nicht klappte braucht das Militär bei einem Putsch nur einen zu erschiessen. Jetzt haben wir zu wenig Munition um alle Trantüten die sich Politiker nennen aus dem Feld zu räumen.
    Wie sagt schon Obelix:“die spinnen die Römer“

    • Luxemburg???? Was haben wir aus dem Norden der DG denn mit Luxemburg gemein? Rein gar nix! OK, da gibt’s die meiste Kohle zu verdienen, das war dann aber auch schon wirklich das einzige Argument.

      Aber das mit dem wir gehen zu D, L, NL ist doch alles Quatsch mit Soße! Die DG’ler würden sich erstens NIEMALS im Leben einig wohin es denn nun gehen soll :)))
      Ganz abgesehen davon ob uns denn überhaupt jemand will…

      • Wenn dem so ist, dann sollten Norden und Süden eben eigene Wege gehen.
        Glaubhaft bleibt aber nur die deutsche Alternative.
        Oder meint man, dass LU oder NL scharf auf eine Minderheit sind, die mal wieder alles ins Deutsche übersetzt haben will.

        • gerhards

          NL halte ich für tolerant genug dies zu tun wobei der Unterschied zwischen NL und D nicht so groß ist.
          LU hat bereits alles in D bzw Letzeburgisch was dann auch ok ist.
          Alles einfacher als sich jetzt mit dem französisch bei uns rumschlagen zu müssen.

          • Ich erkenne, dass uns die 40 Jahre Extra-Minderheiten-Bratwurst-Zeit in Fleisch und Blut übergegangen sind. Alle Alternativen wo wir weiterhin (versorgte) Minderheit sein können sind uns lieb.
            Die Toleranz der Niederländer kann ich nicht einschätzen. Rückschlüsse auf Luxemburg sollte man nicht auf Basis des (St. Vither) Personals der Tankstellen in Weiswampach ziehen. Das Ländchen ist da schon ein wenig komplexer.

        • Malnurso

          also sollten wir die falsche Gleichung von Lambertz (3+2=4) in 3+2=5 umwandeln mit den beiden Mikroregionen St. Vith und Eupen.
          Somit stimmt die Gleichung und ganz Ostbelgistan ist zufrieden.

  12. „Die wichtigsten Gesetze, d. h. jene, die das Gleichgewicht zwischen Flamen und Wallonen betreffen, werden in Belgien „Sondergesetze“ genannt. Diese Sondergesetze können nur mittels sehr strenger Mehrheitserfordernisse geändert werden: Es wird eine einfache Mehrheit innerhalb der beiden Sprachgruppen in Kammer und Senat und zusätzlich eine Zweidrittelmehrheit insgesamt in beiden Kammern gefordert. Die wichtigsten „Sondergesetze“ betreffen zum Beispiel die Festlegung der Sprachengrenze, die Befugnisverteilung zwischen Föderalstaat, Gemeinschaften und Regionen (und in besonderer Weise Brüssel betreffend) sowie die Finanzierung der Gemeinschaften und Regionen.“
    Ruhig Blut!
    Das Ganze ist doch nur ein Sturm im Wasserglas des Bart De Wever.
    Aufgrund der erforderlichen Zweidrittel Mehrheit in beiden Sprachgruppen, ist
    ein solches Vorhaben von vorneherein
    ausgeschlossen

  13. Anonymous

    Ich hab was dagegen, einer Minderheit anzugehören. Die werden nämlich immer benachteiligt und u.U. sogar verfolgt, vertrieben oder vernichtet. Deswegen wäre für mich Deutschland die bessere Alternative.

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